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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Juristen des Freistaates Sachsen

Vollzitat: Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Juristen des Freistaates Sachsen in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1080), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 15. April 1998 (SächsGVBl. S. 181) geändert worden ist

Bekanntmachung
der Neufassung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaates Sachsen
(SächsJAPO)

Vom 3. Juni 1994

Aufgrund von Artikel 3 der Zweiten Verordnung zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaates Sachsen (SächsJAPO) vom 3. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1073) wird nachstehend der Wortlaut der SächsJAPO in der vom 1. April 1994 an geltenden Fassung bekanntgemacht. Die Neufassung berücksichtigt:

1.
die am 7. September 1991 in Kraft getretene Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaates Sachsen (SächsJAPO) vom 22. August 1991 (SächsGVBl. S. 327),
2.
die am 25. August 1992 in Kraft getretene Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen des Freistaates Sachsen vom 16. Juli 1992 (SächsGVBl. S. 402),
3.
die am 1. April 1994 in Kraft getretene eingangs genannte Verordnung.

Dresden, den 3. Juni 1994

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann

Ausbildungs- und Prüfungsordnung
für Juristen des Freistaates Sachsen
(SächsJAPO)

Rechtsbereinigt mit Stand vom 15. Mai 1998

Inhaltsübersicht

Erster Teil
Gliederung der Ausbildung

§   1
Ausbildungsabschnitte und Prüfungen

Zweiter Teil
Allgemeine Vorschriften

Erster Abschnitt
Prüfungsbehörden und Prüfungsorgane

§   2
Landesjustizprüfungsamt und Prüfungsorgane
§   3
Aufgaben und Zuständigkeiten des Landesjustizprüfungsamtes und der Prüfungsorgane
§   4
Weisungsunabhängigkeit
§   5
Berufung und Rechtsstellung der Prüfungsorgane
§   6
Beschlußfassung der Prüfungsausschüsse
§   7
Bestellung der Örtlichen Prüfungsleiter

Zweiter Abschnitt
Gemeinsame Vorschriften für das Prüfungsverfahren in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung

§   8
Ausschluß von der Teilnahme an der Prüfung
§   9
Verhinderung
§ 10
Bewertung
§ 11
Nichterbringung von Prüfungsleistungen
§ 12
Mängel im Prüfungsverfahren
§ 13
Hilfsmittel
§ 14
Unlauteres Verhalten im Prüfungsverfahren

Dritter Abschnitt
Ausbildungsbehörden

§ 15
Zuständigkeit für den Vorbereitungsdienst

Dritter Teil
Erste Juristische Staatsprüfung

§ 16
Grundsatz
§ 17
Prüfungsgebiete
§ 18
Prüfungsausschuß
§ 19
Prüfungsorte
§ 20
Aufgaben der Prüfer
§ 21
Dauer des Studiums
§ 22
Ordnungsgemäßes Studium
§ 23
Leistungsnachweise
§ 24
Praktische Studienzeit
§ 25
Zulassungsantrag
§ 26
Zulassung zur Prüfung
§ 27
Form der Prüfung
§ 28
Schriftliche Prüfung
§ 29
Bewertung der Prüfungsarbeiten
§ 30
Ergebnis der schriftlichen Prüfung; Zulassung zum mündlichen Teil der Prüfung
§ 31
Mündliche Prüfung
§ 32
Bewertung der mündlichen Prüfung und Feststellung der Prüfungsgesamtnote
§ 33
Freiversuch
§ 34
Prüfungszeugnis; Festsetzung der Platznummern
§ 35
Wiederholung der Prüfung
§ 36
Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung

Vierter Teil
Vorbereitungsdienst

§ 37
Ziel des Vorbereitungsdienstes
§ 38
Aufnahme in den Vorbereitungsdienst
§ 39
Dauer und Einteilung des Vorbereitungsdienstes
§ 40
Wahlstation
§ 41
Einführungslehrgänge, Arbeitsgemeinschaften und sonstige Lehrgänge
§ 42
Dienstvorgesetzter, Vorgesetzter
§ 43
Entlassung und Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst
§ 44
Urlaub, Anrechnung von Urlaubs- und Krankheitszeiten auf den Vorbereitungsdienst
§ 45
Ausbildungszeugnisse

Fünfter Teil
Zweite Juristische Staatsprüfung

§ 46
Grundsatz
§ 47
Prüfungsgebiete
§ 48
Prüfungsausschuß
§ 49
Prüfungsorte
§ 50
Aufgaben der Prüfer
§ 51
Vorschlag und Zulassung zum schriftlichen Teil der Prüfung
§ 52
Form der Prüfung
§ 53
Schriftliche Prüfung
§ 54
Bewertung der Prüfungsarbeiten; Ergebnis der schriftlichen Prüfung; Zulassung zum mündlichen Teil der Prüfung
§ 55
Mündliche Prüfung
§ 56
Bewertung der mündlichen Prüfung
§ 57
Prüfungsgesamtnote
§ 58
Prüfungszeugnis
§ 59
Festsetzung der Platznummern
§ 60
Wiederholung der Prüfung
§ 61
Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung
§ 62
Ergänzungsvorbereitungsdienst

Sechster Teil
Besondere Bestimmungen

§ 63
Schwerbehinderte und diesen gleichgestellte Prüfungsteilnehmer
§ 63a
Anrechnung einer Ausbildung für den gehobenen Dienst

Siebter Teil
Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 64
Allgemeine Vorschriften
§ 65
(aufgehoben)
§ 66
(aufgehoben)
§ 67
(aufgehoben)
§ 68
(aufgehoben)
§ 69
(aufgehoben)
§ 70
(aufgehoben)
§ 71
(aufgehoben)
§ 72
Inkrafttreten

Aufgrund von § 8 und § 9 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über die Juristenausbildung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Juristenausbildungsgesetz – SächsJAG) vom 27. Juni 1991 (SächsGVBl. S. 224) und § 18 Abs. 2 des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen (SächsBG) vom 17. Dezember 1992 (SächsGVBl. S. 615), geändert durch Gesetz vom 19. April 1994 (SächsGVBl. S. 781), wird im Einvernehmen mit den Staatsministerien des Innern, der Finanzen und für Wissenschaft und Kunst verordnet:

Erster Teil
Gliederung der Ausbildung

§ 1
Ausbildungsabschnitte und Prüfungen

Die Ausbildung gliedert sich in ein Universitätsstudium und einen anschließenden zweijährigen Vorbereitungsdienst. Die Erste Juristische Staatsprüfung wird im Anschluß an das Universitätsstudium abgelegt.

Die Zweite Juristische Staatsprüfung schließt den Vorbereitungsdienst ab. Mit dem Bestehen der Zweiten Juristischen Staatsprüfung wird die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes und zum höheren allgemeinen Verwaltungsdienst erworben.

Zweiter Teil
Allgemeine Vorschriften

Erster Abschnitt
Prüfungsbehörden und Prüfungsorgane

§ 2
Landesjustizprüfungsamt und Prüfungsorgane

(1) Für die Durchführung der Juristischen Staatsprüfungen ist bei dem Staatsministerium der Justiz das Landesjustizprüfungsamt errichtet. Als Außenstellen des Landesjustizprüfungsamtes können Örtliche Prüfungsleiter bestellt werden.

(2) Prüfungsorgane in den Juristischen Staatsprüfungen sind jeweils ein Prüfungsausschuß für die Erste und Zweite Juristische Staatsprüfung, der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes als Vorsitzender des jeweiligen Prüfungsausschusses sowie die weiteren Prüfer. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes und die Mitglieder der Prüfungsausschüsse können zusätzlich Aufgaben der Prüfer wahrnehmen. 1

§ 3
Aufgaben und Zuständigkeiten des Landesjustizprüfungsamtes und der Prüfungsorgane

(1) Soweit nach dieser Verordnung nicht die Zuständigkeit eines anderen Prüfungsorgans begründet ist, entscheidet der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes; soweit nichts anderes bestimmt ist, gibt er die Beschlüsse der anderen Prüfungsorgane bekannt, entscheidet über die Anordnung der sofortigen Vollziehung und trifft an Stelle der Prüfungsausschüsse unaufschiebbare Entscheidungen.

(2) Die Prüfungen werden vom Landesjustizprüfungsamt vorbereitet und durchgeführt. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes kann seine Befugnisse nach Absatz 1 auf die Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes sowie auf die Örtlichen Prüfungsleiter übertragen.

(3) Die Prüfer haben folgende Aufgaben:

1.
persönliche Bewertung der schriftlichen Prüfungsarbeiten,
2.
Abnahme der mündlichen Prüfung,
3.
Entwerfen von Prüfungsaufgaben. 2

§ 4
Weisungsunabhängigkeit

Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes, die Mitglieder der Prüfungsausschüsse sowie die weiteren Prüfer sind in Prüfungsangelegenheiten an keine Weisungen gebunden. Die Örtlichen Prüfungsleiter und die Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes unterliegen in dieser Eigenschaft in Prüfungsangelegenheiten nur den Weisungen des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes.

§ 5
Berufung und Rechtsstellung der Prüfungsorgane

(1) Der Staatsminister der Justiz ernennt den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes und seinen Stellvertreter. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes und sein Stellvertreter müssen die Befähigung zum Richteramt gemäß § 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes besitzen.

(2) Der Staatsminister der Justiz bestellt die Mitglieder der Prüfungsausschüsse. Die Prüfungsausschüsse bestellen die jeweiligen Prüfer; Wiederbestellungen erfolgen durch den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes. Die Bestellung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse, die nicht im Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Justiz tätig sind, und der Prüfer erfolgt im Einvernehmen mit dem Dekan der zuständigen Juristischen Fakultät, der zuständigen Rechtsanwaltskammer, der zuständigen Notarkammer oder der zuständigen obersten Dienstbehörde. Für die Mitglieder der Prüfungsausschüsse sind für den Verhinderungsfall Stellvertreter zu bestellen.

(3) Die Bestellung der Mitglieder der Prüfungsausschüsse und der weiteren Prüfer erfolgt jeweils auf fünf Jahre.

