Historische Fassung war gültig vom 02.06.2001 bis 29.11.2001

Verordnung
des Regierungspräsidiums Chemnitz
zur Festsetzung des Naturschutzgebietes
„Hartensteiner Wald“

Vom 19. April 2001

Aufgrund von §§ 16 und 50 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 des Sächsischen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Sächsisches Naturschutzgesetz – SächsNatSchG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Oktober 1994 (SächsGVBl. S. 1601, 1995 S. 106), geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 18. März 1999 (SächsGVBl. S. 85, 115) wird verordnet:

§ 1
Festsetzung als Schutzgebiet

Die in § 2 näher bezeichneten Flächen auf dem Gebiet der Stadt Hartenstein im Landkreis Zwickauer Land werden als Naturschutzgebiet festgesetzt. Das Naturschutzgebiet führt die Bezeichnung „Hartensteiner Wald“.

§ 2
Schutzgegenstand

(1) Das Naturschutzgebiet hat eine Größe von zirka 89 Hektar.

(2) Die Lage des Naturschutzgebietes wird wie folgt grob beschrieben:
Das Naturschutzgebiet befindet sich im Hangwald westlich und oberhalb der Flussaue der Zwickauer Mulde zwischen den Ortslagen Hartenstein und Niederschlema. Vom Nordosten bis Südosten wird es durch einen forstlichen Bewirtschaftungsweg und ansonsten durch namenlose Waldwege oder Forstschneisen begrenzt.

(3) Das Naturschutzgebiet umfasst gemäß dem Stand der Flurkartengrundlage auf dem Gebiet der Stadt Hartenstein, Gemarkung Hartenstein, die Flurstücke 768, 769, 790 (teilweise), 791 (teilweise), 799 (teilweise), 801/1, 803 (teilweise), 805 (teilweise), 816/1 (teilweise), 877 (teilweise) und 878/1 (teilweise).

(4) Die Grenzen des Naturschutzgebietes sind in einer Übersichtskarte des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 19. April 2001 im Maßstab 1 : 10 000 sowie in einer Flurkarte des Regierungspräsidiums Chemnitz vom 19. April 2001 im Maßstab 1:2 000 rot eingetragen.
Maßgebend für die Bestimmung des räumlichen Geltungsbereiches des Schutzgebietes ist die Abgrenzung auf der Flurkarte.
Soweit sich auf der Flurkarte die rote Grenzlinie mit Flurstücksgrenzen deckt, bildet die jeweilige Flurstücksgrenze die Schutzgebietsgrenze. Ansonsten bestimmt die Linienaußenkante die Grenze des Schutzgebietes.
Die Karten sind Bestandteil der Verordnung.

(5) Die Verordnung mit Karten wird beim Regierungspräsidium in Chemnitz in 09120 Chemnitz, Altchemnitzer Straße 41, Zimmer 314, auf die Dauer von zwei Wochen nach Verkündung dieser Verordnung im Sächsischen Amtsblatt zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich ausgelegt.

(6) Die Verordnung mit Karten ist nach Ablauf der Auslegungsfrist beim Regierungspräsidium in Chemnitz in 09120 Chemnitz, Altchemnitzer Straße 41 zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten öffentlich niedergelegt.

§ 3
Schutzzweck

Schutzzweck ist:

1.
die Bewahrung des einzigen großen zusammenhängenden Buchenwaldkomplexes mit naturnaher Bestockung im Übergangsbereich zwischen dem unterem Westerzgebirge und dem Erzgebirgsvorland;
2.
die Erhaltung, zielgerichtete Weiterentwicklung sowie Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes aller im Naturschutzgebiet vorkommenden natürlichen Lebensräume, insbesondere der
 
 
Hainsimsen-Buchenwälder,
 
 
Waldmeister-Buchenwälder,
 
 
Silikatfelsen mit Felsspaltenvegetation;
3.
die Erhaltung und Förderung eines günstigen Erhaltungszustandes der im Naturschutzgebiet vorkommenden Populationen von Pflanzenarten, insbesondere Langblättrigem Waldvöglein, Vogel-Nestwurz, Zwiebel-Zahnwurz, Quirlblättriger Zahnwurz, Bärlauch, Türkenbund-Lilie, und Tierarten wie zum Beispiel Hohltaube, Grauspecht, Nagelfleck, Großer Eisvogel, Großer und Kleiner Schillerfalter sowie ihrer für die Fortpflanzung, die Ernährung, die Migration, den Durchzug und die Überwinterung wichtigen Habitate;
4.
die Erhaltung und Wiederherstellung der Unzerschnittenheit und funktionalen Zusammengehörigkeit des Lebensraumgefüges des Naturschutzgebietes, insbesondere unter den Aspekten eines ausreichenden Angebots an Naturverjüngung sowie stehendem und liegendem Totholz;
5.
die Erhaltung der ungewöhnlich alten Buchenbestände mit ihrer Schichtung und Struktur für das ästhetische Wahrnehmen des Erscheinungsbildes naturnaher Wälder wegen ihrer besonderen Eigenart und hervorragenden Schönheit.

