Sächsisches Stiftungsgesetz
(SächsStiftG)
erlassen als Artikel 1 des Gesetzes zur Anpassung stiftungsrechtlicher Vorschriften
Vom 28. November 2023
Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2027
§ 1
Geltungsbereich
Dieses Gesetz gilt für alle rechtsfähigen Stiftungen des bürgerlichen Rechts und des öffentlichen Rechts, die ihren Sitz im Freistaat Sachsen haben, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.
§ 2
Stiftungen des öffentlichen Rechts
(1) Stiftungen des öffentlichen Rechts sind Stiftungen, die ausschließlich öffentliche Zwecke verfolgen und mit einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts in einem organisatorischen Zusammenhang stehen.
(2) Eine Stiftung des öffentlichen Rechts entsteht durch Gesetz, soweit in § 3 Absatz 2 nichts Abweichendes bestimmt ist.
(3) Die §§ 80 bis 82a, 83 bis 84c, 85, 85a, 86 bis 86h sowie 87 bis 87c des Bürgerlichen Gesetzbuches gelten entsprechend.1
§ 3
Kommunale Stiftungen
(1) Kommunale Stiftungen sind Stiftungen des bürgerlichen Rechts oder des öffentlichen Rechts, deren Zweck im Rahmen der jeweiligen kommunalen Aufgaben liegt und nicht wesentlich über den räumlichen Bereich einer kommunalen Gebietskörperschaft hinauswirkt und die von dieser kommunalen Gebietskörperschaft verwaltet werden.
(2) 1Kommunale Stiftungen des öffentlichen Rechts entstehen durch Satzungsbeschluss einer kommunalen Gebietskörperschaft und die Anerkennung der Stiftung durch die Stiftungsbehörde. 2Für die Anerkennung der Stiftung muss die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks aus den Erträgen des Stiftungsvermögens gesichert erscheinen.
(3) Die Vertretung und Verwaltung der kommunalen Stiftungen obliegt, soweit nicht durch Satzung etwas anderes bestimmt ist, den für die Vertretung und Verwaltung der kommunalen Gebietskörperschaft zuständigen Organen.
§ 4
Kirchliche Stiftungen
(1) Kirchliche Stiftungen im Sinne dieses Gesetzes sind Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, kirchliche Aufgaben zu erfüllen, und
- 1.
- von einer Kirche errichtet oder organisatorisch mit einer Kirche verbunden sind oder
- 2.
- in der Satzung der kirchlichen Aufsicht unterstellt sind.
(2) Die Anerkennung einer Stiftung als rechtsfähige kirchliche Stiftung, deren Aufhebung sowie deren Zusammenlegung mit einer anderen Stiftung obliegt der Stiftungsbehörde und bedarf der vorherigen Zustimmung der zuständigen Kirchenbehörde.
(3) 1Satzungsänderungen, die den Stiftungszweck berühren, bedürfen der Genehmigung der Stiftungsbehörde. 2Im Übrigen unterliegen kirchliche Stiftungen keiner staatlichen Aufsicht.
(4) Für kirchliche Stiftungen des öffentlichen Rechts gelten die kirchlichen Vorschriften und die Staatskirchenverträge.
(5) Die Bestimmungen über kirchliche Stiftungen gelten entsprechend für Stiftungen
- 1.
- jüdischer Religionsgemeinschaften und
- 2.
- anderer Religionsgemeinschaften,
die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind.
§ 5
Steuerbegünstigte Stiftungen
Steuerbegünstigte Stiftungen im Sinne dieses Gesetzes sind Stiftungen, die nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts des zweiten Teils der Abgabenordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), die zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2730) geändert worden ist, über steuerbegünstigte Zwecke ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen.
§ 6
Anerkennung
1Die Anerkennung einer Stiftung ist dem Antragsteller oder der Antragstellerin schriftlich mitzuteilen. 2Sie darf nicht mit Auflagen oder Bedingungen versehen werden.2
§ 7
Stiftungsverwaltung
(1) 1Das Grundstockvermögen ist ungeschmälert zu erhalten. 2Die Stiftungsbehörde kann auf Antrag der Stiftung eine zeitlich begrenzte Ausnahme von der Pflicht zur ungeschmälerten Erhaltung des Grundstockvermögens zulassen, wenn dadurch die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks nicht beeinträchtigt wird. 3In dem Antrag ist die Notwendigkeit und die Dauer der Inanspruchnahme sowie das in Anspruch genommene Grundstockvermögen darzulegen. 4Der Antrag soll auch Angaben darüber enthalten, auf welche Weise und in welchem Zeitraum der in Anspruch genommene Teil des Grundstockvermögens wieder zurückgeführt werden kann.
(2) Der Stiftungsvorstand ist verpflichtet, der Stiftungsbehörde folgende Änderungen unverzüglich mitzuteilen:
- 1.
- Anschrift der Stiftung,
- 2.
- Vertretungsberechtigungen, einschließlich der persönlichen Angaben wie Name, Vorname und Anschrift des oder der Vertretungsberechtigten sowie des Umfangs der Vertretungsberechtigung,
- 3.