(4) Die Mitgliedschaft in den Prüfungsausschüssen und die Prüfereigenschaft enden mit Ablauf des Bestellungszeitraumes nach Absatz 3. Das Ende der Prüfereigenschaft ist durch den Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes festzustellen. Mit Zustimmung des Mitglieds des Prüfungsausschusses oder des Prüfers kann der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes die Bestellung jederzeit aufheben.

(5) Die Prüfervergütungen werden vom Staatsministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen festgesetzt. 3

§ 6
Beschlußfassung der Prüfungsausschüsse

Die Prüfungsausschüsse entscheiden mit Stimmenmehrheit. Bei Stimmgleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

§ 7
Bestellung der Örtlichen Prüfungsleiter

Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes kann an allen Prüfungsorten Örtliche Prüfungsleiter und Stellvertreter der Örtlichen Prüfungsleiter bestellen. Zu Örtlichen Prüfungsleitern werden Richter, Staatsanwälte oder Juristen in der öffentlichen Verwaltung bestellt. Die Örtlichen Prüfungsleiter unterstützen als Außenstellen des Landesjustizprüfungsamtes das Landesjustizprüfungsamt bei der Durchführung der Prüfungen.

Zweiter Abschnitt
Gemeinsame Vorschriften für das Prüfungsverfahren in der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung

§ 8
Ausschluß von der Teilnahme an der Prüfung

(1) Wird gegen einen Prüfungsteilnehmer zur Zeit des Prüfungsverfahrens eine Freiheitsentziehung vollzogen, so ist er von der Teilnahme an der Prüfung für die Dauer der Freiheitsentziehung ausgeschlossen.

(2) Von der Teilnahme an der Prüfung kann ein Prüfungsteilnehmer ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, der

1.
den ordnungsgemäßen Ablauf der Prüfung stört oder zu stören versucht oder
2.
an einer Krankheit leidet, die die Gesundheit anderer ernstlich gefährdet oder den ordnungsgemäßen Ablauf der Prüfung ernstlich beeinträchtigen würde.

In Eilfällen kann der Örtliche Prüfungsleiter den Ausschluß und seine sofortige Vollziehung anordnen.

§ 9
Verhinderung

(1) Kann ein Prüfungsteilnehmer nach der Zulassung aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, den schriftlichen oder den mündlichen Teil der Prüfung nicht oder nicht vollständig ablegen, oder ist er aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, gemäß § 8 ausgeschlossen (Prüfungsverhinderung), so gilt folgendes:

1.
Hat der Prüfungsteilnehmer nicht die Mehrzahl der schriftlichen Aufgaben bearbeitet, so gilt die Prüfung als nicht abgelegt;
2.
hat der Prüfungsteilnehmer die Mehrzahl der schriftlichen Aufgaben bearbeitet, so hat er an Stelle der nicht bearbeiteten schriftlichen Aufgaben innerhalb einer vom Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes zu bestimmenden Zeit, in der Regel im nächsten Prüfungstermin, entsprechende Ersatzarbeiten nachzufertigen;
3.
Eine nicht oder nicht vollständig abgelegte mündliche Prüfung ist in vollem Umfang an einem vom Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes zu bestimmenden Termin nachzuholen.

(2) Eine Prüfungsverhinderung ist unverzüglich gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt geltend zu machen und nachzuweisen, im Fall einer Krankheit grundsätzlich durch ein amtsärztliches Zeugnis, das in der Regel nicht später als am Prüfungstag ausgestellt sein darf. In offensichtlichen Fällen kann auf die Vorlage eines Zeugnisses verzichtet werden. Gibt der Prüfungsteilnehmer eine schriftliche Arbeit oder sonstige Aufzeichnungen ab, so hat er eine Prüfungsverhinderung unverzüglich im Anschluß hieran beim Landesjustizprüfungsamt geltend zu machen. Die Geltendmachung darf keine Bedingungen enthalten und kann nicht zurückgenommen werden.

(3) Die Geltendmachung einer Prüfungsverhinderung beim schriftlichen Teil der Prüfung ist ausgeschlossen, wenn nach Abschluß des bereits abgelegten Teils der Prüfung ein Monat verstrichen ist. Bei einer Prüfungsverhinderung in der mündlichen Prüfung ist die Geltendmachung nach Bekanntgabe des Ergebnisses ausgeschlossen.

(4) Das Landesjustizprüfungsamt entscheidet, ob eine Prüfungsverhinderung ordnungsgemäß geltend gemacht und nachgewiesen wurde. 4

§ 10
Bewertung

Für die Bewertung der Prüfungsleistungen gelten § 5 d Abs. 4 Satz 1 und 2 des Deutschen Richtergesetzes sowie die Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung in der jeweils geltenden Fassung.

§ 11
Nichterbringung von Prüfungsleistungen

Soweit ein Prüfungsteilnehmer, ohne daß die Gründe des § 9 Abs. 1 vorliegen, eine Prüfungsleistung nicht erbringt, wird diese mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet.

§ 12
Mängel im Prüfungsverfahren

(1) Erweist sich, daß das Prüfungsverfahren mit Mängeln behaftet war, die die Chancengleichheit erheblich verletzt haben, so kann der Prüfungsausschuß auf Antrag eines Prüfungsteilnehmers oder von Amts wegen anordnen, daß von einem bestimmten Prüfungsteilnehmer oder von allen Prüfungsteilnehmern die Prüfung oder einzelne Teile derselben zu wiederholen sind.

(2) Ein Antrag nach Absatz 1 ist unverzüglich schriftlich beim Landesjustizprüfungsamt zu stellen. Er darf keine Bedingungen enthalten und kann nicht zurückgenommen werden. Die Geltendmachung ist ausgeschlossen, wenn seit dem Abschluß des Teils des Prüfungsverfahrens, der mit dem Mangel behaftet war, ein Monat verstrichen ist.

(3) Sechs Monate nach Abschluß der Prüfung darf der Prüfungsausschuß von Amts wegen Anordnungen nach Absatz 1 nicht mehr treffen.

§ 13
Hilfsmittel

Der jeweilige Prüfungsausschuß läßt die Hilfsmittel für den schriftlichen und mündlichen Teil der Ersten und Zweiten Juristischen Staatsprüfung zu. Die Prüfungsteilnehmer haben die Hilfsmittel selbst zu beschaffen.

§ 14
Unlauteres Verhalten im Prüfungsverfahren

(1) Unternimmt es ein Prüfungsteilnehmer, das Ergebnis einer schriftlichen Arbeit oder das Ergebnis einer mündlichen Prüfung durch Täuschung, Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel, unzulässige Hilfe anderer Prüfungsteilnehmer oder Dritter oder durch Einwirken auf Prüfungsorgane oder auf von diesen mit der Wahrnehmung von Prüfungsangelegenheiten beauftragte Personen zu beeinflussen, so ist diese schriftliche Arbeit oder die mündliche Prüfung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) zu bewerten. Der Besitz nicht zugelassener Hilfsmittel nach Ausgabe der Prüfungsaufgaben oder nach Beginn der mündlichen Prüfung steht der Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel gleich, sofern der Prüfungsteilnehmer nicht nachweist, daß der Besitz weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruht.

(2) In besonders schweren Fällen des Absatzes 1 ist die gesamte Prüfung mit der Prüfungsgesamtnote „ungenügend“ (0 Punkte) zu bewerten. Als besonders schwerer Fall ist es in der Regel anzusehen, wenn es ein Prüfungsteilnehmer unternimmt, das Ergebnis einer schriftlichen Arbeit oder einer mündlichen Prüfung durch Einwirken auf Prüfungsorgane oder auf von diesen mit der Wahrnehmung von Prüfungsangelegenheiten beauftragte Personen zu beeinflussen.

(3) Ist in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 die Prüfung bereits durch Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses beendet, so ist nachträglich das Prüfungsergebnis entsprechend zu berichtigen oder die Prüfung für nicht bestanden zu erklären. Ein bereits erteiltes Prüfungszeugnis ist einzuziehen und zu vernichten.

(4) Besteht der Verdacht des Besitzes nicht zugelassener Hilfsmittel, so sind die Aufsichtsführenden in der schriftlichen Prüfung, der Vorsitzende der Prüfungskommission in der mündlichen Prüfung sowie die vom Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes beauftragten Mitarbeiter des Landesjustizprüfungsamtes sowie die Örtlichen Prüfungsleiter und die von diesen Beauftragten befugt, diese Hilfsmittel sicherzustellen. Hilfsmittel, die wegen einer Veränderung beanstandet werden, sind dem Prüfungsteilnehmer bis zur Ablieferung der betreffenden Prüfungsarbeit, spätestens bis zum Ende der dafür vorgesehenen Arbeitszeit, zu belassen. Verhindert der Prüfungsteilnehmer eine Überprüfung oder eine Sicherstellung oder nimmt er nach Beanstandung gemäß Satz 2 eine Veränderung in den Hilfsmitteln vor, so wird die schriftliche Arbeit oder die mündliche Prüfung mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet.
In besonders schweren Fällen gilt Absatz 2.

(5) Entscheidungen nach Absatz 1 und 2, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 3 und 4 trifft der Prüfungsausschuß binnen eines Jahres, nachdem eine Prüfungsbehörde oder ein Prüfungsorgan von dem unlauteren Verhalten Kenntnis erlangt hat. 5

Dritter Abschnitt
Ausbildungsbehörden

§ 15
Zuständigkeit für den Vorbereitungsdienst

(1) Der Präsident des Oberlandesgerichts entscheidet über die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst. Er leitet den gesamten Vorbereitungsdienst und trifft die nach Maßgabe dieser Verordnung erforderlichen Entscheidungen, soweit nicht die Zuständigkeit anderer Stellen vorgesehen ist; er kann mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz den Präsidenten der Land- und der Amtsgerichte die Leitung des Vorbereitungsdienstes für die ihnen zugewiesenen Rechtsreferendare ganz oder teilweise übertragen.

