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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

VwV Sächsischer Normenkontrollrat

Vollzitat: VwV Sächsischer Normenkontrollrat vom 4. März 2021 (SächsABl. S. 250), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 28. November 2023 (SächsABl. SDr. S. S 238)

Verwaltungsvorschrift
der Sächsischen Staatsregierung
zum Sächsischen Normenkontrollratsgesetz
(VwV Sächsischer Normenkontrollrat – VwV SächsNKR)

Vom 4. März 2021

I.
Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwandes

1.
Bei der Erstellung von Entwürfen von Gesetzen und Rechtsverordnungen (Rechtsnormen) ermittelt das federführende Staatsministerium oder die Staatskanzlei den Erfüllungsaufwand im Sinne des § 2 des Sächsischen Normenkontrollratsgesetzes vom 3. Juli 2014 (SächsGVBl. S. 384), das zuletzt durch das Gesetz vom 16. Dezember 2020 (SächsGVBl. S. 724) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und stellt diesen dar. Dies gilt nicht, soweit das Prüfungsrecht des Sächsischen Normenkontrollrates gemäß § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sächsischen Normenkontrollratsgesetzes entfällt.
2.
Die Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwandes erfolgt nach den Anlagen 1 und 2. Bei Entwürfen von Änderungs- und Ablösegesetzen oder -verordnungen wird nur der durch die Änderung zu erwartende Erfüllungsaufwand ermittelt und dargestellt.
3.
Ist der Erfüllungsaufwand nach Nummer 1 Satz 2 nicht oder nur für einen Teil einer Rechtsnorm zu ermitteln und darzustellen, ist dies zu begründen.

II.
Beteiligung des Sächsischen Normenkontrollrates

1.
Das federführende Ressort übermittelt dem Sächsischen Normenkontrollrat über dessen Geschäftsstelle in elektronischer Form als Word-Datei zur Prüfung
a)
den vom Kabinett zur Anhörung freigegebenen Entwurf der Rechtsnorm einschließlich des Vorblattes mit der Darstellung des Erfüllungsaufwandes und einschließlich des Kostenblattes,
b)
den zur Anhörung freigegebenen Entwurf einer Rechtsnorm und eine Darstellung des Erfüllungsaufwandes.
Dem Sächsischen Normenkontrollrat ist Gelegenheit zu geben, dem federführenden Ressort innerhalb der Anhörungsfrist seine Stellungnahme zu übermitteln.
2.
Bei Rechtsnormen, zu denen keine Anhörung stattfindet, erfolgt die Zuleitung des Entwurfs der Rechtsnorm und einer Darstellung des Erfüllungsaufwandes an den Sächsischen Normenkontrollrat über dessen Geschäftsstelle parallel zur oder nach der Normprüfung. Dem Sächsischen Normenkontrollrat ist Gelegenheit zu geben, dem federführenden Ressort innerhalb von mindestens 15 Arbeitstagen seine Stellungnahme zu übermitteln. Die Frist beginnt mit dem auf den Tag des Eingangs des Normentwurfs bei der Geschäftsstelle des Sächsischen Normenkontrollrates folgenden Arbeitstag.
3.
Das federführende Ressort bittet den Sächsischen Normenkontrollrat über dessen Geschäftsstelle um Mitteilung innerhalb von fünf Arbeitstagen, ob er beabsichtigt, eine Stellungnahme abzugeben.
4.
Im Rahmen der Anhörung abgegebene Stellungnahmen zum Entwurf der Rechtsnorm sind dem Sächsischen Normenkontrollrat unverzüglich über dessen Geschäftsstelle zur Kenntnis zuzuleiten.
5.
Ergibt sich nach der Anhörung zum Entwurf der Rechtsnorm die Notwendigkeit von Änderungen, welche Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand haben, ist bei wesentlichen Änderungen des Erfüllungsaufwandes durch das federführende Ressort der Erfüllungsaufwand erneut darzustellen und dem Sächsischen Normenkontrollrat über dessen Geschäftsstelle zur Prüfung zuzuleiten. In diesem Fall verkürzt sich für den Sächsischen Normenkontrollrat die Frist zur Stellungnahme auf zehn Arbeitstage. Gibt der Sächsische Normenkontrollrat zu dem geänderten Entwurf der Rechtsnorm eine angepasste Stellungnahme ab, ist lediglich diese dem Entwurf der Rechtsnorm beizufügen.

