Historische Fassung war gültig vom 14.01.2011 bis 01.03.2012

Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über die Grundsätze der kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsführung und die rechtsaufsichtliche Beurteilung der kommunalen Haushalte zur dauerhaften Sicherung der kommunalen Aufgabenerledigung
(VwV Kommunale Haushaltswirtschaft – VwV KommHHWi)

Vom 20. Dezember 2010

[Berichtigt 27. Januar 2011 (SächsABl. S. 260)]

Aufgrund von

1.
§§ 128, 129 in Verbindung mit § 127 Abs. 2 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. März 2003 (SächsGVBl. S. 55, 159), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 26. Juni 2009 (SächsGVBl. S. 323, 325) geändert worden ist, und
2.
§§ 69, 70 in Verbindung mit § 68 Abs. 2 der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen (SächsLKrO) vom 19. Juli 1993 (SächsGVBl. S. 577), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 26. Juni 2009 (SächsGVBl. S. 323, 325) geändert worden ist,

wird im Benehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen folgende Verwaltungsvorschrift erlassen:

A)
Grundsätze für die kommunale Haushalts-
und Wirtschaftsführung

I.
Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung
und dauernden Leistungsfähigkeit

Zu § 72 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1, § 78 Abs. 2 Satz 2, § 82 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 5 Satz 2, § 83 Abs. 2 Satz 3 SächsGemO:

1.
Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung
 
a)
Die Haushaltswirtschaft ist so zu führen, dass die notwendigen laufenden Ausgaben sowie die notwendigen Investitionen für Maßnahmen gewährleistet werden können, die
 
 
aa)
zur Erfüllung der den Kommunen übertragenen Aufgaben (§ 2 Abs. 2 SächsGemO) unerlässlich sind, oder
 
 
bb)
der Wiederherstellung, Erneuerung und Erstellung von Einrichtungen und Anlagen dienen, die für die infrastrukturelle Grundversorgung erforderlich sind.
 
b)
Für die infrastrukturelle Grundversorgung erforderliche Anlagen sind solche, die unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung Voraussetzung sowohl für das wirtschaftliche Leben als auch für eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge sind (vergleiche Anlage 1).
2.
Verschuldung der Kommunen
 
a)
Im Interesse der Erhaltung von Entscheidungsspielräumen im Rahmen der Finanzen und damit der dauernden Leistungsfähigkeit soll die Nettoneuverschuldung bei Kommunen, die bereits eine hohe Verschuldung aufweisen und bei denen zu befürchten ist, dass mit einer weiteren Erhöhung eine Gefährdung der dauernden Leistungsfähigkeit einhergeht, nachhaltig begrenzt werden. Für die in Nummer 1 Buchst. a genannten Investitionen kann der Abbau der Verschuldung zurückgestellt oder eine Nettoneuverschuldung vor allem dann eingegangen werden, wenn sie unabweisbar und die dauernde Leistungsfähigkeit, gegebenenfalls durch Vollzug eines Haushaltssicherungskonzeptes, sichergestellt ist.
 
b)
Eine Aussetzung der Tilgung oder eine Streckung des Tilgungszeitraumes sind grundsätzlich zu vermeiden. Sollte eine Aussetzung der Tilgung oder eine Streckung des Tilgungszeitraumes, die zu einer Verlängerung der durchschnittlichen rechnerischen Tilgungsdauer über 20 Jahre hinaus führen würde, unumgänglich sein, haben die Kommunen dies der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde zwei Wochen vor Vertragsabschluss anzuzeigen. Dabei hat die Kommune die Wirtschaftlichkeit der Tilgungsaussetzung oder der Streckung des Tilgungszeitraums nachzuweisen und die Unabdingbarkeit der Tilgungsaussetzung oder der Streckung des Tilgungszeitraums darzulegen. Die Rechtsaufsichtsbehörde erhält damit die Gelegenheit, die Vereinbarkeit des Rechtsgeschäftes mit den haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen rechtzeitig zu prüfen.
 
c)
Eine hohe Verschuldung liegt vor, wenn der Richtwert für die Verschuldung des Kernhaushaltes von
 
 
aa)
1 400 EUR je Einwohner bei Kreisfreien Städten,
 
 
bb)
850 EUR je Einwohner bei kreisangehörigen Städten und Gemeinden oder
 
 
cc)
250 EUR je Einwohner bei Landkreisen
 
 
erreicht oder überschritten ist. Hinsichtlich der Bestimmung des Begriffs „Kernhaushalt“ wird auf Nummer 21 der Anlage zur Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die kommunale Haushaltswirtschaft (Kommunalhaushaltsverordnung – KomHVO) vom 26. März 2002 (SächsGVBl S. 142, 176), die durch Verordnung vom 7. Oktober 2005 (SächsGVBl. S. 286) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, verwiesen.
 
d)
Dies gilt in gleicher Weise, wenn der Richtwert der Gesamtverschuldung (vergleiche Nummer 11 der Anlage zur KomHVO ,) von
 
 
aa)
2 000 EUR je Einwohner bei Kreisfreien Städten,
 
 
bb)
1 800 EUR je Einwohner bei kreisangehörigen Gemeinden von über 50 000 Einwohnern,
 
 
cc)
1 600 EUR je Einwohner bei kreisangehörigen Gemeinden von 10 000 bis 50 000 Einwohnern,
 
 
dd)
1 650 EUR je Einwohner bei kreisangehörigen Gemeinden von 5 000 bis 10 000 Einwohnern
 
 
ee)
1 350 EUR je Einwohner bei kreisangehörigen Gemeinden von 3 000 bis 5 000 Einwohnern,
 
 
ff)
1 200 EUR je Einwohner bei kreisangehörigen Gemeinden von 1 000 bis 3 000 Einwohnern und
 
 
gg)
260 EUR je Einwohner bei Landkreisen
 
 
erreicht oder überschritten ist. Bei Gemeinden mit weniger als 1 000 Einwohnern gelten aufgrund der besonderen Gegebenheiten keine bestimmten Verschuldungswerte.
 
e)
Sind die Richtwerte erreicht oder überschritten, beurteilt sich die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune nach einer Gesamtbetrachtung der Haushaltssituation; eine schematische Anwendung ist unzulässig. Dabei sind insbesondere folgende Gesichtspunkte einzubeziehen und zu bewerten:
 
 
aa)
die Wirtschaftlichkeit der Investitionen,
 
 
bb)
der Stand der Aufgabenerfüllung,
 
 
cc)
der Umfang des geschaffenen Anlagevermögens (vergleiche Nummer 2 der Anlage zur KomHVO) unter Berücksichtigung der Vermögensbestände, die nicht für kommunale Aufgaben genutzt werden und demnach veräußert werden können,
 
 
dd)
die Höhe der Rücklagenbestände,
 
 
ee)
die Leistungsfähigkeit des Verwaltungshaushaltes, mithin die Höhe der im Finanzplanungszeitraum erwirtschafteten Nettoinvestitionsmittel (vergleiche Nummer 24 der Anlage zur KomHVO),
 
 
ff)
die Situation der Zweckverbände, an denen die Kommune beteiligt ist, insbesondere der Umfang des Anlagevermögens, die Wirtschaftlichkeit der Investitionen, das Refinanzierungsmodell, die Finanz- und Liquiditätssituation,
 
 
gg)
das Risiko der Inanspruchnahme aus Bürgschaften, Gewährverträgen und diesen wirtschaftlich gleichkommenden Rechtsgeschäften sowie aus gesellschaftsvertraglich begründeten Nachschusspflichten,
 
 
hh)
die sonstigen latenten Risiken im Sinne des Frühwarnsystems (vergleiche Großbuchstabe E Ziffer I).
3.
Verschuldung kommunaler Unternehmen und Zweckverbände
 
a)
In den Fällen, in denen die Kommune aufgrund bestellter Sicherheiten für Verbindlichkeiten der kommunalen Gesellschaften oder aufgrund satzungsrechtlicher Verpflichtungen für Verbindlichkeiten der Zweckverbände haftet, hat sie, sobald und soweit Anhaltspunkte für eine bevorstehende Inanspruchnahme gegeben sind, eine angemessene Risikovorsorge durch die Bildung von Rücklagen zu treffen.
 
b)
Die Frühwarnsysteme für Zweckverbände und, soweit eingeführt, für kommunale Unternehmen geben entsprechende Hinweise auf die Finanz- und Wirtschaftslage der Zweckverbände und Unternehmen.
 
c)
Die Kommunen sind gehalten, ein Beteiligungsmanagement in geeigneter Weise sicherzustellen oder einzuführen.