(2) Die Zuweisung innerhalb der Verwaltungsstation und der Wahlstation, soweit diese in den Schwerpunktbereichen Verwaltung oder Wirtschaft und Finanzwesen abgeleistet wird (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 und 4, Abs. 3; § 40 Abs. 1 Nr. 2 und 3), sowie die Durchführung dieser Ausbildung obliegt dem jeweiligen Regierungspräsidenten. Soweit eine der genannten Stationen neben einer anderen berührt ist, ergeht die Entscheidung nach Absatz 1 im Einvernehmen mit dem jeweiligen Regierungspräsidenten. Das Staatsministerium des Innern kann die Leitung der Ausbildung auf einen Regierungspräsidenten oder den Leiter einer anderen Landesbehörde ganz oder teilweise übertragen.

(3) Der Präsident des Oberlandesgerichts bestellt bei diesem und bei den Ausbildungsgerichten mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz einen Ausbildungsleiter. Dieser betreut die Rechtsreferendare und erteilt Unterricht. Während der Stationen nach Absatz 2 werden Ausbildungsleiter durch die Regierungspräsidenten mit Zustimmung des Staatsministeriums des Innern bestellt. 6

Dritter Teil
Erste Juristische Staatsprüfung

§ 16
Grundsatz

(1) Die Erste Juristische Staatsprüfung ist Hochschulabschlußprüfung und Einstellungsprüfung im Sinn des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen. Sie hat Wettbewerbscharakter und soll feststellen, ob der Bewerber das Ziel des rechtswissenschaftlichen Studiums erreicht hat und für den Vorbereitungsdienst als Rechtsreferendar fachlich geeignet ist. Schwerpunkt von Aufgabenstellung und Leistungsbewertung soll das juristische Verständnis und die Fähigkeit zum methodischen Arbeiten sein.

§ 17
Prüfungsgebiete

(1) Die Erste Juristische Staatsprüfung erstreckt sich auf die Pflichtfächer und eine von dem Bewerber zu bestimmende Wahlfachgruppe, jeweils mit ihren geschichtlichen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, politischen und rechtsphilosophischen Grundlagen. Andere Rechtsgebiete dürfen im Zusammenhang mit den Prüfungsfächern zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, soweit lediglich Verständnis und Arbeitsmethode festgestellt werden sollen und Einzelwissen nicht vorausgesetzt wird.

(2) Pflichtfächer sind jeweils mit ihren Bezügen zum Europarecht:

1.
Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches; Schuldrecht; Sachenrecht; Grundzüge des Familienrechts und des Erbrechts; Grundzüge des Zivilprozeßrechts und der Zwangsvollstreckung;
2.
Grundzüge des Handels- und Gesellschaftsrechts;
3.
Recht des Arbeitsverhältnisses;
4.
Strafrecht ohne Nebenstrafrecht; Grundzüge des Strafprozeßrechts;
5.
Grundfragen der Allgemeinen Staatslehre; Staats- und Verfassungsrecht mit den Bezügen zum Völkerrecht; Allgemeines Verwaltungsrecht; Kommunalrecht; Ordnungs- und Polizeirecht; Grundzüge des Baurechts; Grundzüge des verfassungsgerichtlichen Verfahrens; Verwaltungsprozeßrecht;
6.
Grundzüge des Europarechts.

(3) Wahlfachgruppen sind jeweils mit ihren Bezügen zum Europarecht:

1.
Rechts- und Verfassungsgeschichte;
2.
Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie;
3.
Öffentliches Wirtschaftsrecht (Grundlagen und Allgemeine Lehren, Allgemeines Wirtschaftsverwaltungsrecht, Grundzüge des Gewerberechts, des Immissionsschutzrechts und des Subventionsrechts);
4.
Planungsrecht (Recht der Raumordnung und Landesplanung, Baurecht, Straßen- und Wegerecht, Grundzüge des Naturschutzrechts);
5.
Öffentliches Umweltrecht (Grundzüge des Immissionsschutzrechts, des Abfallrechts, des Wasserrechts, des Naturschutzrechts und des Gentechnikrechts);
6.
Wettbewerbs- und Kartellrecht, Grundzüge des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheber- und Verlagsrechts;
7.
Handelsrecht, Gesellschaftsrecht, Wertpapierrecht;
8.
Steuerrecht (Abgabenordnung, Einkommensteuer- und Umsatzsteuerrecht, Grundzüge des Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuerrechts);
9.
kollektives Arbeitsrecht (Mitbestimmungs-, Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht), Grundzüge des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, Grundzüge des Sozialversicherungsrechts;
10.
Kriminologie, strafrechtliche Sanktionen, Jugendstrafrecht, Strafvollzugsrecht;
11.
Strafprozeßrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht, Grundzüge des Nebenstrafrechts (Wirtschafts-, Umwelt-, Steuerstrafrecht);
12.
Zivilverfahrensrecht (Erkenntnisverfahren, Einzelzwangsvollstreckungs- und Insolvenzrecht, Freiwillige Gerichtsbarkeit) unter Einschluß des Internationalen Zivilverfahrensrechts;
13.
Internationales Privat- und Verfahrensrecht, Einheitskaufrecht, Rechtsvergleichung;
14.
Europarecht, Völkerrecht, Recht der internationalen Organisationen;
15.
Allgemeine Staatslehre, Staats- und Verwaltungswissenschaften, Staatskirchenrecht.

(4) Die Grundzüge eines Rechtsgebiets umfassen seine Systematik, seine wesentlichen Normen und Rechtsinstitute sowie deren Regelungsgehalt, Sinn und Zweck, Struktur und Bedeutung im Gesamtzusammenhang.

§ 18
Prüfungsausschuß

Der Prüfungsausschuß für die Erste Juristische Staatsprüfung besteht aus

1.
dem Vorsitzenden,
2.
je einem Universitätsprofessor der Juristischen Fakultäten im Freistaat Sachsen, der in eine Planstelle der Besoldungsgruppe C 4 eingewiesen ist, sowie
3.
einem weiteren Mitglied.

§ 19
Prüfungsorte

Die Prüfung wird in Dresden und Leipzig abgehalten.

§ 20
(aufgehoben) 7

§ 21
Dauer des Studiums

(1) Der Bewerber muß ein ordnungsgemäßes rechtswissenschaftliches Studium an einer Universität von wenigstens dreieinhalb Jahren nachweisen; diese Zeit kann unterschritten werden, sofern die für die Zulassung zur Ersten Juristischen Staatsprüfung erforderlichen Leistungen nachgewiesen sind. Ein rechtswissenschaftliches Studium an einer ausländischen Universität oder ein wissenschaftliches Studium in einem anderen Studiengang mit einer angemessenen Zahl von Lehrveranstaltungen juristischen Inhalts kann auf Antrag durch das Landesjustizprüfungsamt bis zu drei Semestern angerechnet werden. Die zwei der Prüfung unmittelbar vorausgehenden Semester sind an der Universität des Prüfungsortes abzuleisten.

(2) Die Regelstudienzeit beträgt neun Semester einschließlich Erster Juristischer Staatsprüfung.

§ 22
Ordnungsgemäßes Studium

(1) Der Bewerber hat in jedem Semester eine angemessene Zahl von rechtswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen zu besuchen.

(2) Die Juristischen Fakultäten bieten Lehrveranstaltungen in den Wahlfachgruppen (§ 17 Abs. 3) im Rahmen ihres Studienplanes an, soweit die Ausbildung in den Pflichtfächern als Schwerpunkt des Studiums und die hierfür notwendigen Lehrkapazitäten dies zulassen. Auch eine Wahlfachgruppe, in der keine Lehrveranstaltungen angeboten werden, kann der Bewerber für die Erste Juristische Staatsprüfung wählen.

§ 23
Leistungsnachweise

(1) Der Bewerber muß nach Erfüllung der von der Juristischen Fakultät hierfür bestimmten Voraussetzungen an je einer Übung für Fortgeschrittene im Bürgerlichen Recht, im Strafrecht und im Öffentlichen Recht teilnehmen und den vorgeschriebenen Leistungsnachweis erbringen.

(2) Außerdem muß der Bewerber an einem Seminar oder einer gleichwertigen Lehrveranstaltung in einem Rechtsgebiet seiner Wahlfachgruppe oder in einem mit seiner Wahlfachgruppe sachlich zusammenhängenden Pflichtfach teilnehmen und den vorgeschriebenen Leistungsnachweis erbringen.

(3) Das Landesjustizprüfungsamt kann den erfolgreichen Abschluß eines mindestens dreijährigen rechtswissenschaftlichen Studiums im Ausland und Leistungsnachweise einer ausländischen oder inländischen Universität über ausländisches Recht oder über eine ausländische Rechtssprache in angemessenem Umfang als Leistungsnachweise gemäß Absatz 1 und 2 anerkennen, wenn sie gleichwertig sind.

§ 24
Praktische Studienzeit

(1) Der Student muß in der vorlesungsfreien Zeit insgesamt drei Monate an praktischen Studienzeiten teilnehmen. Hiervon soll sich je ein Monat auf die Zivilrechtspflege, auf die Strafrechtspflege und auf die Verwaltung beziehen.

(2) Die praktische Studienzeit kann bei der Justiz, bei der Verwaltung, bei einem Rechtsanwalt oder bei einer sonstigen geeigneten Stelle abgeleistet werden. Das Landesjustizprüfungsamt bestimmt die Stellen, bei denen die praktische Studienzeit abgeleistet werden kann.

(3) Die praktische Studienzeit kann erst nach Vorlesungsschluß des dritten Semesters abgeleistet werden. Der Student kann im Rahmen des Absatz 2 wählen, bei welchen Stellen er die praktische Studienzeit ableisten will.

(4) Soweit bei der praktischen Studienzeit begleitende Kurse angeboten werden, muß der Student diese besuchen. 8

§ 25
Zulassungsantrag

(1) Die Zulassung zur Prüfung ist beim Landesjustizprüfungsamt innerhalb der Meldefrist schriftlich zu beantragen. Bereits mit dem Antrag hat der Bewerber zu erklären, welche Wahlfachgruppe er wählt; diese Erklärung ist unwiderruflich.