III.
Aufwandsentschädigung

Die Höhe der pauschalen Aufwandsentschädigung für die Mitglieder des Sächsischen Normenkontrollrates gemäß § 3 Absatz 5 Satz 2 des Sächsischen Normenkontrollratsgesetzes wird auf monatlich 500 Euro festgesetzt.

IV.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft und am 31. Dezember 2026 außer Kraft. Gleichzeitig tritt die VwV Sächsischer Normenkontrollrat vom 28. Oktober 2015 (SächsABl. S. 1523), die zuletzt durch die Verwaltungsvorschrift vom 16. Juni 2020 (SächsABl. S. 709) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 17. Dezember 2019 (SächsABl. SDr. S. S 334), außer Kraft.

Dresden, den 4. März 2021

Der Ministerpräsident
Michael Kretschmer

Die Staatsministerin der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung
Katja Meier

Anlage 1
(zu Ziffer I Nummer 2 Satz 1)

Regeln zur Ermittlung und Darstellung
 des Erfüllungsaufwandes im Freistaat Sachsen¹

Das mit dem Sächsischen Normenkontrollratsgesetz angestrebte Ziel besteht darin, den Entscheidungsträgerinnen und -trägern sowie der Öffentlichkeit mit angemessenem Aufwand ein realitätsnahes Bild der Be- und Entlastungen zu vermitteln, die aus der Perspektive der Normadressatinnen und -adressaten zu erwarten sind; wissenschaftliche Genauigkeit ist nicht erforderlich. Wenn der Aufwand nicht aus vorhandenen Daten abgeleitet werden kann, sind hierfür eigene Erhebungen vorzunehmen und falls dies unverhältnismäßig aufwendig wäre, ist er zu schätzen.

Die Ermittlung des Erfüllungsaufwandes, welcher sich aus dem Vollzug neuer und geänderter Rechtsnormen ergibt, vollzieht sich in vier Phasen:

Phase 1: Identifizierung der Vorgaben²

Der erste Schritt zur Ermittlung des Erfüllungsaufwandes, den ein Regelungsvorhaben verursacht, besteht darin, die Vorgaben zu identifizieren.

Vorgaben sind Einzelregelungen, die bei den Normadressatinnen und -adressaten unmittelbar zur Änderung von Kosten, Zeitaufwand oder beidem führen. Sie veranlassen die Normadressatinnen und -adressaten, bestimmte Ziele oder Anordnungen zu erfüllen oder auch bestimmte Handlungen zu unterlassen. Dazu zählen auch Verpflichtungen zur Kooperation mit Dritten sowie zur Überwachung und Kontrolle von Zuständen, Handlungen, numerischen Werten oder Verhaltensweisen.

Unmittelbar bedeutet, dass die Änderung von Kosten oder Zeitaufwand in direkter (kausaler) Verbindung mit der Befolgung der jeweiligen Vorgabe steht. Ein Merkmal von Vorgaben ist, dass Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft sowie öffentliche Verwaltung ihnen Folge leisten müssen, um nicht gegen Rechtsvorschriften zu verstoßen oder etwaige Ansprüche auf staatliche Leistungen zu verlieren.

Bei der Identifizierung von Vorgaben ist zu beachten, dass zum Teil neben Ge- oder Verboten lediglich Ziele oder Grenzwerte festgelegt werden. Auch solche Einzelregelungen sind als Vorgaben zu verstehen, weil sie unmittelbar zu Kosten und Zeitaufwand bei den Normadressatinnen und -adressaten führen.

Kann-Regelungen stehen Vorgaben gleich, soweit einer Schätzung zufolge von ihnen Gebrauch gemacht werden wird.

Wenn damit zu rechnen ist, dass sich Vorgaben auf unterschiedliche Sachverhalte (Aufgaben) beziehen oder dass Vorgaben durch die Normadressatinnen und -adressaten in unterschiedlicher Weise erfüllt werden können, sind Fallgruppen zu bilden; für jede Fallgruppe ist der Erfüllungsaufwand separat zu ermitteln und darzustellen.

Mehrere Vorgaben, die in der Praxis in einem Zusammenhang erfüllt werden, können zu einem Prozess gebündelt werden. Hierbei können die Vorgaben zum Beispiel nach Sachverhalten oder aus der Sicht der Normadressatinnen und -adressaten zu Prozessen zusammengefasst werden. Im Weiteren wird nur noch der Erfüllungsaufwand für den Prozess ermittelt (siehe auch Phase 2), jedoch nicht mehr für die einzelnen, in ihm zusammengefassten Vorgaben. Die einzelnen Vorgaben sind diesen Prozessen nachvollziehbar zuzuordnen.

