Gesetz
zur Errichtung einer „Stiftung Sächsische Behindertenselbsthilfe – Otto Perl“
Vom 24. November 1993
Der Sächsische Landtag hat am 15. Oktober 1993 das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Errichtung
Der Freistaat Sachsen errichtet unter dem Namen „Stiftung Sächsische Behindertenselbsthilfe – Otto Perl“ eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts mit dem Sitz in Dresden.
§ 2
Stiftungszweck
(1) Die Stiftung fördert die Behindertenselbsthilfe im Freistaat Sachsen. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung.
(2) Der Stiftungszweck wird verwirklicht durch Stiftungsleistungen zur Förderung von Vorhaben im Bereich der Behindertenselbsthilfe, insbesondere zur
- 1.
- Vergabe von einmaligen Zuwendungen an Schwerbehinderte, wenn andere Hilfsmöglichkeiten nicht ausreichen, persönliche Notlagen abzuwenden,
- 2.
- Förderung des Erlernens der Gebärdensprache und des Einsatzes von Dolmetschern für Hör- und Sprachbehinderte,
- 3.
- Förderung der Beratung für barrierefreies Bauen,
- 4.
- Förderung von Vorhaben der Erwachsenenbildung für schwer geistig und mehrfach behinderte Menschen und ihre Angehörigen,
- 5.
- Förderung von Begegnungsmöglichkeiten, insbesondere im Rahmen der Behindertenselbsthilfe.
(3) Ausnahmsweise werden auch investive Maßnahmen zur Beseitigung von Barrieren, für den Aufbau von Begegnungsstätten und Beratungsstellen gefördert, für die es keine Regelfinanzierung gibt, bzw. für die dem Selbsthilfeverband keine ausreichenden Eigenmittel zur Verfügung stehen.
(4) Die Förderung bezieht sich vorzugsweise auf gemeinsame Vorhaben mehrerer Selbsthilfeverbände. Die Förderung kann nach Schwerpunkten erfolgen, die jeweils durch den Stiftungsrat festgelegt werden.
(5) Die Förderung erfolgt in der Regel durch die Gewährung von Zuschüssen oder Darlehen.
(6) Ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Stiftung besteht nicht.
(7) Leistungen aus Mitteln der Stiftung dürfen nur gewährt oder zugesagt werden, wenn die Hilfe auf andere Weise nicht oder nicht rechtzeitig möglich ist oder nicht ausreicht (Nachrangigkeitsprinzip).
§ 3
Stiftungsvermögen
(1) Die Stiftung wird mit einem Vermögen von 7 500 000 DM ausgestattet, die der Freistaat Sachsen nach Maßgabe der im Landeshaushalt ausgebrachten Mittel zur Verfügung stellt.
(2) Das Stiftungsvermögen kann durch Zuwendungen aus Haushaltsmitteln des Freistaates Sachsen sowie durch Zuwendungen Dritter erhöht werden.
(3) Die Erträge aus dem Stiftungsvermögen sind zur Erfüllung des Stiftungszweckes zu verwenden. Am Ende eines Geschäftsjahres nicht verbrauchte Erträge können auf Beschluß des Stiftungsrates dem Stiftungsvermögen zugeführt werden.
§ 4
Vermögensverwaltung
(1) Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten. Geldmittel sind sicher und ertragbringend anzulegen.
(2) Das Stiftungsvermögen ist von anderem Vermögen getrennt zu halten.
(3) Mit Ausnahme des Heimfalls (§ 12 Abs. 2) darf Stiftungsvermögen nicht dem Vermögen des Staates, einer Gemeinde, eines Landkreises oder einer sonstigen Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts einverleibt werden.
(4) Die Stiftung ist berechtigt,
- 1.
- Zustiftungen, die der Stärkung oder Vermehrung des Stiftungsvermögens dienen, sowie
- 2.
- Zuwendungen, die zum Verbrauch bestimmt oder zur Erfüllung des Stiftungszweckes einzusetzen sind (Zuschüsse, insbesondere Spenden),
von öffentlicher und privater Seite anzunehmen.
§ 5
Stiftungsleistungen
(1) Für Leistungen der Stiftung stehen zur Verfügung
- 1.
- die Erträge des Stiftungsvermögens,
- 2.
- die Erträgnisse aus Fiskalerbschaften, soweit diese der Stiftung zugeführt werden,
- 3.
- Spenden,
- 4.
- sonstige Einnahmen und Zuwendungen (Zuschüsse), soweit sie nicht dem Stiftungsvermögen zuzuführen sind.
