Gesetz
über den Schutz der Versammlungsfreiheit
im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Versammlungsgesetz – SächsVersG)

erlassen als Artikel 1 des Gesetzes zur Änderung versammlungs- und polizeirechtlicher Vorschriften

Vom 22. Juli 2024

Abschnitt 1
Allgemeine Regelungen

§ 1
Versammlungsfreiheit

(1) Jede Person hat das Recht, sich ohne Erlaubnis und vorbehaltlich des § 14 ohne Anzeige oder Anmeldung friedlich sowie ohne Waffen mit anderen zu versammeln und Versammlungen zu veranstalten.

(2) Dieses Recht hat nicht, wer das Grundrecht der Versammlungsfreiheit gemäß Artikel 18 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verwirkt hat.

§ 2
Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich

(1) 1Versammlung im Sinne dieses Gesetzes ist eine örtliche Zusammenkunft von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung. 2Aufzug ist eine sich fortbewegende Versammlung. 3Gottesdienste, kirchliche Prozessionen, Bittgänge und Wallfahrten sind insoweit keine Versammlungen im Sinne dieses Gesetzes.

(2) Eine Versammlung ist öffentlich, wenn die Teilnahme nicht auf einen individuell bestimmten Personenkreis beschränkt ist oder die Versammlung auf eine Kundgebung an die Öffentlichkeit gerichtet ist.

(3) Soweit nichts anderes bestimmt ist, gilt dieses Gesetz sowohl für öffentliche als auch für nichtöffentliche Versammlungen.

§ 3
Schutzaufgabe und Kooperation

(1) Aufgabe der zuständigen Behörde ist es,

1.
auf eine Kooperation nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 hinzuwirken,
2.
die Durchführung der Versammlung vor Störungen zu schützen,
3.
von Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern oder von Dritten ausgehende und auf die Versammlung wirkende Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren,
4.
die freie Berichterstattung der Medien bei Versammlungen zu schützen; dies gilt insbesondere für Presseangehörige, die sich gegenüber der zuständigen Behörde zu erkennen gegeben und ausgewiesen haben.

(2) 1Soweit es nach Art und Umfang der Versammlung erforderlich erscheint, hat die zuständige Behörde der Person, die eine öffentliche Versammlung veranstaltet, oder der die Leitung übertragen worden ist, rechtzeitig ein Kooperationsgespräch anzubieten. 2Im Rahmen eines solchen Gesprächs sind die Gefahrenlage sowie alle sonstigen Umstände zu erörtern, die für die Durchführung der Versammlung wesentlich sind. 3Die zuständige Behörde unterrichtet die Veranstalterin oder den Veranstalter im Kooperationsgespräch darüber, ob Angehörige des Polizeivollzugsdienstes bei der Versammlung anwesend sind.

(3) 1Der Veranstalterin oder dem Veranstalter obliegt es, die zuständige Behörde im Rahmen der Kooperation, aber auch sonst im Verfahren über die Umstände, die für eine ordnungsgemäße Durchführung der Versammlung wesentlich sind, vollständig zu unterrichten (Obliegenheit). 2Die Veranstalterin oder der Veranstalter ist zur Mitwirkung nicht rechtlich verpflichtet. 3Die zuständige Behörde berücksichtigt das Maß der Erfüllung dieser Obliegenheit im Rahmen der Gefahrenprognose für die Versammlung.

(4) 1Bestehen Anhaltspunkte für Umstände, die gemäß § 17 oder § 22 zu einem Verbot oder zu Beschränkungen führen können, gibt die zuständige Behörde der Veranstalterin oder dem Veranstalter die Gelegenheit, durch ergänzende Angaben oder Veränderungen der beabsichtigten Versammlung ein Verbot oder Beschränkungen soweit wie möglich abzuwenden. 2Die zuständige Behörde kann der Veranstalterin oder dem Veranstalter aufgeben, ihr Informationen und Unterlagen innerhalb einer Frist zur Verfügung zu stellen.

(5) Im Rahmen der Kooperation informiert die zuständige Behörde die Veranstalterin oder den Veranstalter, während der Versammlung die Versammlungsleitung, über erhebliche Änderungen der Gefahrenlage, soweit das nach Art und Umfang der Versammlung möglich ist.

(6) Die Absätze 1 bis 5 gelten auch während der Durchführung von Versammlungen.

(7) Die Absätze 1 bis 6 gelten auch für Eil- und Spontanversammlungen gemäß § 14 Absatz 6 und 7, soweit sie mit den Eigenheiten dieser Versammlungsarten vereinbar sind.

§ 4
Veranstalterin oder Veranstalter einer Versammlung, Einladung und Aufruf

(1) 1Wer zu einer Versammlung einlädt oder aufruft oder eine Versammlung bei der zuständigen Behörde nach § 14 anzeigt, ist Veranstalterin oder Veranstalter einer Versammlung. 2Die bloße Weiterverbreitung eines Aufrufs begründet keine Veranstalterinnen- oder Veranstaltereigenschaft.

(2) 1Die Einladung oder der Aufruf zu einer Versammlung enthält die Mitteilung von Ort, Zeit und Thema der Versammlung und ist an einen bestimmten oder unbestimmten Personenkreis gerichtet. 2In der Einladung oder dem Aufruf zu einer öffentlichen Versammlung soll der Name der Veranstalterin oder des Veranstalters angegeben werden.