- Vorsitz- und Stellvertreterfunktionen der Organe der Stiftung, einschließlich der persönlichen Angaben wie Name, Vorname und Anschrift, sowie
- 4.
- Zusammensetzung der Organe der Stiftung.
(3) 1Die Stiftung hat nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung Rechnung zu führen. 2Innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres ist der Vorstand verpflichtet, der Stiftungsbehörde einen Nachweis über die Erfüllung des Stiftungszwecks (Tätigkeitsbericht) und einen Rechnungsabschluss, bestehend aus einem Nachweis über die wertmäßige Erhaltung des Grundstockvermögens und die satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel, zu erbringen. 3Die Stiftungsbehörde kann anstelle eines Rechnungsabschlusses auf Kosten der Stiftung bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall auch die Vorlage eines Prüfungsberichts nach Satz 4 verlangen. 4Nicht steuerbegünstigte Stiftungen erbringen die Nachweise nach Satz 2 durch einen Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks und den Prüfungsbericht einer verwaltungseigenen Stelle der staatlichen Rechnungsprüfung, einer Wirtschaftsprüferin oder eines Wirtschaftsprüfers, eines Prüfungsverbands oder einer anderen zur Erteilung eines gleichwertigen Bestätigungsvermerks befugten Person oder Gesellschaft. 5Im Einzelfall kann die Stiftungsbehörde auf Antrag oder von Amts wegen Ausnahmen von der jährlichen Vorlagepflicht zulassen.
§ 8
Satzungsänderung
Im Falle einer Satzungsänderung hat eine bisher steuerbegünstigte Stiftung der Stiftungsbehörde auf Verlangen eine Bestätigung des zuständigen Finanzamtes vorzulegen, dass durch die Satzungsänderung die Steuerbegünstigung der Stiftung nicht beeinträchtigt wird.
§ 9
Vermögensanfall
Ist für den Fall der Auflösung oder Aufhebung einer Stiftung im Stiftungsgeschäft oder in der Satzung weder ein Anfallberechtigter oder eine Anfallberechtigte bestimmt noch einem Stiftungsorgan die Bestimmung des oder der Anfallberechtigten übertragen, fällt das Vermögen
- 1.
- einer kommunalen Stiftung an die kommunale Gebietskörperschaft,
- 2.
- einer kirchlichen Stiftung an die Kirche, die die Stiftung errichtet hat oder mit der die Stiftung organisatorisch verbunden ist, oder an die aufsichtsführende Kirche,
- 3.
- aller anderen Stiftungen an den Freistaat Sachsen.
§ 10
Stiftungsbehörden
(1) 1Stiftungsbehörde ist die Landesdirektion Sachsen. 2Oberste Stiftungsbehörde ist das Staatsministerium des Innern.
(2) Ist der Freistaat Sachsen Stifter oder Mitstifter einer Stiftung des bürgerlichen Rechts, kann durch Rechtsverordnung der Staatsregierung im Einzelfall das Staatsministerium, in dessen Geschäftsbereich der Zweck der Stiftung überwiegend fällt, abweichend von Absatz 1 zur alleinigen Stiftungsbehörde bestimmt werden.
(3) 1Die Stiftungsbehörde nimmt die Stiftungsaufsicht wahr. 2Sie ist zuständige Behörde im Sinne der §§ 80 bis 88 des Bürgerlichen Gesetzbuches, auch in Verbindung mit § 2 Absatz 3.
§ 11
Stiftungsaufsicht
(1) 1Die Stiftungen stehen unter der Rechtsaufsicht des Freistaates Sachsen (Stiftungsaufsicht), kirchliche Stiftungen nach Maßgabe des § 4 Absatz 2 und 3 Satz 1. 2Stiftungen des bürgerlichen Rechts, die keine steuerbegünstigten Zwecke gemäß § 5 verfolgen, unterliegen nur insoweit der Stiftungsaufsicht, als sicherzustellen ist, dass ihre Betätigung nicht gesetzlich geschützten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. 3Gesetzliche Anerkennungs- und Genehmigungspflichten bleiben unberührt.
(2) 1Die Stiftungsbehörde kann sich über die Angelegenheiten der Stiftung unterrichten. 2Sie kann insbesondere Anstalten und Einrichtungen der Stiftung besichtigen, die Geschäfts- und Kassenführung prüfen oder auf Kosten der Stiftung prüfen lassen sowie die Vorlage von Berichten und Akten innerhalb einer angemessenen Frist verlangen.
(3) Die Stiftungsbehörde kann Beschlüsse und sonstige Maßnahmen der Stiftungsorgane, die gegen ein Gesetz, den Stiftungszweck oder die Stiftungssatzung verstoßen, beanstanden und verlangen, dass sie innerhalb einer angemessenen Frist aufgehoben, abgeändert oder rückgängig gemacht werden.
(4) Kommt die Stiftung einer Anordnung der Stiftungsbehörde nach den Absätzen 2 oder 3 nicht innerhalb der bestimmten Frist nach, kann die Stiftungsbehörde auf Kosten der Stiftung die Anordnung selbst durchführen oder einen Dritten hiermit beauftragen.
