Historische Fassung war gültig vom 30.12.2020 bis 19.02.2022

Bekanntmachung
der Neufassung der Sächsischen Gemeindeordnung

Vom 9. März 2018

Auf Grund des Artikels 8 Absatz 1 des Zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalrechts vom 13. Dezember 2017 (SächsGVBl. S. 626) wird nachstehend der Wortlaut der Sächsischen Gemeindeordnung in der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Fassung bekannt gemacht. Die Neufassung berücksichtigt:

1.
die Fassung der Bekanntmachung des Gesetzes vom 3. März 2014 (SächsGVBl. S. 146),
2.
den am 1. Mai 2014 in Kraft getretenen Artikel 6 des Gesetzes vom 2. April 2014 (SächsGVBl. S. 234),
3.
den am 9. Mai 2015 in Kraft getretenen Artikel 18 des Gesetzes vom 29. April 2015 (SächsGVBl. S. 349),
4.
den am 31. Dezember 2016 in Kraft getretenen Artikel 1 des Gesetzes vom 13. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 652),
5.
den teils am 31. Dezember 2016, teils am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Artikel 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2016 (SächsGVBl. S. 652),
6.
den am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Artikel 1 des eingangs genannten Gesetzes.

Dresden, den 9. März 2018

Der Staatsminister des Innern
Prof. Dr. Roland Wöller

Gemeindeordnung
für den Freistaat Sachsen
(Sächsische Gemeindeordnung – SächsGemO)

Rechtsbereinigt mit Stand vom 30. Dezember 2020

Erster Teil
Rechtsstellung, Aufgaben und Gebiet der Gemeinde

Erster Abschnitt
Rechtsstellung und Aufgaben

§ 1
Wesen und Organe der Gemeinde

(1) Die Gemeinde ist Grundlage und Glied des demokratischen Rechtsstaates.

(2) Die Gemeinde erfüllt ihre Aufgaben in bürgerschaftlicher Selbstverwaltung zum gemeinsamen Wohl aller Einwohner durch ihre von den Bürgern gewählten Organe sowie im Rahmen der Gesetze durch die Einwohner und Bürger unmittelbar.

(3) Die Gemeinde ist rechtsfähige Gebietskörperschaft des öffentlichen Rechts.

(4) Organe der Gemeinde sind der Gemeinderat und der Bürgermeister.

§ 2
Aufgaben der Gemeinde

(1) Die Gemeinden erfüllen in ihrem Gebiet im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit alle öffentlichen Aufgaben in eigener Verantwortung und schaffen die für das soziale, kulturelle, sportliche und wirtschaftliche Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen.

(2) 1Die Gemeinden können durch Gesetz zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden (Pflichtaufgaben). 2Werden den Gemeinden neue Pflichtaufgaben auferlegt, sind Bestimmungen über die Deckung der Kosten zu treffen. 3Führen diese Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden, ist ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen.

(3) 1Pflichtaufgaben können den Gemeinden zur Erfüllung nach Weisung auferlegt werden (Weisungsaufgaben). 2Das Gesetz bestimmt den Umfang des Weisungsrechts. 3Die Weisungen sollen sich auf allgemeine Anordnungen beschränken und in der Regel nicht in die Einzelausführung eingreifen.

(4) In die Rechte der Gemeinden darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

§ 3
Gemeindearten

(1) 1Gemeinden im Sinne dieses Gesetzes sind die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sowie die Kreisfreien Städte. 2Die Kreisfreiheit kann nur durch Gesetz verliehen oder aberkannt werden.

(2) 1Die Großen Kreisstädte sind kreisangehörige Gemeinden. 2Der Umfang der von ihnen zusätzlich wahrzunehmenden Aufgaben wird durch Gesetz oder auf Grund bundes- oder landesgesetzlicher Ermächtigung durch Rechtsverordnung bestimmt. 3Ist eine Große Kreisstadt erfüllende Gemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft, erstreckt sich die Zuständigkeit zur Erfüllung der Aufgaben nach Satz 2 auch auf die an der Verwaltungsgemeinschaft Beteiligten.

(3) 1Gemeinden mit mehr als 17 500 Einwohnern werden auf Antrag der Gemeinde durch das Staatsministerium des Innern zu Großen Kreisstädten erklärt, wenn sie in drei aufeinanderfolgenden Jahren die erforderlichen Einwohnerzahlen überschreiten. 2Die Änderung tritt mit Beginn des darauffolgenden Jahres ein. 3Die Erklärung zur Großen Kreisstadt ist im Gesetz- und Verordnungsblatt bekanntzumachen. 4Auf Antrag einer Großen Kreisstadt kann die Erklärung vom Staatsministerium des Innern widerrufen werden. 5Der Widerruf ist im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt zu machen.

(4) Die Kreisfreien Städte sind, soweit nichts anderes bestimmt ist, untere Verwaltungsbehörden im Sinne bundes- und landesrechtlicher Vorschriften.

§ 4
Satzungen

(1) 1Die Gemeinden können die weisungsfreien Angelegenheiten durch Satzung regeln, soweit Gesetze oder Rechtsverordnungen keine Vorschriften enthalten. 2Satzungen werden vom Gemeinderat beschlossen. 3Weisungsaufgaben können durch Satzung geregelt werden, wenn ein Gesetz hierzu ermächtigt.

(2) 1Die Gemeinde hat eine Hauptsatzung zu erlassen. 2Die Hauptsatzung und ihre Änderungen werden mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats beschlossen.

(3) 1Satzungen sind durch den Bürgermeister auszufertigen und öffentlich bekanntzumachen. 2Sie treten am Tage nach ihrer Bekanntmachung in Kraft, wenn sie keinen anderen Zeitpunkt bestimmen. 3Satzungen sind der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich nach ihrem Erlass in vollem Wortlaut anzuzeigen.

(4) 1Satzungen, die unter Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften zustande gekommen sind, gelten ein Jahr nach ihrer Bekanntmachung als von Anfang an gültig zustande gekommen. 2Dies gilt nicht, wenn

1.
die Ausfertigung der Satzung nicht oder fehlerhaft erfolgt ist,
2.
Vorschriften über die Öffentlichkeit der Sitzungen, die Genehmigung oder die Bekanntmachung der Satzung verletzt worden sind,
3.
der Bürgermeister dem Beschluss nach § 52 Absatz 2 wegen Gesetzwidrigkeit widersprochen hat,
4.
vor Ablauf der in Satz 1 genannten Frist
 
a)
die Rechtsaufsichtsbehörde den Beschluss beanstandet hat oder
 
b)
die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschrift gegenüber der Gemeinde unter Bezeichnung des Sachverhalts, der die Verletzung begründen soll, schriftlich geltend gemacht worden ist.

3Ist eine Verletzung nach Satz 2 Nummer 3 oder 4 geltend gemacht worden, so kann auch nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist jedermann diese Verletzung geltend machen. 4Sätze 1 bis 3 sind nur anzuwenden, wenn bei der Bekanntmachung der Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist.

(5) Absatz 1 Satz 2, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 gelten für anderes Ortsrecht und Flächennutzungspläne entsprechend.

§ 5
Name und Bezeichnung

(1) 1Die Gemeinden führen ihre bisherigen Namen. 2Die Bestimmung, Feststellung und Änderung des Namens der Gemeinde bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der obersten Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) 1Die Bezeichnung „Stadt“ führen die Gemeinden, denen diese Bezeichnung beim Inkrafttreten dieses Gesetzes zusteht. 2Das Staatsministerium des Innern kann diese Bezeichnung auf Antrag an Gemeinden verleihen, die nach Einwohnerzahl, Siedlungsform und kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnissen städtisches Gepräge tragen. 3Wird eine Gemeinde mit der Bezeichnung „Stadt“ in eine andere Gemeinde eingegliedert oder mit einer anderen Gemeinde zu einer neuen Gemeinde vereinigt, kann die aufnehmende oder neugebildete Gemeinde diese Bezeichnung weiterführen.

(3) 1Die Gemeinden können auch sonstige überkommene Bezeichnungen weiterführen. 2Das Staatsministerium des Innern kann auf Antrag an Gemeinden für diese selbst oder für einzelne bewohnte Gemeindeteile sonstige Bezeichnungen verleihen, die auf der Geschichte oder der heutigen Eigenart oder Bedeutung der Gemeinden oder Gemeindeteile beruhen. 3Absatz 2 Satz 3 gilt für den betreffenden Gemeindeteil entsprechend.

(4) 1Die Benennung der Gemeindeteile sowie der innerhalb der bebauten Gemeindeteile dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze und Brücken ist Angelegenheit der Gemeinden. 2Gleichlautende Benennungen innerhalb desselben Gemeindeteils sind unzulässig. 3Für das sorbische Siedlungsgebiet wird auf § 10 Absatz 1 des Sächsischen Sorbengesetzes vom 31. März 1999 (SächsGVBl. S. 161), das zuletzt durch Artikel 59a des Gesetzes vom 27. Januar 2012 (SächsGVBl. S. 130) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, verwiesen.

§ 6
Wappen, Flaggen und Dienstsiegel

(1) 1Die Gemeinden können ihre bisherigen Wappen und Flaggen führen. 2Die erstmalige Führung von Wappen und Flaggen sowie deren Änderung bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde; die Genehmigung bedarf des Einvernehmens mit der obersten Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) 1Die Abbildung kommunaler Wappen und Flaggen zu künstlerischen und wissenschaftlichen Zwecken sowie zu Unterrichtszwecken ist jedermann erlaubt. 2Jede weitere Verwendung bedarf der Genehmigung der wappenführenden Gemeinde.

(3) 1Die Gemeinden führen Dienstsiegel. 2Gemeinden mit eigenem Wappen führen dieses, die übrigen Gemeinden das Wappen des Freistaates Sachsen mit der Bezeichnung und dem Namen der Gemeinde als Umschrift in ihrem Dienstsiegel.

Zweiter Abschnitt
Gebiet der Gemeinde

§ 7
Gebietsbestand

(1) 1Das Gebiet der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören. 2Über Grenzstreitigkeiten entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde.

(2) 1Jedes Grundstück soll zu einer Gemeinde gehören. 2Aus besonderen Gründen können Grundstücke außerhalb einer Gemeinde verbleiben (gemeindefreie Grundstücke).

§ 8
Änderungen des Gemeindegebiets

(1) 1Das Gebiet von Gemeinden darf nur aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit geändert werden

1.
durch Gesetz oder
2.
durch Vereinbarung mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde; die Genehmigung bedarf des Einvernehmens mit der obersten Rechtsaufsichtsbehörde.

2Die Genehmigung und der Zeitpunkt der Gebietsänderung sind von der Rechtsaufsichtsbehörde im Sächsischen Amtsblatt bekannt zu machen. 3Abweichend von Satz 1 Nummer 1 kann die Gebietsänderung durch Rechtsverordnung erfolgen, soweit nur Gebietsteile betroffen sind, durch deren Umgliederung der Bestand der beteiligten Gemeinden nicht gefährdet wird oder soweit bisher gemeindefreie Grundstücke zu Gemeinden zugeordnet werden.

(2) Eine Gebietsänderung kann insbesondere vorgenommen werden

1.
als Eingliederung, indem eine oder mehrere Gemeinden in eine andere Gemeinde eingegliedert werden; die aufnehmende Gemeinde ist in diesem Falle Rechtsnachfolgerin der eingegliederten Gemeinden,
2.
als Vereinigung, indem mehrere Gemeinden zu einer neuen Gemeinde vereinigt werden; die neue Gemeinde ist in diesem Falle Rechtsnachfolgerin der bisherigen Gemeinden,
3.
als Umgliederung, indem Teile einer Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert werden,
4.
als Ausgliederung, indem Teile einer Gemeinde zu einer neuen Gemeinde verselbständigt werden.

(3) 1Wird eine Gebietsänderung durch Gesetz oder durch Rechtsverordnung vorgenommen, sind die betroffenen Gemeinden zuvor anzuhören. 2Gegen den Willen einer beteiligten Gemeinde kann eine Gebietsänderung nur durch Gesetz erfolgen.

(4) Für Rechtshandlungen, die wegen einer Gebietsänderung erforderlich sind, werden Gebühren und Auslagen, die auf Landesrecht beruhen, nicht erhoben.

§ 8a
Einwohneranhörung bei Änderungen
des Gemeindegebiets

(1) 1Vor einer Gebietsänderung sind die Einwohner in dem unmittelbar betroffenen Gebiet, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, zu hören. 2Hierzu ist der Entwurf der Vereinbarung für die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. 3Die Auslegung ist zuvor öffentlich bekannt zu machen.

(2) Die Anhörungspflicht nach Absatz 1 entfällt, wenn in der Gemeinde, die in eine andere Gemeinde eingegliedert werden soll, oder in den Gemeinden, die sich zu einer neuen Gemeinde vereinigen wollen, über den Entwurf der Vereinbarung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 ein Bürgerentscheid durchgeführt wird.

(3) 1Wird eine Gebietsänderung durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgenommen, so obliegt die Durchführung der Anhörung den Gemeinden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung. 2Das Weisungsrecht ist nicht beschränkt. 3§ 2 Absatz 3 Satz 3 findet keine Anwendung.

§ 9
Vereinbarung über Änderungen des Gemeindegebiets

(1) Die Vereinbarung nach § 8 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 muss von den Gemeinderäten der beteiligten Gemeinden mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder beschlossen werden.

(2) In der Vereinbarung sind Bestimmungen über den Umfang der Gebietsänderung, den Tag der Rechtswirksamkeit und, soweit erforderlich, über die Auseinandersetzung und das in dem betroffenen Gebiet künftig geltende Ortsrecht zu treffen.

(3) 1Wird eine Gemeinde in eine andere Gemeinde eingegliedert, muss die Vereinbarung auch Bestimmungen über die befristete Vertretung der eingegliederten Gemeinde bei Streitigkeiten über die Vereinbarung und über die Aufnahme des Bürgermeisters oder von Gemeinderäten der einzugliedernden Gemeinde in den Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde enthalten. 2Sollen nicht alle Gemeinderäte der einzugliedernden Gemeinde in den Gemeinderat der aufnehmenden Gemeinde übertreten, werden die übertretenden Gemeinderäte vom Gemeinderat der einzugliedernden Gemeinde in entsprechender Anwendung des § 42 Absatz 2 bestimmt; die dabei nicht berücksichtigten Bewerber sind in der Reihenfolge, in der sie vorgeschlagen wurden, als Ersatzleute festzustellen.

(4) 1Vereinigen sich mehrere Gemeinden zu einer neuen Gemeinde, muss die Vereinbarung auch Bestimmungen über den Namen und die vorläufigen Organe der Gemeinde enthalten. 2Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) 1Wird auf Grund der Vereinbarung die Ortschaftsverfassung eingeführt, kann abweichend von § 66 Absatz 1 vereinbart werden, dass erstmals nach Einrichtung der Ortschaft die bisherigen Gemeinderäte der bisherigen oder eingegliederten Gemeinde die Ortschaftsräte sind. 2Abweichend von § 68 Absatz 1 Satz 1 kann vereinbart werden, dass dem bisherigen Bürgermeister bis zum Ablauf seiner Amtszeit das Amt des Ortsvorstehers übertragen wird; mit der Übertragung des Amtes ist er stimmberechtigtes Mitglied des Ortschaftsrats. 3Abweichend von § 68 Absatz 1 Satz 3 kann vereinbart werden, dass der Ortsvorsteher, wenn er als Bürgermeister bisher hauptamtlicher Beamter auf Zeit war, hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist. 4Endet die Amtszeit nach Satz 2 während der Wahlperiode des Ortschaftsrats, so kann der Ortschaftsrat den Amtsinhaber für die verbleibende Wahlperiode als Ortsvorsteher wiederwählen. 5Die Wiederwahl findet frühestens zwei Monate vor Ablauf der Amtszeit, spätestens am Tage vor Ablauf der Amtszeit statt. 6In diesem Falle bleibt der Ortsvorsteher stimmberechtigtes Mitglied des Ortschaftsrats. 7Er ist zum Ehrenbeamten auf Zeit zu ernennen.

(6) 1In der Vereinbarung kann bestimmt werden, dass Bürgermeister oder Beigeordnete der bisherigen Gemeinde zu Beigeordneten der neugebildeten oder der aufnehmenden Gemeinde bestellt werden. 2§ 55 Absatz 1 Satz 3 und § 56 Absatz 2 und 3 sind nicht anzuwenden.

Zweiter Teil
Einwohner und Bürger der Gemeinde

§ 10
Rechtsstellung der Einwohner

(1) Einwohner der Gemeinde ist jeder, der in der Gemeinde wohnt.

(2) Die Einwohner sind im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde nach gleichen Grundsätzen zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten mitzutragen.

(3) Wer in der Gemeinde ein Grundstück besitzt oder ein Gewerbe betreibt, ohne Einwohner zu sein, ist im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, die für Grundbesitzer und Gewerbetreibende bestehen, und verpflichtet, für seinen Grundbesitz oder Gewerbebetrieb zu den Gemeindelasten beizutragen.

(4) 1Durch Satzung können die Gemeinden ihre Einwohner und die nach Absatz 3 gleichgestellten Personen für eine bestimmte Zeit zur Mitwirkung bei der Erfüllung vordringlicher Aufgaben in Notfällen verpflichten, wenn die eigenen Mittel der Gemeinde hierfür nicht ausreichen. 2Der Kreis der Verpflichteten, die Art, der Umfang und die Dauer der Mitwirkung sowie die etwa zu gewährende Vergütung oder die Zahlung einer Ablösung sind durch die Satzung zu bestimmen.

(5) Die Absätze 2 und 3 gelten entsprechend für juristische Personen und nicht rechtsfähige Personenvereinigungen.

§ 11
Unterrichtung und Beratung der Einwohner

(1) 1Die Gemeinde informiert ihre Einwohner laufend über die allgemein bedeutsamen Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches. 2Sie soll sich dabei auch elektronischer Formen bedienen.

(2) Über Planungen und Vorhaben der Gemeinde, die für ihre Entwicklung bedeutsam sind oder die die sozialen, kulturellen, ökologischen oder wirtschaftlichen Belange ihrer Einwohner berühren, sind die Einwohner frühzeitig und umfassend zu informieren.

(3) Die Gemeinde soll im Rahmen ihrer rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten die Einwohner in Angelegenheiten ihres Aufgabenbereiches beraten, sowie über Zuständigkeiten in Verwaltungsangelegenheiten Auskünfte erteilen.

§ 12
Petitionsrecht

(1) 1Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen in Gemeindeangelegenheiten mit Vorschlägen, Bitten und Beschwerden (Petitionen) an die Gemeinde zu wenden. 2Dem Petenten ist innerhalb angemessener Frist, spätestens aber nach sechs Wochen, ein begründeter Bescheid zu erteilen. 3Ist innerhalb von sechs Wochen ein begründeter Bescheid nicht möglich, ist ein Zwischenbescheid zu erteilen.

(2) Der Gemeinderat kann für die Behandlung von Petitionen, die in seine Zuständigkeit fallen, einen Petitionsausschuss bilden.