§ 5
Versammlungsleitung

(1) Jede öffentliche Versammlung soll eine Versammlungsleiterin oder einen Versammlungsleiter (Versammlungsleitung) haben.

(2) 1Wer eine Versammlung veranstaltet, leitet diese. 2Die Veranstalterin oder der Veranstalter kann die Versammlungsleitung einer natürlichen Person übertragen, die nicht Veranstalterin oder Veranstalter ist. 3Veranstalten mehrere Personen eine Versammlung, bestimmen diese die Versammlungsleitung. 4Veranstaltet eine Vereinigung eine Versammlung, so wird sie von der Person geleitet, die für die Vereinigung handlungsbefugt ist, soweit die für die Vereinigung handlungsbefugte Person gegenüber der zuständigen Behörde keine andere Person benannt hat.

(3) Besteht keine Versammlungsleitung, kann von den Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmern jederzeit eine Versammlungsleitung bestimmt werden.

(4) 1Ist keine Versammlungsleitung bestimmt oder feststellbar, trifft die zuständige Behörde die zur Durchführung der Versammlung sowie zur Wahrung der Rechte Dritter gemäß § 17 Absatz 1 erforderlichen Maßnahmen. 2Dabei kommen der Behörde keine Rechte oder Pflichten aus § 6 zu.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Versammlungsleitung gelten für nichtöffentliche Versammlungen nur, wenn eine Versammlungsleitung bestimmt ist.

§ 6
Pflichten und Befugnisse der Versammlungsleitung, Ordnungskräfte

(1) 1Die Versammlungsleitung sorgt für den ordnungsgemäßen Ablauf der Versammlung und wirkt im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf deren Friedlichkeit hin. 2Sie darf die Versammlung jederzeit unterbrechen oder beenden.

(2) 1Die Versammlungsleitung kann sich der Hilfe von ehrenamtlichen Ordnerinnen und Ordnern (Ordnungskräfte) bedienen. 2Die Versammlungsleitung teilt dem Polizeivollzugsdienst rechtzeitig vor Beginn der Versammlung die Zahl der eingesetzten Ordnungskräfte mit. 3Die Ordnungskräfte müssen bei Versammlungen unter freiem Himmel durch weiße Armbinden mit der gut sichtbaren Bezeichnung „Ordnerin“ oder „Ordner“ kenntlich gemacht sein. 4Sie müssen mindestens 16 Jahre alt sein; die zuständige Behörde kann hiervon Ausnahmen zulassen oder anordnen. 5Die für Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Versammlung geltenden Vorschriften dieses Gesetzes gelten auch für die Ordnungskräfte.

(3) Die zuständige Behörde kann der Versammlungsleitung aufgeben, Ordnungskräfte einzusetzen oder die Anzahl der Ordnungskräfte zu erhöhen, wenn ohne den Einsatz oder die Erhöhung der Anzahl eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu besorgen ist.

§ 7
Pflichten der Versammlungsteilnehmerinnen und -teilnehmer und der weiteren anwesenden Personen

(1) Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Versammlung haben die zur Aufrechterhaltung der Ordnung getroffenen Anweisungen der Versammlungsleitung sowie der Ordnungskräfte zu befolgen.

(2) Wer aus der Versammlung ausgeschlossen ist oder wem die Anwesenheit in der Versammlung untersagt ist, hat sich unverzüglich zu entfernen.

(3) Sobald eine Versammlung aufgelöst ist, haben alle anwesenden Personen sich unverzüglich zu entfernen.

(4) Es ist verboten, anstelle der aufgelösten Versammlung eine Ersatzversammlung durchzuführen.

§ 8
Störungsverbot

(1) Es ist verboten, eine Versammlung mit dem Ziel zu stören, deren Durchführung erheblich zu behindern oder zu vereiteln.

(2) Es ist insbesondere verboten,

1.
in der Absicht, eine nicht verbotene Versammlung zu verhindern, zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vorzunehmen oder anzudrohen oder grobe Störungen zu verursachen oder
2.
bei einer öffentlichen Versammlung der Versammlungsleiterin oder dem Versammlungsleiter oder den Ordnungskräften bei der rechtmäßigen Erfüllung ihrer Ordnungsaufgaben mit Gewalt oder Drohung mit Gewalt Widerstand zu leisten oder sie währenddessen tätlich anzugreifen.

§ 9
Waffenverbot

(1) Es ist verboten, bei Versammlungen oder auf dem Weg zu oder von Versammlungen

1.
Waffen mit sich zu führen, zu Versammlungen hinzuschaffen oder sie zur Verwendung bei Versammlungen bereitzuhalten oder zu verteilen,
2.
sonstige Gegenstände mit sich zu führen, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder zur Herbeiführung erheblicher Schäden an Sachen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, oder diese Gegenstände zu Versammlungen hinzuschaffen oder sie zur Verwendung bei Versammlungen bereitzuhalten oder zu verteilen.

