Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen
über die Geschäfte und die Verwaltung der Sparkassen
(Sächsische Sparkassenverordnung – SächsSpkVO)

Vom 7. November 2019

Auf Grund des § 5 Absatz 3 und des § 32 Absatz 1 Nummer 1 bis 4 des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe vom 13. Dezember 2002 (SächsGVBl. S. 333), von denen § 32 Absatz 1 Nummer 2 durch Artikel 1 Nummer 19 des Gesetzes vom 8. Juni 2012 (SächsGVBl. S. 302) geändert worden ist, verordnet das Staatsministerium der Finanzen:

§ 1
Grundsatz

Die Sparkassen dürfen alle banküblichen Geschäfte betreiben, soweit das Gesetz über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe oder die nachfolgenden Bestimmungen oder die Satzung keine Einschränkungen vorsehen.

§ 2
Kreditbegriff, Bemessungsgrundlage

(1) Kredite im Sinne dieser Verordnung sind alle Geschäfte, die dem Kreditbegriff des Kreditwesengesetzes unterfallen.

(2) Bemessungsgrundlage im Sinne dieser Verordnung sind die aufsichtsrechtlich anrechenbaren Eigenmittel nach den Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1, L 208 vom 2.8.2013, S. 68, L 321 vom 30.11.2013, S. 6, L 193 vom 21.7.2015, S. 166, L 20 vom 25.1.2017, S. 3), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/876 (ABl. L 150 vom 7.6.2019, S. 1) geändert worden ist.

§ 3
Regionalprinzip

(1) 1Das Geschäftsgebiet der Sparkasse ist das Gebiet ihres Trägers. 2Bei Verbundsparkassen gilt als Geschäftsgebiet der Sparkasse das vor der Übertragung der Trägerschaft auf den Sachsen-Finanzverband oder die Sachsen-Finanzgruppe bestehende Geschäftsgebiet.

(2) Außerhalb ihres Geschäftsgebiets können Sparkassen insbesondere die folgenden Geschäfte tätigen:

1.
Geschäfte nach § 8 und
2.
Kreditvergaben
a)
an ein Kreditinstitut mit Sitz in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes oder einem Vollmitgliedsstaat der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sowie an ein inländisches Unternehmen, das der Sparkassen-Finanzgruppe angehört,
b)
an Institute für die Abwicklung von Finanzdienstleistungen im Rahmen des Außenwirtschaftsverkehrs,
c)
gemeinsam mit einer oder mehreren anderen Sparkassen an Kreditnehmer mit Sitz, Wohnsitz oder gewerblicher Niederlassung im Geschäftsgebiet einer dieser Sparkassen,
d)
gemeinsam mit einer Landesbank oder einem Spitzeninstitut der Sparkassen-Finanzgruppe,
e)
bei erkennbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Geschäftsverbindung der Sparkasse zu einem Kunden mit Sitz, Wohnsitz oder gewerblicher Niederlassung im Geschäftsgebiet und
f)
auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden
aa)
im Rahmen einer seit längerem bestehenden Geschäftsverbindung oder
bb)
mit Zustimmung der zuständigen Sparkasse.

(3) In den Fällen von Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe c bis f können stattdessen auch Kapitalbeteiligungen zur Finanzierung von nicht emissionsfähigen Unternehmen durch Bereitstellung von externem Kapital in Form von Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Mitteln eingegangen werden; die Kapitalbeteiligungen haben ohne Teilnahme an der Geschäftsführung und zeitlich begrenzt sowie grundsätzlich als Minderheitsbeteiligung zu erfolgen.

§ 4
Verbundsystem

(1) Die Sparkassen sollen als Teil der Sparkassen-Finanzgruppe vorrangig Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen und Einrichtungen der Sparkassen-Finanzgruppe anbieten (Verbundprinzip).

(2) Die Zusammenarbeit mit anderen Geschäftspartnern darf das Verbundprinzip nicht beeinträchtigen.

(3) Verträge zur Vermögensverwaltung sowie zur eigenen Anlage in der Form von Spezialfonds sollen bei Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe abgeschlossen werden.

§ 5
Kreditsicherheiten

Soweit für die Bewertung von Kreditsicherheiten europarechtliche oder nationale Vorgaben nicht zwingend anzuwenden sind, können daneben auch die vom Ostdeutschen Sparkassenverband als Empfehlungen herausgegebenen Beleihungsgrundsätze zur Anwendung kommen.

§ 6
Beteiligungen

(1) Die Sparkasse darf sich beteiligen an

1.
Einrichtungen der Sparkassenorganisation,
2.
Wohnungsunternehmen im Geschäftsgebiet,
3.
Unternehmen zur Förderung der Wirtschaftsentwicklung im Geschäftsgebiet,
4.
Unternehmen, die dem Betrieb der Sparkasse dienen und
5.
Kapitalbeteiligungsgesellschaften im Geschäftsgebiet oder gemeinsam mit einer oder mehreren anderen sächsischen Sparkassen im Geschäftsgebiet einer dieser Sparkassen nur, soweit diese Kapital im Sinne von § 3 Absatz 3 bereitstellen.

(2) Zu den Einrichtungen der Sparkassenorganisation im Sinne von Absatz 1 Nummer 1 gehören nicht Verbundunternehmen, insbesondere keine Kreditinstitute der Sparkassenorganisation.

§ 7
Anlage in Grundstücken und grundstückgleichen Rechten

(1) Die Sparkasse kann ihre Mittel in Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten, Wohnungseigentum oder Teileigentum im Geschäftsgebiet anlegen, die

1.
ganz oder teilweise dem Geschäftsbetrieb dienen,
2.
ausschließlich oder überwiegend Wohnzwecken dienen oder
3.
freihändig oder im Wege der Zwangsversteigerung zur Vermeidung von Verlusten, auch außerhalb des Geschäftsgebiets, erworben werden.