§ 13
Hilfe in Verwaltungsverfahren

(1) 1Die Gemeinden sind im Rahmen ihrer Verwaltungskraft ihren Einwohnern bei der Einleitung von Verwaltungsverfahren behilflich, auch wenn für deren Durchführung das Landratsamt oder die Landesdirektion Sachsen zuständig ist. 2Zur Rechtsberatung sind die Gemeinden nicht berechtigt.

(2) 1Die Gemeinden sollen Anträge und Erklärungen, die beim Landratsamt oder bei der Landesdirektion Sachsen einzureichen sind, entgegennehmen und unverzüglich weiterleiten. 2Die Einreichung bei der Gemeinde gilt hinsichtlich der Wahrung von Fristen als bei der zuständigen Behörde vorgenommen, soweit Bundesrecht nicht entgegensteht.

(3) Die Gemeinden haben häufig benötigte Formulare, die ihnen von anderen Behörden überlassen werden, für ihre Einwohner bereit zu halten, soweit möglich auch in elektronischer Form.

§ 14
Anschluss- und Benutzungszwang

(1) Die Gemeinde kann bei öffentlichem Bedürfnis durch Satzung für die Grundstücke ihres Gebietes den Anschluss an Anlagen zur Wasserversorgung, Ableitung und Reinigung von Abwasser, Fernwärmeversorgung und ähnliche dem öffentlichen Wohl, insbesondere dem Umweltschutz dienende Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen, der Bestattungseinrichtungen, der Abfallbeseitigungseinrichtungen und der Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben.

(2) 1Die Satzung kann bestimmte Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen. 2Sie kann den Zwang auf bestimmte Teile des Gemeindegebietes oder auf bestimmte Gruppen von Grundstücken, Gewerbebetrieben oder Personen beschränken.

§ 15
Bürger der Gemeinde

(1) 1Bürger der Gemeinde ist jeder Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes und jeder Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, der das 18. Lebensjahr vollendet hat und seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnt. 2Wer in mehreren Gemeinden wohnt, ist Bürger nur in der Gemeinde des Freistaates Sachsen, in der er seit mindestens drei Monaten seine Hauptwohnung hat. 3War in der Gemeinde, in der sich die Hauptwohnung befindet, die bisherige einzige Wohnung, wird die bisherige Wohndauer in dieser Gemeinde angerechnet. 4Bei der Berechnung der Dreimonatsfrist ist der Tag des Einzugs in die Frist einzubeziehen.

(2) Die verantwortliche Teilnahme an der bürgerschaftlichen Selbstverwaltung der Gemeinde ist Recht und Pflicht aller Bürger.

(3) Bei einer Gebietsänderung werden Bürger, die in dem betroffenen Gebiet wohnen, Bürger der aufnehmenden oder neugebildeten Gemeinde; im Übrigen wird bei der Berechnung der Frist nach Absatz 1 Satz 1 die Wohndauer in der bisherigen Gemeinde angerechnet.

(4) 1Auf der Grundlage der Verfassung des Freistaates Sachsen gewährleisten die Gemeinden die Rechte der Bürger sorbischer Nationalität. 2Die Gemeinden des sorbischen Siedlungsgebietes regeln die Förderung der sorbischen Kultur und Sprache durch Satzung. 3Gleiches gilt für die zweisprachige Benennung der Gemeinden und Gemeindeteile sowie der öffentlichen Gebäude, Einrichtungen, Straßen, Wege, Plätze und Brücken.

§ 16
Wahlrecht

1Die Bürger der Gemeinde sind im Rahmen der Gesetze zu den Gemeindewahlen wahlberechtigt und haben das Stimmrecht in Gemeindeangelegenheiten. 2Hiervon ausgeschlossen ist, wer infolge Richterspruchs das Wahlrecht und Stimmrecht nicht besitzt.2

§ 17
Ehrenamtliche Tätigkeit

(1) 1Die Bürger der Gemeinde sind zur Übernahme und Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit verpflichtet. 2Anderen kann die Gemeinde eine ehrenamtliche Tätigkeit mit deren Einverständnis übertragen.

(2) 1Soweit nichts anderes bestimmt ist, obliegt die Bestellung zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit dem Gemeinderat. 2Er kann die Bestellung jederzeit widerrufen.

§ 18
Ablehnung ehrenamtlicher Tätigkeit

(1) 1Aus wichtigem Grund kann die Übernahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit abgelehnt oder die Beendigung dieser Tätigkeit verlangt werden. 2Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn die Person

1.
älter als 65 Jahre ist,
2.
anhaltend krank ist,
3.
zehn Jahre dem Gemeinderat oder Ortschaftsrat angehört oder ein anderes Ehrenamt bekleidet hat,
4.
durch die Ausübung der ehrenamtlichen Tätigkeit in seiner Berufs- oder Erwerbstätigkeit oder in der Fürsorge für seine Familie erheblich behindert wird,
5.
ein öffentliches Amt ausübt und die oberste Dienstbehörde feststellt, dass die ehrenamtliche Tätigkeit hiermit nicht vereinbar ist.

(2) 1Ob ein wichtiger Grund vorliegt, entscheidet der Gemeinderat. 2Abweichend hiervon entscheidet bei Ortschaftsräten der Ortschaftsrat, bei ehrenamtlichen Bürgermeistern die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde.

§ 19
Pflichten ehrenamtlich Tätiger

(1) Wer eine ehrenamtliche Tätigkeit ausübt, muss die ihm übertragenen Aufgaben uneigennützig und verantwortungsbewusst erfüllen.

(2) 1Der ehrenamtlich Tätige ist zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet, deren Geheimhaltung gesetzlich vorgeschrieben, besonders angeordnet oder ihrer Natur nach erforderlich ist. 2Er darf die Kenntnis von geheimzuhaltenden Angelegenheiten nicht unbefugt verwerten. 3Diese Verpflichtungen bestehen auch nach Beendigung der ehrenamtlichen Tätigkeit fort. 4Die Geheimhaltung kann nur aus Gründen des öffentlichen Wohls oder zum Schutz berechtigter Interessen Einzelner angeordnet werden. 5Die Anordnung ist aufzuheben, sobald sie nicht mehr gerechtfertigt ist.

(3) 1Ehrenbeamte dürfen Ansprüche Dritter gegen die Gemeinde nicht geltend machen; hiervon ausgenommen sind Fälle der gesetzlichen Vertretung. 2Das Gleiche gilt für andere ehrenamtlich Tätige, wenn diese Ansprüche mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit im Zusammenhang stehen. 3Ob die Voraussetzungen dieses Verbots vorliegen, entscheidet im Zweifelsfall der Gemeinderat.

(4) Der Gemeinderat kann einem ehrenamtlich Tätigen der ohne wichtigen Grund eine ehrenamtliche Tätigkeit ablehnt oder aufgibt, seine Pflichten nach Absatz 1 gröblich verletzt, einer Verpflichtung nach Absatz 2 zuwiderhandelt oder eine Vertretung entgegen Absatz 3 ausübt, ein Ordnungsgeld bis zu 500 Euro auferlegen.

§ 20
Ausschluss wegen Befangenheit

(1) Der ehrenamtlich Tätige darf weder beratend noch entscheidend mitwirken, wenn er in der Angelegenheit bereits in anderer Eigenschaft tätig geworden ist oder wenn die Entscheidung ihm selbst oder folgenden Personen einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann:

1.
seinem Ehegatten, Verlobten oder Lebenspartner nach § 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes,
2.
einem in gerader Linie oder in Seitenlinie bis zum dritten Grade Verwandten,
3.
einem in gerader Linie oder in Seitenlinie bis zum zweiten Grade Verschwägerten oder als verschwägert Geltenden, solange die die Schwägerschaft begründende Ehe oder Lebenspartnerschaft nach § 1 des Lebenspartnerschaftsgesetzes besteht,
4.
einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person,
5.
einer Person oder Gesellschaft, bei der er beschäftigt ist, sofern nicht nach den tatsächlichen Umständen der Beschäftigung anzunehmen ist, dass kein Interessenwiderstreit besteht,
6.
einer Gesellschaft, bei der ihm, einer in Nummer 1 genannten Person oder einem Verwandten ersten Grades allein oder gemeinsam mindestens 10 Prozent der Anteile gehören,
7.
einer juristischen Person des privaten Rechts, in deren Vorstand, Aufsichtsrat, Verwaltungsrat oder vergleichbarem Organ er tätig ist, oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, ausgenommen einer Gebietskörperschaft, in deren Organ er tätig ist, sofern er diese Tätigkeit nicht als Vertreter der Gemeinde oder auf deren Vorschlag hin ausübt.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit,
2.
wenn die Entscheidung nur die gemeinsamen Interessen einer Berufs- oder Bevölkerungsgruppe berührt.

(3) 1Der ehrenamtlich Tätige, bei dem ein Tatbestand vorliegt, der Befangenheit zur Folge haben kann, hat dies vor Beginn der Beratung dieser Angelegenheit dem Vorsitzenden, sonst dem Bürgermeister mitzuteilen. 2Ob ein Ausschließungsgrund vorliegt, entscheidet im Zweifelsfall in Abwesenheit des Betroffenen bei Gemeinderäten der Gemeinderat, bei Ortschaftsräten der Ortschaftsrat, bei Mitgliedern von Ausschüssen der Ausschuss, sonst der Bürgermeister.

(4) 1Wer an der Beratung und Entscheidung wegen Befangenheit nicht mitwirken darf, muss die Sitzung verlassen. 2Ist die Sitzung öffentlich, darf er als Zuhörer anwesend bleiben.

(5) 1Ein Beschluss ist rechtswidrig, wenn bei der Beratung oder Beschlussfassung die Bestimmungen der Absätze 1 oder 4 verletzt worden sind oder wenn jemand ohne einen der Gründe des Absatzes 1 ausgeschlossen worden ist. 2Der Beschluss gilt jedoch ein Jahr nach der Beschlussfassung oder, wenn eine öffentliche Bekanntmachung erforderlich ist, ein Jahr nach dieser als von Anfang an gültig zustande gekommen. 3§ 4 Absatz 4 Satz 2 Nummer 3 und 4 und Satz 3 gilt entsprechend.

§ 21
Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit

(1) 1Ehrenamtlich Tätige haben Anspruch auf Ersatz ihrer notwendigen Auslagen und ihres Verdienstausfalls. 2Durch Satzung können Höchstbeträge oder Durchschnittssätze festgesetzt werden. 3Soweit kein Verdienstausfall entsteht, kann durch Satzung bestimmt werden, dass für den Zeitaufwand eine Entschädigung gewährt wird.

(2) Durch Satzung kann bestimmt werden, dass Gemeinderäten, Ortschaftsräten und sonstigen Mitgliedern der Ausschüsse und Beiräte des Gemeinderats und Ortschaftsrats eine Aufwandsentschädigung gewährt wird.

(3) Ehrenamtlich Tätigen wird Ersatz für Sachschäden in entsprechender Anwendung der für Beamte geltenden Bestimmungen gewährt.

(4) Ansprüche nach den Absätzen 1 bis 3 sind nicht übertragbar.

§ 22
Einwohnerversammlung

(1) 1Allgemein bedeutsame Gemeindeangelegenheiten sollen mit den Einwohnern erörtert werden. 2Zu diesem Zweck soll der Gemeinderat mindestens einmal im Jahr eine Einwohnerversammlung anberaumen. 3Einwohnerversammlungen können auf Gemeindeteile beschränkt werden. 4Die Einwohnerversammlung wird vom Bürgermeister spätestens eine Woche vor ihrer Durchführung unter ortsüblicher Bekanntgabe von Ort, Zeit und Tagesordnung einberufen. 5Den Vorsitz führt der Bürgermeister oder ein von ihm beauftragter leitender Bediensteter, sofern der Gemeinderat nicht eines seiner Mitglieder damit beauftragt. 6Gemeinderäte und Vertreter der Gemeindeverwaltung müssen den Einwohnern für Fragen zur Verfügung stehen.

(2) 1Eine Einwohnerversammlung ist anzuberaumen, wenn dies von den Einwohnern beantragt wird. 2Der Antrag muss unter Bezeichnung der zu erörternden Angelegenheiten schriftlich eingereicht werden; die elektronische Form ist ausgeschlossen. 3Der Antrag muss von mindestens 10 Prozent der Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, unterzeichnet sein. 4Die Hauptsatzung kann ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als 5 Prozent festsetzen. 5In dem Antrag sollen eine Vertrauensperson und eine stellvertretende Vertrauensperson benannt werden, die jede für sich zur Entgegennahme von Mitteilungen und Entscheidungen der Gemeinde und zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt ist.

(3) 1Die Einwohnerversammlung ist innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Antrages durchzuführen. 2Die Erörterung einer Angelegenheit in einer Einwohnerversammlung kann innerhalb eines Jahres erneut nur dann beantragt werden, wenn sich die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat.

(4) 1Vorschläge und Anregungen der Einwohnerversammlung sind innerhalb von drei Monaten von dem zuständigen Organ der Gemeinde zu behandeln. 2Das Ergebnis der Behandlung der Vorschläge und Anregungen ist in ortsüblicher Weise bekanntzugeben.

§ 23
Einwohnerantrag

1Der Gemeinderat muss Gemeindeangelegenheiten, für die er zuständig ist, innerhalb von drei Monaten behandeln, wenn dies von den Einwohnern beantragt wird (Einwohnerantrag). 2§ 22 Absatz 2, 3 und 4 Satz 2 gilt entsprechend. 3Die Vertrauenspersonen sind bei der Beratung im Gemeinderat zu hören.

§ 24
Bürgerentscheid

(1) In Gemeindeangelegenheiten können die Bürger an Stelle des Gemeinderats über einen zur Abstimmung gestellten Entscheidungsvorschlag entscheiden (Bürgerentscheid), wenn ein Bürgerbegehren Erfolg hat oder der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder die Durchführung eines Bürgerentscheides beschließt.

(2) 1Der Bürgerentscheid kann über alle Angelegenheiten durchgeführt werden, für die der Gemeinderat zuständig ist. 2Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über

1.
Weisungsaufgaben,
2.
Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3.
Haushaltssatzungen und Wirtschaftspläne,
4.
Gemeindeabgaben, Tarife und Entgelte,
5.
Jahresabschlüsse und Gesamtabschlüsse sowie Jahresabschlüsse der Sondervermögen und Treuhandvermögen,
6.
Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
7.
Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren,
8.
Anträge, die gesetzwidrige Ziele verfolgen.

(3) 1Bei einem Bürgerentscheid ist der zur Abstimmung gestellte Entscheidungsvorschlag angenommen, wenn er die Mehrheit der gültigen Stimmen erhält und diese Mehrheit mindestens 25 Prozent der Stimmberechtigten beträgt. 2Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat der Gemeinderat zu entscheiden.

(4) 1Der Bürgerentscheid steht einem Beschluss des Gemeinderats gleich. 2Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.

(5) 1Ein Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt. 2Für einen solchen Beschluss gilt Absatz 4 Satz 2 entsprechend.

§ 25
Bürgerbegehren

(1) 1Die Durchführung eines Bürgerentscheids kann schriftlich von Bürgern der Gemeinde beantragt werden (Bürgerbegehren); die elektronische Form ist ausgeschlossen. 2Das Bürgerbegehren muss mindestens von 10 Prozent der Bürger der Gemeinde unterzeichnet sein; die Hauptsatzung kann ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als 5 Prozent festsetzen. 3Ein Bürgerbegehren darf nur Angelegenheiten zum Gegenstand haben, über die innerhalb der letzten drei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid auf Grund eines Bürgerbegehrens durchgeführt worden ist.

(2) 1Das Bürgerbegehren muss einen mit ja oder nein zu entscheidenden Entscheidungsvorschlag und eine Begründung enthalten sowie eine Vertrauensperson und eine stellvertretende Vertrauensperson bezeichnen, die jede für sich zur Entgegennahme von Mitteilungen und Entscheidungen der Gemeinde und zur Abgabe von Erklärungen ermächtigt ist. 2Das Bürgerbegehren muss einen nach den gesetzlichen Bestimmungen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten oder zum Ausgleich der Einnahmeausfälle der verlangten Maßnahme enthalten.

(3) 1Das Bürgerbegehren muss vor Beginn der Unterschriftensammlung schriftlich bei der Gemeinde angezeigt werden. 2Es ist spätestens ein Jahr nach Zugang der Anzeige mit den nach Absatz 1 Satz 2 erforderlichen Unterschriften bei der Gemeinde einzureichen. 3Richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe des Beschlusses in öffentlicher Sitzung bei der Gemeinde eingereicht werden.

(4) 1Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens entscheidet der Gemeinderat. 2Die Entscheidung ist ortsüblich bekanntzugeben und ergeht kostenfrei. 3Über den Widerspruch entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde. 4Ist das Bürgerbegehren zulässig, so ist der Bürgerentscheid innerhalb von drei Monaten durchzuführen. 5Nach der Feststellung der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens darf eine diesem widersprechende Entscheidung des Gemeinderats nicht mehr getroffen werden.

§ 26
Ehrenbürgerrecht

(1) Der Gemeinderat kann Personen, die sich in besonderem Maße um die Entwicklung der Gemeinde oder das Wohl ihrer Bürger verdient gemacht haben, das Ehrenbürgerrecht verleihen.

(2) Das Ehrenbürgerrecht kann aus wichtigem Grund durch Beschluss des Gemeinderats aberkannt werden.

Dritter Teil
Verfassung und Verwaltung der Gemeinde

Erster Abschnitt
Gemeinderat

§ 27
Rechtsstellung des Gemeinderats

(1) Der Gemeinderat ist die Vertretung der Bürger und das Hauptorgan der Gemeinde.

(2) In Städten führt der Gemeinderat die Bezeichnung Stadtrat.

§ 28
Aufgaben des Gemeinderats

(1) Der Gemeinderat legt die Grundsätze für die Verwaltung der Gemeinde fest und entscheidet über alle Angelegenheiten der Gemeinde, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm der Gemeinderat bestimmte Angelegenheiten überträgt.

(2) Die Entscheidung über folgende Angelegenheiten kann der Gemeinderat nicht übertragen:

1.
die Festlegung von Grundsätzen für die Verwaltung der Gemeinde,
2.
die Bestellung der Mitglieder von Ausschüssen des Gemeinderats, der Stellvertreter des Bürgermeisters, der Beigeordneten sowie Angelegenheiten nach Absatz 4 Satz 1 bei leitenden Bediensteten,
3.
die Übernahme freiwilliger Aufgaben,
4.
Satzungen, anderes Ortsrecht und Flächennutzungspläne,
5.
die Änderung des Gemeindegebietes,
6.
die Entscheidung über die Durchführung eines Bürgerentscheides oder die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens,
7.
die Verleihung und Aberkennung des Ehrenbürgerrechts,
8.
die Regelung der allgemeinen Rechtsverhältnisse der Gemeindebediensteten,
9.
die Übertragung von Aufgaben auf den Bürgermeister,
10.
die Erteilung des Einvernehmens zur Abgrenzung der Geschäftskreise der Beigeordneten,
11.
die Übertragung von Aufgaben auf das Rechnungsprüfungsamt,
12.
der Entzug der Leitung des Rechnungsprüfungsamtes nach § 103 Absatz 4,
13.
die Entscheidung der Auswahl des örtlichen Prüfers nach § 103 Absatz 1 Satz 1 und 2,
14.
die Verfügung über Gemeindevermögen, das für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ist,
15.
die Errichtung, Übernahme, wesentliche Veränderung, vollständige oder teilweise Veräußerung und die Auflösung von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen sowie die unmittelbare und mittelbare Beteiligung an solchen,
16.
ein Haushaltsstrukturkonzept,
17.
die Bestellung von Sicherheiten, die Übernahme von Bürgschaften und von Verpflichtungen aus Gewährverträgen und den Abschluss der ihnen wirtschaftlich gleichkommenden Rechtsgeschäfte, soweit sie für die Gemeinden von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
18.
Jahresabschlüsse und Gesamtabschlüsse, Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse der Sondervermögen und Treuhandvermögen,
19.
die allgemeine Festsetzung von Abgaben,
20.
den Verzicht auf Ansprüche der Gemeinde und die Niederschlagung solcher Ansprüche, die Führung von Rechtsstreitigkeiten und den Abschluss von Vergleichen, soweit sie für die Gemeinde von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung sind,
21.
den Beitritt zu Zweckverbänden und den Austritt aus diesen.