(5) 1Hat sich ein Mitglied eines Stiftungsorgans einer groben Pflichtverletzung schuldig gemacht oder ist es zu einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung unfähig, kann die Stiftungsbehörde die Abberufung dieses Mitglieds und die Berufung eines anderen anordnen. 2Sie kann dem Mitglied die Geschäftsführung einstweilen oder dauerhaft untersagen.
(6) Ist die Stiftung zur Abberufung des Mitglieds nicht in der Lage oder kommt sie innerhalb einer angemessenen Frist dem Verlangen der Stiftungsbehörde nach Absatz 5 Satz 1 nicht nach, kann die Stiftungsbehörde das Mitglied abberufen und ein anderes an seiner Stelle berufen.
§ 12
Stiftungsakte
(1) 1Die Stiftungsbehörde führt für jede Stiftung eine Akte. 2Zu dieser Akte gehören alle Unterlagen des Anerkennungsverfahrens, der Satzungsänderungsverfahren sowie der Aufsichtsführung einschließlich der behördlichen Beratung. 3Die Stiftungsakte ist bis zehn Jahre nach Erlöschen der Stiftung aufzubewahren. 4Die Frist beginnt mit Abschluss des Liquidationsverfahrens.
(2) 1Abweichend von Absatz 1 Satz 3 sind die Unterlagen der Jahresabrechnungsprüfung und zur Zusammensetzung der Stiftungsorgane 30 Jahre aufzubewahren. 2Die Frist beginnt mit Abschluss der Prüfung durch die Stiftungsbehörde. 3Soweit die Stiftung während dieser Frist erlischt, gilt für die Aufbewahrung der Unterlagen die Frist nach Absatz 1 Satz 3.
§ 13
Informationsrechte
Über die Einsichtnahme in öffentlich zugängliche Register und Verzeichnisse hinausgehende Informationsrechte, insbesondere zu behördlichen Unterlagen über die Anerkennung und Beaufsichtigung einzelner Stiftungen, bestehen nicht.3
§ 14
Kosten
Die gesetzlichen Verfahren der Anerkennung, der Genehmigung, der behördlichen Zulegung oder Zusammenlegung, der Auflösung oder Aufhebung sowie der Befreiung von der jährlichen Vorlagepflicht nach § 7 Absatz 3 sind für steuerbegünstigte Stiftungen kostenfrei.4
§ 15
Einschränkung von Grundrechten
Durch Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes kann das Recht auf Datenschutz (Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) eingeschränkt werden.
§ 16
Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder grob fahrlässig
- 1.
- entgegen § 7 Absatz 2 Nummer 2 und 4 Änderungen der Vertretungsberechtigungen und der Zusammensetzung der Organe nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht rechtzeitig mitteilt,
- 2.
- entgegen § 7 Absatz 3 den Rechnungsabschluss, den Tätigkeitsbericht oder den Prüfungsbericht nicht, nicht vollständig, nicht rechtzeitig oder nicht in der vorgeschriebenen Weise vorlegt,
- 3.
- entgegen § 11 Absatz 2 auf Verlangen Auskünfte nicht, nicht vollständig, nicht richtig oder nicht rechtzeitig erteilt oder Geschäfts- und Kassenbücher, Akten und sonstige Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Einsichtnahme vorlegt,
- 4.
- eine nach § 11 Absatz 3 beanstandete Maßnahme vollzieht oder
- 5.
- gegen eine vollziehbare Untersagung der Geschäftstätigkeit nach § 11 Absatz 5 Satz 2 verstößt.
(2) Absatz 1 findet auf kirchliche Stiftungen und auf Stiftungen des öffentlichen Rechts keine Anwendung.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu zweitausendfünfhundert Euro geahndet werden.
(4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die Stiftungsbehörde.
§ 17
Übergangsbestimmungen
(1) 1Bestehende Stiftungen, die eine den zwingenden Vorschriften der §§ 80 bis 88 des Bürgerlichen Gesetzbuches, auch in Verbindung mit § 2 Absatz 3, oder dieses Gesetzes nicht entsprechende Satzung haben, sind verpflichtet, innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes der zuständigen Stiftungsbehörde eine Satzung vorzulegen, die mit den zwingenden Vorschriften übereinstimmt. 2Die Satzung bedarf der Genehmigung der Stiftungsbehörde.
(2) Stiftungsrechtliche Aufgaben nach den §§ 80 bis 88 des Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit dem Gesetz über die Bildung und Tätigkeit von Stiftungen (Stiftungsgesetz) vom 13. September 1990 (GBl. DDR I Nr. 61 S. 1483) in der am 1. Mai 1998 geltenden Fassung, die eine Behörde vor dem 1. September 2007 wahrgenommen hat, ohne dafür sachlich zuständig zu sein, gelten als von der zuständigen Behörde wahrgenommen.
(3) 1Bestehen Zweifel über die Rechtsform einer Stiftung, die für sie geltende Satzung oder die Stiftungsverwaltung, entscheidet darüber die Stiftungsbehörde. 2Sie kann der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder die Stiftung aufheben.