(2) Die Frist für die Meldung zur Prüfung endet am 15. Mai und 15. Dezember für den auf den Vorlesungsschluß des jeweiligen Semesters unmittelbar folgenden Prüfungstermin.

(3) Die Prüfungstermine werden rechtzeitig im Sächsischen Justizministerialblatt veröffentlicht. 9

§ 26
Zulassung zur Prüfung

(1) Die Zulassung zur Prüfung ist zu versagen, wenn

1.
der Bewerber eine der in §§ 21 bis 24 vorgeschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllt oder die Vorschrift des § 25 Abs. 1 nicht beachtet ist; wenn die Voraussetzungen der §§ 23, 24 und 25 Abs. 1 nicht vorliegen, können in besonderen Härtefällen Ausnahmen bewilligt werden;
2.
abzusehen ist, daß gegen den Bewerber zur Zeit der schriftlichen oder mündlichen Prüfung eine Freiheitsentziehung vollzogen werden wird;
3.
wenn Gründe nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 oder 8, Abs. 2 Nr. 2, 4 oder 6 des Sächsischen Hochschulgesetzes (SHG) vorliegen, nach denen die Immatrikulation an der Universität des Prüfungsortes zu versagen wäre.

(2) Die Entscheidung über die Zulassung ist dem Bewerber schriftlich mitzuteilen; eine Ablehnung ist zu begründen.

§ 27
Form der Prüfung

Die Erste Juristische Staatsprüfung besteht aus einem schriftlichen und aus einem mündlichen Teil, sofern der Bewerber zum mündlichen Teil zugelassen ist.

§ 28
Schriftliche Prüfung

(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfungsteilnehmer an sieben Tagen je eine schriftliche Arbeit unter Aufsicht zu fertigen.

Die schriftlichen Aufgaben werden vom Prüfungsausschuß ausgewählt. Die Arbeitszeit beträgt fünf Stunden.

(2) Der Prüfungsteilnehmer hat zu bearbeiten:

1.
drei Aufgaben aus dem Gebiet des Zivilrechts einschließlich des Verfahrensrechts (§ 17 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3),
2.
zwei Aufgaben aus dem Gebiet des Strafrechts einschließlich des Verfahrensrechts (§ 17 Abs. 2 Nr. 4),
3.
zwei Aufgaben aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts einschließlich des Verfahrensrechts (§ 17 Abs. 2 Nr. 5).

Die Aufgaben können auch Fragen des Europarechts (§ 17 Abs. 2 Nr. 6) zum Gegenstand haben.

(3) Die Prüfungsaufgaben werden an allen Prüfungsorten einheitlich gestellt; sie sind an allen Prüfungsorten zur selben Zeit zu bearbeiten.

(4) Die Prüfungsteilnehmer geben anstelle ihres Namens auf den Prüfungsarbeiten nur die Nummer ihres vor der schriftlichen Prüfung ausgelosten Arbeitsplatzes an. Prüfern darf keine Einsicht in das Verzeichnis mit den Nummern der Arbeitsplätze gewährt werden. 10

§ 29
Bewertung der Prüfungsarbeiten

(1) Jede schriftliche Prüfungsarbeit wird von zwei Prüfern bewertet. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes teilt die Prüfer für die schriftliche Prüfung ein. Im Regelfall soll einer der Prüfer aus dem Bereich der Universität und einer aus dem Bereich der Praxis kommen.

(2) Weichen die Bewertungen der beiden Prüfer um nicht mehr als zwei Punkte voneinander ab, so errechnet sich die Note aus der durchschnittlichen Punktzahl. Bei größeren Abweichungen setzt der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes oder ein von ihm bestimmter dritter Prüfer die Note mit einer Punktzahl fest, die zwischen den von den Prüfern erteilten Punktzahlen liegt, sofern sich die Prüfer nicht einigen oder auf bis zu zwei Punkte annähern können.

(3) Die mit der Prüfungsaufsicht beauftragten Personen dürfen nicht zur Bewertung der Prüfungsarbeiten herangezogen werden, bei deren Anfertigung sie Aufsicht geführt haben.

(4) Ist ein für die Bewertung von Prüfungsarbeiten bestimmter Prüfer aus wichtigem Grund, insbesondere wegen schwerer Krankheit, nicht mehr in der Lage, die Bewertung der ihm zugeteilten Prüfungsarbeiten durchzuführen, so wird er durch einen anderen Prüfer ersetzt. Sofern der ausgeschiedene Prüfer bereits ein Drittel der ihm zur Erstbewertung zugeteilten Prüfungsarbeiten bewertet hat, bleiben die von ihm vorgenommenen Bewertungen in Kraft und brauchen nicht wiederholt zu werden. 11

§ 30
Ergebnis der schriftlichen Prüfung;
Zulassung zum mündlichen Teil der Prüfung

(1) Für die schriftliche Prüfung wird eine auf zwei Dezimalstellen zu errechnende Durchschnittspunktzahl gebildet; dabei wird eine sich ergebende dritte Dezimalstelle nicht berücksichtigt.

(2) Wer im schriftlichen Teil der Prüfung eine Durchschnittspunktzahl von mindestens 3,60 Punkten erreicht und in wenigstens vier Prüfungsarbeiten, davon in mindestens einer Prüfungsarbeit aus dem Gebiet des Zivilrechts, mindestens eine Einzelpunktzahl von 4,00 erhalten hat, ist zur mündlichen Prüfung zugelassen. Wer nach Satz 1 zur mündlichen Prüfung nicht zugelassen ist, hat die Prüfung nicht bestanden; dies ist schriftlich bekanntzugeben.

(3) Die Einzelpunktzahlen und die Durchschnittspunktzahl der schriftlichen Prüfung werden den Prüfungsteilnehmern spätestens mit der Ladung zur mündlichen Prüfung schriftlich bekanntgegeben. 12

§ 31
Mündliche Prüfung

(1) Die mündliche Prüfung wird an den Prüfungsorten von den Prüfungskommissionen für die mündliche Prüfung abgenommen. Der Prüfungsteilnehmer kann zur mündlichen Prüfung an einem anderen Prüfungsort eingeteilt werden, wenn am Prüfungsort für die mündliche Prüfung in dem gewählten Wahlfach kein Prüfer zur Verfügung steht.

(2) Die Prüfungskommissionen für die mündliche Prüfung bestehen unter Einschluß des Vorsitzenden aus wenigstens drei Prüfern, von denen wenigstens ein Prüfer Universitätslehrer des Rechts ist.

(3) Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes als Vorsitzender des Prüfungsausschusses teilt die Prüfungskommissionen für die mündliche Prüfung ein und bestimmt jeweils den Vorsitzenden.

(4) Für jeden Prüfungsteilnehmer ist eine Gesamtprüfungsdauer von 50 Minuten vorzusehen, davon etwa 15 Minuten für die Prüfung in der Wahlfachgruppe. Mehr als vier Prüfungsteilnehmer dürfen nicht gemeinsam geprüft werden.

(5) Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die Prüfungsgebiete gemäß § 17. Sie ist vorwiegend Verständnisprüfung. Die Prüfung unterteilt sich in einen zivilrechtlichen, einen strafrechtlichen und einen öffentlich-rechtlichen Teil sowie in die Prüfung der Wahlfachgruppe.

(6) Der Vorsitzende der Prüfungskommission leitet die mündliche Prüfung. Er sorgt für die Einhaltung der Prüfungsbestimmungen und für die Aufrechterhaltung der Ordnung. Die zur Prüfung zugelassenen Rechtsstudenten können bei der mündlichen Prüfung zuhören. Der Vorsitzende kann auch andere Rechtsstudenten und in Ausnahmefällen auch sonstige Personen zulassen. Zuhörer, die seinen Anordnungen keine Folge leisten, kann er aus dem Prüfungsraum verweisen. Das Prüfungsergebnis wird den Prüfungsteilnehmern unter Ausschluß der Zuhörer bekanntgegeben.

§ 32
Bewertung der mündlichen Prüfung und
Feststellung der Prüfungsgesamtnote

(1) Über die Prüfungsleistungen in der mündlichen Prüfung und über die Prüfungsgesamtnote wird in gemeinsamer Beratung aller Prüfer mit Stimmenmehrheit entschieden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

(2) In der mündlichen Prüfung ist für die vier in § 31 Abs. 5 Satz 3 genannten Prüfungsteile jeweils eine Einzelpunktzahl zu erteilen. Hieraus wird die auf zwei Dezimalstellen zu errechnende Durchschnittspunktzahl der mündlichen Prüfung gebildet, wobei die Einzelpunktzahl der Prüfung in der Wahlfachgruppe doppelt zu zählen ist; eine sich ergebende dritte Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt.

(3) Nach der mündlichen Prüfung stellt die Prüfungskommission die auf zwei Dezimalstellen zu errechnende Gesamtdurchschnittspunktzahl fest. Sie ergibt sich aus der Durchschnittspunktzahl der schriftlichen und mündlichen Prüfung, wobei die Note der schriftlichen Prüfung doppelt zu zählen ist; dabei wird eine sich ergebende dritte Dezimalstelle nicht berücksichtigt. Aufgrund der Gesamtdurchschnittspunktzahl setzt die Prüfungskommission unter Beachtung des § 5 d Abs. 4 Satz 1 und 2 des Deutschen Richtergesetzes die Endpunktzahl und die Prüfungsgesamtnote fest.

(4) Der Vorsitzende der Prüfungskommission gibt die Einzelpunktzahlen der mündlichen Prüfung sowie die Endpunktzahl und die Prüfungsgesamtnote am Schluß der mündlichen Prüfung bekannt. Damit ist die Prüfung abgelegt.

(5) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn die Prüfungsgesamtnote schlechter ist als „ausreichend“ (4,00).

