Vorschaltgesetz
zur Erhebung von Abgaben und Umlagen sowie zur Führung der Haushaltswirtschaft in den Kommunen
(Vorschaltgesetz Kommunalfinanzen)
Vom 19. Dezember 1990
Der Landtag des Freistaates Sachsen hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Erster Abschnitt
Übertragung der Verwaltung der Gewerbesteuer auf die Gemeinden
§ 1
Zuständigkeit
(1) Die Verwaltung der Gewerbesteuer mit Ausnahme der Festsetzung und Zerlegung der Steuermeßbeträge obliegt den steuerberechtigten Gemeinden.
(2) Das Finanzamt kann für die Bekanntgabe des Gewerbesteuermeßbescheids die Hilfe der hebeberechtigten Gemeinde in Anspruch nehmen.
§ 2
Vorauszahlungen
Bis zur Festsetzung von Vorauszahlungen durch die zuständige Gemeinde ist der auf die Gewerbesteuer entfallende Anteil an den gemäß Anlage I Kapitel IV Sachgebiet B Abschnitt II Nr. 15 Abs. 1 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885) als Vorauszahlungen zu entrichtenden Abschlagszahlungen nicht an das Finanzamt, sondern an die Gemeinde zu entrichten, in der sich die Geschäftsleitung des Unternehmens befindet.
§ 3
Gemeinsame Steuerverwaltung
Mehrere Gemeinden können nach Maßgabe des § 31 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. der DDR I S. 255) die Gewerbesteuer gemeinsam verwalten.
Zweiter Abschnitt
Erhebung von Kommunalabgaben
§ 4
(1) Bis zum Erlaß eines Kommunalabgabengesetzes erheben die Gemeinden und Landkreise nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 Nr. 2 der Kommunalverfassung außer den ihnen zustehenden Steuern Verwaltungs- und Benutzungsgebühren, Beiträge, Kostenersatz und sonstige Abgaben.
(2) Die in Abs. 1 aufgeführten Kommunalabgaben werden aufgrund einer Satzung erhoben. Die Abgabensatzung muß die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie die Entstehung und die Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen. Die Kommunalabgaben sind, soweit vertretbar und geboten, in kostendeckender Höhe festzusetzen. Hierbei können die voraussichtlichen Kosten geschätzt werden.
(3) Bestehende Vorschriften über die Erhebung von Benutzungsgebühren in den in Abs. 1 genannten Bereichen bleiben unberührt; sie treten spätestens am 31. 12. 1992 außer Kraft.
(4) Regelungen nach den Abs. 1 und 2 gelten solange, bis die aufgrund eines Kommunalabgabengesetzes zu erlassenden Satzungen wirksam werden.
§ 5
Vorauszahlungen
(1) Soweit Satzungen nach § 4 nicht erlassen werden, erheben die Gemeinden und Landkreise bis zum Inkrafttreten eines Kommunalabgabengesetzes und der hierauf beruhenden Satzungen Vorauszahlungen. Sie betragen bei Inanspruchnahme der
Strich | Inanspruchnahme der | vom Hundert |
---|---|---|
– | Wasserversorgung | 50 v. H. |
– | Abwasserableitung und -behandlung | 50 v. H. |
– | Abfallentsorgung | 35 v. H. |
– | Straßenreinigung | 10 v. H. |
der Grundsteuer. Die Vorauszahlungen werden zusammen mit der Grundsteuer erhoben. Die in § 28 Grundsteuergesetz genannten Fälligkeitstage gelten entsprechend.
(2) In den Fällen, in denen Grundstücke von der Grundsteuer befreit sind oder für die eine Steuerermäßigung oder -begünstigung gilt, werden die Vorauszahlungen so erhoben, als wenn die Steuerermäßigung nicht erfolgt wäre.
(3) Die nach Abs. 1 zu erlassenden Satzungen treten rückwirkend zum 1. Januar 1991 in Kraft
(4) Bestehende Vorschriften über die Erhebung von Benutzungsgebühren in den in Abs. 1 genannten Bereichen bleiben unberührt; sie treten spätestens am 31. 12. 1991 außer Kraft.
§ 6
Mietpreisgebundener Wohnraum
Bei mietpreisgebundenem Wohnraum können Benutzungsgebühren nach § 4 oder Vorauszahlungen nach § 5 für die Berechnung der höchstzulässigen Miete außer Ansatz bleiben.
§ 7
Privatrechtliche Entgelte
Die Möglichkeit, anstelle von Benutzungsgebühren nach § 4 oder Vorauszahlungen nach § 5 privatrechtliche Entgelte zu vereinbaren, bleibt unberührt.
Dritter Abschnitt
Kreditaufnahmen
§ 8
Die Gemeinden und Landkreise können bis zum Erlaß einer Gemeindeordnung und einer Landkreisordnung auf der Grundlage des § 44 der Kommunalverfassung zur Fortsetzung ihrer Investitionstätigkeit Kredite nach Maßgabe von Verwaltungsvorschriften aufnehmen, die das Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen erläßt.
Vierter Abschnitt
Kreisumlage
§ 9
(1) Die Landkreise können, soweit ihre sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um ihren Finanzbedarf zu decken, von den kreisangehörigen Gemeinden nach den hierfür geltenden Vorschriften eine Kreisumlage erheben. Die Höhe der Kreisumlage wird vom Kreistag festgelegt.
(2) Die Umlage bemißt sich nach der Einwohnerzahl der kreisangehörigen Gemeinden. Der Umlagebetrag je Einwohner ist für alle Gemeinden des Landkreises gleich.
(3) Als Einwohnerzahl ist das nach dem Gesetz über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes vom 14. März 1990 (BGBl. I S. 308) auf den 31. Dezember des vorletzten Jahres fortgeschriebene Ergebnis der jeweils letzten allgemeinen Zählung der Bevölkerung maßgebend.
(4) Die Zahlungstermine der Kreisumlage sind durch den Kreistag festzulegen, solange nicht das Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen diese Termine durch Rechtsverordnung bestimmt.
(5) Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung eine Obergrenze für die Bemessung der Kreisumlage festzulegen. Dabei ist die Bedarfslage der Landkreise und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden zu berücksichtigen.
Fünfter Abschnitt
Haushaltswirtschaft der Gemeinden und Landkreise
§ 10
Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen Rechtsverordnungen zu erlassen über
- 1.
- den Inhalt und die Gestaltung des Haushaltsplanes, des Finanzplanes und des Investitionsprogrammes sowie die Haushaltsführung und Haushaltsüberwachung,
- 2.
- die Bildung, vorübergehende Inanspruchnahme und Verwendung von Rücklagen sowie deren Mindesthöhe,
- 3.
- die Aufgaben, die Organisation und Beaufsichtigung der Gemeindekasse und der Sonderkassen, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs sowie die Buchführung.
Sechster Abschnitt
Inkrafttreten
§ 11
Soweit dieses Gesetz Ermächtigungen zum Erlaß von Rechts- und Verwaltungsvorschriften enthält, tritt es am Tag nach der Verkündung, im übrigen am 1. Januar 1991 in Kraft.
Dresden, den 19. Dezember 1990
Der Präsident des Landtages
Erich Iltgen
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Der Staatsminister der Finanzen
Prof. Dr. Georg Milbradt