Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
zur Durchführung des Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts im Freistaat Sachsen
(VwV Religion und Ethik)
Az.: 31-6520.40/351
Vom 29. September 2004
- A.
- Religionsunterricht
- 1.
- Gesetzliche Grundlagen
- Gemäß Art. 7 Abs. 3 des Grundgesetzes und Artikel 105 der Sächsischen Verfassung ist Religionsunterricht ordentliches Lehrfach. Gemäß § 18 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen wird der Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der Fachschulen nach Bekenntnissen getrennt und in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen und Religionsgemeinschaften erteilt.
- 2.
- Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach
- Die Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion sind ordentliche Lehrfächer und unterliegen grundsätzlich den gleichen Bestimmungen wie die anderen Unterrichtsfächer.
- 3.
- Teilnahmeregelungen
- 3.1
- Evangelische und katholische Schüler nehmen am Religionsunterricht ihres Bekenntnisses teil, sofern sie nicht von den Eltern abgemeldet werden oder nach dem Eintritt der Religionsmündigkeit selbst von ihrem Abmelderecht Gebrauch machen.
- 3.2
- Die schriftliche Erklärung über die künftige Nichtteilnahme hat zum Ende des Schuljahres zu erfolgen. Eine Abmeldung ist aus Gründen der Glaubens- und Gewissensfreiheit auch während des Schuljahres möglich. Auf die sich daraus ergebende Pflicht zum Besuch des Faches Ethik wird verwiesen (siehe Teil B Nr. 3.1 Satz 1). Hat sich ein Schüler abgemeldet, kann er erst zum nächsten Schuljahr die erneute Teilnahme am Religionsunterricht erklären.
- 3.3
- Im Einvernehmen mit den Kirchen sind die Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion grundsätzlich für Anmeldungen aller Schüler offen. Die Entscheidung über die Teilnahme von Schülern anderen Bekenntnisses oder ohne Bekenntnis trifft der betreffende Religionslehrer nach Maßgabe der Bestimmungen seiner Kirche.
- 3.4
- Schüler, die einer anderen Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören und auf Grund dessen nicht am Unterricht in den Fächern Evangelische Religion oder Katholische Religion teilnehmen, können ersatzweise die religiöse Unterweisung ihrer Gemeinschaft besuchen. Die Entscheidung darüber ist zwischen der betreffenden Kirche oder Religionsgemeinschaft und dem Staatsministerium für Kultus abzustimmen. Eine Teilnahmebestätigung der Kirche oder Religionsgemeinschaft wird als Bemerkung in das Zeugnis aufgenommen; eine Benotung der Leistungen erfolgt nicht.
- 4.
- Lehrkräfte für die Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion
- 4.1
- Lehrkräfte, die das Fach Evangelische Religion erteilen, müssen einer evangelischen Kirche angehören und im Besitz der kirchlichen Unterrichtserlaubnis (vocatio) sein.
- 4.2
- Lehrkräfte, die das Fach Katholische Religion erteilen, müssen der katholischen Kirche angehören und im Besitz der kirchlichen Bevollmächtigung (missio canonica) sein.
- 4.3
- Die Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion werden erteilt von:
- a)
- haupt- oder nebenamtlichen Lehrkräften mit staatlicher Lehrbefähigung, einer unbefristeten Lehrerlaubnis oder einer Unterrichtsgenehmigung im Fach Evangelische Religion oder Katholische Religion
- b)
- Pfarrern, Geistlichen oder sonstigen kirchlichen Mitarbeitern und katechetischen Lehrkräften gemäß dem Vertrag über die Gestellung kirchlicher Mitarbeiter für den Religionsunterricht an öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen vom 7. September 1994, geändert durch Vertrag vom 17. Dezember 1999.
- 4.4
- In Ausnahmefällen dürfen mit Zustimmung des Regionalschulamtes auch Lehrkräfte befristet die Fächer Evangelische Religion oder Katholische Religion unterrichten, solange sie berufsbegleitend an einer entsprechenden Weiter- oder Fortbildungsmaßnahme teilnehmen, diese aber noch nicht abgeschlossen haben, und sie eine vorläufige kirchliche Bevollmächtigung nach Teil A Nr. 4.1 oder 4.2 besitzen.
- 4.5
- Staatliche Lehrkräfte, die gemäß Teil A Nr. 4.1 bis 4.3 die Qualifikation für die Fächer Evangelische Religion oder Katholische Religion haben, sollen vorrangig, erforderlichenfalls auch an mehreren Schulen, im Religionsunterricht eingesetzt werden.
- 5.
- Schulorganisatorische Regelungen
- 5.1
- Der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion oder Katholische Religion ist unabhängig von dem Angebot des Ethikunterrichts an einer Schule einzurichten. Er ist vorrangig in den Klassenstufen einzuführen, in denen bereits das Fach Ethik erteilt wird.