(3) Der Gemeinderat überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Missständen in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister.

(4) 1Der Gemeinderat entscheidet im Einvernehmen mit dem Bürgermeister über die Ernennung, Einstellung, Höhergruppierung und Entlassung der Gemeindebediensteten sowie über die Festsetzung von Vergütungen, auf die kein Anspruch auf Grund eines Tarifvertrags besteht. 2Kommt es zu keinem Einvernehmen, entscheidet der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Stimmberechtigten. 3Der Bürgermeister ist zuständig, soweit der Gemeinderat ihm die Entscheidung überträgt oder diese zur laufenden Verwaltung gehört.

(5) 1Ein Fünftel der Gemeinderäte kann in allen Angelegenheiten der Gemeinde verlangen, dass der Bürgermeister den Gemeinderat informiert und diesem oder einem von ihm bestellten Ausschuss Akteneinsicht gewährt. 2In dem Ausschuss müssen die Antragsteller vertreten sein. 3Für den gemäß Satz 1 bestellten Ausschuss gilt § 43 entsprechend.

(6) 1Jeder Gemeinderat kann an den Bürgermeister schriftliche oder in einer Sitzung des Gemeinderats mündliche Anfragen über einzelne Angelegenheiten der Gemeinde richten, die binnen angemessener Frist, die grundsätzlich vier Wochen beträgt, zu beantworten sind. 2Das Nähere ist in der Geschäftsordnung zu regeln.

(7) Die Absätze 5 und 6 gelten nicht für die nach § 53 Absatz 3 Satz 3 geheimzuhaltenden Angelegenheiten.

§ 29
Zusammensetzung des Gemeinderats

(1) 1Der Gemeinderat besteht aus den Gemeinderäten und dem Bürgermeister als Vorsitzendem. 2In Städten führen die Gemeinderäte die Bezeichnung Stadträte.

(2) Die Zahl der Gemeinderäte beträgt in Gemeinden

Zahl der Gemeinderäte
bis zu Einwohner Anzahl
bis zu 500 Einwohnern 8,
bis zu 1 000 Einwohnern 10,
bis zu 2 000 Einwohnern 12,
bis zu 3 000 Einwohnern 14,
bis zu 5 000 Einwohnern 16,
bis zu 10 000 Einwohnern 18,
bis zu 20 000 Einwohnern 22,
bis zu 30 000 Einwohnern 26,
bis zu 40 000 Einwohnern 30,
bis zu 50 000 Einwohnern 34,
bis zu 60 000 Einwohnern 38,
bis zu 80 000 Einwohnern 42,
bis zu 150 000 Einwohnern 48,
bis zu 400 000 Einwohnern 54,
mit mehr als 400 000 Einwohnern 60.

(3) Durch die Hauptsatzung kann bestimmt werden, dass die Zahl der Gemeinderäte sich nach der nächsthöheren oder der nächstniederen Größengruppe richtet; in der höchsten Größengruppe kann die Zahl um bis zu 10 erhöht werden.

(4) Änderungen der für die Zahl der Gemeinderäte maßgebenden Einwohnerzahl und Regelungen der Hauptsatzung nach Absatz 3 sind erst bei der nächsten regelmäßigen Wahl zu berücksichtigen.

§ 30
Wahlgrundsätze

(1) Die Gemeinderäte werden von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.

(2) 1Gewählt wird auf Grund von Wahlvorschlägen unter Berücksichtigung der Grundsätze der Verhältniswahl. 2Die Verbindung von Wahlvorschlägen ist unzulässig. 3Der Wahlberechtigte kann Bewerber aus anderen Wahlvorschlägen übernehmen und einem Bewerber bis zu drei Stimmen geben.

(3) 1Wird nur ein gültiger oder kein Wahlvorschlag eingereicht, findet Mehrheitswahl ohne Bindung an die vorgeschlagenen Bewerber und ohne das Recht der Stimmenhäufung auf einen Bewerber statt. 2Dasselbe gilt, wenn mehrere Wahlvorschläge eingereicht werden, die zusammen weniger Bewerber als zwei Drittel der festgelegten Zahl der Mitglieder des Gemeinderates umfassen.

§ 31
Wählbarkeit

(1) Wählbar in den Gemeinderat sind die Bürger der Gemeinde.

(2) Nicht wählbar ist, wer

1.
vom Wahlrecht ausgeschlossen ist (§ 16 Satz 2),
2.
infolge deutschen Richterspruchs die Wählbarkeit oder die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzt oder
3.
als Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union nach dem Recht dieses Mitgliedstaates infolge einer zivilrechtlichen Einzelfallentscheidung oder einer strafrechtlichen Entscheidung die Wählbarkeit verloren hat.3

§ 32
Hinderungsgründe

(1) Gemeinderäte können nicht sein

1.
der Bürgermeister, die Beigeordneten und die übrigen Beamten der Gemeinde, ausgenommen die Ehrenbeamten und Ruhestandsbeamten, sowie die Arbeitnehmer der Gemeinde,
2.
die Beamten und leitenden Arbeitnehmer einer juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts, in der die Gemeinde einen maßgeblichen Einfluss ausübt,
3.
die Beamten und Arbeitnehmer eines Verwaltungsverbandes nach den §§ 5 und 23 des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 2019 (SächsGVBl. S. 270), in der jeweils geltenden Fassung, dessen Mitglied die Gemeinde ist,
4.
die Beamten und Arbeitnehmer der erfüllenden Gemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft nach § 36 des Sächsischen Gesetzes über kommunale Zusammenarbeit, an der die Gemeinde beteiligt ist,
5.
die leitenden Beamten und Arbeitnehmer sowie die mit Angelegenheiten der Rechtsaufsicht über die Gemeinde befassten Beamten und Arbeitnehmer der Rechtsaufsichtsbehörden,
6.
die mit Angelegenheiten der überörtlichen Prüfung der Gemeinde befassten Beamten und Arbeitnehmer der staatlichen Rechnungsprüfungsämter und des Sächsischen Rechnungshofes.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Arbeitnehmer, deren Wählbarkeit nicht nach Artikel 137 Absatz 1 des Grundgesetzes eingeschränkt werden kann.

(3) 1Der Gemeinderat stellt fest, ob ein Hinderungsgrund nach Absatz 1 gegeben ist. 2Bis zu dieser Feststellung bleibt die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit des Gemeinderats in den Fällen des Absatzes 1 unberührt. 3Die Feststellung eines Hinderungsgrundes ergeht durch Verwaltungsakt.4

§ 33
Wahlperiode

(1) Die regelmäßigen Gemeinderatswahlen finden alle fünf Jahre statt.

(2) 1Die Wahlperiode endet mit Ablauf des Monats, in dem die regelmäßigen Wahlen der Gemeinderäte stattfinden. 2Wenn die Wahl von der Wahlprüfungsbehörde nicht beanstandet wurde, ist die erste Sitzung des Gemeinderats unverzüglich nach der Zustellung des Wahlprüfungsbescheides oder nach ungenutztem Ablauf der Wahlprüfungsfrist, sonst nach rechtskräftiger Erledigung der Beanstandung anzuberaumen. 3Bis zum Zusammentreten des neugebildeten Gemeinderats führt der bisherige Gemeinderat die Geschäfte weiter.

(3) 1Wird die Wahl des Gemeinderats nach seinem Zusammentreten rechtskräftig für ungültig erklärt, so führt er die Geschäfte bis zum Zusammentreten des neugewählten Gemeinderats weiter. 2Wird nach dem Zusammentreten des Gemeinderats die Neufeststellung des Wahlergebnisses rechtskräftig angeordnet, so führt er die Geschäfte bis zum Ablauf des Tages weiter, an dem das berichtigte Wahlergebnis öffentlich bekanntgemacht wird. 3Die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit des Gemeinderats bleibt in den Fällen der Sätze 1 und 2 unberührt.

§ 34
Ausscheiden, Nachrücken, Ergänzungswahl

(1) 1Aus dem Gemeinderat scheiden die Mitglieder aus, bei denen während der Wahlperiode der Verlust der Wählbarkeit (§ 31) oder ein Hinderungsgrund (§ 32) eintritt oder bekannt wird. 2Der Gemeinderat ist verpflichtet, unverzüglich das Ausscheiden nach Satz 1 und den Absätzen 3 und 4 festzustellen. 3Bis zu dieser Feststellung bleibt die Rechtswirksamkeit der Tätigkeit des Gemeinderats unberührt.

(2) Tritt ein Gewählter nicht in den Gemeinderat ein oder scheidet er im Laufe der Wahlperiode aus, rückt der als nächste Ersatzperson festgestellte Bewerber nach.

(3) 1Wird eine Partei oder die Teilorganisation einer Partei durch das Bundesverfassungsgericht nach Artikel 21 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes für verfassungswidrig erklärt, verlieren die Gemeinderäte ihr Mandat, sofern sie dieser Partei oder Teilorganisation zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen der Antragstellung (§ 43 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 [BGBl. I S. 1473], das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 20. November 2019 [BGBl. I S. 1724] geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) und der Verkündung der Entscheidung (§ 46 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes) angehört haben. 2Satz 1 gilt entsprechend für die Feststellung, dass eine Partei oder ein Teil einer Partei eine verbotene Ersatzorganisation ist.

(4) Wird ein Verein oder Teilverein gemäß § 3 des Vereinsgesetzes verboten, weil sein Zweck oder seine Tätigkeit gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist, oder wird nach § 8 Absatz 2 des Vereinsgesetzes festgestellt, dass ein Verein oder Teilverein eine Ersatzorganisation eines aus diesen Gründen verbotenen Vereins oder Teilvereins ist, verlieren die Gemeinderäte ihr Mandat zum Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung, sofern sie diesem Verein oder Teilverein zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen der Bekanntgabe des Verwaltungsakts und dem Eintritt der Unanfechtbarkeit angehört haben.

(5) Nach den Absätzen 3 und 4 freigewordene Sitze des Gemeinderats bleiben unbesetzt, soweit auch auf die Ersatzpersonen die Voraussetzungen der Absätze 3 und 4 zutreffen.

(6) 1Eine Neuverteilung der verbleibenden Sitze findet nicht statt. 2Absatz 7 bleibt unberührt.

(7) Ist die Zahl der Gemeinderäte während der Wahlperiode auf weniger als zwei Drittel der festgelegten Mitgliederzahl gesunken, ist eine Ergänzungswahl nach den für die Hauptwahl geltenden Vorschriften für den Rest der Wahlperiode durchzuführen, sofern dieser mindestens sechs Monate beträgt.5

§ 35
Rechtsstellung der Gemeinderäte

(1) 1Die Gemeinderäte üben ihr Mandat ehrenamtlich aus. 2Der Bürgermeister verpflichtet die Gemeinderäte in der ersten Sitzung öffentlich auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten.

(2) 1Niemand darf gehindert werden, sich um das Mandat eines Gemeinderats zu bewerben, es zu übernehmen und auszuüben. 2Eine Kündigung oder Entlassung aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, eine Versetzung an einen anderen Beschäftigungsort sowie sonstige berufliche Benachteiligungen aus diesem Grunde sind unzulässig. 3Steht der Gemeinderat in einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis, ist ihm die für die Mandatsausübung erforderliche freie Zeit zu gewähren.

(3) 1Die Gemeinderäte üben ihr Mandat nach dem Gesetz und ihrer freien, dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung aus. 2An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.

(4) Die Gemeinderäte sind verpflichtet, an den Sitzungen teilzunehmen.

(5) Erleidet ein Gemeinderat einen Dienstunfall, hat er dieselben Rechte wie ein Ehrenbeamter.

(6) Auf Gemeinderäte, die als Vertreter der Gemeinde in Organen eines wirtschaftlichen Unternehmens (§ 94a) Vergütungen erhalten, finden die für den Bürgermeister der Gemeinde geltenden Vorschriften über die Ablieferungspflicht entsprechende Anwendung.

§ 35a
Fraktionen

(1) 1Gemeinderäte können sich zu Fraktionen zusammenschließen. 2Diese sind Organteile des Gemeinderats. 3Das Nähere über die Bildung, die Stärke der Fraktionen, ihre Rechte und Pflichten innerhalb des Gemeinderats regelt die Gemeinde durch Geschäftsordnung.

(2) Die Fraktionen wirken bei der Willensbildung und Entscheidungsfindung des Gemeinderats mit; sie können ihre Auffassungen öffentlich darstellen.

(3) 1Die Gemeinde kann den Fraktionen Mittel aus ihrem Haushalt für die sächlichen und personellen Aufwendungen für die Geschäftsführung gewähren. 2In Gemeinden ab 30 000 Einwohner sollen ihnen Mittel gewährt werden. 3Diese Mittel sind in einer besonderen Anlage zum Haushaltsplan darzustellen. 4Über ihre Verwendung ist ein Nachweis in einfacher Form zu führen.

(4) 1Für Bedienstete der Fraktionen gilt § 19 Absatz 2 entsprechend. 2Die Geschäftsordnung kann vorsehen, dass Arbeitnehmer der Fraktionen zu nichtöffentlichen Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse Zutritt haben.

§ 36
Vorsitz im Gemeinderat, Einberufung der Sitzungen

(1) Den Vorsitz im Gemeinderat führt der Bürgermeister.

(2) Der Gemeinderat beschließt über Ort und Zeit seiner regelmäßigen Sitzungen.

(3) 1Der Bürgermeister beruft den Gemeinderat schriftlich oder in elektronischer Form mit angemessener Frist ein und teilt rechtzeitig die Verhandlungsgegenstände mit; dabei sind die für die Beratung erforderlichen Unterlagen beizufügen, soweit nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen. 2Das Nähere regelt die Geschäftsordnung. 3Der Gemeinderat ist einzuberufen, wenn es die Geschäftslage erfordert. 4Der Gemeinderat ist unverzüglich einzuberufen, wenn dies von einem Fünftel der Gemeinderäte unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes beantragt wird und der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand nicht innerhalb der letzten sechs Monate bereits behandelt hat oder wenn sich seit der Behandlung die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat. 5Der Verhandlungsgegenstand muss in die Zuständigkeit des Gemeinderates fallen. 6In Eilfällen kann der Gemeinderat ohne Frist, formlos und nur unter Angabe der Verhandlungsgegenstände einberufen werden.

(4) 1Zeit, Ort und Tagesordnung der öffentlichen Sitzungen sind rechtzeitig ortsüblich bekanntzugeben. 2Dies gilt nicht bei der Einberufung des Gemeinderats in Eilfällen.

(5) 1Auf Antrag von mindestens einem Fünftel der Gemeinderäte oder einer Fraktion ist ein Verhandlungsgegenstand auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen; Absatz 3 Satz 4 und 5 gilt entsprechend. 2Die Verhandlungsgegenstände müssen in die Zuständigkeit des Gemeinderats fallen.

§ 36a
Durchführung von Sitzungen
ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder
im Sitzungsraum im Falle einer epidemischen
Lage von nationaler Tragweite

(1) 1Im Falle einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite im Sinne von § 5 Absatz 1 Satz 1 des Infek­tionsschutzgesetzes vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), das zuletzt durch Artikel 5 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1385) geändert worden ist, können Sitzungen des Gemeinderates ohne persönliche Anwesenheit der Mitglieder im Sitzungsraum durchgeführt werden, sofern eine Beratung und Beschlussfassung durch zeitgleiche Übertragung von Bild und Ton mittels geeigneter technischer Hilfsmittel, insbesondere in Form einer Videokonferenz, möglich ist. 2Die Durchführung einer Sitzung im Sinne von Satz 1 bedarf der vorherigen Zustimmung der Rechtsaufsichtsbehörde. 3Die Zustimmung ist zu erteilen, sofern die in der Gemeinde eingetretene epidemische Lage so beschaffen ist, dass eine Gemeinderatssitzung bei räumlicher Anwesenheit der Gemeinderatsmitglieder ohne Ansteckungsrisiko nicht durchgeführt werden kann und hinreichend erfolgversprechende Maßnahmen zum Infektionsschutz nicht möglich oder mit einem unvertretbaren Aufwand für die Gemeinde verbunden wären. 4Die Rechtsaufsichtsbehörde hat über das entsprechende Anliegen der Gemeinde unverzüglich zu entscheiden.

(2) Bei öffentlichen Sitzungen nach Absatz 1 Satz 1 muss eine zeitgleiche Übertragung von Bild und Ton in eine öffentlich zugängliche Räumlichkeit erfolgen.

(3) 1Die Gemeinde hat sicherzustellen, dass die technischen Anforderungen und die datenschutzrechtlichen Bestimmungen für eine ordnungsgemäße Durchführung der Sitzungen einschließlich Beratung und Beschlussfassung eingehalten werden. 2In Sitzungen nach Absatz 1 Satz 1 dürfen Wahlen im Sinne von § 39 Absatz 7 nicht durchgeführt und keine Beschlüsse über die Haushaltssatzung im Sinne von § 76 Absatz 2 gefasst werden. 3Im Übrigen gelten die Regelungen für Sitzungen gemäß § 36 entsprechend.6

§ 37
Öffentlichkeit der Sitzungen

(1) 1Die Sitzungen des Gemeinderats sind öffentlich, sofern nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner eine nichtöffentliche Verhandlung erfordern. 2Über Anträge aus der Mitte des Gemeinderats, einen Verhandlungsgegenstand entgegen der Tagesordnung in öffentlicher oder nichtöffentlicher Sitzung zu behandeln, wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und entschieden. 3In nichtöffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse sind in öffentlicher Sitzung bekanntzugeben, sofern nicht das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner entgegenstehen. 4Beschließt der Gemeinderat, einen Verhandlungsgegenstand in öffentlicher Sitzung zu behandeln, so hat der Bürgermeister diesen auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen.

(2) Die Gemeinderäte und der Bürgermeister sind zur Verschwiegenheit über alle in nichtöffentlicher Sitzung behandelten Angelegenheiten so lange verpflichtet, bis der Gemeinderat im Einvernehmen mit dem Bürgermeister die Verschwiegenheitspflicht aufhebt; dies gilt nicht für Beschlüsse, die nach Absatz 1 Satz 3 bekanntgegeben worden sind.