II.
Risikobegrenzung im Finanzmanagement

1.
Allgemeines
 
a)
Die Aufwendungen aus Schulden sind auch mit klassischen Instrumenten wie Analyse des Kreditportfolios, Umschuldungen, Einholung von Angeboten zur Finanzierung und Verzinsung der Girokonten durch ein aktives Schulden- und Zinsmanagement unter Vermeidung von unvertretbaren Risiken und unter Berücksichtigung des aus § 89 SächsGemO folgenden Spekulationsverbotes zu begrenzen und zu optimieren. Basis des Schulden- und Zinsmanagements sind die in Haushaltsplan und mittelfristiger Finanzplanung vorgesehenen Zins- und Tilgungszahlungen. Oberstes Ziel ist, diese Zinsaufwandsplanung einzuhalten oder zu unterschreiten. Dazu sind sicherzustellen:
 
 
aa)
eine hinreichende und angemessene Finanzverwaltungsstruktur, insbesondere geordnete Haushaltsführung,
 
 
bb)
fachliche Kenntnis im Umgang mit den eingesetzten und geplanten Instrumenten einschließlich regelmäßiger Fortbildung der Beschäftigten des mit dem Abschluss und der Verwaltung derartiger Geschäfte befassten Organisationsbereichs der Kommune, wobei die Kenntnis der Beschäftigten nicht durch die Beratung eines Dritten ersetzt wird,
 
 
cc)
eine Dienstanweisung zum Einsatz von Zinssicherungs- und Zinsoptimierungsinstrumenten,
 
 
dd)
eine von Art und Umfang der eingesetzten und geplanten Instrumente abhängige intensive Marktbeobachtung sowie eine fortlaufende Überwachung getätigter Geschäfte (Risikomanagement und Controlling) einschließlich deren Dokumentation durch Beschäftigte mit der fachlichen Kenntnis im Umgang mit den eingesetzten und geplanten Instrumenten sowie
 
 
ee)
eine umfassende Information des Bürgermeisters durch Beschäftigte, welche mit der Überwachung der Geschäfte betraut sind, sowie des Gemeinderates mindestens im Rahmen der Berichtspflicht gemäß § 75 Abs. 5 SächsGemO. In die Information für den Bürgermeister und den Gemeinderat sind Aussagen darüber aufzunehmen, ob und inwieweit die Zinsaufwandsplanung eingehalten wird, welche Geschäfte zur Steuerung des Zinsaufwands abgeschlossen wurden und ob und in welchem Umfang sich Risiken aus derartigen Geschäften verwirklichen können.
 
b)
Die Aufnahme von Krediten und der Abschluss kreditähnlicher Rechtsgeschäfte in Fremdwährungen sowie der Abschluss von Verträgen über Kreditderivate sind unzulässig. Unzulässig sind weiterhin Finanzgeschäfte, bei denen die Bank ein einseitiges kostenloses Kündigungsrecht hat, während die Gemeinde nur gegen Leistung einer Ausgleichszahlung kündigen kann.
 
c)
Die Übertragung einzelner Aufgaben des Finanzmanagements ist keine zulässige Aufgabenübertragung im Sinne von § 71 des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit ( SächsKomZG) vom 19. August 1993 (SächsGVBl. S. 815, 1103), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 26. Juni 2009 (SächsGVBl. S. 323, 325) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Auf die Erlaubnispflicht gemäß § 32 des Gesetzes über das Kreditwesen (Kreditwesengesetzes KWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. September 1998 (BGBl. I S. 2776), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1900, 1907) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, wird hingewiesen.
2.
Derivative Zinsgeschäfte
Unter derivativen Zinsgeschäften im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sind derivative Zinssicherungs- und Zinsoptimierungsgeschäfte zu verstehen. Für den Abschluss derivativer Zinsgeschäfte sind zusätzlich zu den unter Nummer 1 Buchst. a genannten Voraussetzungen die nachfolgend aufgeführten Maßgaben zu beachten:
 
a)
Ein derivatives Zinsgeschäft gilt insbesondere dann als spekulativ im Sinne von § 89 Abs. 3 SächsGemO, wenn
 
 
aa)
der Effektivzinssatz der Bewertungseinheit aus Grund- und Derivatgeschäft unter Berücksichtigung aller mit der Bewertungseinheit verknüpften Zahlungsströme, insbesondere Zinszahlungen laut Zins- und Tilgungsplan sowie gegebenenfalls Gebühren, Prämien oder sonstiger Einmal- oder Sonderzahlungen, im Falle der für die Kommune ungünstigsten Entwicklung des Marktes (Worst-Case-Szenario) den Effektivzinssatz eines festverzinslichen Kommunalkredites gleicher Laufzeit zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses um mehr als 100 Prozent übersteigt oder
 
 
bb)
sich für die Bewertungseinheit zum Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses kein Worst-Case-Szenario berechnen lässt.
 
 
Bei Forward Rate Agreements (FRA) ist die Entscheidung unter Berücksichtigung der aktuellen und zukünftigen Zinsentwicklung zu treffen.
 
b)
Derivative Zinsgeschäfte dürfen nur der sparsamen und wirtschaftlichen Gestaltung bestehender oder neu einzugehender Kreditverbindlichkeiten dienen und nur in folgenden Fällen eingegangen werden:
 
 
aa)
zur Optimierung der Kreditkonditionen oder zur Begrenzung des Zinsänderungsrisikos bei bestehenden Krediten sowie bei anstehender Kreditaufnahme oder Umschuldung bestehender Kreditverbindlichkeiten. Das derivative Zinsgeschäft muss sich auf ein vorhandenes oder abzuschließendes Kreditgeschäft beziehen (inhaltliche und zeitliche Konnexität). Dabei ist die kurzfristige Verbesserung der Liquidität auf Kosten künftiger Belastungen kein sachlicher Grund für den Einsatz von derivativen Zinsgeschäften. Zudem darf die planmäßige Tilgungsdauer der Kredite aus Anlass des Abschlusses derivativer Zinsgeschäfte nicht verlängert werden,
 
 
bb)
wenn eine umfassende Kontrolle durch mindestens einen weiteren Beschäftigten der Kämmerei oder der Gemeindekasse mit den in Nummer 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb genannten Kenntnissen beim Geschäftsabschluss über die Zinsgeschäfte gewährleistet ist und die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes durch Beschäftigte einer anderen Organisationseinheit als der abschließenden mit den in Nummer 1 Buchst. a Doppelbuchst. bb genannten Kenntnissen, etwa dem Rechnungsprüfungsamt oder der Gemeindekasse, vor Abschluss des Geschäftes überprüft wird und
 
 
cc)
wenn Bonität und Vertrauenswürdigkeit des Geschäftspartners gegeben sind.
 
c)
Nicht zulässig ist der Abschluss von derivativen Zinsgeschäften in Fremdwährungen.
 
d)
Ist die dauerhafte Ermächtigung zum Abschluss von derivativen Zinsgeschäften dem Bürgermeister beziehungsweise Landrat statt durch Regelung in der Hauptsatzung nur durch Einzelbeschluss des kommunalen Beschlussorgans erteilt worden, ist die Anpassung der Hauptsatzung unverzüglich nachzuholen.
 