- 5.2
- Der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion und Katholische Religion ist dann einzurichten, wenn eine Gruppe von mindestens acht Schülern gebildet werden kann.
- 5.3
- Bei der Stundenplanung soll der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion und Katholische Religion
- a)
- möglichst parallel zum Fach Ethik,
- b)
- in der Regel mit der gleichen Wochenstundenzahl wie das Fach Ethik,
- c)
- nicht von vornherein zu ungünstigen Zeiten, z. B. in Randstunden und
- d)
- im Bedarfsfall maximal zwei aufeinander folgende Klassen- oder Jahrgangsstufen übergreifend
- erteilt werden. Verschiedene Schularten übergreifender Religionsunterricht an allgemein bildenden Schulen ist zu vermeiden.
- 5.4
- Bei der Gruppenbildung kann nur mit schriftlicher Genehmigung des Regionalschulamtes von den Bestimmungen in Teil A Nr. 5.2 und 5.3 Satz 1 Buchst. d und Satz 2 wie folgt abgewichen werden:
- a)
- mehr als zwei aufeinander folgende Klassenstufen übergreifende Gruppe,
- b)
- zwei oder mehr Schulen übergreifende Gruppe,
- c)
- verschiedene Schularten übergreifende Gruppe, sofern nach dem Lehrplan der jeweiligen Schulart unterrichtet wird,
- d)
- Gruppe mit weniger als acht Schülern.
- Die Schulleiter beantragen rechtzeitig beim Regionalschulamt schriftlich eine Ausnahme nach Satz 1 mit Begründung. Die Bestimmungen für die Kursbildung in der Sekundarstufe II gemäß § 12 Abs. 1 der Oberstufen- und Abiturprüfungsverordnung bleiben unberührt.
- 5.5
- Der Religionsunterricht wird grundsätzlich entsprechend den jeweils geltenden Stundentafeln erteilt, sofern die personellen Voraussetzungen gemäß Teil A Nr. 4 vorliegen. Das Regionalschulamt sichert vorrangig die flächendeckende Absicherung des Religionsunterrichts mit einer Wochenstunde. Teil A Nr. 5.3 Satz 1 Buchst. b bleibt hiervon unberührt. Die Bestimmungen für die Wochenstundenzahl in der Sekundarstufe II gemäß § 10 Abs. 2 i.V.m. § 13 Satz 2 der Oberstufen- und Abiturprüfungsverordnung bleiben davon unberührt.
- 5.6
- Der Unterricht in den Fächern Evangelische Religion und Katholische Religion ist in schulischen Räumen zu erteilen. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann er in kirchlichen Räumen und auch außerhalb der üblichen Unterrichtszeit stattfinden. Für die Verlegung des Unterrichtsortes beantragt der Schulleiter die vorherige schriftliche Genehmigung durch das Regionalschulamt. Auch dieser Unterricht untersteht der staatlichen Schulaufsicht. Die Übernahme ggf. entstehender zusätzlicher Unterrichtswegekosten ist vorab mit dem Schulträger einvernehmlich zu klären.
- 5.7
- Außerhalb des Religionsunterrichts können religiöse Veranstaltungen wie Andachten, Feiern oder – als gemeinsame Veranstaltungen von Schule und Kirche – Gottesdienste durchgeführt werden. Dabei sind stundenplantechnische oder schulorganisatorische Bedingungen zu beachten. Die Teilnahme an diesen außerunterrichtlichen Veranstaltungen ist für Schüler und Lehrkräfte freiwillig.
- 6.
- Mitwirkung der Kirchen
- 6.1
- Der Religionsunterricht wird unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechts in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Kirchen erteilt.
- 6.2
- Die Unterrichtsinhalte sind in den für die einzelnen Schularten erlassenen Lehrplänen festgelegt, die im Einvernehmen mit den betreffenden Kirchen erstellt werden.
- 6.3
- Die zuständigen Stellen der Kirchen haben in Wahrnehmung ihrer fachaufsichtlichen Befugnisse zur Gestaltung des Religionsunterrichts das Recht zur Hospitation des schulischen Religionsunterrichts ihres Bekenntnisses. Die Modalitäten sind vorher mit dem Schulleiter abzustimmen. Der Schulleiter berichtet dem Regionalschulamt.
- 7.
- Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen
- An berufsbildenden Schulen sind die Fächer Evangelische Religion und Katholische Religion zu erteilen, sofern die personellen Voraussetzungen gemäß Teil A Nr. 4 vorliegen. An Beruflichen Schulzentren kann Religionsunterricht klassenstufen-, jahrgangsstufen- und schulartübergreifend erteilt werden.
- B.
- Ethikunterricht
- 1.