§ 38
Verhandlungsleitung, Geschäftsgang

(1) 1Der Bürgermeister eröffnet und schließt die Sitzungen und leitet die Verhandlung des Gemeinderats. 2Er übt die Ordnungsgewalt und das Hausrecht aus. 3Der Bürgermeister kann die Verhandlungsleitung an einen Gemeinderat abgeben.

(2) Der Gemeinderat regelt seine inneren Angelegenheiten, insbesondere den Gang seiner Verhandlungen, im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften durch eine Geschäftsordnung.

(3) 1Bei grobem Verstoß gegen die Ordnung kann ein Gemeinderat vom Vorsitzenden aus dem Beratungsraum verwiesen werden; damit ist der Verlust des Anspruchs auf die auf den Sitzungstag entfallende Entschädigung verbunden. 2Bei wiederholten Verstößen nach Satz 1 kann der Gemeinderat ein Mitglied für mehrere, höchstens jedoch für drei Sitzungen ausschließen. 3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für sachkundige Einwohner, die zu den Beratungen zugezogen sind.

§ 39
Beschlussfassung

(1) 1Der Gemeinderat kann nur in einer ordnungsgemäß einberufenen und geleiteten Sitzung beraten und beschließen. 2Über Gegenstände einfacher Art und geringer Bedeutung kann im schriftlichen oder elektronischen Verfahren beschlossen werden; ein hierbei gestellter Antrag ist angenommen, wenn kein Mitglied widerspricht.

(2) 1Der Gemeinderat ist beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte aller Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist. 2Bei Befangenheit von mehr als der Hälfte aller Mitglieder ist der Gemeinderat beschlussfähig, wenn mindestens ein Viertel aller Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist.

(3) 1Ist der Gemeinderat nicht beschlussfähig, muss eine zweite Sitzung stattfinden, in der er beschlussfähig ist, wenn mindestens drei Mitglieder anwesend und stimmberechtigt sind; bei der Einberufung der zweiten Sitzung ist hierauf hinzuweisen. 2Die zweite Sitzung entfällt, wenn weniger als drei Mitglieder stimmberechtigt sind.

(4) 1Ist der Gemeinderat auch in der zweiten Sitzung wegen Befangenheit von Mitgliedern nicht beschlussfähig, entscheidet der Bürgermeister an seiner Stelle nach Anhörung der nicht befangenen Gemeinderäte. 2Sind auch der Bürgermeister und sein Stellvertreter befangen, gilt § 117 entsprechend, sofern nicht der Gemeinderat ein stimmberechtigtes Mitglied für die Entscheidung zum Stellvertreter des Bürgermeisters bestellt.

(5) 1Der Gemeinderat beschließt durch Abstimmungen und Wahlen. 2Der Bürgermeister ist stimmberechtigt.

(6) 1Der Gemeinderat stimmt in der Regel offen ab; er kann aus wichtigem Grund geheime Abstimmung beschließen. 2Die Beschlüsse werden mit Stimmenmehrheit gefasst. 3Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt. 4Stimmenthaltungen werden für die Ermittlung der Stimmenmehrheit nicht berücksichtigt.

(7) 1Wahlen werden geheim mit Stimmzetteln vorgenommen; es kann offen gewählt werden, wenn kein Mitglied widerspricht. 2Gewählt ist, wer die Mehrheit der Stimmen der anwesenden Stimmberechtigten erhalten hat. 3Wird eine solche Mehrheit bei der Wahl nicht erreicht, findet zwischen den beiden Bewerbern mit den meisten Stimmen Stichwahl statt, bei der die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet; Absatz 6 Satz 4 gilt entsprechend. 4Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. 5Steht nur ein Bewerber zur Wahl, findet im Falle des Satzes 3 ein zweiter Wahlgang statt, bei dem die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen ausreicht.

§ 40
Niederschrift

(1) 1Über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen des Gemeinderats ist eine Niederschrift zu fertigen; die elektronische Form ist ausgeschlossen. 2Die Niederschrift muss insbesondere den Namen des Vorsitzenden, die Zahl der anwesenden und die Namen der abwesenden Gemeinderäte unter Angabe des Grundes der Abwesenheit, die Gegenstände der Verhandlung, die Anträge, die Abstimmungs- und Wahlergebnisse und den Wortlaut der Beschlüsse enthalten. 3Der Vorsitzende und jedes Mitglied können verlangen, dass ihre Erklärung oder Abstimmung in der Niederschrift festgehalten wird.

(2) 1Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden, zwei Gemeinderäten, die an der Sitzung teilgenommen haben, und dem Schriftführer zu unterzeichnen. 2Sie ist innerhalb eines Monats, in der Regel jedoch spätestens zur nächsten Sitzung dem Gemeinderat zur Kenntnis zu bringen. 3Mehrfertigungen von Niederschriften über nichtöffentliche Sitzungen dürfen nicht ausgehändigt werden. 4Über die gegen die Niederschrift vorgebrachten Einwendungen entscheidet der Gemeinderat. 5Die Einsichtnahme in die Niederschriften über die öffentlichen Sitzungen ist den Einwohnern gestattet; darüber hinaus kann die Gemeinde auch die allgemeine Einsichtnahme in elektronischer Form ermöglichen.

(3) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

§ 41
Beschließende Ausschüsse

(1) 1Durch die Hauptsatzung kann der Gemeinderat beschließende Ausschüsse bilden und ihnen bestimmte Aufgabengebiete zur dauernden Erledigung übertragen. 2Durch Beschluss kann der Gemeinderat einzelne Angelegenheiten auf bestehende beschließende Ausschüsse übertragen oder für ihre Erledigung beschließende Ausschüsse bilden.

(2) Auf beschließende Ausschüsse können die Aufgaben nicht übertragen werden, für die der Gemeinderat nach § 28 Absatz 2 ausschließlich zuständig ist.

(3) 1Im Rahmen ihrer Zuständigkeit entscheiden die beschließenden Ausschüsse an Stelle des Gemeinderats. 2Ergibt sich, dass eine Angelegenheit für die Gemeinde von besonderer Bedeutung ist, können die beschließenden Ausschüsse die Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlussfassung unterbreiten. 3Ein Fünftel aller Mitglieder eines beschließenden Ausschusses kann verlangen, dass eine Angelegenheit dem Gemeinderat zur Beschlussfassung unterbreitet wird, wenn sie für die Gemeinde von besonderer Bedeutung ist. 4Lehnt der Gemeinderat eine Behandlung ab, entscheidet der zuständige beschließende Ausschuss. 5Der Gemeinderat kann jede Angelegenheit an sich ziehen und Beschlüsse der beschließenden Ausschüsse, solange sie noch nicht vollzogen sind, ändern oder aufheben. 6Der Gemeinderat kann den beschließenden Ausschüssen allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen.

(4) 1Angelegenheiten, deren Entscheidung dem Gemeinderat vorbehalten ist, sollen den beschließenden Ausschüssen innerhalb ihres Aufgabengebiets zur Vorberatung zugewiesen werden. 2Durch die Hauptsatzung kann bestimmt werden, dass Anträge, die nicht vorberaten worden sind, auf Antrag des Vorsitzenden oder eines Fünftels aller Mitglieder des Gemeinderats den zuständigen beschließenden Ausschüssen zur Vorberatung überwiesen werden müssen.

(5) 1Für die beschließenden Ausschüsse gelten die §§ 36 bis 40 entsprechend. 2Sitzungen, die der Vorberatung nach Absatz 4 dienen, sind in der Regel nichtöffentlich. 3Ist ein beschließender Ausschuss wegen Befangenheit von Mitgliedern nicht beschlussfähig, entscheidet der Gemeinderat in den Fällen des Absatzes 3 an seiner Stelle, in den Fällen des Absatzes 4 ohne Vorberatung.

§ 42
Zusammensetzung der beschließenden Ausschüsse

(1) 1Die beschließenden Ausschüsse bestehen aus dem Vorsitzenden und mindestens vier Mitgliedern. 2Der Gemeinderat bestellt die Mitglieder und deren Stellvertreter in gleicher Zahl widerruflich aus seiner Mitte. 3Abweichend von Satz 2 kann der Gemeinderat festlegen, dass je Ausschussmitglied bis zu drei Stellvertreter bestellt werden können; diese sind keinem Ausschussmitglied persönlich zugeordnet. 4Nach jeder Wahl der Gemeinderäte sind die beschließenden Ausschüsse neu zu bilden.

(2) 1Die Zusammensetzung der Ausschüsse soll der Mandatsverteilung im Gemeinderat entsprechen. 2Kommt eine Einigung über die Zusammensetzung eines beschließenden Ausschusses nicht zustande, werden die Mitglieder von den Gemeinderäten auf Grund von Wahlvorschlägen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl unter Bindung an die Wahlvorschläge gewählt. 3Wird nur ein gültiger oder kein Wahlvorschlag eingereicht, findet Mehrheitswahl ohne Bindung an die vorgeschlagenen Bewerber statt. 4Anstelle der Wahl der Ausschussmitglieder kann der Gemeinderat beschließen, dass sich alle oder einzelne Ausschüsse nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen zusammensetzen. 5In diesem Fall werden die Ausschussmitglieder dem Bürgermeister von den Fraktionen schriftlich benannt; dieser gibt dem Gemeinderat die Zusammensetzung der Ausschüsse schriftlich bekannt. 6Die von einer Fraktion benannten Ausschussmitglieder können von dieser abberufen werden; die Abberufung ist gegenüber dem Bürgermeister schriftlich zu erklären. 7Nachträgliche Änderungen des Stärkeverhältnisses der Fraktionen, die sich auf die Zusammensetzung der Ausschüsse auswirken, sind zu berücksichtigen; Satz 5 gilt entsprechend.

(3) 1Der Bürgermeister kann einen Beigeordneten oder, wenn die Gemeinde keinen Beigeordneten hat oder alle Beigeordneten verhindert sind, ein Mitglied des Ausschusses, das Gemeinderat ist, im Vorsitz des beschließenden Ausschusses mit seiner Vertretung beauftragen. 2Den nach Satz 1 beauftragten Vertretern stehen die Rechte aus § 52 Absatz 2 und 3 zu.

(4) Gemeinderäte, die nicht Mitglied des Ausschusses sind, können an allen Sitzungen des Ausschusses als Zuhörer teilnehmen, auch wenn diese nichtöffentlich sind.

§ 43
Beratende Ausschüsse

(1) 1Durch die Hauptsatzung kann der Gemeinderat zur Vorberatung auf bestimmten Gebieten beratende Ausschüsse bilden. 2Durch Beschluss kann der Gemeinderat bestehende beratende Ausschüsse mit der Vorberatung einzelner Angelegenheiten beauftragen oder für ihre Vorberatung beratende Ausschüsse bilden. 3Ist ein beratender Ausschuss wegen Befangenheit von Mitgliedern nicht beschlussfähig, entfällt die Vorberatung.

(2) Die Sitzungen der beratenden Ausschüsse sind nichtöffentlich.

(3) 1Für die beratenden Ausschüsse gelten §§ 36, 37 Absatz 2 Halbsatz 1, §§ 38 bis 40 und 42 entsprechend. 2Die Hauptsatzung kann bestimmen, dass der Ausschuss den Vorsitzenden aus seiner Mitte wählt, der insoweit die Aufgaben des Bürgermeisters wahrnimmt; der Bürgermeister hat das Recht, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen.

§ 44
Mitwirkung im Gemeinderat und in den Ausschüssen

(1) Der Gemeinderat und seine Ausschüsse können sachkundige Einwohner und Sachverständige zur Beratung einzelner Angelegenheiten hinzuziehen.

(2) 1Der Gemeinderat kann sachkundige Einwohner widerruflich als beratende Mitglieder in beratende und beschließende Ausschüsse berufen. 2Ihre Zahl darf die der Gemeinderäte in den einzelnen Ausschüssen nicht erreichen. 3Sie sind ehrenamtlich tätig. 4Mitglieder des Gemeinderats und Bedienstete der Gemeinde können nicht als sachkundige Einwohner berufen werden.

(3) Der Gemeinderat und seine Ausschüsse können bei öffentlichen Sitzungen Einwohnern und den ihnen nach § 10 Absatz 3 gleichgestellten Personen sowie Vertretern von Bürgerinitiativen die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten (Fragestunde); zu den Fragen nimmt der Vorsitzende oder ein von ihm Beauftragter Stellung.

(4) Bei der Vorbereitung wichtiger Entscheidungen können der Gemeinderat und seine Ausschüsse betroffenen Personen und Personengruppen Gelegenheit geben, ihre Auffassung vorzutragen (Anhörung), soweit die Anhörung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist.

(5) Die Beigeordneten nehmen an den Sitzungen des Gemeinderats und der für ihren Geschäftskreis zuständigen Ausschüsse mit beratender Stimme teil.

(6) Der Vorsitzende kann den Vortrag in den Sitzungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse einem Bediensteten der Gemeinde übertragen; auf Verlangen des Gemeinderats muss er einen solchen zu sachverständigen Auskünften hinzuziehen.

(7) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.

§ 45
Ältestenrat

1Der Gemeinderat kann durch die Hauptsatzung einen Ältestenrat bilden, der den Bürgermeister in Fragen der Tagesordnung und des Gangs der Verhandlungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse berät. 2Das Nähere über die Zusammensetzung und den Geschäftsgang regelt die Geschäftsordnung.

§ 46
Beirat für geheimzuhaltende Angelegenheiten

(1) Durch die Hauptsatzung kann ein Beirat gebildet werden, der den Bürgermeister in geheimzuhaltenden Angelegenheiten (§ 53 Absatz 3 Satz 2) berät.

(2) 1Der Beirat besteht aus höchstens fünf Mitgliedern, die vom Gemeinderat aus seiner Mitte bestellt werden. 2Dem Beirat können nur Mitglieder des Gemeinderats angehören, die auf die für die Behörden des Freistaates Sachsen geltenden Geheimhaltungsvorschriften verpflichtet sind.

(3) 1Vorsitzender des Beirats ist der Bürgermeister. 2Er beruft den Beirat ein, wenn es die Geschäftslage erfordert. 3Fällt die Angelegenheit in den Geschäftskreis eines Beigeordneten, nimmt dieser an der Sitzung teil. 4Die Sitzungen des Beirats sind nichtöffentlich. 5Im Übrigen gelten für den Beirat die Vorschriften über beratende Ausschüsse entsprechend.

§ 47
Sonstige Beiräte

(1) 1Durch die Hauptsatzung können sonstige Beiräte gebildet werden, denen Mitglieder des Gemeinderats und sachkundige Einwohner angehören. 2Sonstige Beiräte im Sinne dieser Vorschrift können insbesondere Seniorenbeiräte und Naturschutzbeiräte sein.

(2) Diese Beiräte unterstützen den Gemeinderat und die Gemeindeverwaltung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben.

§ 47a
Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

1Die Gemeinde soll bei Planungen und Vorhaben, die die Interessen von Kindern und Jugendlichen berühren, diese in angemessener Weise beteiligen. 2Hierzu soll die Gemeinde geeignete Verfahren entwickeln und durchführen.

Zweiter Abschnitt
Bürgermeister

§ 48
Wahlgrundsätze

1Der Bürgermeister wird von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. 2Die Wahl ist nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchzuführen. 3Das Nähere bestimmt das Kommunalwahlgesetz.

§ 49
Wählbarkeit, Hinderungsgründe

(1) 1Wählbar zum Bürgermeister sind Deutsche im Sinne des Artikels 116 des Grundgesetzes und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die allgemeinen persönlichen Voraussetzungen für die Berufung in das Beamtenverhältnis erfüllen. 2Nicht wählbar für das Amt eines hauptamtlichen Bürgermeisters ist, wer das 65. Lebensjahr vollendet hat.

(2) 1Nicht wählbar ist, wer von der Wählbarkeit in den Gemeinderat gemäß § 31 Absatz 2 ausgeschlossen ist. 2Nicht wählbar ist ferner,

1.
wer aus dem Beamtenverhältnis entfernt, wem das Ruhegehalt aberkannt oder gegen wen in einem dem Disziplinarverfahren entsprechenden Verfahren durch die Europäische Union, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine entsprechende Maßnahme verhängt worden ist oder
2.
wer wegen einer vorsätzlichen Tat durch ein deutsches Gericht oder durch die Recht sprechende Gewalt eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist, die bei einem Beamten den Verlust der Beamtenrechte zur Folge hätte, in den auf die Unanfechtbarkeit der Maßnahme oder Entscheidung folgenden fünf Jahren.

(3) 1Bedienstete der Rechtsaufsichtsbehörden können nicht gleichzeitig Bürgermeister sein. 2Für ehrenamtliche Bürgermeister findet Satz 1 nur Anwendung, wenn sie unmittelbar mit der Ausübung der Rechtsaufsicht befasst sind.

(4) Der Bürgermeister kann nicht gleichzeitig sonstiger Bediensteter der Gemeinde oder Bürgermeister einer anderen Gemeinde sein.

§ 50
Zeitpunkt der Wahl

(1) 1Wird die Wahl des Bürgermeisters wegen Ablaufs der Amtszeit oder wegen Eintritts in den Ruhestand oder Verabschiedung infolge Erreichens der Altersgrenze notwendig, ist sie frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Freiwerden der Stelle, in anderen Fällen spätestens sechs Monate nach Freiwerden der Stelle durchzuführen. 2Die Wahl kann mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bis zu einem Jahr nach Freiwerden der Stelle aufgeschoben werden, wenn die Auflösung der Gemeinde bevorsteht.

(2) Die Gemeinde kann den Bewerbern, deren Bewerbungen zugelassen worden sind, Gelegenheit geben, sich den Bürgern in öffentlichen Versammlungen vorzustellen.

§ 51
Rechtsstellung des Bürgermeisters

(1) 1Der Bürgermeister ist Vorsitzender des Gemeinderats und Leiter der Gemeindeverwaltung. 2Er vertritt die Gemeinde.

(2) 1In Gemeinden ab 5 000 Einwohnern ist der Bürgermeister hauptamtlicher Beamter auf Zeit, in Gemeinden unter 5 000 Einwohnern ist der Bürgermeister Ehrenbeamter auf Zeit. 2In Gemeinden ab 2 000 Einwohnern, die weder einem Verwaltungsverband noch einer Verwaltungsgemeinschaft angehören, kann die Hauptsatzung bestimmen, dass der Bürgermeister hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist. 3Der Bürgermeister der erfüllenden Gemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft ist hauptamtlicher Beamter auf Zeit. 4Der Bürgermeister einer Gemeinde, die Mitglied eines Verwaltungsverbandes oder, ohne erfüllende Gemeinde zu sein, einer Verwaltungsgemeinschaft ist, ist Ehrenbeamter auf Zeit. 5Ein hauptamtlicher Bürgermeister behält seine Rechtsstellung bis zum Ende der laufenden Amtszeit.

(3) 1Die Amtszeit des Bürgermeisters beträgt sieben Jahre. 2Die Amtszeit beginnt mit dem Amtsantritt, der der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen ist. 3Im Falle der Wiederwahl schließt sich die neue Amtszeit an das Ende der vorangegangenen an.

(4) In Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten führt der Bürgermeister die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister.