(2) Die zuständige Behörde kann zur Durchsetzung des Verbots gemäß Absatz 1 Nummer 2 Anordnungen erlassen, in denen sie gegenüber der Veranstalterin, dem Veranstalter, der Versammlungsleiterin, dem Versammlungsleiter, Versammlungsteilnehmerinnen, Versammlungsteilnehmern oder Personen, die sich auf dem Weg zu oder von Versammlungen befinden, die vom Verbot erfassten sonstigen Gegenstände bezeichnet.

§ 10
Uniformierungs- und Militanzverbot

(1) Es ist verboten, in einer Versammlung durch das Tragen von Uniformen oder Uniformteilen oder von sonst ein einheitliches Erscheinungsbild vermittelnden Kleidungsstücken in einer Art und Weise aufzutreten, die den Eindruck der Gewaltbereitschaft vermittelt und eine einschüchternde Wirkung erzeugt.

(2) Die zuständige Behörde kann zur Durchsetzung des Verbots Anordnungen treffen, in denen sie die vom Verbot erfassten Gegenstände und Verhaltensweisen bezeichnet.

§ 11
Bild- und Tonaufzeichnungen, Übersichtsbildübertragungen

(1) 1Der Polizeivollzugsdienst darf Bild- und Tonaufzeichnungen von einer Person bei oder im Zusammenhang mit einer öffentlichen Versammlung nur offen und nur dann anfertigen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass von der Person eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit bei oder im Zusammenhang mit der Versammlung ausgeht. 2Die Aufzeichnungen dürfen auch angefertigt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.

(2) 1Der Polizeivollzugsdienst darf Übersichtsbildübertragungen von öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel und ihrem Umfeld nur offen und nur dann vornehmen, soweit dies wegen der Größe der Versammlung oder der Unübersichtlichkeit der Versammlungslage zur Lenkung und Leitung eines Polizeieinsatzes erforderlich ist. 2Eine Identifikation von Personen oder eine Aufzeichnung der Übertragung findet nicht statt. 3Die Versammlungsleitung ist über die Übersichtsbildübertragungen unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(3) 1Die nach Absatz 1 angefertigten Bild- und Tonaufzeichnungen sind nach Beendigung der Versammlung unverzüglich auszuwerten. 2Soweit sie im Ergebnis der Auswertung nicht benötigt werden zur Verfolgung von Straftaten bei oder im Zusammenhang mit der Versammlung, sind sie unverzüglich zu löschen.

(4) 1Soweit Aufzeichnungen zur polizeilichen Aus- und Fortbildung benötigt werden, ist hierzu eine eigene Fassung herzustellen, die eine Identifizierung der darauf abgebildeten Personen unumkehrbar ausschließt. 2Diese Fassung darf nicht für andere Zwecke genutzt werden.

(5) 1Die Gründe für die Anfertigung von Bild- und Tonaufzeichnungen nach Absatz 1 und für ihre Verwendung nach Absatz 3, die Löschung der Aufzeichnungen sowie die unumkehrbare Anonymisierung gemäß Absatz 4 Satz 1 sind zu dokumentieren. 2Werden Aufzeichnungen nach Absatz 4 Satz 1 hergestellt, sind die Notwendigkeit für die polizeiliche Aus- und Fortbildung, die Anzahl der hergestellten Fassungen sowie der Ort der Aufbewahrung zu dokumentieren.

(6) Die Befugnisse zur Erhebung personenbezogener Daten nach Maßgabe der Strafprozeßordnung und des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten bleiben unberührt.

§ 12
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) 1Eine Beschränkung, ein Verbot oder eine Auflösung einer Versammlung sowie eine Maßnahme gegen Versammlungsteilnehmerinnen oder -teilnehmer sowie gegen Dritte darf nur unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen. 2§ 3 Absatz 4 Satz 1 ist zu beachten.

(2) Eine Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 ist geeignet, wenn anzunehmen ist, dass sie den erstrebten Erfolg herbeiführt oder zumindest fördert.

(3) 1Von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 1 hat die zuständige Behörde die Maßnahme mit der geringsten Eingriffsintensität zu ergreifen. 2Vor jeder Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1, insbesondere dem Verbot und der Auflösung einer Versammlung und vor dem Ausschluss einer Person aus der Versammlung, ist zu prüfen, ob die Gefahr nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen abgewehrt werden kann. 3Als Maßnahmen dieser Art kommen zum Beispiel örtliche Beschränkungen einschließlich der Regelung von Streckenverläufen bei Aufzügen oder die Sicherstellung von Gegenständen in Frage.

(4) 1Eine Maßnahme nach Absatz 1 Satz 1 muss angemessen sein. 2Sie darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem angestrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht.

§ 13
Ergänzend anwendbare Bestimmungen

(1) Soweit dieses Gesetz die Abwehr von versammlungsspezifischen Gefahren gegenüber einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht regelt, sind Maßnahmen gegen sie nach dem Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetz vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358), das durch das Gesetz vom 5. Juli 2024 (SächsGVBl. 595) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und dem Sächsischen Polizeibehördengesetz vom 11. Mai 2019 (SächsGVBl. S. 358, 389), das durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. Juli 2024 (SächsGVBl. S. 724) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung zulässig, wenn von ihnen nach den zum Zeitpunkt der Maßnahme erkennbaren Umständen vor oder bei der Durchführung der Versammlung oder im Anschluss an sie eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.