§ 33
Freiversuch

(1) Legt ein Prüfungsteilnehmer nach ununterbrochenem Studium die Erste Juristische Staatsprüfung spätestens in dem auf den Vorlesungsschluß des achten Semesters unmittelbar folgenden Prüfungstermin erstmals vollständig ab und besteht sie nicht, so gilt die Prüfung als nicht abgelegt. Dies gilt nicht, wenn dem Prüfungsteilnehmer gemäß § 14 Abs. 2 die Prüfungsgesamtnote ,ungenügend, (0 Punkte) erteilt wird oder die Prüfung gemäß § 14 Abs. 3 nachträglich für nicht bestanden erklärt wird. Folgende Zeiten werden nicht auf die Studienzeit nach Satz 1 angerechnet und gelten nicht als Unterbrechung:

1.
Zeiten des Mutterschutzes und Erziehungszeiten in entsprechender Anwendung des § 1 der Erziehungsurlaubsverordnung in der jeweils geltenden Fassung;
2.
Zeiten des aufgrund der Wehrpflicht zu leistenden Wehrdienstes und des Zivildienstes;
3.
Zeiten des Studiums ausländischen oder internationalen Rechts im Ausland bis zu zwei Semestern, sofern der Prüfungsteilnehmer hierüber für jedes Semester einen Leistungsnachweis vorlegt;
4.
Zeiten, in denen der Prüfungsteilnehmer als gewähltes Mitglied in einem gesetzlich vorgesehenen Organ der Universität oder der Studentenschaft oder als Vertreter der Studentenschaft im Verwaltungsrat des Studentenwerks mitgewirkt hat, und zwar bei mindestens einer Wahlperiode ein Semester, bei mehrjähriger Mitwirkung zwei Semester;
5.
Zeiten, in denen der Prüfungsteilnehmer wegen längerer schwerer Krankheit oder aus einem anderen zwingenden Grund am Studium gehindert war.

Zeiten nach Absatz 1 Nr. 1, 2 und 5 gelten nur dann nicht als Unterbrechung, wenn der Prüfungsteilnehmer beurlaubt oder exmatrikuliert war. Insgesamt können höchstens vier Semester nicht auf die Studienzeit angerechnet werden.

(2) Im Fall des § 9 Abs. 1 Nr. 2 kann der Prüfungsteilnehmer binnen einer Frist von einem Monat nach Abschluß des bereits abgelegten Teils der Prüfung schriftlich gegenüber dem Landesjustizprüfungsamt erklären, daß er auf die Fortsetzung des Prüfungsverfahrens mit den Folgen des § 9 Abs. 1 Nr. 1 verzichtet. 13

§ 34
Prüfungszeugnis; Festsetzung der Platznummern

(1) Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zeugnis, aus dem die Endpunktzahl und die Prüfungsgesamtnote ersichtlich sind. Den Prüfungsteilnehmern, die die Prüfung nicht bestanden haben, wird dies schriftlich bekanntgegeben.

(2) Das Prüfungszeugnis erteilt der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes.

(3) Für jeden Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung bestanden hat, ist eine Platznummer festzusetzen. § 59 gilt entsprechend. 14

§ 35
Wiederholung der Prüfung

(1) Ein Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung nicht bestanden hat, kann die Prüfung einmal wiederholen. Eine weitere Wiederholung ist auch nach einem erneuten Studium nicht möglich.

(2) Die Prüfung ist im gesamten Umfang zu wiederholen.

(3) Der Prüfungsteilnehmer kann erst nach Ableistung eines weiteren Semesters nach Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses wieder zur Prüfung zugelassen werden. Bis zur erneuten Zulassung muß er das Studium an der Universität des Prüfungsortes fortsetzen.

(4) Die Prüfung muß am selben Prüfungsort wiederholt werden. Bei Vorliegen eines hinreichenden Grundes kann die Ablegung der Prüfung an einem anderen Prüfungsort oder bei einem anderen Prüfungsamt gestattet werden.

(5) Wer die Prüfung in einem anderen Land einmal nicht bestanden hat, kann zur Wiederholung im Freistaat Sachsen nur zugelassen werden, wenn die Ablegung der Prüfung in dem anderen Land eine unzumutbare Härte bedeuten würde, das Prüfungsrecht des anderen Landes eine Wiederholung zuläßt und die Prüfungsbehörde des anderen Landes dem Wechsel des Prüfungsortes zustimmt. Wer die Prüfung in einem anderen Land endgültig nicht bestanden hat, kann nicht mehr zu einer Wiederholungsprüfung zugelassen werden. 15

§ 36
Wiederholung der Prüfung zur Notenverbesserung

(1) Ein Prüfungsteilnehmer, der im Freistaat Sachsen die Prüfung bei erstmaliger Ablegung im Freiversuch (§ 33) bestanden hat, kann die Prüfung zur Verbesserung der Prüfungsnote einmal wiederholen, sofern zu Beginn der schriftlichen Prüfung der Vorbereitungsdienst noch nicht aufgenommen wurde. Die Möglichkeit der Wiederholung besteht nur bei dem nach Abschluß des laufenden Prüfungstermins beginnenden nächsten oder übernächsten Prüfungstermin. Der Antrag auf Zulassung ist spätestens zwei Monate vor Beginn der Prüfung zu stellen. Wenn zwischen der Ablegung der mündlichen Prüfung und dem nächsten Termin nur ein kürzerer Zeitraum verbleibt, ist der Antrag unverzüglich nach Ablegung der mündlichen Prüfung zu stellen.

(2) § 35 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Wer zur Verbesserung der Note zur Prüfung zugelassen ist, kann bis zum Beginn der mündlichen Prüfung auf die Fortsetzung des Prüfungsverfahrens verzichten.

(4) Der Prüfungsteilnehmer entscheidet, welches Prüfungsergebnis er gelten lassen will. Wird binnen einer Woche nach dem Tag der mündlichen Prüfung keine Wahl getroffen, so gilt das bessere, bei gleichen Prüfungsergebnissen das frühere Prüfungsergebnis als gewählt. 16

Vierter Teil
Vorbereitungsdienst

§ 37
Ziel des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst hat das Ziel, den Rechtsreferendar mit den Aufgaben der Rechtsprechung, der Verwaltung, der Rechtsberatung und der Rechtsgestaltung vertraut zu machen. Am Ende der Ausbildung soll der Rechtsreferendar in der Lage sein, in der Rechtspraxis, soweit erforderlich nach einer Einarbeitung, eigenverantwortlich zu arbeiten.

(2) Der Rechtsreferendar soll, soweit möglich, selbständig tätig sein. Der Ausbildungszweck bestimmt Art und Umfang der ihm zu übertragenden Arbeiten.

§ 38
Aufnahme in den Vorbereitungsdienst

(1) Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes und Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, die die Erste Juristische Staatsprüfung bestanden haben, werden auf Antrag als Rechtsreferendare in den Vorbereitungsdienst aufgenommen.

(2) Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist zu versagen, solange gegen den Bewerber eine Freiheitsentziehung vollzogen wird. Sie ist in der Regel zu versagen, wenn der Bewerber wegen einer vorsätzlich begangenen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr rechtskräftig verurteilt und die Strafe noch nicht getilgt worden ist.

(3) Die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst kann versagt werden:

1.
solange ein Ermittlungsverfahren oder ein Strafverfahren wegen des Verdachts einer vorsätzlich begangenen Tat anhängig ist, das zu einer Entscheidung nach Absatz 2 Satz 2 führen kann,
2.
wenn Tatsachen vorliegen, die den Bewerber für den Vorbereitungsdienst als ungeeignet erscheinen lassen, insbesondere wenn
 
a)
Tatsachen in der Person des Bewerbers die Gefahr einer Störung des Dienstbetriebs begründen,
 
b)
Tatsachen in der Person des Bewerbers die Gefahr begründen, daß durch die Aufnahme des Bewerbers wichtige öffentliche Belange ernstlich beeinträchtigt werden,
 
c)
nach amtsärztlichem Gutachten der Bewerber an einer Krankheit leidet, die die Gesundheit anderer ernstlich gefährden oder die ordnungsgemäße Ausbildung ernstlich beeinträchtigen würde,
3.
wenn für den Bewerber ein Betreuer bestellt ist.

(4) Die Bewerber werden mit der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst in der Regel in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen.

(5) Bewerber, die die Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf nicht erfüllen, leisten den Vorbereitungsdienst im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Sie erhalten Unterhaltsbeihilfe bis zur Höhe der Anwärterbezüge der Rechtsreferendare, die Beamte auf Widerruf sind. Im übrigen sind die Vorschriften, die für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst gelten, entsprechend anzuwenden.

(6) Das Gesuch um Aufnahme in den Vorbereitungsdienst ist an den Präsidenten des Oberlandesgerichts zu richten.

(7) Ausländische Bewerber, die nicht unter Absatz 1 fallen, aber die Erste Juristische Staatsprüfung bestanden haben, kann der Präsident des Oberlandesgerichts mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz zum Vorbereitungsdienst zulassen. Die Zulassung kann jederzeit widerrufen werden. Bedürftigen Bewerbern kann vom Präsidenten des Oberlandesgerichts eine widerrufliche Unterhaltsbeihilfe bis zur Höhe der Anwärterbezüge für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst bewilligt werden. Im übrigen gilt Absatz 5 entsprechend. Aufgaben eines Richters, Rechtspflegers oder Amtsanwalts können diesen Rechtsreferendaren nicht übertragen werden. Ihre Verwendung als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ist zulässig. Sie können im Rahmen des § 193 des Gerichtsverfassungsgesetzes an den Beratungen des Gerichts teilnehmen.

(8) Sämtliche in den Vorbereitungsdienst aufgenommenen Bewerber führen die Bezeichnung „Rechtsreferendar“/„Rechtsreferendarin“. 17

§ 39
Dauer und Einteilung des Vorbereitungsdienstes

(1) Der Vorbereitungsdienst dauert zwei Jahre.

(2) Der Rechtsreferendar wird bei folgenden Stationen ausgebildet:

1.
bei der Justiz
 
a)
sechs Monate bei einem Zivilgericht,
 
b)
vier Monate bei einem Strafgericht oder einer Staatsanwaltschaft;
2.
fünf Monate bei der öffentlichen Verwaltung oder einem Verwaltungsgericht;
3.
vier Monate bei einem Rechtsanwalt;
4.
fünf Monate nach Wahl des Rechtsreferendars bei einer der nach § 40 zugelassenen Stellen (Wahlstation).