e)
Insbesondere für die Übertragung der Wahrnehmung und der fortlaufenden Überwachung des Abschlusses von derivativen Zinsgeschäften findet Nummer 1 Buchst. c Anwendung.
3.
Dokumentationspflichten
 
a)
Bei Entscheidungen im Zins- und Schuldenmanagement ist unabhängig davon, ob derivative Zinsgeschäfte eingesetzt oder beabsichtigt werden, Folgendes zu dokumentieren:
 
 
aa)
das aktuelle Marktumfeld einschließlich einer aktuellen Analyse der Geld- und Kapitalmärkte (Marktrückblick) sowie einer Prognose der Entwicklung dieser Märkte (Marktausblick),
 
 
bb)
die Zinsmeinung,
 
 
cc)
die Einholung und Auswertung von Vergleichsangeboten einschließlich der Erstellung von Chancen- und Risikoprofilen der Angebote,
 
 
dd)
der Zinssatz und der sich hieraus ergebende Zinsaufwand im Finanzplanungszeitraum unter Berücksichtigung der geplanten Auszahlungen für die Tilgung sowie gegebenenfalls zu leistende Einmal- oder Prämienzahlungen und dergleichen, die sich aus dem Abschluss des geplanten Geschäftes ergeben,
 
 
ee)
Eckpunkte der Beratung durch beteiligte Kreditinstitute,
 
 
ff)
die Auswirkung der beabsichtigten Abschlüsse auf das Gesamtrisiko und auf die zu erwartenden Zinsaufwendungen.
 
b)
Sofern der Einsatz derivativer Zinsgeschäfte geplant ist, sind die in Nummer 2 Buchst. a genannten Kriterien für die Beurteilung, ob ein derivatives Zinsgeschäft mit spekulativem Charakter vorliegt, entsprechend zu dokumentieren.
4.
Anzeigepflicht
Eine ernsthafte Gefährdung des Haushaltausgleichs und der mittelfristigen Finanzplanung durch vorgesehene Zinsaufwendungen ist der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen.
5.
Geldanlagen
 
a)
Bei Geldanlagen ist der hinreichenden Sicherheit Vorrang gegenüber der Ertragserzielung einzuräumen. Hinreichende Sicherheit erfordert, dass der Substanzwert der Anlage erhalten wird und am Ende der Anlagezeit ungeschmälert zur Verfügung steht. Die Möglichkeiten der Ertragserzielung am Geldmarkt sind sorgfältig zu prüfen. Bei der grundsätzlich im Ermessen der Kommune stehenden Entscheidung, ob nicht benötigte liquide Mittel zur vorzeitigen Kredittilgung verwendet oder angelegt werden sollen, sind neben dem Renditeunterschied zwischen Anlagezins und ersparten Tilgungszinsaufwendungen auch zu erbringende Vorfälligkeitsentschädigungen sowie sonstige Möglichkeiten der Zinsoptimierung gegeneinander abzuwägen und zu dokumentieren.
 
b)
Geldanlagen in Fremdwährungen sowie der Einsatz von Finanzderivaten im Zusammenhang mit Geldanlagen sind nicht zulässig.
6.
Treuhandvermögen
Die Ausführungen unter Nummer 1 bis 5 gelten für Treuhandvermögen im Sinne des § 92 SächsGemO entsprechend.
7.
Außerhalb ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit liegende spekulative Finanzgeschäfte kommunaler Unternehmen
 
a)
Die Vertreter der Kommunen in der Gesellschafterversammlung oder dem entsprechenden Organ oder, soweit vorhanden, im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts, an dem der Kommune allein oder zusammen mit anderen kommunalen Trägern der Selbstverwaltung, die der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehen, eine zur Änderung des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung berechtigende Mehrheit der Anteile zusteht, haben dafür Sorge zu tragen, dass der Abschluss außerhalb ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit liegender spekulativer Finanzgeschäfte durch das Unternehmen ausgeschlossen wird.
 
b)
Bei einer geringeren Beteiligung hat die Kommune darauf hinzuwirken, dass der Abschluss derartiger spekulativer Finanzgeschäfte unterbleibt.
 
c)
Hinsichtlich der Kommunen, deren Unternehmen Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen haben, wird auf die Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern und des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zum Vertragscontrolling bei Cross-Border-Leasing-Transaktionen ( VwV CBL-Vertragscontrolling) vom 19. Februar 2010 (SächsABl. S. 534), in der jeweils geltenden Fassung, verwiesen.

III.
Angemessene Personalausstattung als Element
der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung

Zu § 72 Abs. 2 SächsGemO:

1.
Personalstandsrichtwerte für den Kernhaushalt
 
a)
Im Hinblick auf die demografische Entwicklung ist insbesondere die Reduzierung der Personalausgaben und des Personalbestandes fortzusetzen.
 
b)
Für den Personalbestand gelten folgende Richtwerte, bezogen auf die Summe der Beschäftigten im Kernhaushalt, so genannter Beschäftigungsbereich 21, und in den mit Sonderrechnung geführten rechtlich unselbstständigen Einrichtungen und Unternehmen mit Ausnahme der Krankenhäuser, so genannter Beschäftigungsbereich 22:
Personalstandsrichtwerte 1
Kommune Richtwert
Kreisfreie Städte 13,9 VZÄ2/1 000 Einwohner
Ehemalige kreisfreie Städte 3 9,3 VZÄ/1 000 Einwohner
kreisangehörige Gemeinden, die keiner Verwaltungsgemeinschaft und keinem Verwaltungsverband angehören:
Personalstandsrichtwerte 2
Doppelbucgstabe Kommune Richtwert
aa) kreisangehörige Gemeinden mit 20 000 und mehr Einwohnern 6,4 VZÄ/1 000 Einwohner
bb) kreisangehörige Gemeinden mit 10 000 bis unter 20 000 Einwohner 5,4 VZÄ/1 000 Einwohner
cc) kreisangehörige Gemeinden mit 5 000 bis unter 10 000 Einwohner 4,8 VZÄ/1 000 Einwohner
dd) kreisangehörige Gemeinden bis unter 5 000 Einwohner 4,9 VZÄ/1 000 Einwohner
Landkreise 4,4 VZÄ/1 000 Einwohner.
 
c)
Bei der Ermittlung des Personalbestandes bleibt das für die Kinderbetreuung in Kindertageseinrichtungen erforderliche Personal angesichts der in § 12 Abs. 2 des Sächsischen Gesetzes zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen (Gesetz über Kindertageseinrichtungen – SächsKitaG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. Mai 2009 (SächsGVBl. S. 225), in der jeweils geltenden Fassung, vorgegebenen Personalschlüssel sowie der unterschiedlichen Organisationsstrukturen im Bereich der Kinderbetreuung mit Einrichtungen in kommunaler oder freier Trägerschaft außer Betracht.
 
d)
Soweit in der Kommune sonstige Aufgaben, die den Beschäftigungsbereichen 21 oder 22 zugeordnet sind, durch Dritte, insbesondere andere Gemeinden, Zweckverbände, Private wahrgenommen werden, sind die Richtwerte für den Personalbestand angemessen abzusenken.
2.
Personalstandsrichtwerte für Verwaltungsgemeinschaften und Verwaltungsverbände
 
a)
Die Einwohnerzahlen aller an der Verwaltungsgemeinschaft beteiligten Gemeinden werden zusammengezählt. Als Maßstab für die erfüllende Gemeinde wird der jeweilige oben genannte Richtwert für kreisangehörige Gemeinden der entsprechenden Einwohnerzahl herangezogen. Bei Gemeinden, die keine erfüllende Gemeinde sind, prüft die Rechtsaufsichtsbehörde unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere nach dem Umfang der Aufgabenübertragung von den Mitgliedsgemeinden auf die erfüllende Gemeinde, ob und gegebenenfalls welche der an der Verwaltungsgemeinschaft beteiligten Gemeinden einen zu hohen Personalbestand aufweisen.
 