(5) 1Der Bürgermeister führt nach Freiwerden seiner Stelle die Geschäfte bis zum Amtsantritt des neugewählten Bürgermeisters unter Fortdauer seines Dienstverhältnisses weiter. 2Satz 1 gilt nicht, wenn

1.
der Bürgermeister
 
a)
der Gemeinde schriftlich mitteilt, dass er die Weiterführung der Geschäfte ablehne,
 
b)
des Dienstes vorläufig enthoben ist oder wenn gegen ihn Anklage wegen eines Verbrechens erhoben ist,
 
c)
sich um eine Wiederwahl beworben hat, aber ohne Rücksicht auf Wahlprüfung und Wahlanfechtung nach Feststellung des Gemeindewahlausschusses nicht wiedergewählt worden ist; ist im ersten Wahlgang kein Bewerber gewählt worden, so ist das Ergebnis des zweiten Wahlgangs entscheidend,
 
d)
gemäß Absatz 10 sein Amt verloren hat oder
2.
der Gemeinderat einen Amtsverweser nach § 54 Absatz 5 bestellt.

(6) Ein vom Gemeinderat gewähltes Mitglied vereidigt und verpflichtet den Bürgermeister in öffentlicher Sitzung.

(7) 1Der Bürgermeister kann von den Bürgern der Gemeinde vorzeitig abgewählt werden. 2Er ist abgewählt, wenn sich für die Abwahl eine Mehrheit der gültigen Stimmen ergibt, sofern diese Mehrheit mindestens 50 Prozent der Bürger beträgt. 3Für die Durchführung der Abwahl gelten die Bestimmungen zur Durchführung von Bürgerentscheiden entsprechend. 4Der Bürgermeister scheidet mit dem Ablauf des Tages, an dem der Gemeindewahlausschuss die Abwahl feststellt, aus seinem Amt; er behält bis zum Ablauf seiner Amtszeit die Bezüge wie ein in den einstweiligen Ruhestand versetzter Beamter.

(8) 1Zur Einleitung des Abwahlverfahrens nach Absatz 7 bedarf es eines Bürgerbegehrens. 2Das Bürgerbegehren muss von mindestens einem Drittel der Bürger der Gemeinde unterzeichnet sein; in Gemeinden mit mehr als 100 000 Einwohnern kann die Hauptsatzung ein geringeres Quorum, jedoch nicht weniger als ein Fünftel, festsetzen. 3§ 25 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 findet Anwendung.

(9) 1Das Abwahlverfahren nach Absatz 7 kann auch durch einen von mindestens drei Viertel der Stimmen aller Gemeinderäte zu fassenden Beschluss eingeleitet werden. 2Eine Aussprache vor der Beschlussfassung findet nicht statt.

(10) § 34 Absatz 3 und 4 gilt entsprechend.

§ 52
Stellung des Bürgermeisters im Gemeinderat

(1) Der Bürgermeister bereitet die Sitzungen des Gemeinderats und der Ausschüsse vor und vollzieht die Beschlüsse.

(2) 1Der Bürgermeister muss Beschlüssen des Gemeinderats widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass sie rechtswidrig sind; er kann ihnen widersprechen, wenn er der Auffassung ist, dass sie für die Gemeinde nachteilig sind. 2Der Widerspruch muss unverzüglich, spätestens jedoch binnen einer Woche nach Beschlussfassung gegenüber den Gemeinderäten ausgesprochen werden. 3Der Widerspruch hat aufschiebende Wirkung. 4Gleichzeitig ist unter Angabe der Widerspruchsgründe eine Sitzung einzuberufen, in der erneut über die Angelegenheit zu beschließen ist; diese Sitzung hat spätestens vier Wochen nach der ersten Sitzung stattzufinden. 5Ist nach Ansicht des Bürgermeisters auch der neue Beschluss rechtswidrig, muss er ihm erneut widersprechen und unverzüglich die Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde über die Rechtmäßigkeit herbeiführen.

(3) 1Absatz 2 gilt entsprechend für Beschlüsse, die durch beschließende Ausschüsse gefasst werden. 2In diesen Fällen hat der Gemeinderat über den Widerspruch zu entscheiden.

(4) 1In dringenden Angelegenheiten, deren Erledigung auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung (§ 36 Absatz 3 Satz 4) aufgeschoben werden kann, entscheidet der Bürgermeister anstelle des Gemeinderats. 2Die Gründe für die Eilentscheidung und die Art der Erledigung sind dem Gemeinderat unverzüglich mitzuteilen. 3Das Gleiche gilt für Angelegenheiten, für deren Entscheidung ein beschließender Ausschuss zuständig ist.

(5) 1Der Bürgermeister hat den Gemeinderat über alle wichtigen, die Gemeinde und ihre Verwaltung betreffenden Angelegenheiten zu informieren; bei wichtigen Planungen und Vorhaben ist der Gemeinderat möglichst frühzeitig über die Absichten und Vorstellungen der Gemeindeverwaltung und laufend über den Stand und den Inhalt der Planungsarbeiten zu informieren. 2Über Angelegenheiten, die nach § 53 Absatz 3 Satz 3 geheim zu halten sind, ist anstelle des Gemeinderats der nach § 46 gebildete Beirat zu informieren.

§ 53
Leitung der Gemeindeverwaltung

(1) Der Bürgermeister ist für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsmäßigen Gang der Gemeindeverwaltung verantwortlich und regelt die innere Organisation der Gemeindeverwaltung.

(2) 1Der Bürgermeister erledigt in eigener Zuständigkeit die Geschäfte der laufenden Verwaltung und die ihm sonst durch Rechtsvorschrift oder vom Gemeinderat übertragenen Aufgaben. 2Die dauernde Übertragung der Erledigung bestimmter Aufgaben auf den Bürgermeister ist durch die Hauptsatzung zu regeln. 3Der Gemeinderat kann die Erledigung von Angelegenheiten, für die er ausschließlich zuständig ist (§ 28 Absatz 2), auch nicht auf den Bürgermeister übertragen.

(3) 1Weisungsaufgaben erledigt der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist; dies gilt nicht für den Erlass von Rechtsverordnungen und Satzungen. 2Satz 1 gilt auch, wenn die Gemeinde in einer Angelegenheit angehört wird, die auf Grund einer Anordnung der zuständigen Behörde geheim zu halten ist. 3Bei der Erledigung von Weisungsaufgaben, die auf Grund einer Anordnung der zuständigen Behörde geheim zu halten sind, sowie in den Fällen des Satzes 2 hat die Gemeinde die für die Behörden des Freistaates Sachsen geltenden Geheimhaltungsvorschriften zu beachten.

(4) Der Bürgermeister ist Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Gemeindebediensteten.

§ 54
Stellvertretung des Bürgermeisters

(1) 1In Gemeinden ohne Beigeordnete (§ 55) bestellt der Gemeinderat aus seiner Mitte einen oder mehrere Stellvertreter des Bürgermeisters. 2Die Stellvertretung beschränkt sich auf die Fälle der Verhinderung. 3Die Stellvertreter werden nach jeder Wahl des Gemeinderats neu bestellt. 4Sie werden in der Reihenfolge der Stellvertretung je in einem besonderen Wahlgang gewählt. 5Sind alle bestellten Stellvertreter vorzeitig ausgeschieden oder sind im Fall der Verhinderung des Bürgermeisters auch alle Stellvertreter verhindert, hat der Gemeinderat unverzüglich einen oder mehrere Stellvertreter neu oder auf die Dauer der Verhinderung zusätzlich zu bestellen. 6Bis zu dieser Bestellung nimmt das an Lebensjahren älteste, nicht verhinderte Mitglied des Gemeinderats die Aufgaben des Stellvertreters des Bürgermeisters wahr.

(2) 1Die Hauptsatzung kann bestimmen, dass sich die Stellvertretung nach Absatz 1 auf den Vorsitz im Gemeinderat und die Vorbereitung seiner Sitzungen (§ 36) und auf die Repräsentation der Gemeinde beschränkt. 2In diesem Falle hat der Bürgermeister im Einvernehmen mit dem Gemeinderat einen oder mehrere geeignete Bedienstete zu bestellen, die ihn in den Fällen der Verhinderung im Übrigen vertreten; § 28 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. 3Die Bestellung und die Bestimmung der Reihenfolge nimmt der Bürgermeister vor. 4Die Bestellung kann widerrufen werden. 5Im Übrigen gelten für die nach Satz 2 bestellten Vertreter § 44 Absatz 5, § 57 Absatz 2 und § 58 entsprechend.

(3) 1Der Stellvertreter nach Absatz 1 Satz 1 kann vom Gemeinderat vorzeitig abgewählt werden. 2Der Beschluss über die Abwahl bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats. 3Zwischen dem Antrag und dem Beschluss muss eine Frist von mindestens zwei und höchstens vier Wochen liegen. 4Die Stellvertretung endet mit Ablauf des Tages, an dem die Abwahl beschlossen wird.

(4) 1Ist die Stelle des Bürgermeisters voraussichtlich längere Zeit unbesetzt oder ist der Bürgermeister voraussichtlich längere Zeit an der Ausübung seines Amtes verhindert, kann der Gemeinderat mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder einen Amtsverweser bestellen. 2Der Amtsverweser muss zum Bürgermeister wählbar sein. 3Der Amtsverweser ist in Gemeinden mit hauptamtlichem Bürgermeister zum Beamten auf Widerruf, in Gemeinden mit ehrenamtlichem Bürgermeister zum Ehrenbeamten auf Widerruf zu bestellen, sofern er nicht bereits Beamter der Gemeinde ist.

(5) 1Ein zum Bürgermeister der Gemeinde gewählter Bewerber kann im Falle der Anfechtung der Wahl vor der rechtskräftigen Entscheidung über deren Gültigkeit vom Gemeinderat mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder zum Amtsverweser bestellt werden, wenn die Wahlprüfungsbehörde die Gültigkeit der Wahl festgestellt hat oder die Wahlprüfungsfrist ungenutzt verstrichen ist. 2Der Amtsverweser ist in Gemeinden mit hauptamtlichem Bürgermeister als Beamter auf Zeit, in Gemeinden mit ehrenamtlichem Bürgermeister als Ehrenbeamter auf Zeit zu bestellen. 3Seine Amtszeit beträgt zwei Jahre; Wiederbestellung ist zulässig. 4Die Amtszeit endet vorzeitig mit der Rechtskraft der Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl zum Bürgermeister. 5Der Amtsverweser führt die Bezeichnung Bürgermeister; § 51 Absatz 4 gilt entsprechend. 6Die Amtszeit als Bürgermeister verkürzt sich um die Amtszeit als Amtsverweser.

(6) Der gemäß Absatz 5 bestellte Amtsverweser hat Stimmrecht im Gemeinderat und seinen Ausschüssen.

§ 55
Beigeordnete

(1) 1In Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern können, in Kreisfreien Städten müssen als Stellvertreter des Bürgermeisters ein hauptamtlicher Beigeordneter oder mehrere hauptamtliche Beigeordnete bestellt werden. 2Die Zahl der Beigeordneten wird entsprechend den Erfordernissen der Gemeindeverwaltung durch die Hauptsatzung bestimmt. 3Sie darf höchstens betragen in Gemeinden von

Zahl der Beigeordneten
bis zu Einwohner Anzahl
mehr als 10 000 Einwohnern
bis zu 30 000 Einwohnern 1,
bis zu 60 000 Einwohnern 2,
bis zu 100 000 Einwohnern 3,
bis zu 200 000 Einwohnern 4,
bis zu 400 000 Einwohnern 5,
mit mehr als 400 000 Einwohnern 7.

(2) Neben den Beigeordneten können Stellvertreter des Bürgermeisters nach § 54 Absatz 1 bestellt werden, die den Bürgermeister im Falle seiner Verhinderung vertreten, wenn auch alle Beigeordneten verhindert sind.

(3) 1Die Beigeordneten vertreten den Bürgermeister neben dem Fall der Verhinderung nach § 54 Absatz 1 Satz 2 ständig in ihrem Geschäftskreis. 2Die Geschäftskreise der Beigeordneten werden vom Bürgermeister im Einvernehmen mit dem Gemeinderat festgelegt. 3Der Bürgermeister kann den Beigeordneten allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen.

(4) 1Der Gemeinderat bestimmt im Einvernehmen mit dem Bürgermeister, in welcher Reihenfolge die Beigeordneten den Bürgermeister im Falle seiner Verhinderung vertreten. 2In Kreisfreien Städten und Großen Kreisstädten kann der Gemeinderat den Beigeordneten die Amtsbezeichnung Bürgermeister verleihen.

(5) Kommt es in den Fällen des Absatzes 3 Satz 2 oder des Absatzes 4 Satz 1 zu keinem Einvernehmen, entscheidet der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Stimmberechtigten allein.

§ 56
Rechtsstellung und Bestellung der Beigeordneten

(1) 1Die Beigeordneten sind als hauptamtliche Beamte auf Zeit zu bestellen. 2Ihre Amtszeit beträgt sieben Jahre. 3Sie müssen die für das Amt erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllen.

(2) 1Die Beigeordneten werden vom Gemeinderat je in einem besonderen Wahlgang gewählt; § 28 Absatz 4 ist anzuwenden. 2Sieht die Hauptsatzung mehrere Beigeordnete vor, sollen die Vorschläge der Parteien und Wählervereinigungen nach dem Verhältnis ihrer Sitze im Gemeinderat berücksichtigt werden.

(3) 1Für den Zeitpunkt der Bestellung gilt § 50 Absatz 1 entsprechend. 2Die Stellen der Beigeordneten sind spätestens zwei Monate vor der Besetzung öffentlich auszuschreiben.

(4) 1Beigeordnete können vom Gemeinderat vorzeitig abgewählt werden. 2Der Antrag auf vorzeitige Abwahl muss von der Mehrheit aller Mitglieder des Gemeinderats gestellt werden. 3Der Beschluss über die Abwahl bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderats. 4Über die Abwahl ist zweimal zu beschließen. 5Eine Aussprache vor der Beschlussfassung findet nicht statt. 6Die zweite Beratung darf frühestens vier Wochen und muss spätestens acht Wochen nach der ersten erfolgen. 7Der Beigeordnete scheidet mit dem Ablauf des Tages, an dem die Abwahl zum zweiten Mal beschlossen wird, aus seinem Amt. 8Er erhält bis zum Ablauf seiner Amtszeit die Bezüge wie ein in den einstweiligen Ruhestand versetzter Beamter.

§ 57
Hinderungsgründe

(1) Für Beigeordnete gilt § 49 entsprechend.

(2) 1Beigeordnete dürfen weder miteinander noch mit dem Bürgermeister oder dem Amtsverweser gemäß § 54 Absatz 5 in einem die Befangenheit begründenden Verhältnis nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 stehen. 2Entsteht ein solches Verhältnis zwischen dem Bürgermeister oder dem Amtsverweser gemäß § 54 Absatz 5 und einem Beigeordneten, ist der Beigeordnete in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen, entsteht ein solches Verhältnis zwischen Beigeordneten, ist der Beigeordnete mit der kürzeren Amtszeit in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen.

§ 58
Besondere Dienstpflichten

Für den Bürgermeister, den Amtsverweser und die Beigeordneten gelten § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 entsprechend.

§ 59
Beauftragung, rechtsgeschäftliche Vollmacht

(1) 1Der Bürgermeister kann Bedienstete der Gemeinde mit seiner Vertretung auf bestimmten Aufgabengebieten oder in einzelnen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung beauftragen. 2Er kann diese Befugnis auf Beigeordnete für deren Geschäftskreis übertragen.

(2) 1Der Bürgermeister kann in einzelnen Angelegenheiten rechtsgeschäftliche Vollmacht erteilen. 2Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 60
Verpflichtungserklärungen

(1) 1Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der Schriftform. 2Sie sind vom Bürgermeister handschriftlich zu unterzeichnen.

(2) Im Falle der Vertretung des Bürgermeisters müssen Erklärungen durch dessen Stellvertreter, den vertretungsberechtigten Beigeordneten oder durch zwei vertretungsberechtigte Bedienstete handschriftlich unterzeichnet werden.

(3) Den Unterschriften soll die Amtsbezeichnung und im Falle des Absatzes 2 ein das Vertretungsverhältnis kennzeichnender Zusatz beigefügt werden.

(4) Die Formvorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für Erklärungen in Geschäften der laufenden Verwaltung oder aufgrund einer in der Form der Absätze 1 bis 3 ausgestellten Vollmacht.

Dritter Abschnitt
Bedienstete und Beauftragte der Gemeinde

§ 61
Einstellung, Aus- und Fortbildung

(1) 1Die Gemeinde muss die fachlich geeigneten Bediensteten einstellen, die erforderlich sind, um die ordnungsgemäße Erfüllung ihrer Aufgaben zu gewährleisten. 2Die Bediensteten müssen die für ihren Aufgabenbereich jeweils erforderlichen fachlichen Voraussetzungen erfüllen.

(2) Unbeschadet der Verpflichtung nach § 62 muss jede Gemeinde über mindestens einen Bediensteten mit der Befähigung für die Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Allgemeine Verwaltung mit dem fachlichen Schwerpunkt allgemeiner Verwaltungsdienst verfügen; dies gilt nicht, wenn der hauptamtliche Bürgermeister diese Befähigung besitzt oder die Gemeinde Mitglied eines Verwaltungsverbandes oder, ohne erfüllende Gemeinde zu sein, einer Verwaltungsgemeinschaft ist.

(3) Die Gemeinde fördert die Aus- und Fortbildung ihrer Bediensteten.

§ 62
Fachbediensteter für das Finanzwesen

(1) Die Aufstellung des Haushaltsplanes, des Finanzplanes und des Jahresabschlusses sowie des Gesamtabschlusses, die Haushaltsüberwachung sowie die Verwaltung des Vermögens und der Schulden der Gemeinde sind bei einem Bediensteten zusammenzufassen (Fachbediensteter für das Finanzwesen).

(2) Zum Fachbediensteten für das Finanzwesen darf nur bestellt werden, wer über

1.
eine abgeschlossene wirtschafts- oder finanzwissenschaftliche Ausbildung oder die Laufbahnbefähigung für die Laufbahngruppe 2 der Fachrichtung Allgemeine Verwaltung mit dem fachlichen Schwerpunkt allgemeiner Verwaltungsdienst und
2.
eine mindestens einjährige Berufserfahrung im öffentlichen Rechnungs- und Haushaltswesen oder in entsprechenden Funktionen eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts

verfügt.

(3) Der Bürgermeister kann nicht zugleich Fachbediensteter für das Finanzwesen sein.

§ 63
Stellenplan

1Die Gemeinde bestimmt im Stellenplan die Stellen ihrer Bediensteten, die für die Erfüllung der Aufgaben im Haushaltsjahr erforderlich sind. 2Für Sondervermögen, für die Sonderrechnungen geführt werden, sind besondere Stellenpläne aufzustellen. 3Bedienstete in Einrichtungen solcher Sondervermögen sind auch im Stellenplan nach Satz 1 aufzuführen und dort besonders zu kennzeichnen.

§ 64
Beauftragte

(1) Die Gemeinden können für bestimmte Aufgabenbereiche besondere Beauftragte bestellen.

(2) 1Zur Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung von Frau und Mann haben die Gemeinden mit eigener Verwaltung Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen. 2In Gemeinden mit mehr als 20 000 Einwohnern soll diese Aufgabe hauptamtlich erfüllt werden. 3Näheres regelt die Hauptsatzung.