- Gesetzliche Grundlagen
- Gemäß Artikel 105 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung ist Ethik ordentliches Lehrfach an den öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen. Auf die §§ 19 und 20 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen wird verwiesen.
- 2.
- Ethik als ordentliches Lehrfach
- Das Fach Ethik unterliegt grundsätzlich den gleichen Bestimmungen wie die anderen Unterrichtsfächer.
- 3.
- Teilnahmeregelungen
- 3.1
- § 19 Abs. 1 des Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen regelt, dass die Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, den Unterricht im Fach Ethik besuchen. Bis zum Eintritt der Religionsmündigkeit entscheiden die Eltern, ob die Kinder am Religions- oder am Ethikunterricht teilnehmen.
- 3.2
- Die Teilnahme evangelischer oder katholischer Schüler am Ethikunterricht setzt die Abmeldung vom Religionsunterricht voraus.
- 3.3
- Ist ein Schüler nicht abgemeldet und kann ihm der Besuch des Unterrichts in den Fächern Evangelische Religion oder Katholische Religion nicht ermöglicht werden, teilen die Eltern oder der religionsmündige Schüler spätestens drei Wochen nach Schuljahresanfang der Schulleitung schriftlich mit, ob der Schüler am Ethikunterricht teilnimmt.
- 4.
- Lehrkräfte für das Fach Ethik
- 4.1
- Das Fach Ethik darf nur von Lehrkräften erteilt werden, die eine Lehrbefähigung für das Fach Ethik oder eine unbefristete Lehrerlaubnis oder eine Unterrichtsgenehmigung im Fach Ethik haben.
- 4.2
- In Ausnahmefällen dürfen mit Zustimmung des Regionalschulamtes auch Lehrkräfte befristet das Fach Ethik unterrichten, solange sie berufsbegleitend an einer entsprechenden Weiter- oder Fortbildungsmaßnahme (Zertifikatskurs) teilnehmen, diese aber noch nicht abgeschlossen haben.
- 4.3
- Lehrkräfte, die bereits seit Jahren fachfremd Ethik unterrichten, haben bis zum Ende des Schuljahres 2004/2005 den Nachweis ihrer Eignung zu erbringen. Der Nachweis kann insbesondere durch die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme oder an einem Zertifikatskurs geführt werden. Ist die Teilnahme an einer solchen Weiterbildung nicht zumutbar oder nicht möglich, so muss die Eignung durch die regelmäßige Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von ca. zwei Wochen im Schuljahr nachgewiesen werden.
- 4.4
- Frühere Staatsbürgerkundelehrer, Lehrer mit Lehrbefähigung für Marxismus-Leninismus und ehemalige Freundschaftspionierleiter dürfen nur in Ausnahmefällen und nach Feststellung ihrer Eignung durch das zuständige Regionalschulamt im Ethikunterricht eingesetzt werden.
- 5.
- Schulorganisatorische Regelungen
- 5.1
- Das Fach Ethik kann grundsätzlich unabhängig von dem Angebot der Fächer Evangelische Religion oder Katholische Religion an einer Schule eingerichtet werden.
- 5.2
- Der Unterricht im Fach Ethik ist in der Regel dann einzurichten, wenn eine Gruppe von mindestens acht Schülern gebildet werden kann und entsprechend ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung stehen.
- 5.3
- Bei der Stundenplanung soll der Unterricht im Fach Ethik möglichst parallel zu den Fächern Evangelische Religion und Katholische Religion und in der Regel mit der gleichen Wochenstundenzahl wie diese Fächer erteilt werden.
- 5.4
- Der Ethikunterricht wird grundsätzlich entsprechend den jeweils geltenden Stundentafeln erteilt, sofern die personellen Voraussetzungen gemäß Teil B Nr. 4 vorliegen. Das Regionalschulamt sichert vorrangig die flächendeckende Absicherung des Ethikunterrichts mit einer Wochenstunde. Teil B Nr. 5.3 bleibt hiervon unberührt. Die Bestimmungen für die Wochenstundenzahl in der Sekundarstufe II gemäß § 10 Abs. 2 i.V.m. § 13 Satz 2 der Oberstufen- und Abiturprüfungsverordnung bleiben davon unberührt.
- 6.
- Ethikunterricht an berufsbildenden Schulen
- An berufsbildenden Schulen ist das Fach Ethik zu erteilen, sofern die personellen Voraussetzungen gemäß Teil B Nr. 4 vorliegen.
- C.
- In-Kraft-Treten und Außer-Kraft-Treten
- Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit Wirkung vom 1. August 2004 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Durchführung des Religionsunterrichts und des Ethikunterrichts im Freistaat Sachsen vom 11. Juni 1999 (MBl. SMK S. 277) außer Kraft.
Dresden, den 29. September 2004
Prof. Dr. Karl Mannsfeld
Der Staatsminister für Kultus