Jede Station kann auch bei verschiedenen Ausbildungsstellen abgeleistet werden, soweit Ausbildungsbelange nicht entgegenstehen.

(3) Nach Beendigung der Ausbildung nach Absatz 2 kann der Rechtsreferendar bis zu seinem Ausscheiden weiterhin einer Ausbildungsstelle nach Absatz 2 zugewiesen werden.

(4) Der Präsident des Oberlandesgerichts kann die Reihenfolge der Stationen nach Absatz 2 ändern oder auf Antrag diese Stationen zugunsten einer anderen bis auf drei Monate verkürzen, wenn das Ausbildungsziel auch in der gekürzten Zeit erreicht werden kann.

(5) Auf Antrag kann der Rechtsreferendar ableisten:

1.
die Ausbildung in der Verwaltungs- und Anwaltsstation (Absatz 2 Nr. 2 und 3) durch
 
a)
ein Studium an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer bis zu vier Monaten oder
 
b)
ein Praktikum bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaft bis zu fünf Monaten,
2.
die Ausbildung in der Zivil- oder Strafstation sowie in der Verwaltungsstation (Absatz 2 Nr. 1 und 2) jeweils bis zur Dauer von zwei Monaten durch eine Ausbildung
 
a)
bei einer überstaatlichen, zwischenstaatlichen oder ausländischen Ausbildungsstelle oder
 
b)
bei einem in- oder ausländischen Rechtsanwalt,
sofern eine ordnungsgemäße entsprechende Ausbildung gewährleistet ist. Dabei soll ein Teil jeder Station bei einer der in Absatz 2 genannten Ausbildungsstellen abgeleistet werden.

§ 40
Wahlstation

(1) In der Wahlstation gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 4 werden dem Rechtsreferendar fünf Schwerpunktbereiche zur Wahl geboten:

1.
Justiz,
2.
Verwaltung,
3.
Wirtschaft und Finanzwesen,
4.
Arbeits- und Sozialrecht,
5.
Internationales Recht und Recht der Europäischen Union.

(2) Der Präsident des Oberlandesgerichts läßt die Ausbildungsstellen in den Schwerpunktbereichen allgemein oder für den Einzelfall zur Ableistung des Pflichtwahlpraktikums zu, wenn

1.
ein geeigneter Arbeitsplatz,
2.
ein geeigneter Betreuer und
3.
eine sachgerechte Ausbildung gesichert sind.

(3) Auf Antrag kann der Rechtsreferendar die Wahlstation ganz oder teilweise durch ein Studium an einer Juristischen Fakultät oder an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften ableisten. Dies ist nur möglich, wenn der Rechtsreferendar einen Ausbildungsplan vorlegt, der eine Förderung der Ausbildung erwarten läßt. Aus dem Plan muß ersichtlich sein, welchen Leistungsnachweis der Rechtsreferendar erbringen wird.

(4) Die Wahlstation soll nicht bei einer Stelle derselben Art abgeleistet werden, bei der der Rechtsreferendar schon ausgebildet wurde.

(5) Die Zuweisung erfolgt im Einvernehmen mit der ausbildenden Stelle. Der Rechtsreferendar hat spätestens vier Monate vor Beendigung der Ausbildung im letzten Ausbildungsabschnitt vor der Wahlstation gegenüber dem Präsidenten des Oberlandesgerichts schriftlich zu erklären, in welchem Schwerpunktbereich und bei welcher der für diesen Schwerpunktbereich zugelassenen Stelle er die Wahlstation ableisten will. Gibt er keine Erklärung ab, so bestimmt der Präsident des Oberlandesgerichts die Stelle für die Wahlstation. 18

§ 41
Einführungslehrgänge, Arbeitsgemeinschaften
und sonstige Lehrgänge

(1) Der Rechtsreferendar hat zu Beginn des Vorbereitungsdienstes bei der Justiz und bei der Verwaltung je an einem Einführungslehrgang teilzunehmen. Der Einführungslehrgang bei der Justiz kann auch geteilt werden.

(2) Der Einführungslehrgang bei der Justiz wird anteilig auf die Ausbildung bei einem Zivilgericht und auf die Ausbildung bei einem Strafgericht oder einer Staatsanwaltschaft angerechnet.

(3) Der Rechtsreferendar hat während der Ausbildung an den angeordneten Arbeitsgemeinschaften teilzunehmen sowie angeordnete schriftliche Arbeiten anzufertigen und abzuliefern. Während des Pflichtwahlpraktikums kann die Teilnahme an den Arbeitsgemeinschaften erlassen werden.

(4) Die Pflicht zur Teilnahme an einer Arbeitsgemeinschaft endet, wenn der Rechtsreferendar nach Beendigung des Vorbereitungsdienstes (§ 39 Abs. 1) die schriftliche Prüfung nicht oder nicht vollständig abgelegt hat. Der Präsident des Oberlandesgerichts kann jedoch den Rechtsreferendar einer Arbeitsgemeinschaft zuweisen. In diesem Fall ist der Rechtsreferendar zur Teilnahme verpflichtet.

(5) Während der Ausbildung bei der Justiz hat der Rechtsreferendar an einem Lehrgang über Arbeitsrecht teilzunehmen. Die Teilnahme an weiteren Lehrgängen kann angeordnet werden.

(6) Den Rechtsreferendaren sollen weitere geeignete Lehrangebote aus dem Bereich der Kommunikation gemacht werden, insbesondere zu Verhandlungsleitung, Vernehmungstechnik und Glaubwürdigkeitsbeurteilung, Rhetorik und Argumentationstechnik. Während der Ausbildung bei der Verwaltung sollen den Rechtsreferendaren Grundzüge des Steuerrechts vermittelt werden.

(7) Der Umfang der Lehrgänge und Arbeitsgemeinschaften soll so bemessen sein, daß den Rechtsreferendaren genügend Zeit für die Ausbildung in der Praxis zur Verfügung steht. 19

§ 42
Dienstvorgesetzter, Vorgesetzter

(1) Dienstvorgesetzter ist der Präsident des Landgerichts, bei dem der Rechtsreferendar den Vorbereitungsdienst antritt. Soweit der Regierungspräsident zu den Ausbildungsstellen zuweist, ist er Dienstvorgesetzter. Der Präsident des Oberlandesgerichts kann im Einzelfall eine andere Bestimmung treffen.

(2) Vorgesetzte des Rechtsreferendars sind der Leiter der Ausbildungsstelle, der Ausbilder sowie die Lehrgangs-, Arbeitsgemeinschafts- und Ausbildungsleiter, denen der Rechtsreferendar zur Ausbildung zugewiesen ist.

§ 43
Entlassung und Ausscheiden aus
dem Vorbereitungsdienst

(1) Aus dem Vorbereitungsdienst ist zu entlassen, wer die Entlassung beantragt.

(2) Der Rechtsreferendar kann entlassen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1.
während des Vorbereitungsdienstes ein Umstand eintritt oder nachträglich bekannt wird, der die Versagung der Aufnahme in den Vorbereitungsdienst nach § 38 Abs. 2 und 3 rechtfertigen würde,
2.
der Rechtsreferendar in seiner Ausbildung nicht hinreichend fortschreitet, insbesondere wenn er in zwei Ausbildungsabschnitten keine ausreichenden Leistungen erzielt hat,
3.
der Rechtsreferendar länger als sechs Monate dienstunfähig ist und nicht zu erwarten ist, daß er binnen drei Monaten wieder dienstfähig wird,
4.
die Zweite Juristische Staatsprüfung aus den Gründen des § 9 nicht im zweiten Termin nach der Zulassung abgelegt werden kann.

(3) Vor der Entlassung nach Absatz 2 ist der Rechtsreferendar anzuhören.

(4) Der Rechtsreferendar scheidet mit Ablauf des Tages, an welchem ihm eröffnet wird, daß er die Zweite Juristische Staatsprüfung mit Erfolg abgelegt oder bei der ersten Wiederholung nicht bestanden hat, aus dem Vorbereitungsdienst aus.

(5) Die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf bleiben unberührt.

(6) Über die Entlassung entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts. 20

§ 44
Urlaub, Anrechnung von Urlaubs- und
Krankheitszeiten auf den Vorbereitungsdienst

(1) Der Rechtsreferendar erhält Urlaub nach den Bestimmungen für Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst. Erholungsurlaub kann auch bereits während der ersten sechs Monate nach der Einstellung bewilligt werden. Die Dauer des Urlaubs in jedem Ausbildungsabschnitt darf in der Regel ein Drittel des Abschnitts nicht überschreiten. Während der Lehrgänge und der angeordneten schriftlichen Arbeiten soll kein Erholungsurlaub gewährt werden.

(2) Erholungsurlaub und Urlaub aus anderen Anlässen (ausgenommen Erziehungsurlaub und Sonderurlaub) werden auf den Vorbereitungsdienst angerechnet. Krankheitszeiten werden in der Regel bis zu drei Monaten je Ausbildungsjahr auf den Vorbereitungsdienst angerechnet; Mutterschutzzeiten sowie ein anschließender Erziehungsurlaub werden in der Regel nicht auf den Vorbereitungsdienst angerechnet.

(3) Erholungsurlaub und Urlaub aus anderen Anlässen (ausgenommen Erziehungsurlaub und Sonderurlaub) werden vom Dienstvorgesetzten erteilt.

(4) In Ausnahmefällen kann dem Rechtsreferendar Sonderurlaub ohne Bezüge gewährt werden; die Dauer des Sonderurlaubs beträgt in der Regel bis zu sechs Monaten, insgesamt jedoch höchstens bis zu einem Jahr.

§ 45
Ausbildungszeugnisse

(1) Über die Ausbildung bei jeder Ausbildungsstelle ist ein Zeugnis zu erstellen.

(2) Das Zeugnis wird vom Ausbilder erstellt.

(3) Das Zeugnis soll ein Bild von der Eignung, den Fähigkeiten, den praktischen Leistungen, dem Fleiß, dem Stand der Ausbildung und der Führung geben. In dem Zeugnis ist festzustellen, ob der Rechtsreferendar das Ziel der Ausbildung erreicht hat.

