Historische Fassung war gültig vom 29.10.2014 bis 12.07.2019

Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen
über die Durchführung von Heilverfahren nach § 36 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes
(Sächsische Heilverfahrensverordnung – SächsHeilVfVO)

erlassen als Artikel 6 der Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsverordnung

Vom 16. September 2014

§ 1
Grundsatz der Kostenerstattung

(1) Der Anspruch auf Durchführung eines Heilverfahrens wird dadurch erfüllt, dass den Verletzten die notwendigen und angemessenen Kosten des Heilverfahrens erstattet werden, soweit nicht der Dienstherr das Heilverfahren selbst durchführt oder durchführen lässt.

(2) Beamtenrechtliche Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge bleiben unberührt, soweit diese Verordnung nicht umfassendere Leistungen vorsieht.

§ 2
Erstattungsverfahren

(1) Die Kostenerstattung ist bei der zuständigen Behörde schriftlich und unter Vorlage der Originalbelege zu beantragen. Im Fall der Erstattung verbleiben die Belege bei der zuständigen Behörde.

(2) Mit Zustimmung der Anspruchsberechtigten können Kostenerstattungsbescheide in elektronischer Form übermittelt werden.

(3) Auf Antrag können vorläufige Zahlungen gewährt werden. Vorläufige Zahlungen stehen unter dem Vorbehalt, dass die Voraussetzungen der Kostenerstattung nachträglich festgestellt werden.

(4) Nehmen Verletzte notwendige stationäre Leistungen im Inland für eine voraussichtliche oder tatsächliche Dauer von mindestens zehn Tagen in Anspruch, können die Verletzten den Leistungserbringer oder Rechnungssteller bevollmächtigen, die Erstattung der Kosten direkt bei der zuständigen Behörde geltend zu machen. Ansprüche der Verletzten auf Unfallfürsorgeleistungen des Dienstherrn sind durch die und in Höhe der unmittelbaren Zahlungen an den Leistungserbringer oder Rechnungssteller erfüllt. Liegen die Voraussetzungen für die Kostenerstattung nicht vor, sind die Verletzten zur Rückerstattung auch der an den Leistungserbringer oder Rechnungssteller verauslagten Kosten verpflichtet.

(5) Die Kosten für Hilfsmittel und Zubehör und für eine notwendige Ausbildung in ihrem Gebrauch werden grundsätzlich nur erstattet, wenn die Hilfsmittel schriftlich verordnet sind. Soweit die Kosten 600 EUR übersteigen, werden sie nur erstattet, wenn die zuständige Behörde die Erstattung vorher zugesagt hat, es sei denn, das Versäumnis der vorherigen Anerkennung ist entschuldbar oder das Hilfsmittel wurde während einer stationären Behandlung verordnet und angepasst.

§ 3
Untersuchung

Verletzte sind verpflichtet, sich nach Weisung der zuständigen Behörde ärztlich untersuchen und, wenn einer der in § 9 bezeichneten Ärzte dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen.

§ 4
Notwendigkeit und Angemessenheit

(1) Die angemessenen Kosten medizinisch notwendiger Maßnahmen werden in vollem Umfang erstattet. Die §§ 4 und  7 sowie die Abschnitte 2 und 3 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Gewährung von Beihilfe in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und sonstigen Fällen (Sächsische Beihilfeverordnung – SächsBhVO) vom 16. September 2014 (SächsGVBl. S. 530, 567), in der jeweils geltenden Fassung, mit den zugehörigen Anlagen gelten entsprechend, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Kosten werden unabhängig von der Erfüllung beihilferechtlicher Wartezeiten, dem Alter der Verletzten oder den in den §§ 11 und 24 SächsBhVO genannten Indikationen erstattet. Die Erstattung von Sehhilfen umfasst auch die Kosten von Brillenfassungen. Abweichend von § 14 Abs. 1 SächsBhVO ist eine Erstattung der dort genannten Aufwendungen zu 100 Prozent möglich.

(3) Die Kosten für Hilfsmittel werden über die in der Sächsischen Beihilfeverordnung genannten Höchstbeträge hinaus erstattet, soweit keine günstigere Beschaffung möglich ist. Erstattet werden auch die Kosten für Hilfsmittel und Ersatzleistungen nach Maßgabe der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (OrthopädieverordnungOrthV) vom 4. Oktober 1989 (BGBl. I S. 1834), zuletzt geändert durch Artikel 19 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. S. 2904, 2927), in der jeweils geltenden Fassung, mit Ausnahme von § 40 OrthV. Bei orthopädischen Schuhen haben die Verletzten einen Eigenanteil nach § 10 OrthV zu tragen. Als Kosten für Hilfsmittel gelten auch die Kosten für Unterhalt, Wartung, Instandsetzung und Ersatz, wenn die Unbrauchbarkeit oder der Verlust nicht auf Missbrauch, Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Verletzten beruht. Bei Erstattung der Kosten für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Hilfsmittels kann sein Verkaufswert angerechnet werden.