(2) 1Unbebaute Grundstücke können erworben werden, wenn dies zur Bebauung nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 2 oder zur Vermeidung von Verlusten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 dienen soll. 2Die Sparkasse kann sich zur Durchführung dieser Geschäfte an Einrichtungen anderer Sparkassen oder der Sparkassen-Finanzgruppe beteiligen oder eigene Gesellschaften gründen.

§ 8
Sonstige Begrenzungen der Geschäftstätigkeit

(1) Wertpapiere und Geldmarktinstrumente dürfen nur dann erworben werden, wenn eine angemessene Risikoprüfung, gegebenenfalls unter Berücksichtigung eines Ratings, den Erwerb rechtfertigt.

(2) 1Geschäfte in Derivaten sind zulässig, wenn sie der Risiko-, Liquidität- oder Rentabilitätssteuerung dienen; Absatz 1 findet entsprechende Anwendung. 2Handelsbuchinstitute dürfen darüber hinaus Handelsgeschäfte durchführen. 3Die erstmalige Aufnahme der Geschäfte im Sinne des Satzes 2 ist der Sparkassenaufsichtsbehörde über den Ostdeutschen Sparkassenverband unter Darlegung des Risiko-Controlling- und Managementsystems vorher anzuzeigen. 4Leerverkäufe sind nicht zulässig. 5Geschäfte in Derivaten dürfen nur über eine Terminbörse oder mit Unternehmen der Sparkassen-Finanzgruppe und anderen inländischen Kreditinstituten abgeschlossen werden. 6Außerbörsliche Geschäfte sollen auf der Grundlage von Rahmenverträgen, die von Spitzenverbänden der deutschen Kreditwirtschaft empfohlen sind, durchgeführt werden. 7Derivate in Form von Termingeschäften in Waren oder Edelmetallen sind unzulässig.

(3) Der gegenseitige oder mehrseitige Erwerb von Schuldverschreibungen, Genussrechten oder nachrangigen Verbindlichkeiten darf unter Sparkassen nicht erfolgen.

§ 9
Entscheidungsbefugnis des Vorstands im Kreditgeschäft

(1) Der Vorstand entscheidet über alle Kreditanträge; § 10 bleibt unberührt.

(2) Der Vorstand kann seine Befugnisse zur Bewilligung von Krediten, bei denen die Zustimmung des Kreditausschusses gemäß § 10 nicht erforderlich ist,

1.
bis zum Höchstbetrag von 75 Prozent auf zwei Vorstandsmitglieder und
2.
bis zum Höchstbetrag von 50 Prozent auf ein Vorstandsmitglied übertragen.

(3) Unter den Voraussetzungen von Absatz 2 Nummer 2 kann der Vorstand die Befugnisse eines einzelnen Vorstandsmitglieds teilweise auf geeignete Mitarbeiter übertragen.

(4) Der Vorstand kann Kontoüberziehungen, Kreditüberschreitungen, Wechselankäufe und Avalübernahmen vorübergehend über die Grenzen des § 10 hinaus im Einzelfall bis zu drei Prozent der Bemessungsgrundlage zulassen; Absätze 2 und 3 gelten entsprechend.

(5) 1Der Verwaltungsrat kann dem Vorstand im Rahmen der Zuständigkeit nach Absatz 1 die Befugnis einräumen, in dringenden Fällen Kredite aufgrund eines einstimmigen Vorstandsbeschlusses ohne den Kreditausschuss zu gewähren. 2Der Vorstand hat die Gründe für die Eilentscheidung und ihre Durchführung dem Kreditausschuss in der nächsten Sitzung mitzuteilen.

§ 10
Kreditausschuss

Der Kreditausschuss ist für die Zustimmung zu folgenden Krediten zuständig:

1.
Realkredite, soweit der Kredit im Einzelfall fünf Prozent der Bemessungsgrundlage übersteigt,
2.
Kredite, die nicht unter Nummer 1 fallen, soweit der Kredit an einen Kreditnehmer, der aus einer Gruppe verbundener Kunden besteht, fünf Prozent der Bemessungsgrundlage übersteigt, mit den folgenden Ausnahmen:
a)
Beteiligungen der Sparkassen nach § 6,
b)
Anlagen nach § 8,
c)
Kredite an inländische Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts,
d)
Kredite im Sinne von § 3 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a und b,
e)
Kredite gegen Guthaben bei Kreditinstituten, die einer Sicherheitseinrichtung der deutschen Kreditwirtschaft angehören, sowie bei Bausparkassen im Inland,
f)
Kredite im Rahmen zentraler Kreditaktionen öffentlicher Stellen, soweit die Sparkasse von der Haftung freigestellt ist und
g)
Kredite gegen Bürgschaft, Garantien oder sonstige Gewährleistungen einer inländischen Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts.

§ 11
Ausnahmegenehmigungen

Soweit die Erfüllung der Sparkassenaufgaben nicht gefährdet wird, kann die Sparkassenaufsichtsbehörde nach Anhörung des Ostdeutschen Sparkassenverbandes Ausnahmen von den Vorschriften dieser Verordnung unbeschadet der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts allgemein oder im Einzelfall zulassen.

§ 12
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig treten die Sächsische Sparkassenverordnung vom 11. Januar 2002 (SächsGVBl. S. 52), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 1. September 2003 (SächsGVBl. S. 388) geändert worden ist, und die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Beleihungsgrundsätze für Sparkassen im Freistaat Sachsen vom 6. Juli 2003 (SächsGVBl. S. 296) außer Kraft.

Dresden, den 7. November 2019

Der Staatsminister der Finanzen
Dr. Matthias Haß

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