(4) Auch die Arbeitsgemeinschaftsleiter haben für jeden ihnen zugewiesenen Rechtsreferendar ein Zeugnis gemäß Absatz 3 zu erstellen.

(5) In den Zeugnissen soll die Gesamtleistung des Rechtsreferendars mit einer Note und Punktzahl nach der Verordnung über eine Noten- und Punkteskala für die erste und zweite juristische Prüfung in der jeweils gültigen Fassung bewertet werden.

(6) Soweit eine Ausbildung an einer Juristischen Fakultät oder an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften erfolgte, ist an Stelle eines Zeugnisses ein Leistungsnachweis (§ 40 Abs. 3 Satz 3) vorzulegen.

Fünfter Teil
Zweite Juristische Staatsprüfung

§ 46
Grundsatz

(1) Die Zweite Juristische Staatsprüfung ist Abschlußprüfung und Laufbahnprüfung im Sinn des Beamtengesetzes für den Freistaat Sachsen.

(2) Die Zweite Juristische Staatsprüfung hat Wettbewerbscharakter und soll feststellen, ob der Rechtsreferendar das Ziel der Ausbildung (§ 37 Abs. 1) erreicht hat und ihm deshalb die Befähigung zum Richteramt (§ 5 Abs. 1 des Deutschen Richtergesetzes) und zum höheren Verwaltungsdienst zuzusprechen ist. Schwerpunkt von Aufgabenstellung und Leistungsbewertung soll das juristische Verständnis und die Fähigkeit zum methodischen Arbeiten unter Berücksichtigung der in der praktischen Ausbildung vermittelten Fertigkeiten sein.

(3) Die Zweite Juristische Staatsprüfung wird zweimal jährlich abgenommen.

§ 47
Prüfungsgebiete

(1) Die Zweite Juristische Staatsprüfung erstreckt sich auf die Pflichtfächer und den vom Bewerber zu bestimmenden Schwerpunktbereich, jeweils mit ihren gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Grundlagen. § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 gilt entsprechend.

(2) Pflichtfächer sind jeweils mit ihren Bezügen zum Europarecht:

1.
die Pflichtfächer der Ersten Juristischen Staatsprüfung (§ 17 Abs. 2) unter Berücksichtigung der in der praktischen Ausbildung angestrebten Ergänzung und Vertiefung;
2.
aus dem Gebiet des Zivilrechts und Arbeitsrechts (einschließlich Verfahren):
 
a)
Familienrecht ohne Versorgungsausgleich, Erbrecht,
 
b)
Zivilprozeßrecht und Zwangsvollstreckungsrecht,
 
c)
Grundzüge der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in Familien- und Erbscheinsachen,
 
d)
Grundzüge des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (nur Urteilsverfahren);
3.
aus dem Gebiet des Strafrechts (einschließlich Verfahren)
Strafverfahrensrecht;
4.
aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts (einschließlich Verfahren):
 
a)
Amts- und Staatshaftungsrecht,
 
b)
Baurecht,
 
c)
Grundzüge des Immissionsschutz- und Wasserrechts,
 
d)
Verwaltungsvollstreckungsrecht.

(3) Schwerpunktbereiche sind jeweils mit ihren Bezügen zum Europarecht:

1.
Justiz: Recht der Freiwilligen Gerichtsbarkeit; Grundzüge des Internationalen Privatrechts, des Insolvenzrechts, des Jugendstrafrechts und des Strafvollzugsrechts;
2.
Verwaltung: Verwaltungswissenschaft; Wirtschaftsverwaltungsrecht; Grundzüge des Raumordnungs- und Landesplanungsrechts, des Straßen- und Wegerechts und des Beamtenrechts;
3.
Wirtschaft und Finanzwesen: Handels- und Gesellschaftsrecht; Grundzüge des Wechsel- und Scheckrechts, der Abgabenordnung, des Einkommensteuer- und Umsatzsteuerrechts;
4.
Arbeits- und Sozialrecht: kollektives Arbeitsrecht; arbeitsgerichtliches Verfahren; Grundzüge des Sozialversicherungsrechts, des sozialgerichtlichen Verfahrens und des Sozialhilferechts;
5.
Internationales Recht und Recht der Europäischen Union: Grundzüge des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts; Einheitskaufrecht; Recht der Europäischen Union.

§ 48
Prüfungsausschuß

Der Prüfungsausschuß für die Zweite Juristische Staatsprüfung besteht aus dem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern.

§ 49
Prüfungsorte

Die schriftliche Prüfung wird an den vom Landesjustizprüfungsamt bestimmten Prüfungsorten, die mündliche Prüfung in der Regel in Dresden, abgehalten.

§ 50
(aufgehoben) 21

§ 51
Vorschlag und Zulassung
zum schriftlichen Teil der Prüfung

(1) Der Rechtsreferendar hat an der gegen oder nach Ende der Ausbildung in der letzten Pflichtstation beginnenden Zweiten Juristischen Staatsprüfung teilzunehmen. Die Pflicht zur Teilnahme wird nicht dadurch aufgehoben, daß der Rechtsreferendar aus dem Vorbereitungsdienst ausscheidet.

(2) Spätestens drei Monate vor Beginn der Prüfung stellt der Präsident des Oberlandesgerichts den Rechtsreferendar für die Prüfung vor.

(3) § 26 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 gilt entsprechend.

(4) Mit der Erklärung nach § 40 Abs. 5 hat der Rechtsreferendar gegenüber dem Präsidenten des Oberlandesgerichts schriftlich zu bestimmen, welchen Schwerpunktbereich und welches Gebiet des Aktenvortrags er wählt; diese Erklärungen sind unwiderruflich und gelten auch bei etwaigen Wiederholungen der Prüfung. Unterläßt er eine solche Wahl, bestimmt der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes den Schwerpunktbereich entsprechend dem Bereich des Pflichtwahlpraktikums und das Gebiet des Aktenvortrages.

(5) Die Zulassung zur Prüfung ist zu widerrufen, wenn der Prüfungsteilnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Vorbereitungsdienst prüfungsunfähig ist und nicht erwartet werden kann, daß er in absehbarer Zeit wieder prüfungsfähig wird. 22

§ 52
Form der Prüfung

Die Zweite Juristische Staatsprüfung besteht aus einem schriftlichen und aus einem mündlichen Teil, sofern der Bewerber zum mündlichen Teil zugelassen ist.

§ 53
Schriftliche Prüfung

(1) In der schriftlichen Prüfung hat der Prüfungsteilnehmer an neun Tagen je eine schriftliche Arbeit unter Aufsicht zu fertigen. Die schriftlichen Aufgaben werden vom Prüfungsausschuß ausgewählt. Die Arbeitszeit beträgt fünf Stunden.

(2) Die Aufgaben sollen vor allem praktische Fälle aus dem Rechtsleben zum Inhalt haben.

(3) Der Prüfungsteilnehmer hat zu bearbeiten:

1.
vier Aufgaben mit dem Schwerpunkt aus dem Zivilrecht einschließlich des Verfahrensrechts (§ 47 Abs. 2 Nr. 1 und 2);
2.
zwei Aufgaben mit dem Schwerpunkt aus dem Strafrecht einschließlich des Verfahrensrechts (§ 47 Abs. 2 Nr. 1 und 3);
3.
drei Aufgaben mit dem Schwerpunkt aus dem Öffentlichen Recht einschließlich des Verfahrensrechts (§ 47 Abs. 2 Nr. 1 und 4).

(4) Die Prüfungsaufgaben werden an allen Prüfungsorten einheitlich gestellt; sie sind an allen Prüfungsorten zur selben Zeit zu bearbeiten.

(5) § 28 Abs. 4 gilt entsprechend.

§ 54
Bewertung der Prüfungsarbeiten;
Ergebnis der schriftlichen Prüfung;
Zulassung zum mündlichen Teil der Prüfung

(1) Jede schriftliche Prüfungsarbeit wird von zwei Prüfern bewertet. § 29 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2, 3 und 4 gilt entsprechend.

(2) Für die schriftliche Prüfung wird eine auf zwei Dezimalstellen zu errechnende Durchschnittspunktzahl gebildet; dabei wird eine sich ergebende dritte Dezimalstelle nicht berücksichtigt.

(3) Wer im schriftlichen Teil der Prüfung eine Durchschnittspunktzahl von mindestens 3,60 Punkten erreicht und in wenigstens fünf Prüfungsarbeiten, von denen mindestens eine aus dem Gebiet des Zivilrechts und eine aus dem Gebiet des Öffentlichen Rechts stammen müssen, mindestens eine Einzelpunktzahl von 4,00 erhalten hat, ist zur mündlichen Prüfung zugelassen. Wer nach Satz 1 zur mündlichen Prüfung nicht zugelassen ist, hat die Prüfung nicht bestanden; dies ist schriftlich bekanntzugeben.

(4) Die Einzelpunktzahlen und die Durchschnittspunktzahl der schriftlichen Prüfung werden den Prüfungsteilnehmern spätestens mit der Ladung zur mündlichen Prüfung schriftlich bekanntgegeben. 23

§ 55
Mündliche Prüfung

(1) Die mündliche Prüfung besteht aus einem frei zu haltenden Aktenvortrag und einem Prüfungsgespräch.

(2) Die Prüfungskommissionen für die mündliche Prüfung bestehen aus mindestens drei Prüfern, von denen einer den Vorsitz führt. Der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes teilt die Prüfungskommissionen für die mündliche Prüfung ein und bestimmt jeweils den Vorsitzenden.

(3) Der Prüfungsteilnehmer kann den Aktenvortrag aus dem Gebiet des Zivilrechts, des Strafrechts oder des Öffentlichen Rechts wählen. Die Vorbereitungszeit beträgt eine Stunde vor Beginn der mündlichen Prüfung. Die Dauer des Aktenvortrags soll zehn Minuten nicht überschreiten.

