Sächsisches Ausführungsgesetz
zum Transplantationsgesetz
(SächsAGTPG)
Vom 7. November 2005
Der Sächsische Landtag hat am 5. Oktober 2005 das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Zuständige Stellen zur Ausführung
des Transplantationsgesetzes
Nach Landesrecht zuständige Stellen für die Aufklärung der Bevölkerung über die Möglichkeiten der Organspende, die Voraussetzungen der Organentnahme und die Bedeutung der Organübertragung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz – TPG) vom 5. November 1997 (BGBl. I S. 2631), das zuletzt durch Artikel 14 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304, 2305) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, und für die Bereithaltung der Organspendeausweise zusammen mit geeigneten Aufklärungsunterlagen nach § 2 Abs. 1 Satz 2 TPG sind:
- die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes,
- die Sächsische Landesärztekammer für ihre Mitglieder sowie
- die Transplantationsbeauftragten nach § 2.
§ 2
Transplantationsbeauftragte
(1) Alle Krankenhäuser mit Intensivstationen oder Beatmungsbetten sowie andere Krankenhäuser, in denen Organe zum Zwecke der Organtransplantation entnommen werden, bestellen mindestens einen Transplantationsbeauftragten. In begründeten Ausnahmefällen kann auf die Bestellung von Transplantationsbeauftragten verzichtet werden, wenn aufgrund der Besonderheiten des Krankenhauses davon auszugehen ist, dass in dem betreffenden Krankenhaus keine Personen aufgenommen werden, die für eine Organspende in Betracht kommen.
(2) Die Krankenhausleitung bestellt zu Transplantationsbeauftragten eine Ärztin oder einen Arzt. Zusätzlich kann Personal des pflegerischen Dienstes mit langjähriger Erfahrung in der Intensivmedizin bestellt werden.
(3) Die Transplantationsbeauftragten nehmen für die Krankenhausleitung deren Aufgaben nach dem Transplantationsgesetz wahr und werden dabei von der Krankenhausleitung unterstützt. Sie haben insbesondere
- die gesetzliche Verpflichtung der Krankenhäuser aus § 11 Abs. 4 Satz 2 TPG sicherzustellen und die Zusammenarbeit mit der Koordinierungsstelle nach § 11 Abs. 1 Satz 2 TPG zu gewährleisten,
- die Todesfälle nach primärer oder sekundärer Hirnschädigung auf Intensivstationen einschließlich der Feststellung der Eignung oder Nichteignung der Verstorbenen zur Organspende zu erfassen,
- der Krankenhausleitung über den Stand der Organspende im eigenen Krankenhaus zu berichten und sie darüber zu beraten,
- das ärztliche und pflegerische Personal ihres Krankenhauses über die Bedeutung und die Belange der Organspende aufzuklären und
- sich für die Aufgaben von Transplantationsbeauftragten fortzubilden.
(4) Die Transplantationsbeauftragten sind berechtigt, jederzeit Intensivstationen oder Stationen mit Beatmungsbetten zu betreten, um sich für die Erfüllung ihrer Aufgaben zu informieren. Sie unterliegen bei der Wahrnehmung ihrer Tätigkeit keinen Weisungen.
(5) Transplantationsbeauftragte sind für ihre Tätigkeit und ihre Fortbildung im erforderlichen Umfang freizustellen.
§ 3
Auskunftserteilung durch die Krankenhäuser
Die in § 2 Abs. 1 bezeichneten Krankenhäuser sind verpflichtet, die von der Koordinierungsstelle für ihren Jahresbericht benötigten Daten zu erheben und der Koordinierungsstelle bis zu dem im Vertrag nach § 11 Abs. 2 TPG festzulegenden Stichtag in anonymisierter Form zu übermitteln.
§ 4
Errichtung der Kommission zur Prüfung von Freiwilligkeit und Unentgeltlichkeit der Lebendspende
(1) Die Sächsische Landesärztekammer errichtet eine rechtlich unselbständige Kommission für gutachtliche Stellungnahmen gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 TPG.
(2) Die Kommission setzt sich zusammen aus
- einem ärztlichen Mitglied, das weder an der Entnahme noch an der Übertragung von Organen beteiligt ist,
- einer Person mit der Befähigung zum Richteramt und
- einer in psychologischen Fragen erfahrenen Person
(3) Die Sächsische Landesärztekammer bestellt im Einvernehmen mit dem die Rechtsaufsicht über sie führenden Staatsministerium die Mitglieder der Kommission für die Dauer von vier Jahren (Amtsperiode). Eine Wiederbestellung ist zulässig. Die Sächsische Landesärztekammer kann die Mitglieder im Einvernehmen mit der in Satz 1 bezeichneten Behörde aus wichtigem Grund abberufen. Sind dringende Anhaltspunkte für eine Abberufung gegeben, kann die Sächsische Landesärztekammer die Ausübung der Tätigkeit in der Kommission vorläufig untersagen. Scheidet ein Mitglied vorzeitig aus der Kommission aus, rückt ein stellvertretendes Mitglied nach; für den Rest der Amtsperiode wird ein neues stellvertretendes Mitglied bestellt. Kommt das Einvernehmen nach Satz 1 oder 3 nicht zustande, entscheidet das die Rechtsaufsicht führende Staatsministerium.