Zum Erfüllungsaufwand gehören Vorgaben, die zum Ausfüllen von Anträgen und Formularen oder zur Mitwirkung an amtlichen Erhebungen verpflichten, sowie sämtliche Nachweis- und Dokumentationspflichten (Auskunfts-, Melde-, Berichts-, Veröffentlichungs-, Registrierungs-, Genehmigungspflichten und so weiter). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um einen Fall handelt, in dem sich die Normadressatinnen und -adressaten der Informationsverpflichtung nicht entziehen können, ohne rechtswidrig zu handeln (zum Beispiel Steuererklärung), oder ob es um einen Fall geht, der von den Normadressatinnen und -adressaten selbst ausgelöst wird und freiwillig erfolgt (zum Beispiel Förderantrag).

Als Ergebnis von Phase 1 soll für die Ermittlung des Erfüllungsaufwandes eine Liste mit allen Vorgaben des Regelungsvorhabens vorliegen. Die Liste sollte Informationen darüber enthalten,

welche Vorgaben bei welchen Normadressatinnen und -adressaten Erfüllungsaufwand auslösen,
welche Vorgaben gegebenenfalls Teil welchen Prozesses sind, für den zusammen mit Prozessen aus anderen Vorgaben eine zusammenfassende Ermittlung des Erfüllungsaufwandes erfolgt,
für welche Vorgaben oder welche Prozesse Fallgruppen gebildet worden sind, für die der Erfüllungsaufwand jeweils gesondert ermittelt wird.

Phase 2: Ermittlung der Prozesse und Träger für Vollzug und Erfüllung

In dieser Phase werden die durch das Regelungsvorhaben angesprochenen Aktivitäten und die sich daraus ergebenden Prozesse, die einer Veränderung unterliegen, sowie mögliche Vollzugsträger systematisch identifiziert. Vom Vorgehen her werden zuerst die direkt und indirekt betroffenen Prozesse (Schritte 1a und 1b) und auf dieser Grundlage dann die Vollzugsträger (Schritt 2) ermittelt. Direkt betroffene Prozesse sind die, welche die geplante Norm originär regeln soll. Indirekt betroffene Prozesse sind Prozesse, auf die in der Norm verwiesen wird, die aber durch eine andere Norm geregelt werden.

Schritt 1a: Identifizierung der direkt und indirekt betroffenen Prozesse

Kern des Vorgehens sind die bereits in Phase 1 ermittelten Prozesse und die aus standardisierten Modulen zusammengestellten Prozesse für den Vollzug. Den Ausgangspunkt sollte die Frage bilden, welches Ziel mit der Regelung erreicht werden soll und wie dies mit so wenig Aufwand wie möglich für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung erreicht werden kann.

Schritt 1b: Änderung der identifizierten Prozesse

Dieser Schritt entfällt, wenn es sich um eine neue Norm handelt. Bei der Änderung einer Norm ist zu entscheiden, ob Prozessteile wegfallen oder Abläufe zum Beispiel aufgrund neuer technischer Möglichkeiten bei der Beteiligung oder anderer Regelungen, wie beispielsweise dem E-Government-Gesetz, geändert, das heißt idealerweise vereinfacht, werden können – und zwar aus Sicht der Normadressatinnen und -adressaten.

Schritt 2: Identifikation von Vollzugsträgern

Für den Vollzug der mit der rechtlichen Regelung verbundenen Aufgabe oder einzelner Prozessteile in einem Vollzugsprozess kommen insbesondere folgende organisationspolitische Gestaltungsoptionen in Betracht:

Erledigung durch Ministerium, staatliche Einrichtung oder staatliche Sonderbehörde,
Wahrnehmung durch Landkreis, Kreisfreie Stadt oder kreisangehörige Gemeinde,
Kooperation öffentlicher Einrichtungen,
Kooperation öffentlicher und privater Einrichtungen,
Beauftragung (privater) Dritter,
Förderung der Erledigung durch Dritte (Akteurinnen und Akteure der Zivilgesellschaft).

Die Entscheidung für eine der Optionen hat unmittelbare Wirkung auf die Höhe des Erfüllungsaufwandes für die Normadressatinnen und -adressaten.