b)
Für Verwaltungsverbände gilt dies entsprechend. Auf § 8 Abs. 3 SächsKomZG wird hingewiesen.
3.
Nichteinbeziehung von Beschäftigten
Bei der Ermittlung des Personalbestandes sind nicht einzubeziehen:
 
a)
die aufgrund einer Förderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch ( SGB III) – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), zuletzt geändert durch Artikel 95 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864, 1879), in der jeweils geltenden Fassung, Beschäftigten, die sich in der Freistellungsphase der Altersteilzeit befinden,
 
b)
das für die Übernahme der Optionsaufgaben nach § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ( SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954, 2955), das zuletzt durch Gesetz vom 9. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1933) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, eingesetzte Personal und
 
c)
die Stelle des Hauptverwaltungsbeamten (Bürgermeister, Landrat).
4.
Personalstandsrichtwerte für die Kernverwaltung
Der Sächsische Rechnungshof hat in seiner Beratenden Äußerung „Organisationsmodell für Gemeinden von 5 000 bis 10 000 Einwohnern“ vom Oktober 2005, vergleiche Internetangebot des Sächsischen Rechnungshofes, Beratende Äußerungen, einen Personalrichtwert für die Kernverwaltung (vergleiche Nummer 22 der Anlage zur KomHVO , Begriffsbestimmung) der Kommunen dieser Größenklasse von 2,3 VZÄ je 1 000 Einwohner, mit einer Bandbreite von 2,1 VZÄ je 1 000 Einwohner bei festgestelltem Minderbedarf, bis 2,5 VZÄ je 1 000 Einwohner bei nachgewiesenem Mehrbedarf empfohlen. In seiner Beratenden Äußerung „Organisationsmodell für Gemeinden von 10 000 bis 20 000 Einwohnern“ vom Juli 2008 empfiehlt der Sächsische Rechnungshof für Kommunen dieser Größenklasse einen Personalrichtwert für die Kernverwaltung von 2,4 VZÄ je 1 000 Einwohner. Bei nachgewiesenem Mehrbedarf sollten 2,6 VZÄ je 1 000 Einwohner nicht überschritten werden. Diese Richtwerte werden zur Beachtung empfohlen.

IV.
Einnahmenbeschaffung

Zu § 73 Abs. 2 SächsGemO:

1.
Rangfolge der Einnahmenbeschaffung
 
a)
Die den Kommunen zustehende Einnahmenhoheit ist durch das Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit begrenzt.
 
b)
Die Rangfolge der Einnahmenbeschaffung ist als zwingende Regelung von den Kommunen zu berücksichtigen.
 
c)
Für Einrichtungen mit typischerweise voller Kostendeckung, zum Beispiel Abwasserbeseitigung, Abfallbeseitigung, Wasserversorgung, Schlachthöfe und Märkte, ist die Erhebung kostendeckender Entgelte unter Beachtung des Vertretbarkeitsgrundsatzes gemäß § 73 Abs. 3 SächsGemO verpflichtend.
 
d)
Die Erhebung von Trink- und Abwasserbeiträgen oder Baukostenzuschüssen ist dann geboten, wenn aus vertretbaren Benutzungsentgelten oder privatrechtlichen Entgelten die Kosten nicht gedeckt und die Refinanzierung nicht sichergestellt werden können.
2.
Abweichung vom Grundsatz der vollen Kostendeckung
Soweit es die Leistungsfähigkeit der Kommune zulässt, kann für die Nutzung entsprechender Einrichtungen, beispielsweise des Öffentlichen Personennahverkehrs oder kommunaler Sportstätten, aus Gründen des Gemeinwohls, insbesondere der Belange des Umweltschutzes, der Kultur, der Gesundheit sowie sozialer Belange, eine nicht in vollem Umfang am Kostendeckungsgrundsatz orientierte Entgelterhebung in Betracht kommen.

B)
Haushaltsplanung und Rechnungslegung der Kommunen

Zu § 74 Abs. 2, § 75 SächsGemO:

Bei der Entwicklung der Einnahmen aus Steuern und aus regelgebundenen Zuweisungen nach dem Gesetz über den Finanzausgleich mit den Gemeinden und Landkreisen im Freistaat Sachsen (Sächsisches FinanzausgleichsgesetzSächsFAG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Januar 2009 (SächsGVBl. S. 24), in der jeweils geltenden Fassung, sind die vom Staatsministerium des Innern und vom Staatsministerium der Finanzen regelmäßig bekannt gegebenen Orientierungsdaten für die Haushalts- und Finanzplanung unter Berücksichtigung der konkreten örtlichen Gegebenheiten zugrunde zu legen. Hat die Kommune Kenntnis über besondere Entwicklungen, sind die Prognosen zu konkretisieren.

C)
Rechtsaufsichtliche Beurteilung
der kommunalen Haushaltssituation

I.
Formelle Rechtmäßigkeit
und Vollständigkeit der Haushaltssatzung

Sofern eine Haushaltssatzung die Bestandteile und Anlagen gemäß § 2 KomHVO nicht enthält, fordert die Rechtsaufsichtsbehörde die Kommune unverzüglich auf, die Unterlagen zu vervollständigen, oder sie gibt die Haushaltssatzung mit Haushaltsplan zur Ergänzung zurück. Die Frist zur Beanstandung gemäß § 119 Abs. 1 SächsGemO beginnt erst mit Vorlegung vollständiger Unterlagen.

II.
Plausibilität und Bewertung der Haushaltsansätze

Zu § 74 Abs. 2, § 75 SächsGemO:

Ist die Haushaltsstruktur infolge einer dem Grunde oder der Höhe nach nicht sachgerechten Veranschlagung von Einnahmen und Ausgaben insoweit betroffen, als offensichtlich oder mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fehlbetrag entsteht, ist durch geeignete Nebenbestimmungen zum Bescheid über die Haushaltssatzung darauf hinzuwirken, dass Fehlbeträge im Haushaltsvollzug vermieden werden (vergleiche auch Ziffer III).

1.
Berücksichtigung der Jahresrechnung und vorausgegangener Haushaltsansätze
Die Ansätze sind vor allem unter Berücksichtigung des jüngsten Rechnungsergebnisses und der Ansätze des Vorjahres zu bewerten. Die Rechtsaufsichtsbehörde hat in ihre Bewertung die Kenntnisse über Haushaltseinnahme- und Haushaltsausgabereste sowie Kasseneinnahmereste, die nicht rechtmäßig gebildet wurden, einzubeziehen, wenn ihre Zweifel nicht im Rahmen der Rechnungsprüfung ausgeräumt werden konnten. Bei Kasseneinnahmeresten, die über mehrere Jahre mitgeführt werden, ist zu prüfen, ob die Forderungen noch durchsetzbar sind.
2.
Einnahmen aus regelgebundenen Zuweisungen nach dem Sächsischen Finanzausgleichsgesetz
Die Höhe der veranschlagten Zuweisungen ist auf ihre Plausibilität
 
a)
durch Vergleich mit den Ansätzen des Vorjahres,
 
b)
unter Heranziehung der Gesetzesbegründung zum Sächsischen Finanzausgleichsgesetz und der Orientierungsdaten des Staatsministeriums des Innern sowie
 
c)
ergangener Festsetzungsbescheide der nach dem Sächsischen Finanzausgleichsgesetz zuständigen Bewilligungsbehörden
 
zu prüfen.
3.
Steuern und Entgelte
Die Rechtsaufsichtsbehörde prüft die Plausibilität der veranschlagten Einnahmen aus Steuern und Entgelten sowie die sonstigen Einnahmen unter Berücksichtigung der Orientierungsdaten. Sie hat insbesondere einzuschätzen, ob die von der Kommune veranschlagten Gebühren und Beiträge unter Berücksichtigung der der Rechtsaufsichtsbehörde vorliegenden Erkenntnisse, insbesondere zur Rechtmäßigkeit der Satzungen und Kalkulationen, im Haushaltsjahr als plausibel beurteilt werden können.
4.
Einnahmen aus der Veräußerung kommunalen Vermögens
Sofern sich aus Sicht der Rechtsaufsichtsbehörde Zweifel an der Höhe der veranschlagten Einnahmen aus Vermögensveräußerungen ergeben, soll die Kommune aufgefordert werden, die Veräußerbarkeit der Vermögensgegenstände und den möglichen Kaufpreis zu belegen.
5.
Einnahmen aus Zuwendungen und Bedarfszuweisungen
 
a)
Die Rechtsaufsichtsbehörde prüft, ob Einnahmen aus Zuwendungen im Haushaltsplan bei bereits beantragten Zuwendungen unter Berücksichtigung der in den einschlägigen Fachförderrichtlinien festgelegten und voraussichtlich zu erwartenden Fördersätze sowie nach Bewilligung in tatsächlicher Höhe veranschlagt worden sind und ob im Finanzplan und dem zugrunde liegenden Investitionsprogramm in den betreffenden Haushaltsjahren geplante oder bereits beantragte Zuwendungen in zu erwartender Höhe und bereits bewilligte Zuwendungen in tatsächlicher Höhe dargestellt sind.
 