(4) Die Mitglieder der Kommission sind ehrenamtlich tätig. Sie unterliegen keinen Weisungen und sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Sie sind auch nach Beendigung ihrer Tätigkeiten in der Kommission über die ihnen dabei bekannt gewordenen Angelegenheiten zur Verschwiegenheit verpflichtet.
§ 5
Verfahren der Kommission
(1) Die Kommission wird auf schriftlichen Antrag der sächsischen Einrichtung tätig, in der das Organ entnommen und übertragen werden soll; ein Antrag in elektronischer Form ist nicht zulässig. Der Antrag ist an die Sächsische Landesärztekammer zu richten. Er ist nur wirksam, wenn er vor Eingang bei der Sächsischen Landesärztekammer auch von der Person, der das Organ entnommen werden soll, unterschrieben worden ist, oder wenn eine schriftliche Einverständniserklärung dieser Person vorliegt. In dringenden Fällen kann vom Erfordernis des schriftlichen Antrages und der schriftlichen Einverständniserklärung abgesehen werden.
(2) Die Kommission verhandelt mündlich in nichtöffentlicher Sitzung. Sie soll die Person, der das Organ entnommen werden soll, und die Person, der das Organ übertragen werden soll, persönlich anhören. Die Betroffenen können sich nicht durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Kommission kann Zeugen und Sachverständige anhören. Soweit erforderlich sollen beeidigte Dolmetscher herangezogen werden.
(3) Die Kommission berät nichtöffentlich und erstattet die gutachtliche Stellungnahme aufgrund des Gesamtergebnisses der Sitzung. Die gutachtliche Stellungnahme ist zu begründen und der antragstellenden Einrichtung bekannt zu geben; bei einer der Lebendspende zustimmenden Stellungnahme kann von einer Begründung abgesehen werden. Das Ergebnis der gutachtlichen Stellungnahme soll auch den in Absatz 2 Satz 2 genannten Personen zugeleitet werden.
(4) Die Sächsische Landesärztekammer erlässt für die Kommission eine Geschäftsordnung, die insbesondere Regelungen zur Einberufung und Leitung der Sitzungen, zur Verhandlungsfähigkeit und zur Entscheidungsfindung enthält.
(5) Die Sächsische Landesärztekammer erstattet dem die Rechtsaufsicht über sie führenden Staatsministerium jährlich einen Bericht über die Tätigkeit der Kommission.
§ 6
Kosten und Finanzierung der Kommission
(1) Die Mitglieder der Kommission erhalten für ihre Tätigkeit von der Sächsischen Landesärztekammer Sitzungsgeld und Reisekostenvergütung nach der Reisekostenordnung der Sächsischen Landesärztekammer vom 4. März 1996, zuletzt geändert durch Satzung vom 14. November 2001, in der jeweils geltenden Fassung; die Reisekostenordnung kann bei der Sächsischen Landesärztekammer, Schützenhöhe 16, 01099 Dresden, eingesehen werden. Angehörte Zeugen und Sachverständige sowie hinzugezogene Dolmetscher haben Anspruch auf Entschädigung in entsprechender Anwendung des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz – JVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Artikel 14 Abs. 5 des Gesetzes vom 22. März 2005 (BGBl. I S. 837, 855), in der jeweils geltenden Fassung.
(2) Für die Tätigkeiten der Kommission erhebt die Sächsische Landesärztekammer nach ihrer Gebührenordnung vom 15. März 1994 (Ärzteblatt Sachsen S. 270), zuletzt geändert durch Satzung vom 24. November 2004 (Ärzteblatt Sachsen S. 570), in der jeweils geltenden Fassung, Kosten (Gebühren und Auslagen) von der antragstellenden Einrichtung. Dies gilt unabhängig davon, ob die beabsichtigte Organübertragung durchgeführt wird.
§ 7
In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie zur Errichtung einer Kommission bei einer Lebendspende (KommTPGVO) vom 14. Dezember 1999 (SächsGVBl. 2000 S. 8) außer Kraft.
Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Dresden, den 7. November 2005
Der Landtagspräsident
Erich Iltgen
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Georg Milbradt
Die Staatsministerin für Soziales
Helma Orosz