Bei der Aufteilung des Vollzugs auf mehrere Vollzugsträger ist der Erfüllungsaufwand entsprechend aufgeteilt zu berechnen und darzustellen. So wird der Vergleich von Vollzugsalternativen vereinfacht.

Am Ende ist zusammengefasst darzustellen, welche Prozessteile von welchem Vollzugsträger ausgeführt werden – gegebenenfalls ist die Auswahl zu begründen. Sollten Vollzugsprozesse nicht vereinfacht worden sein, ist auch hierfür eine Begründung zu geben.

Phase 3: Ermittlung des Erfüllungsaufwandes

Der Erfüllungsaufwand ist grundsätzlich für jede Vorgabe und jeden Prozess sowie jede Fallgruppe separat zu ermitteln. Ergeben sich für die Normadressatinnen und -adressaten unverhältnismäßig hohe Aufwände, sollte gemäß Phase 2 der Vollzugsprozess angepasst werden und ein anderer Vollzugsträger vorgesehen werden, sofern hierdurch eine Verringerung des Aufwandes erfolgt.

Insbesondere bei komplexen Regelungsvorhaben mit zahlreichen Vorgaben oder Prozessen kann nach einer ersten Prüfung klar erkennbar sein, dass Vorgaben oder Prozesse nur sehr geringe Auswirkungen haben werden. Auf die Ermittlung und Darstellung der Änderung des Erfüllungsaufwandes für solche Vorgaben oder Prozesse kann verzichtet werden, wenn diese eine sehr geringe Fallzahl und eine sehr geringe Belastung im Einzelfall aufweisen. Es ist zu begründen, warum die Änderung des Erfüllungsaufwandes für diese Vorgaben oder Prozesse vernachlässigt werden kann.

Schritt 1: Ermittlung der Fallzahl je Vorgabe, Prozess und Fallgruppe

Ist eine Vorgabe oder ein Prozess periodisch zu erfüllen (zum Beispiel jährliche Wartung von Anlagen), ergibt sich die jährliche Fallzahl aus der Multiplikation der jährlichen Häufigkeit der Erfüllung je Betroffenem mit der Summe der Betroffenen.

Bei anlassbezogen zu erfüllenden Vorgaben wird die Anzahl der jährlichen Fälle ermittelt, ohne zuvor Häufigkeit und Zahl der Betroffenen festzustellen. So ist beispielsweise bei Vorgaben für genehmigungspflichtige Anlagen oder für anzeigepflichtige Tätigkeiten die Zahl der voraussichtlich oder erfahrungsgemäß jährlich eingehenden Anträge zugrunde zu legen. Bei Schwankungen kann ein sachgerechter Mittelwert herangezogen werden.

Schritt 2: Ermittlung des Aufwandes pro Fall je Vorgabe, Prozess und Fallgruppe

Zur Ermittlung des Aufwandes pro Fall oder seiner Änderung werden die wesentlichen Tätigkeiten identifiziert, die zur Erfüllung einer Vorgabe oder eines Prozesses im Einzelfall zu erwarten sind. Für diese Tätigkeiten werden die zu erwartenden Änderungen des Zeit-, Personal- sowie Sachaufwandes ermittelt.

Werden Vorgaben erstmals geschaffen, ist der gesamte zu erwartende Erfüllungsaufwand je Fall anzugeben.

Hat bereits eine Vorgabe bestanden, die durch das Regelungsvorhaben geändert wird, wird nur die Änderung des Erfüllungsaufwandes ermittelt.

Umstellungsaufwand, der lediglich einmal bei der Einführung oder Änderung einer Vorgabe bei den Normadressatinnen und -adressaten anfällt, wird gesondert ausgewiesen. Auch absehbar endende Periodizitäten sind als einmaliger Erfüllungsaufwand darzustellen. Aufwand, der im Abstand von mehreren Jahren absehbar erneut anfällt, ist anteilig als jährlicher Erfüllungsaufwand anzugeben.