(2) Andere die Gefahrenabwehr regelnde Vorschriften sind unter Berücksichtigung des versammlungsrechtlichen Schutzbereichs anwendbar, soweit diese die Abwehr nicht versammlungsspezifischer Gefahren betreffen.

Abschnitt 2
Versammlungen unter freiem Himmel

§ 14
Anzeige

(1) Wer eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel veranstalten will, hat dies der zuständigen Behörde mindestens 48 Stunden vor der Einladung oder dem Aufruf zur Teilnahme schriftlich, elektronisch, mündlich oder zur Niederschrift anzuzeigen.

(2) In der Anzeige sind anzugeben

1.
der Ort der Versammlung,
2.
bei Aufzügen auch der beabsichtigte Streckenverlauf,
3.
der Zeitpunkt des beabsichtigten Beginns,
4.
das Thema der Versammlung,
5.
die geplanten Kundgebungsmittel,
6.
die erwartete Teilnehmerzahl,
7.
der Name, die Anschrift und entweder die E-Mail-Adresse oder die Telefonnummer der anzeigenden Person und, sofern eine solche bestimmt ist, der Person, welche die Versammlung leiten soll.

(3) Wird die Versammlungsleitung erst später bestimmt, hat die Veranstalterin oder der Veranstalter der zuständigen Behörde die Daten gemäß Absatz 2 Nummer 7 unverzüglich mitzuteilen.

(4) Bedient sich die Versammlungsleitung der Hilfe von Ordnungskräften, ist der zuständigen Behörde deren Einsatz unter Angabe der Zahl der dafür voraussichtlich eingesetzten Personen mitzuteilen.

(5) Die Veranstalterin oder der Veranstalter hat der zuständigen Behörde wesentliche Änderungen der Angaben nach den Absätzen 2 bis 4 unverzüglich mitzuteilen.

(6) Entsteht der Anlass für eine geplante Versammlung kurzfristig (Eilversammlung) und wäre bei Einhaltung der in Absatz 1 genannten Frist der Versammlungszweck gefährdet, ist die Versammlung spätestens mit der Einladung oder dem Aufruf anzuzeigen.

(7) Die Anzeigepflicht entfällt, wenn sich die Versammlung aus einem unmittelbaren Anlass ungeplant entwickelt (Spontanversammlung).

§ 15
Erlaubnisfreiheit, Ablehnung des Versammlungsortes

(1) Für eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel und die hierfür erforderliche Infrastruktur, die dem direkten oder akzessorischen Schutz der Versammlungsfreiheit unterliegt, sind keine behördlichen Erlaubnisse erforderlich, die sich auf die Benutzung der öffentlichen Verkehrsflächen beziehen.

(2) Die Versammlungsfreiheit begründet kein Zutritts- oder Nutzungsrecht in Bezug auf Flächen, Anlagen und Einrichtungen, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich oder nur zu bestimmten Widmungszwecken eingeschränkt nutzbar sind.

(3) 1Auf Flächen von Grundstücken in Privateigentum, die dem allgemeinen Publikum zum kommunikativen Verkehr geöffnet sind, können öffentliche Versammlungen auch ohne die Zustimmung der Eigentümerin, des Eigentümers oder der oder des Nutzungsberechtigten durchgeführt werden. 2Die Interessen der Versammlungsbeteiligten und der privaten Eigentümerinnen und Eigentümer sollen bestmöglich in Ausgleich gebracht werden. 3Die Eigentümerin, der Eigentümer oder die oder der Nutzungsberechtigte sollen von der zuständigen Behörde in die Kooperation gemäß § 3 Absatz 2 bis 5 einbezogen werden. 4Die Bedeutung des Ortes für das Anliegen der Versammlung, das Hausrecht sowie Art und Ausmaß der Belastung der Eigentümerinnen und Eigentümer sind zu berücksichtigen. 5Der zuständigen Behörde obliegt die Abwägung der widerstreitenden Interessen. 6Wenn nach Abwägung die Eigentums- und Nutzungsinteressen überwiegen und die Versammlung auf der betreffenden Fläche nicht stattfinden darf, hat die zuständige Behörde der Veranstalterin oder dem Veranstalter für die Durchführung der Versammlung einen anderen Ort anzubieten.

§ 16
Befugnisse hinsichtlich der Ordnungskräfte

(1) Wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte zu besorgen ist, dass von einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht und die Eignung der Ordnungskräfte erforderlich ist, um die Verwirklichung der Gefahr zu verhindern, hat die Veranstalterin oder der Veranstalter der zuständigen Behörde auf deren Aufforderung hin Namen und Geburtsdaten der vorgesehenen Ordnungskräfte mitzuteilen.