b)
Bedarfszuweisungen nach § 22 SächsFAG sollen, soweit sie nicht dem Grunde und der Höhe nach bereits gesetzlich bestimmt sind, im Haushaltsplan erst nach Bewilligung veranschlagt werden.
6.
Personalausgaben
Soweit Anzeichen dafür bestehen, dass Einstufung und Eingruppierung von Bediensteten nicht der jeweils tatsächlich ausgeübten Tätigkeit entsprechen, hat die Rechtsaufsichtsbehörde darauf hinzuwirken, dass die Kommune dies überprüft und gegebenenfalls korrigiert. Die darüber hinaus in Großbuchstabe A Ziffer III genannten Kriterien sind zu beachten.
7.
Investitionsausgaben
 
a)
Die Ausgabenansätze für Investitionen sind daraufhin zu prüfen, ob die der Rechtsaufsichtsbehörde bekannten Fortsetzungsinvestitionen veranschlagt wurden.
 
b)
Die Kommune soll gegebenenfalls aufgefordert werden, die Folgekosten- und Wirtschaftlichkeitsberechnungen nachzuweisen.
 
c)
Sofern die Kommune für veranschlagte Einzahlungen aus Zuwendungen den Eigenfinanzierungsanteil offensichtlich nicht aufbringen oder eine Bewilligung der veranschlagten Zuwendungen ganz oder in dieser Höhe nicht erwarten kann, hat die Rechtsaufsichtsbehörde durch einen Hinweis oder eine Auflage darauf hinzuwirken, dass diese Maßnahme so lange unterbleibt, bis die Finanzierung gesichert ist.
8.
Verpflichtungsermächtigungen
Die auf den Verpflichtungsermächtigungen beruhenden Ausgaben müssen in der kommunalen Finanzplanung berücksichtigt sein.
9.
Umlagen
Die Rechtsaufsichtsbehörde hat zu prüfen, ob die Kreisumlage, die Finanzausgleichsumlage, die Umlagen für den Kommunalen Sozialverband Sachsen und den Kommunalen Versorgungsverband Sachsen sowie die Umlagen an Zweckverbände und Verwaltungsgemeinschaften in der erforderlichen Höhe veranschlagt wurden und ob diese finanzierbar sind.
10.
Zuschüsse an kommunale Eigen- und Beteiligungsgesellschaften, Einrichtungen und Vereine
 
a)
Die Rechtsaufsichtsbehörde prüft, ob Zuschüsse an kommunale Eigen- und Beteiligungsgesellschaften ausgewiesen wurden. Dies gilt insbesondere für ausgelagerte Aufgabenbereiche.
 
b)
Werden Einrichtungen, freie Träger, Vereine und dergleichen bereits über Jahre regelmäßig aus Haushaltsmitteln bezuschusst und ist die Kommune entschlossen, diese im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit weiter zu fördern, soll die Rechtsaufsichtsbehörde dies im Rahmen der Bewertung der Veranschlagung von Ausgaben angemessen berücksichtigen, um das Fortbestehen dieser Einrichtungen einschließlich der Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter zu ermöglichen.

III.
Maßnahmen der Rechtsaufsichtsbehörden
in Bezug auf den Haushaltsausgleich und auf
die Sicherung der dauernden Leistungsfähigkeit

Zu § 72 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und 4 SächsGemO:

Sofern die Rechtsaufsichtsbehörde beabsichtigt, die Haushaltssatzung ganz oder teilweise zu beanstanden, Auflagen zu erteilen oder Genehmigungen ganz oder teilweise zu versagen, soll der Verwaltung der Kommune zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.

1.
Hinweise und Empfehlungen
Weist die Kommune keine Nettoinvestitionsmittel aus oder ist der Vermögenshaushalt nur unter Verwendung von Ersatzdeckungsmitteln auszugleichen, soll die Rechtsaufsichtsbehörde Hinweise und Empfehlungen zur Haushaltskonsolidierung geben, um im Finanzplanungszeitraum den Vermögenshaushalt auszugleichen und Nettoinvestitionsmittel zu erwirtschaften. Sofern sich diese Haushaltssituation im Finanzplanungszeitraum fortsetzt, soll die Rechtsaufsichtsbehörde die Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes (vergleiche Nummer 3) dringend empfehlen.
2.
Nebenbestimmungen zum Haushaltsbescheid
Kann der Verwaltungshaushalt entsprechend § 22 Abs. 3 KomHVO nur durch Verwendung der Mittel der allgemeinen Rücklage und der vom Vermögenshaushalt an den Verwaltungshaushalt zugeführten Mittel aus der Veränderung des Anlagevermögens (Veräußerungserlöse) ausgeglichen werden, erteilt die Rechtsaufsichtsbehörde unter Berücksichtigung der Gesamtsituation und deren Entwicklung gegebenenfalls Auflagen zur Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes gemäß Nummer 3 und zur Berichterstattung. Ziel soll sein, im Finanzplanungszeitraum einen positiven Trend bei der Zuführung zum Vermögenshaushalt zu erreichen.
3.
Haushaltssicherungskonzept
Zu § 72 Abs. 4 und 5 SächsGemO, §§ 25 bis 27 KomHVO :
 
a)
Sofern der Haushalt auch nicht durch Veräußerungserlöse ausgeglichen werden kann oder wenn die dauernde Leistungsfähigkeit der Kommune aus anderen Gründen gefährdet ist, können die genehmigungspflichtigen Bestandteile der Haushaltssatzung nur dann genehmigt oder deren Gesetzmäßigkeit nur dann bestätigt werden, wenn ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept (vergleiche § 26 KomHVO) vorliegt. Liegt mit der Haushaltssatzung noch kein Haushaltssicherungskonzept oder nur ein Haushaltssicherungskonzept vor, das nicht genehmigungsfähig ist, kommt als milderes Mittel gegenüber einer Versagung der Genehmigung oder Beanstandung der Haushaltssatzung und damit der vorläufigen Haushaltsführung eine Genehmigung oder eine Bestätigung der Gesetzmäßigkeit der Haushaltssatzung nur dann in Betracht, wenn durch Nebenbestimmungen zum Haushaltsbescheid die Anpassung des Haushaltssicherungskonzeptes und damit dessen Genehmigungsfähigkeit gewährleistet wird. Für den Zeitraum bis zur Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes kann die Rechtsaufsichtsbehörde erforderliche haushaltswirtschaftliche Regelungen gemäß § 27 KomHVO treffen. Wenn die Kommune ihrer Verpflichtung zur Erstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes nicht nachkommt, ordnet die Rechtsaufsichtsbehörde dessen Erstellung an.
 
b)
Im Haushaltssicherungskonzept sind die Maßnahmen haushaltsstellenbezogen, bei Landkreisen und Kreisfreien Städten bezogen auf Unterabschnitte, nachzuweisen. Im Übrigen besteht für das Haushaltssicherungskonzept im Rahmen der Vorgaben des § 26 KomHVO Formfreiheit. Für die Erstellung der Übersicht zur Gesamtwirkung der Maßnahmen gemäß § 26 Abs. 3 Satz 2 KomHVO ist die Anlage 2 zu verwenden. Ein auf freiwilliger Basis erstelltes Haushaltssicherungskonzept ist der Rechtsaufsichtsbehörde zur Kenntnis zu geben.
 
c)
Die Indikatoren, bei deren Vorliegen eine besondere Prüfung der dauernden Leistungsfähigkeit geboten ist, bestimmen sich nach den unter Großbuchstabe A Ziffer I Nr. 2 genannten Verschuldungsrichtwerten. Des Weiteren geben die Ausführungen zu den Stufen des Haushaltsausgleichs und der Bestimmung der Leistungsfähigkeit der Kommune in Ziffer III Nr. 1 der Hinweise zur Anwendung des kommunalen Haushaltsrechts und zur kommunalen Wirtschaftsführung sowie zur rechtsaufsichtlichen Beurteilung der kommunalen Haushalte zwecks dauerhafter Sicherung der kommunalen Aufgabenerledigung (AnwHiKommHH) vom Dezember 2007 (SächsABl. SDr. 2008 S. S 67), in der jeweils geltenden Fassung, sowie die Daten des Frühwarnsystems kommunale Haushalte (vergleiche Großbuchstabe E Ziffer I) Anhaltspunkte.
 