Bei der Ermittlung des Erfüllungsaufwandes ist auch zu prüfen, ob es sich bei dem Aufwand um Sowieso-Kosten handelt. Dies ist der Fall, wenn eine Vorgabe zu keiner messbaren Verhaltens- oder Aufwandsänderung bei den Normadressatinnen und -adressaten führt, weil sie sich schon gemäß dem Entwurf der Rechtsnorm verhalten haben. Dies wären also Kosten, die auch ohne neue oder geänderte Regelung entstanden wären. Dann ist davon auszugehen, dass durch die Neuregelung oder Änderung kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand oder keine Entlastung entsteht. Führt die Vorgabe oder der Prozess nur bei einem Teil der Normadressatinnen und -adressaten zu einer Verhaltensänderung, ist nur für diese Gruppe die Änderung des Erfüllungsaufwandes zu ermitteln.

Nicht unter den Begriff Erfüllungsaufwand fallen Steuermehr- und -mindereinnahmen, Sozialversicherungsbeiträge und Gebührenmehr- und -mindereinnahmen. Sie sind nach den Regeln zur Kabinettsarbeit unter dem Buchstaben F Ziffer II Haushaltsauswirkungen anzugeben. Indirekte Effekte, wie zum Beispiel aufgrund der neuen oder geänderten Vorgabe entgangene Gewinne und sonstige Abgaben (zum Beispiel Ausgleichsabgaben), fallen ebenfalls nicht unter den Begriff „Erfüllungsaufwand“.

Gebühren werden unter dem Buchstaben F Ziffer IV Weitere Kosten dargestellt.

Schritt 3: Berechnung des gesamten Erfüllungsaufwandes für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung

Durch Multiplikation der Fallzahl mit dem Aufwand pro Fall wird der Erfüllungsaufwand für eine Vorgabe oder einen Prozess oder eine Fallgruppe berechnet. Der Erfüllungsaufwand des Regelungsvorhabens insgesamt ergibt sich aus der Summe des Aufwandes aller im Regelungsvorhaben enthaltenen Vorgaben, Prozesse oder Fallgruppen. Diese Berechnungen sind für Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft und Verwaltung auf Jahresbasis (Ausnahme: einmaliger Umstellungsaufwand) separat durchzuführen.

Um Scheingenauigkeiten zu vermeiden, sind ermittelte Zahlen nach Abschluss der Berechnungen sachgerecht zu runden.

Phase 4: Darstellung des Erfüllungsaufwandes als Gesamtergebnis

Der Erfüllungsaufwand ist im Vorblatt sowie in der Begründung des Entwurfs einer Rechtsnorm darzustellen. Im Vorblatt sind nur die zentralen Ergebnisse der Ermittlung des Erfüllungsaufwandes herauszustellen. In der Begründung ist die Ermittlung des Erfüllungsaufwandes nachvollziehbar darzustellen. Sofern Entwürfe von Rechtsverordnungen, zu denen eine Kabinettsbefassung erfolgt, keine Begründung aufweisen, ist der Erfüllungsaufwand im Vorblatt nachvollziehbar darzustellen. Sofern eine Kabinettsbefassung nicht erfolgt, ist der Erfüllungsaufwand gesondert nachvollziehbar darzustellen.

Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger

Wie hoch ist für Bürgerinnen und Bürger die Be- oder Entlastung (zeitlich und finanziell), die aufgrund des Regelungsvorhabens zu erwarten ist?

Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft

Wie hoch ist die Gesamtbe- oder -entlastung der Wirtschaft?

Dabei sind jährlicher Erfüllungsaufwand und einmaliger Umstellungsaufwand getrennt auszuweisen. Es genügt die Angabe des Saldos, der aus allen Vorgaben oder Prozessen resultiert.

Erfüllungsaufwand für die Verwaltung

Wie hoch ist die Be- oder Entlastung der Verwaltung?

Dabei sind der jährliche Erfüllungsaufwand und der einmalige Umstellungsaufwand getrennt auszuweisen. Der Aufwand ist für die Organe der Staatsverwaltung und für die Kommunen separat anzugeben. Es genügt die Angabe des Saldos, der aus allen Vorgaben oder Prozessen resultiert.