(4) Bei Kuren werden die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bis zur Höhe des Tage- und Übernachtungsgeldes nach den §§ 6 und 7 des Sächsischen Gesetzes über die Reisekostenvergütung der Beamten und Richter (Sächsisches Reisekostengesetz – SächsRKG) vom 12. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 866, 876), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 1080) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, erstattet.

(5) Die Kosten für eine Haushaltshilfe werden unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 und Abs. 2 SächsBhVO erstattet. Bei ambulanter Heilbehandlung werden die Kosten einer Haushaltshilfe erstattet, wenn der Haushalt wegen der Schwere des Gesundheitsschadens nicht von dem Verletzten oder von einer anderen im Haushalt lebenden Person weitergeführt werden kann.

(6) Erstattet werden auch die Kosten für

1.
blindentechnische und vergleichbare spezielle Grundausbildungen, insbesondere Kosten für Lehrgang, Fahrt, Verpflegung und Übernachtung, nach vorheriger Genehmigung der Maßnahme durch die zuständige Behörde,
2.
den Unterhalt eines Blindenhundes oder Aufwendungen für fremde Führung nach Maßgabe von § 14 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (BundesversorgungsgesetzBVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Januar 1982 (BGBl. I S. 21), das zuletzt durch Artikel 1a des Gesetzes vom 24. Mai 2014 (BGBl. I S. 538) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und
3.
die Unterkunft in einem Einbettzimmer bei einer voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung, wenn dies auf Grund besonderer dienstlicher Gründe erforderlich ist.

(7) Die Kosten für eine Untersuchung, Beobachtung und Feststellung im unmittelbaren Anschluss an den Dienstunfall werden auch dann erstattet, wenn diese Maßnahmen nur der Feststellung dienten, ob Unfallfolgen eingetreten sind.

§ 5
Fahrtkosten, Übernachtungs- und Tagegeld

(1) Fahrtkosten werden außer in den in § 32 Abs. 1 Satz 1 SächsBhVO genannten Fällen auch erstattet für

1.
Fahrten zu ambulanten Behandlungen und Untersuchungen,
2.
Fahrten zur Abholung von ärztlich verordneten Medikamenten und Hilfsmitteln,
3.
Begleitpersonen, wenn die Begleitung der Verletzten nach ärztlicher Bescheinigung erforderlich war,
4.
Besuchsfahrten von Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern, Kindern und Eltern der Verletzten bei einer Krankenhausbehandlung, wenn und soweit die Besuchsfahrt nach Befürwortung durch einen in § 9 bezeichneten Arzt zur Sicherung des Heilerfolgs dringend erforderlich war, und
5.
Fahrten zu von der zuständigen Behörde veranlassten Begutachtungen.

Die Höhe der Fahrtkostenerstattung richtet sich nach § 5 SächsRKG .

(2) Aufwendungen für Rettungsfahrten werden nur unter Vorlage der entsprechenden ärztlichen Verordnung ersetzt.

(3) Zusätzlich zu Fahrtkosten für Fahrten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 kann eine Erstattung von Übernachtungs- und Tagegeld in Anwendung des Sächsischen Reisekostengesetzes erfolgen, wenn die Notwendigkeit der Übernachtung durch die zuständige Behörde festgestellt wird.

§ 6
Verdienstausfall

Den in § 41 Abs. 1 und 7 SächsBeamtVG genannten Personen kann für die Dauer einer Heilbehandlung ein durch diese entstandener Verdienstausfall erstattet werden. Der Erstattungsbetrag und ein Unterhaltsbeitrag nach § 41 SächsBeamtVG dürfen zusammen den Unterhaltsbeitrag nach § 41 Abs. 2 Nr. 1 SächsBeamtVG nicht übersteigen. Ehrenbeamten kann ein Verdienstausfall nach billigem Ermessen erstattet werden.

§ 7
Pflegekosten

(1) Die Kosten für eine notwendige Pflege werden erstattet, solange Verletzte infolge des Dienstunfalls bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität dauerhaft für wenigstens zwei Verrichtungen einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen.

(2) Bei der häuslichen Pflege durch geeignete Pflegekräfte im Sinne des § 49 Abs. 1 Satz 2 SächsBhVO werden Pflegekosten nach Art und Schwere des Gesundheitsschadens unter Berücksichtigung der notwendigen Pflege in Höhe der beihilfefähigen Höchstbeträge nach § 49 Abs. 4 SächsBhVO erstattet. Wird nachgewiesen, dass höhere Kosten notwendig sind, um die notwendigen Pflegeleistungen zu erbringen, kann auch der über den Betrag nach Satz 1 hinausgehende Betrag erstattet werden.

(3) Wird die notwendige Pflege durch Familienangehörige erbracht, werden 75 Prozent der Pflegekosten nach Absatz 2 Satz 1 erstattet. Wenn Familienangehörige einen Beruf aufgegeben haben, um die Pflege ausüben zu können, und der Ausfall des Arbeitseinkommens die Pflegekosten nach Satz 1 übersteigt, kann der Ausfall des Arbeitseinkommens bis zur Höhe der Pflegekosten nach Absatz 2 Satz 1 erstattet werden.