d)
Die gegebenenfalls mit Auflagen und Bedingungen zu verbindende Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes und dessen Änderung sollte in engem Zusammenhang mit dem Haushaltsbescheid stehen. Ist die Haushaltssatzung bereits in Kraft getreten, kann die Rechtsaufsichtsbehörde erforderliche haushaltswirtschaftliche Regelungen gemäß § 27 KomHVO treffen. Bei der Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes sind folgende Grundsätze zu beachten:
 
 
aa)
Sieht das Haushaltssicherungskonzept die frühestmögliche Wiedererlangung der dauernden Leistungsfähigkeit beziehungsweise des Haushaltsausgleichs (Nummer 12 der Anlage zur KomHVO) innerhalb von drei Jahren vor (vergleiche § 26 Abs. 2 Satz 1 KomHVO), ist regelmäßig eine Genehmigung zu erteilen.
 
 
bb)
Kann der Haushaltsausgleich nach dem Ergebnis der Überprüfung trotz Anlegens eines strengen Maßstabes nicht innerhalb von drei Jahren erreicht werden, kann das Haushaltssicherungskonzept regelmäßig nur genehmigt werden, wenn der Haushaltsausgleich innerhalb von fünf Jahren gewährleistet ist (vergleiche § 26 Abs. 2 Satz 2 KomHVO).
 
 
cc)
Kann trotz eines Haushaltssicherungskonzeptes nicht innerhalb von fünf Jahren die dauernde Leistungsfähigkeit gesichert beziehungsweise der Haushaltsausgleich erreicht werden, kann die Rechtsaufsichtsbehörde im Rahmen der Ermessensausübung über die Genehmigungsfähigkeit oder Gesetzmäßigkeit der Haushaltssatzung Ausnahmen zulassen und auf eine Beanstandung, regelmäßig unter Nebenbestimmungen oder Anordnungen, verzichten. Regelmäßig werden jedoch die genehmigungsbedürftigen Bestandteile der Haushaltssatzung nicht zu genehmigen oder die Haushaltssatzung zu beanstanden sein. Es gelten dann die Grundsätze der vorläufigen Haushaltsführung (§ 78 SächsGemO). Ein Haushaltssicherungskonzept ist gleichwohl zu erstellen und der Rechtsaufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Die Entscheidung über die ausnahmsweise Genehmigung, gegebenenfalls unter Nebenbestimmungen, erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen.
 
 
dd)
Kann der in einem genehmigten Haushaltssicherungskonzept bestimmte Zeitraum zur Erreichung des Haushaltsausgleichs aufgrund unvorhersehbarer, unabwendbarer Ereignisse nicht eingehalten werden, ist die Laufzeit des Haushaltssicherungskonzeptes nach den vorgenannten Maßgaben anzupassen.

IV.
Genehmigung der Kreditaufnahmen

Zu § 82 Abs. 1 bis 4 SächsGemO:

1.
Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit
 
a)
Eine besondere Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit im Rahmen der Genehmigung der Kreditaufnahmen ist geboten, wenn die unter Großbuchstabe A Ziffer I Nr. 2 genannten Verschuldungsrichtwerte erreicht oder überschritten sind.
 
b)
Kreditaufnahmen für
 
 
aa)
Maßnahmen, die zur Erfüllung der den Kommunen übertragenen Aufgaben (§ 2 Abs. 2 SächsGemO) unerlässlich sind,
 
 
bb)
Maßnahmen der Wiederherstellung, Erneuerung und Erstellung von Einrichtungen und Anlagen, die für die infrastrukturelle Grundversorgung erforderlich sind (vergleiche Anlage 1),
 
 
cc)
sonstige unabweisbare Ersatz-, Fortsetzungs- und Sanierungsmaßnahmen und
 
 
dd)
die Zwischenfinanzierung einer zugesagten Zuwendung oder die Finanzierung eines Vorhabens mit einem besonders hohen Fördersatz, wenn zu erwarten ist, dass die Folgekosten gedeckt werden können,
 
 
sind im Rahmen der Kreditgenehmigung unter Beachtung der demografischen Entwicklung bevorzugt zu berücksichtigen.
2.
Kreditaufnahmen im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung
 
Zu § 78 Abs. 2 SächsGemO:
 
Als für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbare Maßnahmen im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 SächsGemO können insbesondere auch Investitionen für Maßnahmen der Wiederherstellung, Erneuerung und Erstellung von Einrichtungen und Anlagen der infrastrukturellen Grundversorgung gelten (vergleiche Anlage 1). Zudem muss das Vorhaben im Finanzplan und im Investitionsprogramm enthalten sein.

V.
Genehmigung des Höchstbetrages der Kassenkredite

Zu § 84 SächsGemO:

1.
Prüfung der Genehmigungsfähigkeit
 
a)
Sofern die Rechtsaufsichtsbehörde davon Kenntnis hat, dass der Kreditbedarf ganz oder teilweise auf nicht rechtzeitig eingeleiteten Einzugsmaßnahmen beruht, kann die Genehmigung nur teilweise, nicht oder nur unter Auflagen erteilt werden.
 
b)
Die Genehmigung ist zu versagen, wenn der Kassenkredit Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen verzögern oder eine Beitreibung zum Beispiel von Kommunalabgaben ohne sachlichen Grund hinausschieben soll.
 
c)
Im Rahmen der Genehmigungsvoraussetzungen kann die Genehmigung des Höchstbetrages über den Schwellenwert hinaus auch unter Bedingungen erteilt oder mit Auflagen verbunden werden.
2.
Aufnahme von Kassenkrediten im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung
 
a)
Eine Kommune, die bereits im zweiten oder einem weiteren Haushaltsjahr absehbar dieses ganze Haushaltsjahr der vorläufigen Haushaltsführung unterliegt, darf nach Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Deckungsmittel, nach Ausschöpfung der Mittel der allgemeinen Rücklage und aller Möglichkeiten, Zahlungen hinauszuschieben, für Ausgaben im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 1 SächsGemO Kassenkredite in erforderlicher Höhe aufnehmen.
 
b)
Der erforderliche Kassenkreditrahmen ist durch den Gemeinderat zu beschließen. Die Aufnahme des einzelnen Kredites gilt als Geschäft der laufenden Verwaltung. Die Kommune hat die Aufnahme zwei Wochen zuvor der Rechtsaufsichtsbehörde und dem Gemeinderat mit der Angabe, wofür und in welcher Höhe der Kassenkredit benötigt wird, einschließlich eines Liquiditäts- und Tilgungsplanes, der den Stand der liquiden Mittel und alle in diesem Zeitraum voraussichtlich eingehenden Einnahmen und zu leistenden Ausgaben mit Leistungsgrund und Fälligkeitszeitpunkt enthält, anzuzeigen. Mit der Anzeige erhält die Rechtsaufsichtsbehörde Gelegenheit, die Vereinbarkeit des Rechtsgeschäftes mit den haushaltswirtschaftlichen Grundsätzen rechtzeitig zu prüfen.
 
c)
In Fällen, in denen ein Antrag auf Bedarfszuweisung gestellt wurde, gilt dies nur bis zur Gewährung einer Bedarfszuweisung.

VI.
Leasingfinanzierung
und sonstige kreditähnliche Rechtsgeschäfte

Zu § 82 Abs. 5 SächsGemO:

1.
Die Rechtsaufsichtsbehörden haben die Genehmigungsfähigkeit solcher Rechtsgeschäfte anhand des für die Genehmigung von Kreditaufnahmen anzulegenden Maßstabes zu beurteilen und bei bereits genehmigten Rechtsgeschäften gegebenenfalls darauf hinzuwirken, dass bestehende Verpflichtungen in die Haushalte eingestellt und durch Bildung von Rücklagen abgesichert werden.
2.
Bei der Haushaltsanalyse sind Risiken aus früher geschlossenen Verträgen zu berücksichtigen.
3.
Die nach Ablauf der Vertragslaufzeit anfallenden Belastungen müssen ebenfalls betragsmäßig erfasst und dargestellt werden, da ansonsten die Finanzlage einer Kommune nicht zutreffend eingeschätzt werden kann.
4.
Die Gemeinsame Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur kommunal- und haushaltsrechtlichen Beurteilung von Investorenvorhaben im kommunalen Bereich ( VwVKommInvest) vom 4. Juli 2005 (SächsABl. S. 725), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2009 (SächsABl. SDr. S. S 2454), in der jeweils geltenden Fassung, ist zu beachten.