(3) Die Kreisfreien Städte sollen zur Wahrung der Belange der in der Gemeinde lebenden Ausländer Beauftragte für Migration und Integration bestellen.

(4) Die Beauftragten sind in der Ausübung ihrer Tätigkeit unabhängig und können an den Sitzungen des Gemeinderats und der für ihren Aufgabenbereich zuständigen Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen.

Vierter Abschnitt
Ortschaftsverfassung

§ 65
Einführung der Ortschaftsverfassung

(1) 1Für nach dem 1. Mai 1993 im Rahmen einer Gebietsänderung entstandene Ortsteile einer Gemeinde kann durch die Hauptsatzung die Ortschaftsverfassung eingeführt werden. 2Dabei können mehrere benachbarte Ortsteile zu einer Ortschaft zusammengefasst werden.

(2) 1Bestehende Ortschaften einer Gemeinde können durch Beschluss des Gemeinderates und im Einvernehmen mit den Ortschaftsräten zu einer Ortschaft vereinigt werden. 2Der Beschluss der Ortschaftsräte bedarf jeweils der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder.

(3) In den Ortschaften werden Ortschaftsräte gebildet und Ortsvorsteher bestellt.

(4) 1In den Ortschaften können örtliche Verwaltungsstellen eingerichtet werden. 2Diese können auch für mehrere benachbarte Ortschaften zuständig sein. 3Auf den Leiter der örtlichen Verwaltung findet § 28 Absatz 2 Nummer 2 entsprechend Anwendung.

§ 66
Ortschaftsrat

(1) 1Die Ortschaftsräte werden in der Ortschaft nach den für die Wahl des Gemeinderats geltenden Vorschriften gewählt. 2Wird die Ortschaftsverfassung während der Wahlperiode des Gemeinderats eingeführt, werden die Ortschaftsräte für die restliche Wahlperiode, im Übrigen gleichzeitig mit dem Gemeinderat für dieselbe Wahlperiode gewählt. 3Wahlgebiet ist die Ortschaft; wahlberechtigt und wählbar sind die seit drei Monaten in der Ortschaft wohnenden Bürger der Gemeinde.

(2) Die Zahl der Ortschaftsräte wird durch die Hauptsatzung bestimmt.

(3) Vorsitzender des Ortschaftsrats ist der Ortsvorsteher.

(4) 1Nimmt der Bürgermeister an einer Sitzung des Ortschaftsrats teil, ist ihm vom Vorsitzenden auf Verlangen jederzeit das Wort zu erteilen. 2Gemeinderäte, die in der Ortschaft wohnen und nicht Ortschaftsräte sind, können an allen Sitzungen des Ortschaftsrats mit beratender Stimme teilnehmen.

§ 67
Aufgaben des Ortschaftsrats

(1) 1Soweit nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Gemeinderat ausschließlich zuständig ist und soweit es sich nicht um Aufgaben handelt, die dem Bürgermeister obliegen, entscheidet der Ortschaftsrat im Rahmen der ihm nach Absatz 3 zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel in folgenden Angelegenheiten:

1.
die Unterhaltung, Ausstattung und Benutzung der in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Einrichtungen, deren Bedeutung über die Ortschaft nicht hinausgeht, mit Ausnahme von Schulen;
2.
die Festlegung der Reihenfolge der Arbeiten zum Um- und Ausbau sowie zur Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen, deren Bedeutung über die Ortschaft nicht hinausgeht, einschließlich der Beleuchtungseinrichtungen;
3.
die Pflege des Ortsbildes sowie die Unterhaltung und Ausgestaltung der öffentlichen Park- und Grünanlagen, deren Bedeutung nicht wesentlich über die Ortschaft hinausgeht;
4.
die Förderung von Vereinen, Verbänden und sonstigen Vereinigungen in der Ortschaft;
5.
die Förderung und Durchführung von Veranstaltungen der Heimatpflege und des Brauchtums in der Ortschaft;
6.
die Pflege vorhandener Patenschaften und Partnerschaften;
7.
die Information, Dokumentation und Repräsentation in Ortschaftsangelegenheiten.

2Der Gemeinderat kann allgemeine Richtlinien erlassen und im Benehmen mit dem Ortschaftsrat die Angelegenheiten im Einzelnen abgrenzen.

(2) Die Ernennung, Einstellung und Entlassung des Leiters der örtlichen Verwaltungsstelle erfolgt im Benehmen mit dem Ortschaftsrat.

(3) 1Der Gemeinderat kann durch die Hauptsatzung dem Ortschaftsrat weitere Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, zur dauernden Erledigung übertragen. 2Dies gilt nicht für die in § 41 Absatz 2 genannten Angelegenheiten. 3§ 41 Absatz 3 Satz 1 bis 5 gilt entsprechend.

(4) 1Dem Ortschaftsrat werden zur Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben angemessene Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt. 2Die ortschaftsbezogenen Haushaltsansätze werden im Rahmen der Gesamtausgaben der Gemeinde unter Berücksichtigung des Umfanges der in der Ortschaft vorhandenen Einrichtungen und der durch sie wahrgenommenen Aufgaben festgesetzt.

(5) Soweit die dauernde Übertragung der Aufgabenerledigung auf den Bürgermeister nach § 53 Absatz 2 Satz 2 an eine Wertgrenze gebunden ist, sollen die Belange der Ortschaften angemessen berücksichtigt werden.

(6) 1Der Ortschaftsrat ist zu wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde, die die Ortschaft betreffen oder von unmittelbarer Bedeutung für die Ortschaft sind, zu hören, insbesondere bei der Aufstellung der ortschaftsbezogenen Haushaltsansätze, der Wahrnehmung der gemeindlichen Planungshoheit und der Vermietung, Verpachtung oder Veräußerung der in der Ortschaft gelegenen öffentlichen Grundstücke. 2Er hat ein Vorschlagsrecht zu allen Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen.

(7) Auf Beschluss des Ortschaftsrats ist ein Verhandlungsgegenstand, der in die Zuständigkeit des Ortschaftsrats fällt, auf die Tagesordnung spätestens der übernächsten Sitzung des Gemeinderats zu setzen, wenn der Gemeinderat den gleichen Verhandlungsgegenstand nicht innerhalb der letzten sechs Monate bereits behandelt hat, oder wenn sich seit der Behandlung die Sach- oder Rechtslage wesentlich geändert hat.

§ 68
Ortsvorsteher

(1) 1Die Ortschaftsräte wählen den Ortsvorsteher und einen oder mehrere Stellvertreter für die Wahlperiode des Ortschaftsrates. 2Ein Gemeinderat, der zum Stellvertreter des Bürgermeisters bestellt ist (§ 54 Absatz 1 und § 55 Absatz 2), sowie der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes (§ 103 Absatz 3) können nicht gleichzeitig Ortsvorsteher sein. 3Der Ortsvorsteher ist zum Ehrenbeamten auf Zeit zu ernennen.

(2) 1Der Ortsvorsteher vertritt den Bürgermeister, in Gemeinden mit Beigeordneten auch die Beigeordneten ständig bei dem Vollzug der Beschlüsse des Ortschaftsrats. 2Der Bürgermeister und die Beigeordneten können dem Ortsvorsteher allgemein oder im Einzelfall Weisungen erteilen, soweit er sie vertritt. 3Der Bürgermeister kann dem Ortsvorsteher ferner in den Fällen des § 52 Absatz 2 und 3 Weisungen erteilen.

(3) 1Ortsvorsteher können an den Verhandlungen des Gemeinderats und seiner Ausschüsse mit beratender Stimme teilnehmen. 2Der Ortsvorsteher oder sein Stellvertreter kann durch ein von den Ortschaftsräten im Einvernehmen mit dem Ortsvorsteher bestimmtes Mitglied des Ortschaftsrates vertreten werden.

(4) 1Die Amtszeit des Ortsvorstehers endet mit der Amtszeit der Ortschaftsräte. 2Der Ortsvorsteher führt nach Freiwerden seiner Stelle die Geschäfte in entsprechender Anwendung des § 51 Absatz 5 bis zur Ernennung des neugewählten Ortsvorstehers weiter. 3Für den Fall, dass er die Geschäfte nicht weiterführt, nimmt der an Lebensjahren älteste Ortschaftsrat die Aufgaben des Ortsvorstehers wahr.

(5) 1Der Ortsvorsteher kann vom Ortschaftsrat vorzeitig abgewählt werden. 2Der Antrag auf vorzeitige Abwahl muss von der Mehrheit aller Ortschaftsräte gestellt werden. 3Der Beschluss über die Abwahl bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Ortschaftsräte; eine vorherige Aussprache findet nicht statt. 4Zwischen dem Antrag und dem Beschluss über die Abwahl muss eine Frist von mindestens vier und höchstens acht Wochen liegen. 5Der Ortsvorsteher scheidet mit dem Ablauf des Tages, an dem die Abwahl beschlossen wird, aus seinem Amt.

§ 69
Anwendung von Rechtsvorschriften

(1) 1Für den Ortschaftsrat gelten die Vorschriften über den Gemeinderat, für den Ortsvorsteher die Vorschriften über den Bürgermeister entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Abschnitts nichts anderes ergibt. 2Über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Absatz 3 entscheidet der Gemeinderat auf Antrag des Ortschaftsrats. 3Abweichend von § 49 Absatz 3 können Bedienstete der Gemeinde zugleich Ortsvorsteher sein. 4Die Entscheidung nach § 52 Absatz 2 Satz 4 im Falle des Widerspruchs des Ortsvorstehers trifft der Gemeinderat.

(2) 1Für die Durchführung von Einwohnerversammlungen zur Erörterung von Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, gilt § 22 entsprechend. 2Soweit Angelegenheiten dem Ortschaftsrat zur Entscheidung übertragen sind, gilt für Einwohneranträge § 23 entsprechend. 3Die Hauptsatzung kann bestimmen, dass Bürgerentscheide und Bürgerbegehren in entsprechender Anwendung der §§ 24 und 25 in den Ortschaften durchgeführt werden können.

§ 69a
Aufhebung der Ortschaftsverfassung

(1) Die Ortschaftsverfassung kann durch Änderung der Hauptsatzung zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten Wahl nach ihrer Einführung.

(2) 1Wird die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung nach § 9 auf unbestimmte Zeit eingeführt, kann sie nur mit Zustimmung des Ortschaftsrats aufgehoben werden. 2Der Beschluss des Ortschaftsrats bedarf der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder. 3Ist die Zahl der Ortschaftsräte während der Wahlperiode auf weniger als die Hälfte der festgelegten Mitgliederzahl gesunken, tritt an Stelle des Beschlusses des Ortschaftsrats nach Satz 2 die Entscheidung des Gemeinderats.

(3) 1Wird die Ortschaftsverfassung auf Grund einer Vereinbarung nach § 9 befristet eingeführt, kann die Aufhebung nach Ablauf der Frist zur nächsten Wahl des Gemeinderates erfolgen. 2Findet die nächste Gemeinderatswahl weniger als ein Jahr nach Auslaufen der Vereinbarung statt, kann die Aufhebung erst zur übernächsten regelmäßigen Wahl nach Fristablauf erfolgen.

Fünfter Abschnitt
Stadtbezirksverfassung

§ 70
Stadtbezirksverfassung

(1) 1Die Kreisfreien Städte können durch Hauptsatzung die Stadtbezirksverfassung einführen. 2Bei der Einteilung der Stadtbezirke soll auf die Siedlungsstruktur, die Bevölkerungsverteilung und die Ziele der Stadtentwicklung Rücksicht genommen werden.

(2) In den Stadtbezirken werden Stadtbezirksbeiräte gebildet.

(3) 1In den Stadtbezirken können örtliche Verwaltungsstellen eingerichtet werden. 2Diese können auch für mehrere benachbarte Stadtbezirke zuständig sein. 3Auf den Leiter der örtlichen Verwaltung findet § 28 Absatz 2 Nummer 2 entsprechend Anwendung.

§ 71
Stadtbezirksbeirat

(1) 1Die Mitglieder des Stadtbezirksbeirats werden vom Gemeinderat aus dem Kreise der im Stadtbezirk wohnenden wählbaren Bürger nach jeder regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte bestellt. 2Die Hauptsatzung kann abweichend von Satz 1 festlegen, dass die Stadtbezirksbeiräte in den Stadtbezirken nach den für die Wahl des Ortschaftsrats geltenden Vorschriften gewählt werden. 3Die Festlegung kann zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte geändert werden, jedoch frühestens zur übernächsten Wahl nach ihrer Einführung. 4Die Zahl der Mitglieder des Stadtbezirksbeirats wird durch die Hauptsatzung bestimmt; sie darf höchstens halb so groß sein wie die Zahl der Gemeinderäte nach § 29 Absatz 2 in Gemeinden mit einer Einwohnerzahl, die der von der Kreisfreien Stadt zu ermittelnden Einwohnerzahl des Stadtbezirks entspricht. 5Bei der Bestellung der Mitglieder des Stadtbezirksbeirats soll das von den im Gemeinderat vertretenen Parteien und Wählervereinigungen bei der letzten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte im Stadtbezirk erzielte Wahlergebnis berücksichtigt werden.

(2) 1Der Stadtbezirksbeirat ist zu wichtigen Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, zu hören. 2Er hat die örtliche Verwaltungsstelle des Stadtbezirks in allen wichtigen Angelegenheiten zu beraten und wirkt mit dieser eng zusammen. 3Durch Hauptsatzung können dem Stadtbezirksbeirat Aufgaben nach § 67 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 5 und 7 übertragen werden. 4Der Gemeinderat kann die Angelegenheiten im Einzelnen abgrenzen und allgemeine Richtlinien erlassen. 5Der Stadtbezirksbeirat hat ein Vorschlagsrecht zu allen Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen.

(3) Dem Stadtbezirksbeirat werden zur Erfüllung der ihm zugewiesenen Aufgaben angemessene Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt.

(4) 1Vorsitzender des Stadtbezirksbeirats ist der Bürgermeister oder ein von ihm im Benehmen mit dem Stadtbezirksbeirat mit der regelmäßigen Aufgabenwahrnehmung Beauftragter. 2Er lädt zu den Sitzungen, legt die Tagesordnung fest, leitet die Sitzungen und vertritt den Stadtbezirksbeirat nach außen.

(5) 1Soweit der Bürgermeister nicht Vorsitzender des Stadtbezirksbeirates ist und an einer Sitzung des Stadtbezirksbeirates teilnimmt, ist ihm vom Vorsitzenden auf Verlangen jederzeit das Wort zu erteilen. 2Gemeinderäte können an allen Sitzungen des Stadtbezirksbeirates mit beratender Stimme teilnehmen.

(6) Der Stadtbezirksbeirat bildet keine Ausschüsse.

(7) 1Sofern in den Sitzungen des Gemeinderats oder seiner Ausschüsse wichtige Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, auf der Tagesordnung stehen, kann der Stadtbezirksbeirat eines seiner Mitglieder zu den Sitzungen entsenden. 2Das entsandte Mitglied nimmt an den Sitzungen mit beratender Stimme teil.

(8) Die Ernennung, Einstellung und Entlassung des Leiters der örtlichen Verwaltungsstelle erfolgt im Benehmen mit dem Stadtbezirksbeirat.

(9) Die Stadtbezirksverfassung kann durch Änderung der Hauptsatzung zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte aufgehoben werden, frühestens jedoch zur übernächsten Wahl nach ihrer Einführung.

§ 71a
Anwendung von Rechtsvorschriften

(1) 1Für den Stadtbezirksbeirat gelten die §§ 35 und 36 bis 40 entsprechend, soweit sich aus den Vorschriften dieses Abschnitts nichts anderes ergibt. 2Die Hauptsatzung kann Weiteres bestimmen.

(2) 1Für die Durchführung von Einwohnerversammlungen zur Erörterung von Angelegenheiten, die den Stadtbezirk betreffen, gilt § 22 entsprechend. 2Soweit Angelegenheiten dem Stadtbezirk zur Entscheidung übertragen sind, gilt für Einwohneranträge § 23 entsprechend.

Vierter Teil
Gemeindewirtschaft

Erster Abschnitt
Haushaltswirtschaft

§ 72
Allgemeine Haushaltsgrundsätze

(1) 1Die Gemeinde hat ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass eine stetige Erfüllung ihrer Aufgaben gesichert ist. 2Dabei ist den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts grundsätzlich Rechnung zu tragen.

(2) 1Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu führen. 2Spekulative Finanzgeschäfte sind verboten. 3Die Gemeinde hat Bücher in der Form der doppelten Buchführung zu führen, in denen die Verwaltungsvorfälle und die Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen sind.

(3) 1Der Ergebnishaushalt muss in jedem Jahr ausgeglichen sein. 2Er ist ausgeglichen, wenn der Gesamtbetrag der Erträge den Gesamtbetrag der Aufwendungen unter Berücksichtigung der Rücklagen aus Überschüssen des ordentlichen Ergebnisses und des Sonderergebnisses erreicht oder übersteigt. 3Die Verpflichtung des Satzes 1 ist auch erfüllt, wenn die Fehlbeträge, die im Haushaltsjahr aus den Abschreibungen auf das zum 31. Dezember 2017 festgestellte Anlagevermögen entstehen, durch Verrechnung mit dem Basiskapital ausgeglichen werden. 4Bei der Verrechnung nach Satz 3 darf ein Drittel des zum 31. Dezember 2017 festgestellten Basiskapitals nicht unterschritten werden. 5Wird der Ausgleich des Ergebnishaushalts nach den Sätzen 1 bis 4 nicht erreicht, ist ein Haushaltsstrukturkonzept aufzustellen, das den Ausgleich des Ergebnishaushalts bis zum vierten Folgejahr sicherstellt.

(4) 1Für die Gesetzmäßigkeit des Haushalts ist es ferner erforderlich, dass im Finanzhaushalt des Haushaltsjahres ein Zahlungsmittelsaldo aus laufender Verwaltungstätigkeit gemäß § 74 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa ausgewiesen ist, mit dem der Betrag der ordentlichen Kredittilgung und des Tilgungsanteils der Zahlungsverpflichtungen aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften gedeckt werden kann. 2Verfügbare Mittel

1.
im Zahlungsmittelsaldo aus Investitionstätigkeit gemäß § 74 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb,
2.
im Saldo aus den Einzahlungen und Auszahlungen für die Gewährung von Darlehen oder
3.
im Bestand an liquiden Mitteln

können zur Deckung gemäß Satz 1 verwendet werden. 3Liegen die Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 im laufenden Haushaltsjahr nicht vor, ist mit der Aufstellung eines Haushaltsstrukturkonzeptes sicherzustellen, dass diese im Finanzhaushalt bis zum vierten Folgejahr erfüllt werden. 4In begründeten Einzelfällen kann die Rechtsaufsichtsbehörde Ausnahmen von der Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltsstrukturkonzeptes zulassen.

(5) 1Einen nicht durch die Kapitalposition gedeckten Fehlbetrag (Überschuldung) darf die Vermögensrechnung nicht ausweisen. 2Ist die Überschuldung bereits eingetreten oder steht mit hinreichender Sicherheit fest, dass sie innerhalb des mittelfristigen Finanzplanungszeitraumes eintreten wird, ist ein Haushaltsstrukturkonzept aufzustellen, das die Überschuldung bis zum vierten Folgejahr beseitigt oder die Überschuldung abwendet.