______________

1
In Anlehnung an den Leitfaden zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregierung, Dezember 2018.
2
Erläuterung der wichtigsten Begriffe in Anlage 2 Ziffer V

Anlage 2
(zu Ziffer I Nummer 2 Satz 1)

Werte zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwandes im Freistaat Sachsen¹

I.
Zeitwerttabelle für Erfüllungsaufwandspflichten der Bürgerinnen und Bürger

Zeitwerttablle
Nr. Aktivität Zeit in Minuten, einfach Zeit in Minuten, mittel Zeit in Minuten, komplex
Nr. Aktivität Zeiten in Minuten
einfach mittel komplex
  1 Sich mit der gesetzlichen Verpflichtung vertraut machen   2   5   15
  2 Fachliche Beratung in Anspruch nehmen (Beratungsstellen, Stadtverwaltung, …) 10 30 105
  3 Daten und Informationen sammeln und zusammenstellen (zum Beispiel Formularvordrucke, Nachweise, Fotos, …)   1   3   15
  4 Informationen und Daten aufbereiten (inklusive Berechnungen und Überprüfungen durchführen)   1   5   48
  5 Formulare ausfüllen   2   5   20
  6 Schriftstücke aufsetzen (zum Beispiel Brief, E-Mail)   3   5   12
  7 Informationen oder Daten an die zuständigen Stellen übermitteln (gegebenenfalls inklusive persönlicher Abgabe)   1   2     5
  8 Vorlage weiterer Informationen bei Behörden bei Rückfragen (Dokumente nachreichen, …)   2   5   15
  9 Zahlungen anweisen (zum Beispiel Ausfüllen eines Überweisungsvordrucks)   1   2     3
10 Unterlagen kopieren, abheften, abspeichern   1   2     3
11 Mitwirkung bei der Prüfung durch öffentliche sowie beliehene und anerkannte Stellen (zum Beispiel Amtsarzt, …)   2 15   60
12 Material beschaffen 10 15   60
13 Bestimmte Leistung selbst erbringen oder Dritte beauftragen 15 30   60
14 Umsetzung von Vorgaben überprüfen   2   5   10
15 Ergänzend: Zeitaufwand für Wege- und Wartezeiten (zum Beispiel in einer Behörde, für die Beschaffung von Materialien – gegebenenfalls als Pauschale) 20 30   40

Quelle: StBA Stand: Dezember 2017 mit Ergänzungen, die auf Ergebnissen von Geschäftsprozessanalysen des IfG.CC – Institute for eGovernment basieren

II.
Zeitwerttabelle für Erfüllungsaufwandspflichten der Wirtschaft

Liegen noch keine vergleichbaren Daten für den Zeitaufwand einzelner Tätigkeiten vor, kann auf die sogenannte Zeitwerttabelle „Wirtschaft“ zurückgegriffen werden. Die Zeitwerttabelle weist für einen großen Teil der Standardaktivitäten Minutenwerte aus. Die Standardaktivitäten sind nach dem Grad der Schwierigkeit in „einfach“, „mittel“ und „komplex“ gestaffelt.

Der nach der Zeitwerttabelle ermittelte Zeitwert (das heißt Zeitaufwand für eine bestimmte Tätigkeit) sollte immer anhand begründbarer Einschätzungen aus fachlicher Sicht überprüft werden. Gibt es belastbare Anhaltspunkte dafür, dass der nach der Tabelle ermittelte Wert aller Wahrscheinlichkeit nach über- oder unterzeichnet ist, sollte der aus Fachsicht realistischere Wert für die Ermittlung genutzt werden.