(4) Das Prüfungsgespräch unterteilt sich in einen zivilrechtlichen, einen strafrechtlichen und einen öffentlich-rechtlichen Teil sowie die Prüfung des Schwerpunktbereiches. Für jeden Prüfungsteilnehmer ist hierfür eine Gesamtprüfungsdauer von 50 Minuten vorzusehen, davon etwa 15 Minuten für die Prüfung im Schwerpunktbereich. Mehr als vier Prüfungsteilnehmer dürfen nicht gemeinsam geprüft werden.

(5) Die mündliche Prüfung erstreckt sich auf die Prüfungsgebiete gemäß § 47. Sie ist vorwiegend Verständnisprüfung.

(6) § 31 Abs. 6 gilt entsprechend mit der Maßgabe, daß an Stelle von Rechtsstudenten Rechtsreferendare zugelassen werden können. 24

§ 56
Bewertung der mündlichen Prüfung

(1) Über die Prüfungsleistungen in der mündlichen Prüfung und über die Prüfungsgesamtnote wird in gemeinsamer Beratung aller Prüfer mit Stimmenmehrheit entschieden. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.

(2) In der mündlichen Prüfung ist für den Aktenvortrag und für die vier in § 55 Abs. 4 Satz 1 genannten Prüfungsteile jeweils eine Einzelpunktzahl zu erteilen. Hieraus wird die auf zwei Dezimalstellen zu errechnende Durchschnittspunktzahl der mündlichen Prüfung gebildet, wobei die Einzelpunktzahl der Prüfung im Schwerpunktbereich doppelt zu zählen ist; eine sich ergebende dritte Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt.

§ 57
Prüfungsgesamtnote

(1) Nach der mündlichen Prüfung stellt die Prüfungskommission die auf zwei Dezimalstellen zu errechnende Gesamtdurchschnittspunktzahl fest. Sie ergibt sich aus der Durchschnittspunktzahl der schriftlichen Prüfung mit einem Anteil von 70 vom Hundert und der Durchschnittspunktzahl der mündlichen Prüfung mit einem Anteil von 30 vom Hundert; dabei wird eine sich ergebende dritte Dezimalstelle nicht berücksichtigt. Aufgrund der Gesamtdurchschnittspunktzahl setzt die Prüfungskommission unter Beachtung des § 5 d Abs. 4 Satz 1 und 2 des Deutschen Richtergesetzes die Endpunktzahl und die Prüfungsgesamtnote fest.

(2) Der Vorsitzende der Prüfungskommission gibt die Einzelpunktzahlen und die Durchschnittspunktzahl der mündlichen Prüfung sowie die Endpunktzahl und die Prüfungsgesamtnote am Schluß der mündlichen Prüfung bekannt. Damit ist die Prüfung abgelegt.

(3) Die Prüfung ist nicht bestanden, wenn die Prüfungsgesamtnote schlechter ist als „ausreichend“ (4,00).

§ 58
Prüfungszeugnis

(1) Wer die Prüfung bestanden hat, erhält ein Zeugnis, aus dem die Endpunktzahl und die Prüfungsgesamtnote ersichtlich sind. Den Prüfungsteilnehmern, die die Prüfung nicht bestanden haben, wird dies schriftlich bekanntgegeben. Das Prüfungszeugnis erteilt der Präsident des Landesjustizprüfungsamtes.

(2) Wer die Prüfung bestanden hat, ist berechtigt, die Bezeichnung „Assessor“/„Assessorin“ zu führen. 25

§ 59
Festsetzung der Platznummern

(1) Für jeden Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung bestanden hat, ist eine Platznummer festzusetzen. Bei der Festsetzung der Platznummern sind die Prüfungsteilnehmer zu berücksichtigen, die im Laufe des Prüfungsverfahrens die Prüfung bestehen. Die Platznummer ergibt sich aus der Rangfolge der Prüfungsteilnehmer entsprechend der erzielten Endpunktzahlen und Prüfungsgesamtnoten. Bei gleicher Endpunktzahl und Prüfungsgesamtnote erhält der Prüfungsteilnehmer mit dem besseren Ergebnis in der schriftlichen Prüfung die niedrigere Platznummer, bei gleichen Ergebnissen in der schriftlichen und mündlichen Prüfung wird die gleiche Platznummer erteilt. In diesem Fall erhält der nächstfolgende Teilnehmer die Platznummer, die sich ergibt, wenn die mehreren gleichen Platznummern fortlaufend weitergezählt werden.

(2) Der Prüfungsteilnehmer erhält eine Bescheinigung über die Platznummer.

(3) In der Bescheinigung über die erteilte Platznummer ist anzugeben, wie viele Prüfungsteilnehmer sich der Prüfung unterzogen haben und wie viele die Prüfung bestanden haben. Wird die gleiche Platznummer an mehrere Prüfungsteilnehmer erteilt, so ist auch deren Zahl anzugeben. 26

§ 60
Wiederholung der Prüfung

(1) Ein Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung nicht bestanden hat, kann die Prüfung nach Maßgabe des § 62 einmal wiederholen.

(2) Einem Prüfungsteilnehmer, der die Prüfung bei Wiederholung nach Absatz 1 nicht bestanden hat, kann zu einem vom Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes zu bestimmenden Termin gestattet werden, die Prüfung ein zweites Mal zu wiederholen, wenn die erfolglosen Prüfungen beim Landesjustizprüfungsamt abgelegt worden sind und bei dem Prüfungsteilnehmer eine außergewöhnliche Belastung in dem zweiten Prüfungsverfahren vorgelegen hat. Diese ist unverzüglich geltend zu machen.

(3) § 35 Abs. 2 und 4 gilt entsprechend.

(4) Eine weitere Wiederholung ist auch nach Ableistung eines erneuten Vorbereitungsdienstes nicht möglich. 27

§ 61
(aufgehoben) 28

§ 62
Ergänzungsvorbereitungsdienst

(1) Ein Rechtsreferendar, der die zum ersten Mal nicht bestandene Zweite Juristische Staatsprüfung wiederholen will, leistet einen weiteren Vorbereitungsdienst von sechs Monaten und nimmt an der darauffolgenden Prüfung teil.

(2) Der Ergänzungsvorbereitungsdienst kann vom Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes in besonderen Fällen auf Antrag verkürzt oder ganz erlassen werden, wenn zu erwarten ist, daß der Rechtsreferendar die Prüfung trotzdem bestehen wird.

(3) Der Präsident des Oberlandesgerichts bestimmt, wo und mit welchen Auflagen der Ergänzungsvorbereitungsdienst zu leisten ist. 29

Sechster Teil
Besondere Bestimmungen

§ 63
Schwerbehinderte und diesen
gleichgestellte Prüfungsteilnehmer

(1) Schwerbehinderten und Gleichgestellten (§ 1 und § 2 Schwerbehindertengesetz) kann auf Antrag entsprechend der Schwere der nachgewiesenen Prüfungsbehinderung in der schriftlichen Prüfung eine Arbeitszeitverlängerung bis zu einem Viertel der normalen Arbeitszeit gewährt werden. In Fällen besonders weitgehender Prüfungsbehinderung kann auf Antrag des Schwerbehinderten oder des Gleichgestellten die Arbeitszeit bis zur Hälfte der normalen Arbeitszeit verlängert werden. Schwerbehinderten oder Gleichgestellten können neben oder an Stelle einer Arbeitszeitverlängerung andere angemessene Erleichterungen gewährt werden, soweit diese den Wettbewerb nicht beeinträchtigen.

(2) Absatz 1 gilt auch für Prüfungsteilnehmer, die nicht Schwerbehinderte oder Gleichgestellte sind, aber wegen einer festgestellten, nicht nur vorübergehenden körperlichen Behinderung bei der Fertigung der Prüfungsaufgaben erheblich beeinträchtigt sind.

(3) Anträge auf Prüfungsvergünstigungen sind spätestens vier Wochen vor Beginn der schriftlichen Prüfung einzureichen. Liegen die Voraussetzungen für die Gewährung einer Prüfungsvergünstigung erst zu einem späteren Zeitpunkt vor, ist der Antrag unverzüglich zu stellen. Im Falle des Satzes 2 hat der Prüfungsteilnehmer die Unverzüglichkeit der Antragstellung darzulegen und nachzuweisen. Der Nachweis der Prüfungsbehinderung ist durch ein amtsärztliches Zeugnis zu führen. Die Begutachtung durch einen weiteren Arzt kann angeordnet werden. Aus dem amtsärztlichen Zeugnis müssen Tatsachen, die die Prüfungsbehinderung belegen können, hervorgehen.

(4) Für die mündliche Prüfung können auf Antrag des Schwerbehinderten und Gleichgestellten angemessene Erleichterungen gewährt werden. Absatz 3 gilt entsprechend. 30

§ 63 a
Anrechnung einer Ausbildung
für den gehobenen Dienst

(1) Eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung für den gehobenen Justizdienst oder den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst kann auf Antrag angerechnet werden:

1.
bis zu zwei Semestern auf das Universitätsstudium (§ 21),
2.
bis zu sechs Monaten auf den Vorbereitungsdienst.

(2) Über den Antrag entscheidet im Fall des Absatz 1 Nr. 1 das Landesjustizprüfungsamt. Mit der Anrechnung ist zu bestimmen, ob die praktische Studienzeit (§ 24) ganz oder teilweise erlassen wird.

(3) Im Fall des Absatz 1 Nr. 2 entscheidet der Präsident des Oberlandesgerichts im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern. Mit der Anrechnung ist zu bestimmen, welche Stationen (§ 39 Abs. 2) wegfallen oder gekürzt werden. 31

Siebter Teil
Übergangs- und Schlußvorschriften

§ 64
Allgemeine Vorschriften

(1) In Abweichung von § 5 Abs. 1 kann der Staatsminister der Justiz einen Richter, Staatsanwalt oder Beamten mit der Befähigung zum Richteramt mit den Aufgaben des Präsidenten des Landesjustizprüfungsamtes und seines Stellvertreters betrauen. 32

§§ 65 bis 71
(aufgehoben) 33

§ 72
Inkrafttreten

Die Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. 34

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1994 Nr. 36, S. 1080

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 15. Mai 1998

    Fassung gültig bis: 29. September 2003