(2) 1Im Rahmen der Gefahrenprognose trifft die zuständige Behörde auch eine Einschätzung darüber, ob die für den Einsatz als Ordnungskräfte vorgesehenen Personen die für die Wahrnehmung der ihnen obliegenden Aufgaben, die Versammlungsleiterin oder den Versammlungsleiter bei der Durchführung der Versammlung zu unterstützen und einen geordneten Ablauf der Versammlung zu ermöglichen, geeignet sind. 2Anhaltspunkte für eine Ungeeignetheit der Person liegen insbesondere vor, wenn

1.
sie wegen Straftaten nach dem Versammlungsgesetz, nach § 86a, § 89a, § 89b, § 89c, §§ 114 bis 115, § 125, § 125a, § 129a, § 130, §§ 211 bis 213, § 244 oder § 244a des Strafgesetzbuches verurteilt wurde und die Verurteilung noch nicht länger als fünf Jahre zurückliegt, oder
2.
sonstige tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass die Person keine ausreichende Gewähr dafür bietet, ihre Aufgaben als Ordnungskraft ordnungsgemäß auszuüben, und dadurch die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.

(3) 1Die zuständige Behörde übermittelt bei Versammlungen gemäß Absatz 1 die Namen und Geburtsdaten der vorgesehenen Ordnungskräfte an den Polizeivollzugsdienst mit dem Ersuchen um Mitteilung der dort vorliegenden Erkenntnisse, soweit dies für die Beurteilung der Eignung gemäß Absatz 2 erforderlich ist. 2Der Polizeivollzugsdienst hat diese Erkenntnisse der zuständigen Behörde zu übermitteln, soweit keine Übermittlungshindernisse vorliegen.

(4) 1Schätzt die zuständige Behörde die als Ordnungskraft vorgesehene Person als ungeeignet ein, kann sie deren Einsatz ablehnen. 2Im Fall der Ablehnung muss die Veranstalterin oder der Veranstalter Ersatzordnungskräfte benennen.

(5) Die zuständige Behörde übermittelt dem Polizeivollzugsdienst vor einer Versammlung gemäß Absatz 1 die Namen und Geburtsdaten der zugelassenen und abgelehnten Ordnungskräfte.

(6) 1Zum Zweck der Überprüfung, ob die eingesetzten Ordnungskräfte zugelassen worden sind, kann der Polizeivollzugsdienst vor Beginn der Versammlung gemäß Absatz 1 die Namen und Geburtsdaten der eingesetzten Ordnungskräfte erheben und mit den entsprechenden Daten der hierfür zugelassenen Personen vergleichen. 2Abgelehnte Ordnungskräfte sind vom Polizeivollzugsdienst von dieser Funktion auszuschließen.

§ 17
Beschränkungen, Verbot, Auflösung, Maßnahmen gegen Dritte

(1) 1Die zuständige Behörde kann die Durchführung einer Versammlung unter freiem Himmel beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügungen erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist oder Grundrechte Dritter unzumutbar beeinträchtigt werden. 2Aufgrund einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Ordnung kann eine Versammlung im Sinne des Satz 1 nur beschränkt werden.

(2) Eine Versammlung kann insbesondere beschränkt oder verboten werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen

1.
die unmittelbare Gefahr besteht, dass in der Versammlung in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
a)
gegen eine nationale, durch rassistische Zuschreibung beschriebene, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufgestachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert wird, oder
b)
die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen wird, dass eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder ein Einzelner wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird,
2.
die unmittelbare Gefahr besteht, dass in der Versammlung in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören und die Würde der Opfer des Nationalsozialismus zu verletzen, die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht, gerechtfertigt oder verharmlost wird, auch durch das Gedenken an führende Repräsentanten des Nationalsozialismus, oder
3.
die unmittelbare Gefahr besteht, dass in der Versammlung in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, die Würde der Opfer der kommunistischen Gewalt- und Willkürherrschaft während der sowjetischen Besatzung auf dem Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik oder der SED-Diktatur in strafbarer Weise verletzt wird.

(3) Nach Versammlungsbeginn kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder auflösen, wenn die Voraussetzungen für eine Beschränkung oder ein Verbot nach Absatz 1 oder 2 vorliegen.

(4) 1Geht im Zusammenhang mit der Durchführung einer Versammlung für diese eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung von Dritten aus, sind Maßnahmen der Gefahrenabwehr gegen diese zu richten. 2Kann diese Gefahr auch unter Heranziehung von landes- oder bundesweit verfügbaren Polizeikräften nicht abgewehrt werden, dürfen Maßnahmen nach den Absätzen 1 bis 3 auch zulasten der Versammlung ergriffen werden. 3Ein Verbot oder die Auflösung dieser Versammlung setzt eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Personen oder für Sachgüter von erheblichem Wert voraus.

(5) Es ist verboten, öffentlich, in einer öffentlichen oder nichtöffentlichen Versammlung, im Internet oder durch Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Darstellungen zur Teilnahme an einer Versammlung oder einer Ersatzversammlung aufzurufen, deren Durchführung vollziehbar verboten oder deren Auflösung vollziehbar angeordnet worden ist.

§ 18
Untersagung der Teilnahme oder Anwesenheit und Ausschluss von Personen

(1) Die zuständige Behörde kann einer Person die Anwesenheit in oder die Teilnahme an einer Versammlung unter freiem Himmel vor deren Beginn untersagen, wenn von der Person nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.

(2) Wer durch sein Verhalten in der Versammlung die öffentliche Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet, ohne dass die Versammlungsleitung dies unterbindet, oder wer gegen § 9 Absatz 1 Nummer 1 verstößt oder einer Anordnung nach § 9 Absatz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Nummer 2, § 10 Absatz 2 oder § 19 Absatz 3 zuwiderhandelt, kann von der zuständigen Behörde aus der Versammlung ausgeschlossen werden.