VII.
Finanzverflechtungen
zwischen den Kommunen und ihren Unternehmen

Die Rechtsaufsichtsbehörden sind gehalten, die Wirtschaftspläne, neuesten Jahresabschlüsse und den jeweils neuesten Beteiligungsbericht in die Einschätzung der Haushaltslage einzubeziehen.

D)
Gemeindewirtschaftliche Stellungnahme
zu Zuwendungsanträgen

I.
Allgemeines

1.
Die Rechtsaufsichtsbehörden haben den Bewilligungsbehörden oder den ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften auf Antrag innerhalb von vier Wochen nach Eingang der vollständigen Unterlagen eine gemeindewirtschaftliche Stellungnahme zu erstellen, die nach Maßgabe der jeweiligen Förderrichtlinie Bestandteil der Zuwendungsanträge ist.
2.
Die Rechtsaufsichtsbehörden haben im Wege einer Plausibilitäts- und Prognoseprüfung zu bewerten, inwieweit die Kommune unter Berücksichtigung der aktuellen haushaltswirtschaftlichen Situation, des Investitionsprogramms, der mittelfristigen Entwicklung ihrer Einnahmen und ihrer Verschuldungsfähigkeit in der Lage ist, die erforderlichen Eigenmittel für die Finanzierung der beantragten Maßnahme aufzubringen und unter Berücksichtigung der Folgekosten den Haushalt auszugleichen.
3.
Die Auswirkungen der mittel- und langfristig prognostizierten Bevölkerungsentwicklung auf die Bemessung der Maßnahme und die Vereinbarkeit der Maßnahme mit landesplanerischen und raumordnerischen Zielsetzungen sind, soweit diese Kriterien für die Beurteilung entsprechender Anträge von Bedeutung sind, vom Antragsteller darzulegen und im Rahmen der Entscheidung von der Rechtsaufsichtsbehörde zu berücksichtigen.

II.
Vollständigkeit der Unterlagen

1.
Dem Antrag sind die zur Beurteilung der Maßnahme erforderlichen Unterlagen wie folgt beizufügen:
 
a)
der Zuwendungsantrag,
 
b)
zusätzliche Angaben nach Maßgabe der jeweiligen Fachförderrichtlinie,
 
c)
eine Übersicht über die Haushalts- und Finanzlage nach Anlage 3,
 
d)
ein Nachweis der Prüfung anderer Realisierungsvarianten,
 
e)
Wirtschaftlichkeitsberechnungen,
 
f)
die Angabe, ob die Maßnahme der freiwilligen oder pflichtigen Aufgabenerfüllung dient,
 
g)
Folgekostenberechnungen
 
h)
das Muster 2 zu § 44 der Verwaltungsvorschriften des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zur Sächsischen Haushaltsordnung ( VwV-SäHO) vom 27. Juni 2005 (SächsABl. SDr. S. S 226), die zuletzt durch Verwaltungsvorschrift vom 14. Juli 2010 (SächsABl. S. 1111) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
2.
Die Rechtsaufsichtsbehörden können weitere Unterlagen wie Gutachten, Grundsatzbeschlüsse des Beschlussorgans, Berichte zur Erforderlichkeit der Maßnahme, Bauzeitpläne oder Angaben zum Realisierungszeitpunkt sowie Berichte über die Auswirkungen auf Nachbarkommunen vom Antragsteller anfordern. Bereits gestellte Förderanträge sind in die Prüfung einzubeziehen. Die Rechtsaufsichtsbehörden können unvollständig eingereichte Anträge zurückgeben. Die Rückgabe hat unverzüglich zu erfolgen.

III.
Inhaltliche Anforderungen an die Unterlagen

1.
Aus dem Antrag und den beigefügten Unterlagen muss sich ergeben, welche Investitionsmaßnahme zu welchem Zeitpunkt realisiert werden soll. Bei längerfristigen Vorhaben ist ein Zeitplan beizufügen. Aus den Unterlagen muss sich ergeben, wie hoch die Gesamtkosten sind und welche Ausgaben im laufenden Haushaltsjahr und in den folgenden Haushaltsjahren voraussichtlich anfallen werden. Darzustellen sind die Gründe, weshalb das Vorhaben realisiert werden soll (Erforderlichkeit).
2.
Bei Investitionen, die wie zum Beispiel Schwimmbäder und Kultureinrichtungen über die Kommune hinaus Bedeutung haben, sind die Auswirkungen des Vorhabens auf den Antragsteller und die Nachbarkommunen darzustellen. Erkennbar muss sein, dass vor der Investitionsentscheidung andere Realisierungsvarianten geprüft wurden und die beantragte Maßnahme die wirtschaftlichste ist. Das Vorhaben muss Bestandteil des Haushaltsplanes, des Finanzplanes und des maßnahmenbezogenen Investitionsprogramms sein, soweit nicht seine Finanzierung durch außerplanmäßige Einnahmen sichergestellt werden kann.
3.
Investitionen führen in der Regel zu Kosten, die sich etwa bei Straßenbaumaßnahmen auf die Unterhaltungskosten wie zum Beispiel Reinigung, Winterdienst und Instandsetzungsinvestitionen beschränken, in anderen Fällen zu erheblichen Mehrausgaben für Personal und Betrieb sowie für den Kapitaldienst führen können. Die Folgekosten sind nach dem Vorsichtsprinzip sorgfältig zu ermitteln und gegebenenfalls zu schätzen.

IV.
Voraussetzungen für eine positive
gemeindewirtschaftliche Stellungnahme

1.
Berücksichtigung in den Planungsunterlagen
 
a)
Die Rechtsaufsichtsbehörden prüfen die Plausibilität der Wirtschaftlichkeits- und der Folgekostenberechnung unter Zugrundelegung des Haushaltsplanes und seiner Bestandteile sowie des Finanzplanes und des Investitionsprogramms, ferner der Angaben zu den finanziellen Verhältnissen gemäß Muster 2 zu § 44 SäHO .
 
b)
Ist das Vorhaben nicht im Haushaltsplan, im Finanzplan oder in einem maßnahmenbezogenen Investitionsprogramms berücksichtigt oder kann seine Finanzierung durch außerplanmäßige Einnahmen sichergestellt werden, kann eine positive gemeindewirtschaftliche Stellungnahme nur erteilt werden, wenn die Kommune nachweist, dass sie in der Lage ist, den Eigenanteil durch Einsparung bei anderen Maßnahmen oder Verzicht auf diese und unter Umständen durch eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage zu erbringen und die Finanzierung der Folgekosten gesichert ist. Hierzu ist ein Grundsatzbeschluss des zuständigen Organs der Kommune erforderlich.
2.
Vereinbarkeit mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Kommune
 
a)
Eine positive gemeindewirtschaftliche Stellungnahme kann unter den Voraussetzungen einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt werden, wenn die Maßnahme nach den Grundsätzen einer leistungsfähigen, sparsamen und wirtschaftlichen Verwaltung geplant ist und ihre Finanzierung und die zu erwartenden Folgekosten die Leistungskraft der Kommune und ihrer Abgabenpflichtigen nicht übersteigen.
 
b)
Liegt die Folgekostenberechnung nicht oder unvollständig vor oder beruht sie auf unzutreffenden Annahmen, fordert die Rechtsaufsichtsbehörde die Kommune zur Ergänzung auf und erteilt gegebenenfalls Hinweise.
 