§ 4
Verbote

(1) In dem Naturschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Schutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können.

(2) Insbesondere ist verboten:

 1.
bauliche Anlagen im Sinne der Sächsischen Bauordnung in der jeweils geltenden Fassung zu errichten, zu ändern oder der Errichtung gleichgestellte Maßnahmen durchzuführen;
 2.
Straßen, Wege, Pfade, Steige, Plätze oder sonstige Verkehrsanlagen anzulegen, Leitungen ober- oder unterirdisch zu verlegen oder Anlagen dieser Art zu verändern;
 3.
Handlungen vorzunehmen, die den Boden in seiner Gestalt, Struktur oder Beschaffenheit verändern können;
 4.
Abfälle oder sonstige Materialien einzubringen oder zu lagern;
 5.
Veränderungen an Gewässern oder Gräben vorzunehmen, die den Zu- und Ablauf des Wassers verändern können;
 6.
Feuer anzumachen oder zu unterhalten, Hunde frei laufen zu lassen oder Lärm zu verursachen, der den Naturgenuss beeinträchtigen kann;
 7.
zu zelten, zu lagern, Wohnwagen oder Verkaufsstände aufzustellen;
 8.
Plakate oder Werbetafeln aufzustellen oder an Bestandteilen des Schutzgebietes  anzubringen;
 9.
das Naturschutzgebiet außerhalb der markierten Wege zu betreten;
10.
auf Flächen außerhalb des Tieftalweges, des Lößnitzer Weges und des Dreibrückenweges zu reiten, Langlaufloipen anzulegen, Ski zu laufen, Rad oder mit motorgetriebenen oder bespannten Fahrzeugen aller Art zu fahren;
11.
Pflanzenschutz- oder Schädlingsbekämpfungsmittel einzusetzen oder zu düngen;
12.
Pflanzen, ihre Teile oder Entwicklungsformen einzubringen, zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
13.
Tiere einzubringen, wildlebenden Tieren nachzustellen, sie zu fangen, zu beunruhigen,  anzulocken, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsformen, Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtstätten oder Gelege der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören;
14.
Weihnachtsbaum- oder Schmuckreisigkulturen anzulegen;
15.
gebietsfremde Baumarten, wie Spitzahorn, Lärche oder Roteiche, einzubringen;
16.
zur Sichtbarmachung der Schutzgebietsgrenze aufgestellte amtliche Kennzeichen zu entfernen, zu zerstören oder zu beschädigen.

§ 5
Erlaubnisvorbehalte

(1) Folgende Maßnahmen, die ebenfalls nachteilige Auswirkungen auf den Schutzzweck nach § 3 innerhalb des Schutzgebietes haben können, bedürfen der schriftlichen Erlaubnis der unteren Naturschutzbehörde:

1.
der Ausbau sowie die sonstige Veränderung von Straßen, Wegen, Plätzen oder anderen Verkehrsanlagen;
2.
die Fällung von stehendem Totholz und die Entnahme von liegendem Totholz in den Buchenaltbeständen der Abteilungen 632, 633, 637, 829 und 830.

(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Handlung den Schutzzweck nach § 3 nicht beeinträchtigt und Wirkungen der in § 4 genannten Art nicht zur Folge hat oder solche Wirkungen durch Auflagen oder Bedingungen abgewendet werden können.

(3) Die Erlaubnis wird durch einen nach anderen Vorschriften notwendige Gestattung ersetzt, wenn diese im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde erteilt wird.

§ 6
Zulässige Handlungen

Zulässig sind:

1.
die dem Schutzzweck entsprechende umweltgerechte Forstwirtschaft; § 4 Abs. 2 Nrn. 5, 11, 14 und 15 bleiben unberührt;
2.
die dem Schutzzweck entsprechende ordnungsgemäße Ausübung der Jagd mit der Maßgabe, dass die Anlage von Hochsitzen und das Aufstellen von Kanzeln der unteren Naturschutzbehörde zwei Wochen zuvor anzuzeigen sind;
3.
Beobachtungen und Untersuchungen im Naturschutzgebiet durch die zuständigen Fach- oder Verwaltungsbehörden oder der von diesen Behörden beauftragten Dritten;
4.
die Unterhaltung und Instandsetzung der vorhandenen Anlagen und Leitungen der öffentlichen und privaten Versorgung in ihrer bisherigen Art und in ihrem bisherigen Umfang;
5.
die Unterhaltung der rechtmäßig vorhandenen Waldwege in ihrer bisherigen Art und in ihrem bisherigen Umfang einschließlich von Maßnahmen der Verkehrssicherung;
6.
das Befahren der von der Kreisstraße 9315 abgehenden Zufahrt zur Gaststätte „Prinzenhöhle“ im Rahmen der Bewirtschaftung dieser Gaststätte;
7.
das Verlegen von Ver- und Entsorgungsleitungen sowie von Telekommunikationskabeln im Bereich der unter Nr. 6 genannten Gaststättenzufahrt als Grundlage der Bewirtschaftung dieser Gaststätte mit der Maßgabe, dass diese Arbeiten der unteren Naturschutzbehörde zwei Wochen vor Beginn anzuzeigen sind;
8.
Vermessungsarbeiten nach dem Sächsischen Vermessungsgesetz mit der Maßgabe, dass diese der unteren Naturschutzbehörde zwei Wochen vor Beginn anzuzeigen sind;
9.
die Unterhaltung der Fließgewässer unter Maßgabe des Schutzzwecks; § 4 Abs. 1 und 2 Nr. 5 bleiben unberührt.

§ 7
Grundzüge der Pflege und Entwicklung

(1) Der Erhaltung und Entwicklung des Naturschutzgebietes dienen folgende Grundzüge der Pflege und Entwicklung:

1.
Die schutzzweckentsprechende Erhaltung und Entwicklung der Buchenwaldgesellschaften soll durch Maßnahmen der umweltgerechten Forstwirtschaft erreicht werden. Dabei soll deren stabiler und vielschichtiger Aufbau über die natürliche Verjüngung erreicht werden. Wald im Bereich von Felsbiotopen soll sich selbst überlassen werden, sofern nicht die Pflicht zur Verkehrssicherung ein gezieltes Eingreifen erfordert.
2.
Vorhandene Höhlenbäume sind als Nistquartier für Hohltaube, Spechte und Fledermäuse zu erhalten.
3.
Für die Erhaltung des Vorkommens des Langblättrigen Waldvögleins ist eine ausreichende Belichtung des Waldbodens durch ein Freistellen des Standortes in regelmäßigen Zeitabständen zu sichern.

(2) Einzelheiten zur Umsetzung der unter Absatz 1 aufgeführten Grundzüge können durch die höhere Naturschutzbehörde in einem Pflege- und Entwicklungsplan geregelt werden.

§ 8
Befreiungen

Von den Verboten dieser Verordnung kann die höhere Naturschutzbehörde auf schriftlichen Antrag nach § 53 SächsNatSchG Befreiung erteilen.

§ 9
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 SächsNatSchG handelt, wer in dem Naturschutzgebiet vorsätzlich oder fahrlässig ohne Erlaubnis nach § 5 beziehungsweise Befreiung nach § 8 eine der nach § 4 Abs. 1 und 2 verbotenen oder nach § 5 Abs. 1 erlaubnispflichtigen Handlungen vornimmt.

(2) Ordnungswidrig gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 SächsNatSchG handelt auch, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine vollziehbare Nebenbestimmung, mit der eine nach § 5 erteilte Erlaubnis oder eine nach § 8 erteilte Befreiung versehen wurde, nicht, nicht vollständig, nicht fristgemäß oder nicht ordnungsgemäß erfüllt.

(3) Ordnungswidrig gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 SächsNatSchG handelt schließlich, wer vorsätzlich oder fahrlässig Maßnahmen, die durch oder im Auftrag der unteren Naturschutzbehörde auf der Grundlage des Pflege- und Entwicklungsplans durchgeführt werden, vereitelt, behindert oder auf sonstige Weise stört.

§ 10
In-Kraft-Treten

(1) Diese Verordnung tritt am Tage nach Ablauf der Auslegungsfrist im Sinne von § 2 Abs. 5 in Kraft.

(2) Die gemäß § 64 Abs. 1 SächsNatSchG in Verbindung mit Artikel 1 § 2 Abs. 1 des Rechtsbereinigungsgesetzes des Freistaates Sachsen übergeleitete Anordnung des Ministers für Landwirtschaft, Erfassung und Forstwirtschaft vom 30. März 1961 (GBl. DDR II S. 166/170) tritt mit In-Kraft-Treten dieser Verordnung für das Naturschutzgebiet „Hartensteiner Wald“ außer Kraft.

Chemnitz, den 19. April 2001

Regierungspräsidium Chemnitz
Noltze
Regierungspräsident

Übersichtskarte