§ 19
Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbot

(1) Es ist verboten, bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin Gegenstände, die als Schutzausrüstung geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren, mit sich zu führen.

(2) Es ist auch verboten,

1.
an öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel in einer Aufmachung teilzunehmen, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern oder den Weg dorthin in einer solchen Aufmachung zurückzulegen,
2.
bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin Gegenstände mit sich zu führen, die geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, die Feststellung der Identität zu verhindern.

(3) 1Die zuständige Behörde kann zur Durchsetzung der Verbote der Absätze 1 und 2 gegenüber der Veranstalterin, dem Veranstalter, der Versammlungsleiterin, dem Ver-sammlungsleiter, Versammlungsteilnehmerinnen und Versammlungsteilnehmern oder sonstigen Personen, die sich auf dem Weg zu der Versammlung befinden, Anordnungen treffen, in denen die vom Verbot erfassten Gegenstände bezeichnet sind. 2Hierbei berücksichtigt sie die individuellen Schutzrechte der von der Anordnung Betroffenen.

Abschnitt 3
Versammlungen in geschlossenen Räumen

§ 20
Begriff

Eine Versammlung in geschlossenen Räumen liegt vor, wenn sie durch bauliche Anlagen oder sonstige Begrenzungen von der Allgemeinheit abgeschirmt ist und sie kein erhöhtes Gefährdungspotential für das räumliche Umfeld entfaltet.

§ 21
Einladung

(1) Wer eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen veranstaltet, darf in der Einladung bestimmte Personen oder Personenkreise von der Teilnahme ausschließen.

(2) 1Presseangehörige dürfen nicht ausgeschlossen werden. 2Sie haben sich gegenüber der Versammlungsleitung oder den Ordnungskräften als Presseangehörige auszuweisen.

§ 22
Beschränkungen, Verbot, Auflösung, Maßnahmen gegen Dritte

(1) Die zuständige Behörde kann die Durchführung einer Versammlung in geschlossenen Räumen beschränken, verbieten oder sie nach Versammlungsbeginn beschränken oder auflösen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügungen erkennbaren Umständen eine unmittelbare Gefahr besteht

1.
eines unfriedlichen Verlaufs der Versammlung,
2.
für Leben oder Gesundheit von Personen oder
3.
dafür, dass in der Versammlung Äußerungen oder Handlungen erfolgen, die ein Verbrechen oder ein von Amts wegen zu verfolgendes Vergehen darstellen.

(2) 1Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass von einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen eine unmittelbare Gefahr für die in Absatz 1 genannten Rechtsgüter ausgeht, dürfen Angehörige des Polizeivollzugsdienstes bei der Versammlung anwesend sein. 2Sie haben sich der Versammlungsleitung zu erkennen zu geben.

(3) 1Geht eine unmittelbare Gefahr für die in Absatz 1 genannten Rechtsgüter von Dritten aus, sind Maßnahmen der Gefahrenabwehr gegen diese zu richten. 2Kann diese Gefahr auch unter Heranziehung von landes- und bundesweit verfügbaren Polizeikräften nicht abgewehrt werden, dürfen Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 auch zulasten der Versammlung ergriffen werden.

(4) Soll eine Beschränkung oder ein Verbot ausgesprochen werden, ist die Verfügung nach Feststellung der Voraussetzungen, die diese rechtfertigen, unverzüglich bekannt zu geben.

(5) Die Bekanntgabe einer nach Versammlungsbeginn ergehenden Beschränkung oder einer Auflösung soll unter Angabe des Grundes der Maßnahme erfolgen.

(6) § 17 Absatz 5 gilt entsprechend.

§ 23
Untersagung der Teilnahme oder Anwesenheit und Ausschluss von Personen

(1) Die zuständige Behörde kann einer Person die Teilnahme an oder Anwesenheit in einer Versammlung in geschlossenen Räumen untersagen oder sie nach Beginn der Versammlung ausschließen, wenn von ihr nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung eine unmittelbare Gefahr im Sinne von § 22 Absatz 1 ausgeht.

(2) Die Versammlungsleitung kann Personen, die die Versammlung grob stören, aus der Versammlung ausschließen.

Abschnitt 4
Straf- und Bußgeldvorschriften, Einziehung, Kosten, aufschiebende Wirkung