(4) Wird die notwendige Pflege durch geeignete Pflegekräfte im Sinne des § 49 Abs. 1 Satz 2 SächsBhVO und Familienangehörige erbracht, werden die Pflegekosten nach Absatz 2 Satz 1 erstattet. Betragen die Kosten für die berufsmäßige Pflegekraft weniger als 25 Prozent der Pflegekosten nach Absatz 2 Satz 1, werden nur die Kosten für die berufsmäßige Pflegekraft und die Pflegekosten nach Absatz 3 erstattet.

(5) Die Kosten für eine nicht nur vorübergehende stationäre Pflege in einer geeigneten und zugelassenen Pflegeeinrichtung (§ 72 Abs. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch [ SGB XI] – Soziale Pflegeversicherung – [Artikel 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1994, BGBl. I S. 1014, 1015], das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 21. Juli 2014 [BGBl. I S. 1133, 1141] geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung), werden entsprechend dem Umfang der erforderlichen Hilfe erstattet, wenn die Pflege sonst nicht gewährleistet ist. Auf die erstattungsfähigen Kosten für erforderliche Pflege, Unterkunft und Verpflegung ist ein angemessener Betrag für Einsparungen im Haushalt anzurechnen. Anzurechnen ist der Wert für Verpflegung nach § 2 Abs. 1 der Verordnung über die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Zuwendungen des Arbeitgebers als Arbeitsentgelt (SozialversicherungsentgeltverordnungSvEV) vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3385), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 21. Oktober 2013 (BGBl. I S. 3871) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und bei Alleinstehenden zusätzlich der Wert für Unterkunft nach § 2 Abs. 3 SvEV.

(6) Die erstattungsfähigen Beträge können monatlich im Voraus gezahlt werden. Erfolgt die Pflege nicht für den gesamten Kalendermonat, sind die Leistungen entsprechend zu mindern. Der Anspruch auf Erstattung von Pflegekosten ruht bei stationärer Behandlung und Kuren. Die Zahlung kann ganz oder teilweise weiter erfolgen, wenn das Ruhen eine weitere Versorgung der Verletzten gefährden würde.

§ 8
Kleider- und Wäscheverschleiß

(1) Die durch die Folgen des Dienstunfalls verursachten außergewöhnlichen Kosten für Kleider- und Wäscheverschleiß (§ 36 Abs. 4 Satz 1 SächsBeamtVG) sind unter entsprechender Anwendung des § 15 BVG in Verbindung mit den §§ 1 bis 4 der Verordnung zur Durchführung des § 15 des Bundesversorgungsgesetzes vom 31. Januar 1972 (BGBl. I S. 105), in der jeweils geltenden Fassung, zu ersetzen.

(2) Der Pauschbetrag wird monatlich im Voraus gezahlt. Die in Sonderfällen den Höchstsatz des Pauschbetrages übersteigenden Aufwendungen werden jeweils für das abgelaufene Kalenderjahr erstattet.

§ 9
Ärztliche Gutachten

Soweit in oder auf Grund dieser Verordnung ein ärztliches Gutachten vorgesehen ist, kann auch das Gutachten von Amtsärzten, beamteten Ärzten oder von der zuständigen Behörde allgemein oder im Einzelfall bezeichneten Ärzten gefordert werden. Wird Heilfürsorge gewährt, treten an die Stelle der in dieser Verordnung bezeichneten Ärzte die jeweils für die Durchführung des Heilverfahrens bestimmten Ärzte.

§ 10
Durchführungsbestimmungen

Das Staatsministerium der Finanzen erlässt die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Verwaltungsvorschriften.

§ 11
Übergangsvorschrift

(1) Kosten, die bis einschließlich 28. Oktober 2014 entstanden sind, werden nach den bis zum Ablauf des 28. Oktober 2014 geltenden Vorschriften erstattet. Bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen ist der Behandlungstag maßgebend, bei Arznei-, Verband- und Hilfsmitteln der Tag der ärztlichen Verordnung.

(2) Pflegebedürftige Verletzte, die bis einschließlich 28. Oktober 2014 Pflegekosten gemäß § 12 der Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes (HeilverfahrensverordnungHeilvfV) vom 25. April 1979 (BGBl. I S. 502), die zuletzt durch Artikel 15 Abs. 30 des Gesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160, 262) geändert worden ist, bezogen haben, werden mit Wirkung vom 29. Oktober 2014 in eine Pflegestufe nach § 48 SächsBhVO eingestuft und erhalten Pflegekosten gemäß § 7. Übersteigt das bisher gezahlte Pflegegeld die Pflegekosten gemäß § 7, wird es als Pauschale weitergezahlt; ändern sich die der Einstufung zugrunde liegenden Verhältnisse erheblich, sind die Pflegekosten gemäß § 7 neu festzusetzen.