c)
Ergibt die Folgekostenberechnung, dass die beantragte Maßnahme die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kommune und der Abgabenpflichtigen überfordert, kann eine positive gemeindewirtschaftliche Stellungnahme trotz Veranschlagung im Haushaltsplan nicht abgegeben werden.
3.
Besonderheiten bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen
 
a)
Bei Zuwendungsanträgen zu Maßnahmen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung sind die betriebswirtschaftlichen Angaben gemäß Anlage 1 der Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft zur Förderung von Maßnahmen der Siedlungswasserwirtschaft (Förderrichtlinie Siedlungswasserwirtschaft – RL SWW/2009) vom 4. Februar 2009 (SächsABl. S. 419), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 10. Dezember 2009 (SächsABl. SDr. S. S 2568), in der jeweils geltenden Fassung, von der Rechtsaufsichtsbehörde auch hinsichtlich der zu erwartenden Entgeltbelastung in die Bewertung einzubeziehen.
 
b)
Eine positive gemeindewirtschaftliche Stellungnahme setzt neben den Vorgaben unter Nummer 1 und 2 grundsätzlich voraus, dass eine Kostendeckung durch Abgaben oder Umlagen erreicht wird. Wenn ersichtlich ist, dass der Antragsteller ohne sachlichen Grund keine Kostendeckung durch Abgaben oder Umlagen erreicht, kann eine positive gemeindewirtschaftliche Stellungnahme nur bei gleichzeitiger Anordnung von Maßnahmen, die insgesamt eine Kostendeckung gewährleisten, erteilt werden.
 
c)
Die Einbeziehung der Anlage 1 zur RL SWW/2009 in die Bewertung ist in der gemeindewirtschaftlichen Stellungnahme zu dokumentieren.
 
d)
Der Nachweis der Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots gemäß § 10 Abs. 2 KomHVO erfolgt bei wasserwirtschaftlichen Maßnahmen in der Regel durch einen Variantenvergleich zum Beispiel nach den Grundsätzen der „Leitlinien zur Durchführung dynamischer Kostenvergleichsrechnungen“, herausgegeben von der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser, 7. Auflage, Kulturbuchverlag Berlin GmbH. Ob und in wiefern danach die Vorzugsvariante zutreffend ermittelt worden ist, beurteilt die zuständige Stelle im Rahmen einer gesonderten fachlichen Stellungnahme zum Förderantrag.

E)
Berichtswesen

I.
Frühwarnsystem

Das Staatsministerium des Innern betreibt ein Frühwarnsystem, um die dauernde Leistungsfähigkeit der kommunalen Haushalte, der Zweckverbände und der kommunalen Wohnungsunternehmen anhand entsprechender Kennziffern zu bewerten und finanziellen Schieflagen frühzeitig begegnen zu können. Die Erfassung der Daten zu dem Frühwarnsystem erfolgt über den Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste. Bei Vorliegen der jeweiligen Haushaltspläne der Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände und der Jahresabschlüsse der kommunalen Wohnungsunternehmen sind die Daten durch die Gemeinden, Landkreise und Zweckverbände einzupflegen und durch die Rechtsaufsichtsbehörden zu bestätigen. Eine Überarbeitung der Daten ist bei Änderungen wie beispielsweise Nachtragshaushalt oder Veränderung bei den latenten Risiken erforderlich.

II.
Bericht der Landratsämter und Landesdirektionen
über den Vollzug der Haushaltssicherungskonzepte

Die Landratsämter berichten den Landesdirektionen auf der Grundlage der Unterrichtung durch die Bürgermeister nach § 75 Abs. 5 SächsGemO bis zum 15. August jeden Jahres über den Vollzug der Haushaltssicherungskonzepte der kreisangehörigen Kommunen gemäß Anlage 4. Die Landesdirektionen berichten dem Staatsministerium des Innern hierüber auf der Grundlage der Unterrichtung durch die Oberbürgermeister der kreisfreien Städte gemäß § 75 Abs. 5 SächsGemO und die Landräte gemäß § 61 SächsLKrO in Verbindung mit § 75 Abs. 5 SächsGemO bis zum 30. September jeden Jahres gemäß Anlage 4.

III.
Bericht der Landratsämter und Landesdirektionen
über rechtsaufsichtliche Problemfälle

Berichte über erhebliche Missstände und finanzielle Schwierigkeiten der einzelnen kommunalen Körperschaften sind bei Bekanntwerden unverzüglich, ansonsten zum 15. Juni jeden Jahres von den Landratsämtern den Landesdirektionen nach dem Muster gemäß Anlage 5 vorzulegen. Die Landesdirektionen berichten dem Staatsministerium des Innern bis zum 1. Juli jeden Jahres. Der Bericht soll neben der Analyse der Problemlage auch die von der Rechtsaufsichtsbehörde veranlassten Maßnahmen oder Maßnahmepläne mit konkreter Terminsetzung zur Überwindung der Probleme und zur Beseitigung von Missständen enthalten.

IV.
Besprechungen der Rechtsaufsichtsbehörden
mit den ihrer Aufsicht unterstehenden Kommunen

Zur Vermeidung von ansonsten erforderlichen zusätzlichen Berichten werden regelmäßig Besprechungen der Rechtsaufsichtsbehörden mit den ihrer Aufsicht unterstehenden Kommunen unter Beteiligung der obersten Rechtsaufsichtsbehörde durchgeführt.

F)
Anwendungsbereich

I.
Kommunen und kommunale Körperschaften

Diese Verwaltungsvorschrift ist von den Gemeinden und Landkreisen (Kommunen) sowie von den kommunalen Körperschaften, für die kommunales Haushaltsrecht kraft Verweisung gilt, sowie den Rechtsaufsichtsbehörden anzuwenden. Die Verwendung der Bezeichnung „kommunales Beschlussorgan“ bezieht sich auf den Gemeinderat, den Stadtrat, den Kreistag, die Verbandsversammlung sowie, soweit vorhanden, auf die entsprechenden Organe der anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, auf die diese Verwaltungsvorschrift auf Grund einer Verweisung anzuwenden ist.

II.
VwV Bedarfszuweisungen

Die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über das Antrags- und Bewilligungsverfahren sowie die Verteilung und Verwendung der Mittel für Bedarfszuweisungen und über die Verwendung der investiven Schlüsselzuweisungen nach dem Sächsischen Finanzausgleichsgesetz (VwV Bedarfszuweisungen) vom 30. März 2009 (SächsABl. S. 702), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 9. Dezember 2009 (SächsABl. SDr. S. S 2454), in der jeweils geltenden Fassung, ist hinsichtlich der Grundsätze der kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsführung und der rechtsaufsichtlichen Beurteilung der kommunalen Haushalte insoweit nicht anzuwenden, als ihre Bestimmungen von dieser Verwaltungsvorschrift abweichen.

G)
Übergangsregelungen

I.

Zur Gewährleistung der Planungssicherheit und einer kontinuierlichen Entscheidungspraxis sind die Beschlüsse der Kommunen und die Entscheidungen der Rechtsaufsichtsbehörden zum Haushaltsjahr 2011 gemäß der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Grundsätze der kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsführung und die rechtsaufsichtliche Beurteilung der kommunalen Haushalte zur dauerhaften Sicherung der kommunalen Aufgabenerledigung (VwV Kommunale Haushaltswirtschaft – VwV KommHHWi) vom 14. Dezember 2007 (SächsABl. SDr. 2008 S. S 49), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 7. Dezember 2009 (SächsABl. SDr. S. S 2400), in der jeweils geltenden Fassung, unter Berücksichtigung der bisherigen Verwaltungspraxis und der Besonderheiten des Einzelfalls zu beurteilen oder vorzunehmen.

II.

Die Ausführungen unter Großbuchstabe A Ziffer II Nr. 2 gelten nicht für bereits vor Inkrafttreten dieser Verwaltungsvorschrift getätigte derivative Zinsgeschäfte.

H)
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über die Grundsätze der kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsführung und die rechtsaufsichtliche Beurteilung der kommunalen Haushalte zur dauerhaften Sicherung der kommunalen Aufgabenerledigung (VwV Kommunale Haushaltswirtschaft – VwV KommHHWi) vom 14. Dezember 2007 (SächsABl. SDr. 2008 S. S 49), enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 7. Dezember 2009 (SächsABl. SDr. S. S 2400), außer Kraft.

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 31. Dezember 2012 außer Kraft.

Dresden, den 20. Dezember 2010

Der Staatsminister des Innern
Markus Ulbig

Anlagen

Anlage 1

Anlage 2

Anlage 3

Anlage 4

Anlage 5