§ 24
Straftaten

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
in der Absicht, nicht verbotene Versammlungen zu verhindern, zu sprengen oder sonst ihre Durchführung zu vereiteln, Gewalttätigkeiten vornimmt oder androht,
2.
eine nicht verbotene Versammlung in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise vereitelt; eine Vereitelung im Sinne dieser Vorschrift ist eine besonders schwere Beeinträchtigung des versammlungsrechtlichen Veranstaltungs- und Leitungsrechts, die dazu führt, dass die Durchführung der Versammlung nicht nur erheblich erschwert wird, sondern gemessen an dem Versammlungszweck und der Art ihrer geplanten Durchführung scheitert,
3.
bei Versammlungen Waffen entgegen § 9 Absatz 1 Nummer 1 oder sonstige Gegenstände entgegen § 9 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 2 mit sich führt,
4.
Waffen entgegen § 9 Absatz 1 Nummer 1 oder sonstige Gegenstände entgegen § 9 Absatz 1 Nummer 2 in Verbindung mit Absatz 2 auf dem Weg zu einer Versammlung oder im Anschluss an eine Versammlung mit sich führt, zu der Versammlung hinschafft oder sie zur Verwendung bei ihr bereithält oder verteilt oder wer bewaffnete Ordnungskräfte in öffentlichen Versammlungen einsetzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
während deren rechtmäßiger Ausübung von Ordnungsaufgaben gegen die Leitung einer Versammlung oder gegen die eingesetzten Ordnungskräfte Gewalt anwendet oder damit droht oder diese Personen tätlich angreift,
2.
öffentlich, in einer öffentlichen oder nichtöffentlichen Versammlung, im Internet oder durch Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern, Datenspeichern, Abbildungen oder anderen Darstellungen zur Teilnahme an einer Versammlung, deren Durchführung vollziehbar verboten oder deren Auflösung vollziehbar angeordnet worden ist, oder zu einer Ersatzversammlung aufruft,
3.
als Veranstalterin, Veranstalter, Versammlungsleiterin oder Versammlungsleiter eine öffentliche Versammlung trotz vollziehbaren Verbots durchführt oder trotz Auflösung oder Unterbrechung durch die Polizei fortsetzt,
4.
gegen eine Anordnung zur Durchsetzung des Uniformierungs- und Militanzverbots gemäß § 10 Absatz 2 oder zur Durchsetzung des Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbots gemäß § 19 Absatz 3 verstößt.

(3) Mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Veranstalterin, Veranstalter, Versammlungsleiterin oder Versammlungsleiter eine öffentliche Versammlung unter freiem Himmel wesentlich anders durchführt als in der Anzeige nach § 14 angegeben oder einer vollziehbaren beschränkenden Verfügung zuwiderhandelt und dadurch jeweils eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht.

§ 25
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
an einer öffentlichen Versammlung teilnimmt, deren Durchführung durch vollziehbares Verbot untersagt ist,
2.
sich trotz Auflösung einer öffentlichen Versammlung durch die zuständige Behörde nicht unverzüglich entfernt,
3.
trotz einer Anordnung, dies zu unterlassen, die Zufahrtswege zu einer Versammlung oder die für einen Aufzug vorgesehene Strecke blockiert oder die Versammlung auf andere Weise mit dem Ziel stört, deren Durchführung erheblich zu behindern,
4.
als Teilnehmerin oder Teilnehmer einer öffentlichen Versammlung unter freiem Himmel einer vollziehbaren Beschränkung nicht nachkommt oder einer im Verfahren des gerichtlichen Eilrechtsschutzes erfolgten Beschränkung der Ausübung des Versammlungsrechts zuwiderhandelt,
5.
ungeachtet einer gemäß § 18 Absatz 1 oder § 23 Absatz 1 ausgesprochenen Untersagung der Teilnahme an oder Anwesenheit in der Versammlung anwesend ist oder sich nach einem gemäß § 18 Absatz 2 oder gemäß § 23 Absatz 1 angeordneten Ausschluss aus der Versammlung nicht unverzüglich entfernt,
6.
als Versammlungsleiterin, Versammlungsleiter, Veranstalterin oder Veranstalter der Aufforderung des Polizeivollzugsdienstes, die Zahl der von ihr oder ihm bestellten Ordnungskräfte mitzuteilen, nicht nachkommt oder eine unrichtige Zahl mitteilt,
7.
der Aufforderung des Polizeivollzugsdienstes, Namen und Geburtsdaten der vorgesehenen Ordnungskräfte gemäß § 16 Absatz 6 in Verbindung mit Absatz 1 mitzuteilen, nicht nachkommt oder von der zuständigen Behörde gemäß § 16 Absatz 4 Satz 1 abgelehnte Personen als Ordnungskräfte einsetzt,
8.
als Versammlungsleiterin oder Versammlungsleiter den in eine öffentliche Versammlung in geschlossenen Räumen entsandten Polizeivollzugskräften die Anwesenheit verweigert,
9.
Presseangehörige entgegen § 21 Absatz 2 von der Anwesenheit in einer öffentlichen Versammlung in geschlossenen Räumen ausschließt,
10.
Presseangehörige bei oder im Zusammenhang mit einer öffentlichen Versammlung mit dem Ziel stört, sie bei der Ausübung ihrer Arbeit zu behindern,
11.
eine Versammlung ohne die nach § 14 Absatz 1 oder bei Eilversammlungen gemäß Absatz 6 erforderliche Anzeige veranstaltet oder leitet, ohne dass die Voraussetzungen des § 14 Absatz 7 vorliegen.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro geahndet werden.

§ 26
Einziehung

1Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach § 24 oder eine Ordnungswidrigkeit nach § 25 bezieht, können eingezogen werden. 2§ 74a des Strafgesetzbuches und § 23 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind anzuwenden.

§ 27
Kosten

Amtshandlungen nach diesem Gesetz mit Ausnahme der Amtshandlungen nach Abschnitt 4 sind kostenfrei.