Zeitwerttabelle
Nr. Allgemeine Standardaktivität Einfach (Minuten) Mittel (Minuten) Komplex (Minuten) Erläuterung
Allgemeine Standardaktivität Einfach (Minuten) Mittel (Minuten) Komplex (Minuten) Erläuterung
I. Einarbeitung in die Vorgabe    3²    3²   60 Entsteht gesonderter Aufwand, weil die Vorgabe regelmäßig verändert wird oder nur selten angewendet wird?
II. Beratung in Anspruch nehmen 10 30   80 Mit welchem Aufwand muss durch vorbereitende Informationsgespräche gerechnet werden?
III. Beschaffung von Daten   2 10 120 Welcher Aufwand fällt durch die Beschaffung notwendiger Informationen und Daten an?
IV. Formulare ausfüllen, Beschriftung, Kennzeichnung   3   5   30 Welcher Aufwand entsteht zum Beispiel durch das Ausfüllen eines Antragsformulars?
V. Berechnungen durchführen   3 20 185 Welche Berechnungen, Bewertungen, Zählungen müssen durchgeführt werden?
VI. Überprüfung der Daten und Eingaben   1   8   60 Entsteht Aufwand durch Kontrollmaßnahmen?
VII. Fehlerkorrektur   2 10   60 Entsteht Aufwand durch Korrekturmaßnahmen?
VIII. Aufbereitung der Daten   3 20 240 Welcher Aufwand entsteht durch die Aufbereitung von Daten?
IX. Datenübermittlung und -veröffentlichung   1   2     5 Welcher Aufwand entsteht durch die Datenübermittlung und Veröffentlichung von Daten oder Informationen?
X. Interne Sitzungen   6 60 600 Welcher Aufwand entsteht durch notwendige interne Sitzungen?
XI. Externe Sitzungen 10 60 480 Welcher Aufwand entsteht durch notwendige externe Sitzungen (zum Beispiel mit Steuerberaterin und -berater)?
XII. Ausführen von Zahlungsanweisungen   1   3   23 Entsteht Aufwand zum Beispiel durch das Ausfüllen eines Überweisungsträgers?
XIII. Kopieren, Archivieren, Verteilen   1   2   10 Entsteht Aufwand zum Beispiel durch Kopiertätigkeiten oder Archivierungsarbeiten?
XIV. Prüfung durch öffentliche Stellen   5 60 540 Welcher Aufwand wird zum Beispiel durch Betriebsprüferin und
-prüfer ausgelöst?
XV. Korrekturen, die aufgrund von Prüfungen durchgeführt werden müssen   4 30 480 Entsteht Aufwand durch Korrekturen und eine Überarbeitung der Daten?
XVI. Weitere Informationsbeschaffung, im Falle von Schwierigkeiten mit den zuständigen Stellen   3 15 120 Entsteht Aufwand durch zusätzliche Informationsbereitstellung?
XVII. Fortbildungs- und Schulungsteilnahmen   2 30 480 Entsteht Aufwand dadurch, dass die Erfüllung einer Vorgabe eine Schulung voraussetzt?

Quelle: StBA Stand: Dezember 2017 – mit Ergänzung von Ziffer II, die auf Ergebnissen von Geschäftsprozessanalysen des IfG.CC – Institute for eGovernment basieren

III.
Bruttolohnkostentabelle Wirtschaft nach Wirtschaftszweigen (pro Stunde in Euro) – Freistaat Sachsen

Bruttolohnkostentabelle
Wirtschaftsabschnitt Wirtschaftsabschnitt Qualifikationsniveau, Niedrig Qualifikationsniveau, Mittel Qualifikationsniveau, Hoch Durchschnitt
Wirtschaftsabschnitt Qualifikationsniveau
Niedrig Mittel Hoch Durchschnitt
A Land- und Forstwirtschaft, Fischerei³ 15,60 19,40 36,20 18,80
B Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden 31,38 36,67 68,85 39,31
C Verarbeitendes Gewerbe 19,03 25,70 45,86 27,17
D Energieversorgung 28,48 43,41 64,87 46,15
E Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen 20,41 25,82 45,82 26,24
F Baugewerbe 18,48 23,28 42,86 23,79
G Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen 15,62 21,98 42,32 23,16
H Verkehr und Lagerei 17,10 21,57 49,73 22,04
I Gastgewerbe 13,62 16,06 28,96 15,97
J Information und Kommunikation 15,95 32,19 43,31 34,75
K Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen 21,74 41,26 69,89 44,05
L Grundstücks- und Wohnungswesen 15,71 26,55 49,07 28,15
M Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen 15,57 26,37 43,79 31,58
N Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen 14,59 19,13 39,74 18,22
P Erziehung und Unterricht 19,47 27,47 40,73 34,44
Q Gesundheits- und Sozialwesen 18,09 23,94 45,91 26,70
R Kunst, Unterhaltung und Erholung 17,08 31,32 44,08 30,37
S Erbringung von sonstigen Dienstleistungen 14,84 20,76 37,96 23,36

Quelle: Statistisches Landesamt – Freistaat Sachsen: Statistischer Bericht – Arbeitskosten im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich im Freistaat Sachsen, 2016

Die aktuell gültigen Durchschnittswerte für den Freistaat Sachsen wurden für die drei Qualifikationsniveaus „niedrig“, „mittel“ und „hoch“ entsprechend den Verhältnissen ermittelt, die für den Bundesleitfaden errechnet wurden.

IV.
Lohnkostentabelle Verwaltung

Analog zum Bereich Wirtschaft werden die Standardlohnsätze der Verwaltung zum einen nach Laufbahnen und zum anderen nach Besoldungsgruppen in Euro gemäß der VwV Kostenfestlegung vom 8. Mai 2020 (SächsABl. S. 560) ausgewiesen.