(6) 1Das Haushaltsstrukturkonzept bedarf der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. 2Im begründeten Einzelfall kann mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde von den in Absatz 3 Satz 5, Absatz 4 Satz 3 und Absatz 5 Satz 2 genannten Konsolidierungszeiträumen abgewichen werden. 3Die Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. 4Das Haushaltsstrukturkonzept ist der Haushaltsentwicklung anzupassen.

(7) 1Ergibt sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses trotz eines ursprünglich ausgeglichenen Ergebnishaushalts ein Fehlbetrag oder ist der Fehlbetrag höher als der im Haushaltsstrukturkonzept ausgewiesene Fehlbetrag, hat die Gemeinde dies der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen. 2Satz 1 gilt entsprechend, wenn sich bei der Feststellung des Jahresabschlusses ergibt, dass die dauerhafte Leistungsfähigkeit gemäß Absatz 4 in der Finanzrechnung nicht nachgewiesen oder mit den im Haushaltsstrukturkonzept beschlossenen Maßnahmen im Finanzhaushalt nicht erreicht wird.

(8) Über die Auswirkungen der Regelungen der Absätze 3 bis 7 berichtet das Staatsministerium des Innern dem Landtag im Jahr 2023.

§ 73
Grundsätze der Einnahmenbeschaffung

(1) Die Gemeinde erhebt Abgaben nach den gesetzlichen Vorschriften.

(2) Die Gemeinde hat die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen

1.
soweit vertretbar und geboten, aus selbst zu bestimmenden Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen,
2.
im Übrigen aus Steuern

zu beschaffen.

(3) Die Gemeinde hat bei der Einnahmenbeschaffung auf die wirtschaftlichen Kräfte ihrer Abgabepflichtigen Rücksicht zu nehmen.

(4) Die Gemeinde darf Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.

(5) 1Die Gemeinde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach § 1 Absatz 2 Spenden, Schenkungen und ähnliche Zuwendungen einwerben und annehmen oder an Dritte vermitteln, die sich an der Erfüllung von Aufgaben nach § 1 Absatz 2 beteiligen. 2Die Einwerbung und die Entgegennahme des Angebots einer Zuwendung obliegen ausschließlich dem Bürgermeister, den Beigeordneten oder den vom Bürgermeister damit beauftragten leitenden Bediensteten; die Entgegennahme des Angebots einer Zuwendung durch andere Bedienstete wird wirksam, wenn der Bürgermeister sie nachträglich genehmigt. 3Über die Annahme oder Vermittlung entscheidet der Gemeinderat oder ein beschließender Ausschuss. 4Für die Annahme oder Vermittlung von Spenden, Schenkungen und ähnlichen Zuwendungen zugunsten von Museen, Bibliotheken und Archiven, deren Träger die Gemeinde ist, sowie für die Annahme oder Vermittlung von Spenden, Schenkungen und ähnlichen Zuwendungen bis zu einem Wert von im Einzelfall 50 Euro kann die Hauptsatzung von Satz 3 abweichende Regelungen treffen. 5Spenden, Schenkungen und ähnliche Zuwendungen bis zu einem Wert von im Einzelfall 1 000 Euro können listenmäßig erfasst werden, der Gemeinderat oder ein beschließender Ausschuss kann über deren Annahme oder Vermittlung in einer gemeinsamen Beschlussvorlage entscheiden.

§ 74
Haushaltssatzung

(1) 1Die Gemeinde hat für jedes Haushaltsjahr eine Haushaltssatzung zu erlassen. 2Die Haushaltssatzung kann für zwei Haushaltsjahre, nach Jahren getrennt, erlassen werden.

(2) 1Die Haushaltssatzung enthält die Festsetzung

1.
des Haushaltsplanes
 
a)
im Ergebnishaushalt unter Angabe des Gesamtbetrages
 
 
aa)
der ordentlichen Erträge und Aufwendungen sowie deren Saldo als veranschlagtes ordentliches Ergebnis,
 
 
bb)
der außerordentlichen Erträge und Aufwendungen und deren Saldo als veranschlagtes Sonderergebnis,
 
 
cc)
des ordentlichen Ergebnisses und des Sonderergebnisses als veranschlagtes Gesamtergebnis,
 
b)
im Finanzhaushalt unter Angabe des Gesamtbetrages
 
 
aa)
der Einzahlungen und Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit und deren Saldo als Zahlungsmittelüberschuss oder -bedarf aus laufender Verwaltungstätigkeit,
 
 
bb)
der Einzahlungen und Auszahlungen aus Investitionstätigkeit und deren Saldo,
 
 
cc)
aus den Salden nach den Doppelbuchstaben aa und bb als Finanzierungsmittelüberschuss oder -fehlbetrag,
 
 
dd)
der Einzahlungen und Auszahlungen aus Finanzierungstätigkeit und deren Saldo,
 
c)
unter Angabe des Gesamtbetrages
 
 
aa)
der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen (Kreditermächtigung) und
 
 
bb)
der vorgesehenen Ermächtigungen zum Eingehen von Verpflichtungen, die künftige Haushaltsjahre mit Auszahlungen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen belasten (Verpflichtungsermächtigungen),
2.
des Höchstbetrages der Kassenkredite,
3.
der Steuersätze, die für jedes Haushaltsjahr neu festzusetzen sind.

2Sie kann weitere Vorschriften enthalten, die sich auf die Erträge, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen sowie den Stellenplan für das Haushaltsjahr beziehen.

(3) Haushaltsjahr ist das Kalenderjahr.

§ 75
Haushaltsplan

(1) 1Der Haushaltsplan ist Teil der Haushaltssatzung. 2Er enthält alle im Haushaltsjahr für die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinden voraussichtlich

1.
anfallenden Erträge und entstehenden Aufwendungen,
2.
eingehenden ergebnis- und vermögenswirksamen Einzahlungen und zu leistenden ergebnis- und vermögenswirksamen Auszahlungen und
3.
notwendigen Verpflichtungsermächtigungen.

(2) Der Haushaltsplan enthält den Stellenplan für die Bediensteten der Gemeinde nach § 63.

(3) Der Haushaltsplan ist in einen Ergebnishaushalt und einen Finanzhaushalt zu gliedern, die sich ihrerseits aus Teilhaushalten zusammensetzen.

(4) 1Der Haushaltsplan ist nach Maßgabe dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Führung der Haushaltswirtschaft verbindlich. 2Ansprüche und Verbindlichkeiten werden durch ihn weder begründet noch aufgehoben.

(5) 1Der Bürgermeister unterrichtet den Gemeinderat und die Rechtsaufsichtsbehörde zum Stand 30. Juni des Haushaltsjahres schriftlich über wesentliche Abweichungen vom Haushaltsplan, insbesondere bei der Entwicklung der Erträge und Aufwendungen, der Einzahlungen und Auszahlungen, der Inanspruchnahme der Kreditermächtigungen, dem Schuldenstand der Gemeinde und über die von der Gemeinde übernommenen Bürgschaften, Verpflichtungen aus Gewährverträgen und kreditähnlichen Rechtsgeschäften sowie über den Vollzug des Haushaltsstrukturkonzeptes. 2§ 76 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

§ 76
Erlass der Haushaltssatzung

(1) 1Der Bürgermeister leitet den Entwurf der Haushaltssatzung dem Gemeinderat zu. 2Der für das Finanzwesen verantwortliche Beigeordnete oder, falls ein solcher nicht bestellt ist, der Fachbedienstete für das Finanzwesen ist berechtigt, dem Gemeinderat eine schriftliche Stellungnahme zu dem Entwurf zuzuleiten. 3Der Entwurf ist an sieben Arbeitstagen öffentlich auszulegen oder elektronisch zur Verfügung zu stellen; diese Frist ist ortsüblich bekannt zu geben. 4Einwohner und Abgabepflichtige haben für die Dauer von 14 Arbeitstagen die Möglichkeit, Einwendungen zu erheben; diese Frist, auf die in der ortsüblichen Bekanntgabe hinzuweisen ist, beginnt mit dem ersten Tag, an dem der Entwurf öffentlich ausliegt oder elektronisch zur Verfügung steht. 5Über die fristgemäß erhobenen Einwendungen beschließt der Gemeinderat in öffentlicher Sitzung.

(2) 1Die Haushaltssatzung ist vom Gemeinderat in öffentlicher Sitzung zu beraten und zu beschließen. 2Die vom Gemeinderat beschlossene Haushaltssatzung ist der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen; sie soll ihr spätestens einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres vorliegen.

(3) 1Die Haushaltssatzung tritt abweichend von § 4 Absatz 3 Satz 2 mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft und gilt für das Haushaltsjahr. 2Der Haushaltsplan ist mit der öffentlichen Bekanntmachung der Haushaltssatzung für die Dauer von mindestens einer Woche an einer bestimmten Verwaltungsstelle zur kostenlosen Einsicht durch jedermann während der Sprechzeiten auszulegen oder elektronisch zur Verfügung zu stellen; in der Bekanntmachung ist hierauf hinzuweisen. 3Die Bekanntmachung ist mit Ablauf der Niederlegungsfrist vollzogen. 4Enthält die Haushaltssatzung genehmigungspflichtige Teile, darf sie erst nach Erteilung der Genehmigung öffentlich bekanntgemacht werden.

§ 77
Nachtragssatzung

(1) 1Die Haushaltssatzung kann nur bis zum Ablauf des Haushaltsjahres durch Nachtragssatzung geändert werden. 2Für die Nachtragssatzung gelten die Vorschriften über die Haushaltssatzung entsprechend.

(2) Die Gemeinde hat unverzüglich eine Nachtragssatzung zu erlassen, wenn

1.
sich zeigt, dass im Ergebnishaushalt beim Gesamtergebnis ein erheblicher Fehlbetrag entsteht oder ein veranschlagter Fehlbetrag sich erheblich vergrößert und sich dies nicht durch andere Maßnahmen vermeiden lässt,
2.
im Finanzhaushalt zwischen dem Zahlungsmittelsaldo aus laufender Verwaltungstätigkeit gemäß § 74 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa und dem Betrag der ordentlichen Kredittilgung und des Tilgungsanteils der Zahlungsverpflichtungen aus kreditähnlichen Rechtsgeschäften eine wesentliche Differenz besteht, die auch nicht durch verfügbare Mittel gemäß § 72 Absatz 4 Satz 2 gedeckt werden kann,
3.
bisher nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen und Auszahlungen in einem im Verhältnis zu den Gesamtaufwendungen und -auszahlungen des Haushaltsplanes erheblichen Umfang geleistet werden müssen,
4.
Auszahlungen im Finanzhaushalt für bisher nicht veranschlagte Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen geleistet werden sollen, ausgenommen sind Auszahlungen auf übertragene Haushaltsermächtigungen,
5.
Bedienstete eingestellt, angestellt, befördert oder höhergruppiert werden sollen und der Stellenplan die entsprechenden Stellen nicht enthält.

(3) Absatz 2 Nummer 3 bis 5 findet keine Anwendung auf

1.
geringfügige Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen sowie unabweisbare Aufwendungen,
1a.
die Verwendung im Finanzhaushalt bereits veranschlagter Auszahlungen für Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen für bisher nicht veranschlagte Investitionen oder Investitionsförderungsmaßnahmen, sofern der Gemeinderat dieser Verwendung zustimmt,
2.
die Umschuldung von Krediten,
3.
Abweichungen vom Stellenplan und die Leistung höherer Personalaufwendungen, die sich unmittelbar aus einer Änderung des Besoldungs- oder Tarifrechts ergeben,
4.
eine Mehrung oder Hebung von Beamtenstellen der Besoldungsgruppen A 2 bis A 10 und für vergleichbare Beschäftigte, wenn dies im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stellen unerheblich ist.

§ 78
Vorläufige Haushaltsführung

(1) Ist die Haushaltssatzung zu Beginn des Haushaltsjahres noch nicht erlassen, darf die Gemeinde

1.
nur Aufwendungen und Auszahlungen leisten, zu deren Leistung sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind; sie darf insbesondere Bauten, Beschaffungen und sonstige Auszahlungen des Finanzhaushalts, für die im Haushaltsplan des Vorjahres Beträge vorgesehen waren, fortsetzen,
2.
Abgaben vorläufig nach den Sätzen des Vorjahres erheben,
3.
Kredite umschulden.

(2) 1Reichen die Finanzierungsmittel für die Fortsetzung von Bauten, Beschaffungen und sonstigen Auszahlungen des Finanzhaushalts nach Absatz 1 Nummer 1 nicht aus, darf die Gemeinde mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde Kredite für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bis zu einem Viertel des durchschnittlichen Betrages der Kreditermächtigungen für die beiden Vorjahre aufnehmen. 2§ 82 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Der Stellenplan des Vorjahres gilt weiter, bis die Haushaltssatzung für das neue Jahr erlassen ist.

§ 79
Abweichungen vom Haushaltsplan

(1) 1Überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen oder Auszahlungen sind nur zulässig, wenn

1.
ein dringendes Bedürfnis besteht und sowohl die Finanzierung im Finanzhaushalt als auch die Deckung im Ergebnishaushalt gewährleistet ist oder
2.
die Aufwendungen oder Auszahlungen unabweisbar sind und sowohl die Finanzierung im Finanzhaushalt gewährleistet ist als auch im Ergebnishaushalt kein erheblicher Fehlbetrag entsteht oder ein geplanter Fehlbetrag sich nur unerheblich erhöht.

2Sind die Aufwendungen oder Auszahlungen nach Umfang und Bedeutung erheblich, bedürfen sie der Zustimmung des Gemeinderats. 3Nicht veranschlagte oder zusätzliche Aufwendungen, die erst bei der Aufstellung des Jahresabschlusses festgestellt werden können und nicht zu Auszahlungen führen, gelten nicht als überplanmäßige und außerplanmäßige Aufwendungen. 4§ 77 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Für Investitionen, die im folgenden Jahr fortgesetzt werden, sind überplanmäßige Auszahlungen auch dann zulässig, wenn ihre Finanzierung im folgenden Jahr gewährleistet ist; sie bedürfen der Zustimmung des Gemeinderats.

(3) Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Maßnahmen, durch die überplanmäßige oder außerplanmäßige Aufwendungen oder Auszahlungen entstehen können.

§ 80
Finanzplanung

(1) 1Die Gemeinde hat ihrer Haushaltswirtschaft eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde zu legen. 2Das erste Planungsjahr der Finanzplanung ist das laufende Haushaltsjahr.

(2) In der Finanzplanung sind Umfang und Zusammensetzung der voraussichtlichen Aufwendungen und Auszahlungen und die Finanzierungsmöglichkeiten darzustellen.

(3) Als Grundlage für die Finanzplanung ist ein Investitionsprogramm aufzustellen.

(4) Der Finanzplan mit dem Investitionsprogramm ist dem Gemeinderat spätestens mit dem Entwurf der Haushaltssatzung vorzulegen.

(5) Der Finanzplan und das Investitionsprogramm sind mit Beschluss der Haushaltssatzung der Entwicklung anzupassen und fortzuführen.

(6) Die Gemeinde soll rechtzeitig geeignete Maßnahmen treffen, die nach der Finanzplanung erforderlich sind, um eine geordnete Haushaltsentwicklung unter Berücksichtigung ihrer voraussichtlichen Leistungsfähigkeit in den einzelnen Planungsjahren zu sichern.

§ 81
Verpflichtungsermächtigungen

(1) Verpflichtungen zur Leistung von Auszahlungen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen in künftigen Jahren dürfen unbeschadet des Absatzes 5 nur eingegangen werden, wenn der Haushaltsplan hierzu ermächtigt.

(2) Die Verpflichtungsermächtigungen dürfen zu Lasten der dem Haushaltsjahr folgenden drei Jahre veranschlagt werden, erforderlichenfalls bis zum Abschluss einer Maßnahme; sie sind nur zulässig, wenn ihre Finanzierung in künftigen Haushalten möglich ist.

(3) Die Verpflichtungsermächtigungen gelten weiter, bis die Haushaltssatzung für das folgende Haushaltsjahr erlassen ist.

(4) 1Der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung insoweit der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, als in den Jahren, zu deren Lasten sie veranschlagt sind, Kreditaufnahmen vorgesehen sind. 2§ 82 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(5) Verpflichtungen im Sinne des Absatzes 1 dürfen überplanmäßig oder außerplanmäßig eingegangen werden, wenn ein dringender Bedarf besteht und der in der Haushaltssatzung festgesetzte Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen nicht überschritten wird.

§ 82
Kreditaufnahmen

(1) Kredite (§ 73 Absatz 4) dürfen nur im Finanzhaushalt und nur für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung aufgenommen werden.

(2) 1Der Gesamtbetrag der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (Gesamtgenehmigung). 2Die Genehmigung soll unter dem Gesichtspunkt einer geordneten Haushaltswirtschaft erteilt oder versagt werden; sie kann unter Bedingungen erteilt oder mit Auflagen verbunden werden. 3Sie ist in der Regel zu versagen, wenn die Kreditverpflichtungen die dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde gefährden.

(3) Die Kreditermächtigung gilt weiter, bis die Haushaltssatzung für das übernächste Jahr erlassen ist.

(4) Die Aufnahme der einzelnen Kredite, deren Gesamtbetrag nach Absatz 2 genehmigt worden ist, bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde (Einzelgenehmigung), soweit kraft Gesetzes Kreditaufnahmen beschränkt sind.

(5) 1Die Begründung einer Zahlungsverpflichtung, die wirtschaftlich einer Kreditaufnahme gleichkommt, bedarf der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. 2Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. 3Eine Genehmigung ist nicht erforderlich für die Begründung von Zahlungsverpflichtungen im Rahmen der laufenden Verwaltung.

(6) 1Die Gemeinde darf zur Sicherung eines Kredits keine Sicherheiten bestellen. 2Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn die Bestellung von Sicherheiten der Verkehrsübung entspricht.

(7) Das Staatsministerium des Innern kann Ausnahmen nach Absatz 6 Satz 2 allgemein zulassen.

§ 83
Sicherheiten und Gewährleistung für Dritte

(1) 1Die Gemeinde darf keine Sicherheiten zugunsten Dritter bestellen. 2Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Ausnahmen zulassen.

(2) 1Die Gemeinde darf Bürgschaften und Verpflichtungen aus Gewährverträgen nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben übernehmen. 2Die Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, wenn sie nicht im Rahmen der laufenden Verwaltung abgeschlossen werden. 3§ 82 Absatz 2 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Absatz 2 gilt entsprechend für Rechtsgeschäfte, die den dort genannten Rechtsgeschäften wirtschaftlich gleichkommen, insbesondere für die Zustimmung zu Rechtsgeschäften Dritter, aus denen der Gemeinde in künftigen Haushaltsjahren Verpflichtungen zur Leistung von Aufwendungen und Auszahlungen erwachsen können.

(4) Das Staatsministerium des Innern kann Ausnahmen nach Absatz 1 allgemein zulassen.

§ 84
Kassenkredite

(1) Die Gemeinde hat die rechtzeitige Leistung der Auszahlungen sicherzustellen.