§ 28
Aufschiebende Wirkung

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Verfügungen nach diesem Gesetz haben keine aufschiebende Wirkung.

Abschnitt 5
Zuständigkeiten, Datenverarbeitung

§ 29
Sachliche Zuständigkeit

(1) Sachlich zuständige Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind die Kreispolizeibehörden, soweit in den Absätzen 2 und 3 nichts anderes geregelt ist.

(2) Abweichend von Absatz 1 ist der Polizeivollzugsdienst sachlich zuständig für

1.
die Geltendmachung des Auskunftsrechts über die Namen und Geburtsdaten der eingesetzten Ordnungskräfte gemäß § 16 Absatz 6,
2.
Bild- und Tonaufnahmen nach § 11,
3.
Maßnahmen aufgrund des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes, die der Durchsetzung versammlungsrechtlicher Vorschriften oder Anordnungen dienen.

(3) 1Ab Beginn der Versammlung ist der Polizeivollzugsdienst neben der Kreispolizeibehörde sachlich zuständig für

1.
Erlass und Vollzug von Anordnungen zur Durchsetzung des Waffenverbots gemäß § 9 Absatz 2,
2.
Erlass und Vollzug von Anordnungen zur Durchsetzung des Uniformierungs- und Militanzverbots gemäß § 10 Absatz 2,
3.
die Auflösung oder Beschränkung einer Versammlung gemäß § 17 Absatz 3 und § 22 Absatz 1,
4.
den Ausschluss aus der Versammlung gemäß § 18 Absatz 2 und § 23 Absatz 1,
5.
Erlass und Vollzug von Anordnungen zur Durchsetzung des Vermummungs- und Schutzausrüstungsverbots gemäß § 19 Absatz 3.

2Polizeivollzugsdienst und Kreispolizeibehörde stimmen sich hierbei ab.

(4) Die sachliche Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes nach § 2 Absatz 3 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes bleibt unberührt.

§ 30
Örtliche Zuständigkeit

(1) Örtlich zuständig ist die Kreispolizeibehörde, in deren Bezirk die Versammlung stattfindet.

(2) Berührt ein Aufzug die Bezirke mehrerer Kreispolizeibehörden, ist die Kreispolizeibehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Aufzug beginnt.

(3) Haben mehrere in Bezirken verschiedener Kreispolizeibehörden beginnende Aufzüge, die zeitlich und thematisch in Zusammenhang stehen, einen gemeinsamen Endpunkt, ist die Kreispolizeibehörde örtlich zuständig, in deren Bezirk der Endpunkt liegt.

(4) Bei einem kreisübergreifenden einheitlichem Versammlungsgeschehen, bei dem eine örtliche Zuständigkeit in Anwendung der Absätze 2 und 3 nicht eindeutig bestimmt werden kann, wird die örtliche Zuständigkeit von der Landesdirektion Sachsen bestimmt.

(5) In den Fällen der Absätze 2, 3 und 4 entscheidet die zuständige Kreispolizeibehörde im Benehmen mit den übrigen betroffenen Kreispolizeibehörden.

§ 31
Datenschutzrechtliche Bestimmungen

(1) Die zuständige Behörde darf die nach § 14 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 3 und 5 sowie § 16 Absatz 1, Absatz 3 Satz 2 und Absatz 5 erhobenen personenbezogenen Daten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist.

(2) 1Die zuständige Behörde darf die nach § 14 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2, 3 und 5 sowie § 16 Absatz 3 Satz 2 erhobenen personenbezogenen Daten sowie Informationen zum Verlauf der Versammlung auch zur Beurteilung der Gefahrenlage bei zukünftigen Versammlungen verarbeiten, soweit dies zur Beurteilung der Gefahrenlage bei zukünftigen Versammlungen erforderlich ist. 2Zu diesem Zweck dürfen diese Daten zwei Jahre über den Zeitpunkt der Beendigung der Versammlung hinaus dort gespeichert werden.

(3) 1Der Polizeivollzugsdienst darf die nach § 14 Absatz 1, 2 und 4 sowie § 16 Absatz 6 Satz 1 erhobenen sowie nach § 16 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 5 übermittelten personenbezogenen Daten verarbeiten, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist. 2Die personenbezogenen Daten sind nach Beendigung der Versammlung unverzüglich zu löschen. 3Informationen zum Verlauf der Versammlung dürfen auch zur Beurteilung der Gefahrenlage bei zukünftigen Versammlungen gespeichert werden, insoweit bleiben die Befugnisse zur Verarbeitung personenbezogener Daten nach Maßgabe des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes unberührt.

(4) 1Im Übrigen gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Kreispolizeibehörden § 40 des Sächsischen Polizeibehördengesetzes. 2Für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Polizeivollzugsdienst zur Erfüllung von Aufgaben nach diesem Gesetz gilt § 53 des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes.

Abschnitt 6
Schlussbestimmung

§ 32
Einschränkung von Grundrechten

Die Grundrechte auf Versammlungsfreiheit (Artikel 8 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 23 der Verfassung des Freistaates Sachsen), das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 30 der Verfassung des Freistaates Sachsen) und das Recht auf Datenschutz (Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.

Änderungsvorschriften