Lohnkostentabelle Verwaltung: Standardlohnsätze je Stunde nach Laufbahnen

Lohnkostentabelle Verwaltung
Erste Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1 Zweite Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1 Erste Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 Zweite Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2
Erste Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1 Zweite Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1 Erste Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 Zweite Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2
36,74 47,88 59,49 84,52

Mit den einzelnen Laufbahnen vergleichbare Entgeltgruppen

Entgeltgruppen
Laufbahn mit der jeweiligen Laufbahn vergleichbare Entgeltgruppen
Laufbahn mit der jeweiligen Laufbahn vergleichbare Entgeltgruppen
Erste Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1 Entgeltgruppen 1 bis 4
Zweite Einstiegsebene der Laufbahngruppe 1 Entgeltgruppen 5 bis 8
Erste Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 Entgeltgruppen 9 bis 12
Zweite Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 Entgeltgruppen 13 bis 15

V.
Definitionen und Erläuterungen

Erfüllungsaufwand

Der Erfüllungsaufwand umfasst den gesamten messbaren Zeitaufwand und die Kosten, die durch die Befolgung einer Vorschrift bei Bürgerinnen und Bürgern, Wirtschaft sowie der öffentlichen Verwaltung entstehen.

Zum Erfüllungsaufwand der Verwaltung gehört der mit dem Vollzug von Vorgaben verbundene Aufwand. Auch das fiskalische Handeln der Verwaltung (zum Beispiel als Halterin von Kfz oder als Bauherrin) ist dem Erfüllungsaufwand zuzurechnen. Erfüllungsaufwand entsteht der Verwaltung insbesondere durch die Bearbeitung von Anträgen oder durch Überwachungsaufgaben sowie durch die Bereitstellung von Informationen und Materialien (zum Beispiel Antragsformulare) für Bürgerinnen und Bürger oder für die Wirtschaft oder für andere Teile der Verwaltung.

Einnahmen und Ausgaben bleiben bei der Ermittlung des Erfüllungsaufwandes unberücksichtigt (zum Beispiel Steuermehr- und -mindereinnahmen, Gebührenmehr- und Gebührenmindereinnahmen); sie werden im Vorblatt unter dem Buchstaben F Ziffer II Haushaltsauswirkungen ausgewiesen.

Beim Erfüllungsaufwand wird lediglich die Kostenseite betrachtet. Es findet keine Saldierung mit dem Nutzen einer Regelung statt.

Normadressatinnen und -adressaten

Bürgerinnen und Bürger, Wirtschaft sowie die öffentliche Verwaltung stellen die möglichen Normadressatinnen und -adressaten dar. Vorgaben können mehrere Normadressatinnen und -adressaten gleichzeitig betreffen.

Zur Wirtschaft zählt jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt und dem Privatsektor zugerechnet wird. Der Privatsektor umfasst auch karitative Organisationen und den ehrenamtlichen Sektor; nicht darunter fallen öffentliche Verwaltung, private Haushalte und exterritoriale Körperschaften und Organisationen.

Als öffentliche Verwaltung gelten die mit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben betrauten Verwaltungsträger (rechtsfähige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts einschließlich Beliehene im Rahmen der ihnen übertragenen hoheitlichen Kompetenzen).

Alle Vorgaben, die sich an natürliche Personen unabhängig von ihrem Alter richten, sind Vorgaben für Bürgerinnen und Bürger. Ist eine natürliche Person eine Unternehmerin oder ein Unternehmer, dann zählen diejenigen Vorgaben, die sich an die Person aufgrund ihrer Eigenschaft als Unternehmerin oder Unternehmer richten, als Vorgaben für die Wirtschaft.

______________

1
In Anlehnung an den Leitfaden zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregierung, Dezember 2018.
2
Aufgrund der geringen Unterschiede bei den Zeitwerten wurde hier auf eine Differenzierung zwischen „einfach“ und „mittel“ verzichtet.
3
Da für den Wirtschaftsabschnitt „Land- und Forstwirtschaft, Fischerei“ keine sächsischen Werte vorliegen, sind hier die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Werte für die Bundesrepublik Deutschland eingefügt worden (Lohnkostentabelle Wirtschaft 2017, Gliederung nach der Wirtschaftszweigklassifikation 2008)

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2021 Nr. 11, S. 250
    Fsn-Nr.: 111-V21.1

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 19. März 2021

    Vorschrift tritt außer Kraft am:
    31. Dezember 2026