(2) Investive Leistungen der Stiftung müssen vor Beginn des Vorhabens beantragt und genehmigt werden.
§ 6
Organe
Organe der Stiftung sind der Stiftungsrat und der Stiftungsvorstand.
§ 7
Stiftungsrat
(1) Der Stiftungsrat überwacht die Geschäftsführung der Stiftung und beschließt über den Haushaltsplan, die Jahresrechnung und die Vermögensübersicht sowie über weitere Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung. Insbesondere regelt er die Vergabe von Stiftungsleistungen; hierzu kann er Richtlinien erlassen.
(2) Der Stiftungsrat besteht aus
- 1.
- dem Staatsminister für Soziales, Gesundheit und Familie,
- 2.
- einem Vertreter des Staatsministeriums der Finanzen,
- 3.
- einem Vertreter der Staatsregierung für Gleichstellungsfragen,
- 4.
- einem Vertreter des Landtages,
- 5.
- fünf Vertretern aus gesellschaftlichen Gruppen, die im Bereich des Stiftungszweckes (§ 2) tätig sind,
- 6.
- einem weiteren Vertreter des Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie.
(3) Die Mitglieder nach Absatz 2 Nr. 2 und 4 bis 6 werden vom Staatsminister für Soziales, Gesundheit und Familie auf Vorschlag der entsendenden Stelle oder Gruppe berufen.
(4) Vorsitzender des Stiftungsrates ist der Staatsminister für Soziales, Gesundheit und Familie. Er wird durch das Mitglied nach Absatz 2 Nr. 2 vertreten.
(5) Die Tätigkeit im Stiftungsrat ist ehrenamtlich. Persönliche Auslagen können in angemessener Höhe erstattet werden.
(6) Der Stiftungsrat gibt sich eine Geschäftsordnung.
Er entscheidet durch Mehrheitsbeschluß. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
§ 8
Stiftungsvorstand
(1) Der Stiftungsvorstand vollzieht die Beschlüsse des Stiftungsrates und erledigt die laufenden Angelegenheiten der Stiftung. Er entscheidet durch Mehrheitsbeschluß.
(2) Der Stiftungsvorstand besteht aus dem Vorsitzenden und zwei weiteren Mitgliedern. Der Präsident des Landesamtes für Familie und Soziales ist kraft Amtes Mitglied des Stiftungsvorstandes. Mindestens ein Mitglied des Stiftungsvorstandes soll ein Behinderter sein. Der Stiftungsrat beruft den Vorsitzenden und die weiteren Mitglieder des Stiftungsvorstandes. Ihre Bestellung erfolgt auf höchstens fünf Jahre. Eine einmalige Wiederbestellung ist zulässig. Die Tätigkeit ist ehrenamtlich. Persönliche Auslagen können in angemessener Höhe erstattet werden. Die Entscheidung darüber trifft der Stiftungsrat.
(3) Die Vorstandsmitglieder vertreten je einzeln die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich.
(4) Der Stiftungsrat bestellt bei Ausscheiden eines Mitgliedes des Stiftungsvorstandes umgehend ein neues Mitglied.
§ 9
Verantwortlichkeit der Organmitglieder
(1) Die Mitglieder der Stiftungsorgane sind zur gewissenhaften und sparsamen Verwaltung des Stiftungsvermögens verpflichtet.
(2) Die Rechtsvorschriften des Freistaates Sachsen über das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen sind entsprechend anzuwenden.
§ 10
Geschäftsstelle
(1) Für die Verwaltung der Stiftung wird eine Geschäftsstelle beim Landesamt für Familie und Soziales eingerichtet.
(2) Die Verwaltungskosten der Stiftung, einschließlich der Auslagen für die ehrenamtlich Tätigen, trägt der Freistaat Sachsen.
§ 11
Stiftungsbehörde und Stiftungsaufsicht
Stiftungsbehörde ist die Staatsregierung des Freistaates Sachsen, sie führt die Rechtsaufsicht über die Stiftung.
§ 12
Beendigung der Stiftung und Heimfall
(1) Die Stiftung kann nur durch Gesetz aufgehoben werden.
(2) Im Fall der Aufhebung der Stiftung fällt ihr Vermögen an den Freistaat Sachsen.
§ 13
Ergänzende Vorschriften
Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Stiftungsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. DDR I Nr. 61 S. 1483).
§ 14
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Dresden, den 24. November 1993
Der Landtagspräsident
Erich Iltgen
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Der Staatsminister
für Soziales, Gesundheit und Familie
Dr. Hans Geisler