(2) 1Zur rechtzeitigen Leistung der Auszahlungen kann die Gemeinde Kassenkredite bis zu dem in der Haushaltssatzung festgelegten Höchstbetrag aufnehmen, soweit für die Kasse keine anderen Mittel zur Verfügung stehen. 2Die Ermächtigung gilt weiter, bis die Haushaltssatzung für das folgende Jahr erlassen ist.

(3) Der Höchstbetrag der Kassenkredite bedarf im Rahmen der Haushaltssatzung der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde, wenn er ein Fünftel der im Finanzhaushalt veranschlagten Auszahlungen für laufende Verwaltungstätigkeit übersteigt.

§ 85
Rücklagen

1Überschüsse der Ergebnisrechnung sind den Rücklagen zuzuführen. 2Rücklagen können auch aus zweckgebundenen Erträgen gebildet werden.

§ 85a
Rückstellungen

(1) Für ungewisse Verbindlichkeiten und für hinsichtlich ihrer Höhe oder des Zeitpunktes ihres Eintritts unbestimmte Aufwendungen sind Rückstellungen in angemessener Höhe zu bilden.

(2) Rückstellungen dürfen nur aufgelöst werden, soweit der Grund für ihre Bildung entfallen ist.

§ 86
Gemeindekasse

(1) 1Die Gemeindekasse erledigt alle Kassengeschäfte der Gemeinde. 2Für Sondervermögen und Treuhandvermögen, für die Sonderrechnungen geführt werden, sollen Sonderkassen gebildet werden; sie sollen mit der Gemeindekasse verbunden werden.

(2) Die Gemeinde hat, wenn sie ihre Kassengeschäfte nicht durch eine Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung besorgen lässt, einen Kassenverwalter und einen Stellvertreter zu bestellen.

(3) Die anordnungsbefugten Bediensteten der Gemeinde, Leiter und Prüfer des Rechnungsprüfungsamtes sowie Rechnungsprüfer dürfen nicht gleichzeitig zum Kassenverwalter oder dessen Stellvertreter bestellt werden.

(4) 1Der Kassenverwalter, sein Stellvertreter und andere Bedienstete der Gemeindekasse dürfen untereinander, zum Bürgermeister, zu einem Beigeordneten, einem Stellvertreter des Bürgermeisters, zum Fachbediensteten für das Finanzwesen oder einem anordnungsbefugten Bediensteten, zum Leiter und zu den Prüfern des Rechnungsprüfungsamtes sowie zu einem Rechnungsprüfer nicht in einem die Befangenheit begründenden Verhältnis nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 stehen. 2In Gemeinden mit nicht mehr als 1 000 Einwohnern kann der Gemeinderat bei Vorliegen besonderer Umstände Ausnahmen vom Verbot des Satzes 1 zulassen.

§ 87
Übertragung von Kassengeschäften, Automation

(1) 1Die Gemeinde kann die Kassengeschäfte ganz oder zum Teil von einer Stelle außerhalb der Gemeindeverwaltung besorgen lassen, wenn die ordnungsgemäße Erledigung und die Prüfung nach den für die Gemeinde geltenden Vorschriften gewährleistet sind. 2Der Beschluss hierüber ist der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

(2) 1Für die automatisierte Ausführung der Geschäfte der kommunalen Haushaltswirtschaft und der Kassengeschäfte dürfen nur Fachprogramme verwendet werden, die von der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung zugelassen sind. 2Gleiches gilt für die Verwendung dieser Fachprogramme nach wesentlichen Programmänderungen. 3Die Gültigkeit der Zulassung soll befristet werden. 4Bei Programmen, die für mehrere Gemeinden Anwendung finden sollen, genügt eine Zulassung. 5Die technischen Standards, die erforderlich sind, um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Programmzulassung zu erfüllen, werden von der Sächsischen Anstalt für kommunale Datenverarbeitung im Benehmen mit dem Sächsischen Rechnungshof in einer Verwaltungsvorschrift als Prüfhandbuch niedergelegt.

§ 88
Jahresabschluss

(1) 1Die Gemeinde hat zum Schluss eines jeden Haushaltsjahres einen Jahresabschluss aufzustellen. 2Der Jahresabschluss muss klar und übersichtlich sein. 3Der Jahresabschluss hat sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Erträge, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen zu enthalten, soweit nichts anderes bestimmt ist. 4Er hat unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gemeinde zu vermitteln.

(2) 1Der Jahresabschluss besteht aus

1.
der Ergebnisrechnung,
2.
der Finanzrechnung und
3.
der Vermögensrechnung.

2Der Jahresabschluss ist um einen Anhang zu erweitern, der mit den Rechnungen nach Satz 1 eine Einheit bildet, und durch einen Rechenschaftsbericht zu erläutern.

(3) Am Schluss des Rechenschaftsberichts sind für den Bürgermeister und den Fachbediensteten für das Finanzwesen sowie für die Ratsmitglieder, auch wenn die Personen im Haushaltsjahr ausgeschieden sind, anzugeben:

1.
Familienname mit mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen,
2.
die Mitgliedschaft in Aufsichtsräten und anderen Kontrollgremien im Sinne des § 125 Absatz 1 Satz 5 des Aktiengesetzes vom 6. September 1965 (BGBl. I S. 1089), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2637) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
3.
die Mitgliedschaft in Organen von verselbstständigten Organisationseinheiten und Vermögensmassen, die mit der Gemeinde eine Rechtseinheit bilden, und in Organen von Unternehmen nach § 96, an denen die Gemeinde eine Beteiligung hält, ausgenommen die Hauptversammlung, und
4.
die Mitgliedschaft in Organen sonstiger privatrechtlicher Unternehmen, ausgenommen die Hauptversammlung.

(4) Dem Anhang sind als Anlagen beizufügen:

1.
die Anlagenübersicht,
2.
die Verbindlichkeitenübersicht,
3.
die Forderungsübersicht und
4.
eine Übersicht über die in das folgende Jahr übertragenen Haushaltsermächtigungen.

(5) Die Gemeinden dürfen bei den Jahresabschlüssen der Haushaltsjahre bis einschließlich 2018 auf die Bestandteile gemäß Absatz 2 Satz 2 sowie Absatz 3 und 4 verzichten.7

§ 88a
Eröffnungsbilanz

(1) 1Die Gemeinde hat zu Beginn des ersten Haushaltsjahres, in dem die Bücher in der Form der doppelten Buchführung geführt werden, eine Eröffnungsbilanz aufzustellen. 2Auf die Eröffnungsbilanz sind die für den Jahresabschluss geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 88 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 entsprechend anzuwenden. 3Die Pflicht zur Aufstellung einer Eröffnungsbilanz besteht auch bei einer Änderung des Gemeindegebiets gemäß § 8. 4In diesen Fällen dürfen die jeweils im letzten Jahresabschluss der an der Gebietsänderung beteiligten Gemeinden ausgewiesenen Buchwerte übernommen werden. 5Die Eröffnungsbilanz einschließlich des Anhangs mit allen Anlagen und des Rechenschaftsberichts unterliegt der örtlichen Prüfung gemäß den §§ 103 bis 106. 6Die örtliche Prüfung ist abweichend von § 104 Absatz 2 innerhalb von vier Monaten nach Aufstellung der Eröffnungsbilanz durchzuführen.

(2) 1Die Eröffnungsbilanz einschließlich des Anhangs mit allen Anlagen und des Rechenschaftsberichts unterliegt der überörtlichen Prüfung gemäß den §§ 108 und 109. 2In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 soll die Eröffnungsbilanz abweichend von § 109 Absatz 3 innerhalb von sechs Monaten nach Feststellung überörtlich geprüft werden; zu diesem Zweck ist sie der überörtlichen Prüfungsbehörde unverzüglich nach Feststellung vorzulegen.

§ 88b
Gesamtabschluss

(1) 1Die Gemeinde kann einen Gesamtabschluss aufstellen. 2Verzichtet sie hierauf, ist dies der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen. 3Bei einem Gesamtabschluss sind mit dem Jahresabschluss der Gemeinde die Jahresabschlüsse

1.
der verselbstständigten Organisationseinheiten und Vermögensmassen, die mit der Gemeinde eine Rechtseinheit bilden,
2.
der Unternehmen nach § 96, an denen die Gemeinde eine Beteiligung hält, und
3.
der Zweckverbände und Verwaltungsverbände

zu konsolidieren. 4Für mittelbare Beteiligungen gilt § 290 Absatz 3 des Handelsgesetzbuches in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 4100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 184 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend. 5Der Gesamtabschluss muss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Ertrags- und Finanzlage der Gemeinde vermitteln. 6Dies gilt auch für ihre ausgegliederten Aufgabenträger nach Satz 3. 7Die Aufgabenträger müssen in den Gesamtabschluss nicht einbezogen werden, wenn sie für die Verpflichtung nach Satz 5 von untergeordneter Bedeutung sind. 8Die Anwendung des Satzes 7 ist im Konsolidierungsbericht anzugeben und zu begründen. 9Aufgabenträger nach Satz 3 mit dem Zweck der unmittelbaren oder nach Übertragung mittelbaren Trägerschaft an Sparkassen sind nicht im Gesamtabschluss zu konsolidieren.

(2) 1Aufgabenträger nach Absatz 1, auf die die Gemeinde entsprechend § 290 Absatz 1 und 2 des Handelsgesetzbuches unmittelbar und mittelbar beherrschenden Einfluss ausüben kann, sind entsprechend den §§ 300 bis 309 des Handelsgesetzbuches zu konsolidieren. 2Abweichend von § 301 Absatz 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuches kann das Eigenkapital der Aufgabenträger mit dem Betrag angesetzt werden, der dem Buchwert der in den Gesamtabschluss aufzunehmenden Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Bilanzierungshilfen und Sonderposten entspricht. 3Für die Konsolidierung des Jahresabschlusses der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Aufgabenträger gilt § 308 des Handelsgesetzbuches mit der Maßgabe, dass eine einheitliche Bewertung nicht erforderlich ist. 4Aufgabenträger nach Absatz 1, die entsprechend § 311 Absatz 1 des Handelsgesetzbuches unter maßgeblichem Einfluss der Gemeinde stehen, sind entsprechend § 312 des Handelsgesetzbuches zu konsolidieren. 5Auf die Zuordnung des Unterschiedsbetrages gemäß § 312 Absatz 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches kann verzichtet werden.

(3) 1Der Gesamtabschluss ist durch eine Kapitalflussrechnung zu ergänzen und durch einen Konsolidierungsbericht zu erläutern. 2Dem Konsolidierungsbericht sind die Angaben aus dem Rechenschaftsbericht nach § 88 Absatz 3 und die Angaben zum nicht konsolidierten Beteiligungsbesitz nach § 99 Absatz 2 und 3 anzufügen. 3Wird ein Gesamtabschluss nach den Sätzen 1 und 2 aufgestellt, kann der Beteiligungsbericht nach § 99 entfallen.

(4) 1Die Gemeinde hat bei den nach Absatz 1 zu konsolidierenden Aufgabenträgern darauf hinzuwirken, dass ihr das Recht eingeräumt wird, von diesen alle Unterlagen und Auskünfte zu verlangen, die für die Aufstellung des Gesamtabschlusses erforderlich sind. 2§ 96a Absatz 1 Nummer 10 bleibt unberührt.8

§ 88c
Aufstellung und ortsübliche Bekanntgabe des Abschlusses

(1) Jahresabschluss und Gesamtabschluss sind innerhalb von sechs Monaten nach Ende des Haushaltsjahres aufzustellen und vom Bürgermeister unter Angabe des Datums zu unterzeichnen.

(2) Der Gemeinderat stellt den Jahresabschluss und den Gesamtabschluss nach der örtlichen Prüfung durch das Rechnungsprüfungsamt spätestens bis 31. Dezember des dem Haushaltsjahr folgenden Jahres fest.

(3) 1Der Beschluss über die Feststellung nach Absatz 2 ist der Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen und ortsüblich bekannt zu geben. 2Der Jahresabschluss mit Rechenschaftsbericht und Anhang sowie der Gesamtabschluss mit Konsolidierungsbericht sind mit der Bekanntgabe des Feststellungsbeschlusses öffentlich auszulegen oder elektronisch zur Verfügung zu stellen; in der Bekanntgabe ist darauf hinzuweisen.

Zweiter Abschnitt
Vermögen der Gemeinde

§ 89
Erwerb und Verwaltung von Vermögen, Wertansätze

(1) Das Vermögen der Gemeinde soll unter Berücksichtigung seiner Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit ungeschmälert erhalten bleiben.

(2) Die Gemeinde soll Vermögensgegenstände nur erwerben, wenn dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

(3) 1Die Vermögensgegenstände sind pfleglich und wirtschaftlich zu verwalten und ordnungsgemäß nachzuweisen. 2Bei Geldanlagen ist auf eine hinreichende Sicherheit zu achten; sie sollen einen angemessenen Ertrag bringen.

(4) Besondere Rechtsvorschriften für die Bewirtschaftung des Gemeindewaldes bleiben unberührt.

(5) 1Vermögensgegenstände sind mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen, anzusetzen. 2Abweichend von Satz 1 dürfen Beteiligungen, Anteile an verbundenen Unternehmen und Zweckverbänden sowie Sondervermögen nach § 91 Absatz 1 Nummer 1 mit dem anteiligen Eigenkapital angesetzt werden. 3Die an einem Unternehmen beteiligten Gemeinden und die Mitgliedsgemeinden eines Zweckverbandes haben das Bewertungswahlrecht gemäß Satz 2 einheitlich auszuüben und einen einheitlichen Aufteilungsmaßstab zu bestimmen. 4Verbindlichkeiten und Rückstellungen sind mit dem Erfüllungsbetrag anzusetzen.

§ 90
Veräußerung von Vermögen

(1) 1Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände veräußern, wenn sie sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht und Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht entgegenstehen. 2Vermögensgegenstände dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden. 3Ausnahmen sind im besonderen öffentlichen Interesse zulässig. 4Dies gilt insbesondere für Veräußerungen zur Förderung von sozialen Einrichtungen, des sozialen Wohnungsbaus, des Denkmalschutzes und der Bildung privaten Eigentums unter sozialen Gesichtspunkten. 5Ein besonderes öffentliches Interesse liegt auch dann vor, wenn hierdurch die Umsiedlung aus Überschwemmungsgebieten gefördert wird. 6Vor dem Unterwertverkauf eines Grundstücks an Unternehmen ist die Vereinbarkeit der Vergünstigung mit dem Binnenmarkt sicherzustellen.

(2) Für die Überlassung der Nutzung von Vermögensgegenständen gilt Absatz 1 entsprechend.

(3) 1Der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedürfen Rechtsgeschäfte, in denen sich die Gemeinde verpflichtet,

1.
Grundstücke oder grundstücksgleiche Rechte sowie andere Vermögensgegenstände unentgeltlich oder unter ihrem vollen Wert zu veräußern, sofern sie nicht geringwertig sind,
2.
Vermögensgegenstände mit besonderem wissenschaftlichen, geschichtlichen, künstlerischen oder denkmalpflegerischen Wert zu veräußern.

2Die Genehmigung nach Satz 1 gilt als erteilt, wenn die Rechtsaufsichtsbehörde nicht innerhalb von sechs Wochen nach dem vollständigen Eingang der Antragsunterlagen die Genehmigung ablehnt oder dem Antragsteller schriftlich mitteilt, welche Gründe einer abschließenden Entscheidung über den Antrag entgegenstehen. 3Die Rechtsaufsichtsbehörde hat dem Antragsteller innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags mitzuteilen, ob die Antragsunterlagen vollständig sind; nach Verstreichen der Frist ohne eine Mitteilung ist von der Vollständigkeit der Antragsunterlagen auszugehen.

(4) Ein Beschluss der Gemeinde zur Veräußerung von Unternehmen darf erst nach Ablauf von drei Monaten vollzogen werden.

§ 91
Sondervermögen

(1) Sondervermögen der Gemeinde sind

1.
das Vermögen der Eigenbetriebe und der öffentlichen Einrichtungen, für die auf Grund gesetzlicher Vorschriften Sonderrechnungen geführt werden;
2.
das Vermögen der rechtlich unselbstständigen örtlichen Stiftungen.

(2) 1Sondervermögen nach Absatz 1 Nummer 2 unterliegen den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft. 2Sie sind im Haushalt der Gemeinde gesondert nachzuweisen.

§ 92
Treuhandvermögen

(1) Für rechtlich selbstständige örtliche Stiftungen sowie für Vermögen, die die Gemeinde nach besonderen Rechtsvorschriften treuhänderisch zu verwalten hat, sind besondere Haushaltspläne aufzustellen und Sonderrechnungen zu führen.

(2) Geringfügiges Treuhandvermögen kann im Haushalt der Gemeinde gesondert nachgewiesen werden; es unterliegt den Vorschriften über die Haushaltswirtschaft.

(3) Für rechtlich selbstständige örtliche Stiftungen bleiben Bestimmungen des Stifters, für andere Treuhandvermögen besondere gesetzliche Vorschriften unberührt.

§ 93
Freistellung von der Finanzplanung

Das Staatsministerium des Innern kann durch Rechtsverordnung Sondervermögen und Treuhandvermögen von den Verpflichtungen des § 80 freistellen, soweit die Finanzplanung weder für die Haushalts- oder Wirtschaftsführung noch für die Finanzstatistik benötigt wird.

§ 94
Örtliche Stiftungen

(1) Die Gemeinde verwaltet die örtlichen Stiftungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes, soweit durch Gesetz oder Stiftung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Bei nichtrechtsfähigen Stiftungen kann die Gemeinde unter den Voraussetzungen des § 87 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches den Stiftungszweck ändern, die Stiftung mit einer anderen nichtrechtsfähigen Stiftung zusammenlegen oder sie aufheben, wenn der Stifter nichts anderes bestimmt hat.

(3) 1Enthält das Stiftungsgeschäft keine Bestimmung über den Vermögensanfall, fällt das Vermögen nichtrechtsfähiger Stiftungen an die Gemeinde. 2Die Gemeinde hat bei der Verwendung des Vermögens den Stiftungszweck möglichst zu berücksichtigen.

(4) Gemeindevermögen darf nur im Rahmen der Aufgabenerfüllung der Gemeinde und nur dann in Stiftungsvermögen eingebracht werden, wenn der mit der Stiftung verfolgte Zweck auf andere Weise nicht erreicht werden kann.

Dritter Abschnitt
Unternehmen und Beteiligungen der Gemeinde

§ 94a
Wirtschaftliche Unternehmen

(1) 1Die Gemeinde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein wirtschaftliches Unternehmen ungeachtet der Rechtsform nur errichten, übernehmen, unterhalten, wesentlich verändern oder sich daran unmittelbar oder mittelbar beteiligen, wenn

1.
der öffentliche Zweck dies rechtfertigt,
2.
das Unternehmen nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht und
3.
der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher durch einen privaten Dritten erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

2Vor einer Entscheidung ist den jeweiligen wirtschafts- und berufsständischen Kammern der betroffenen Wirtschaftskreise Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(2) Im Bereich der Wohnungswirtschaft hat die Gemeinde darüber hinaus darauf hinzuwirken, dass die zur angemessenen Bewirtschaftung des Wohnungsbestandes erforderliche Kredit- und Investitionsfähigkeit gesichert ist und der von ihr unmittelbar oder mittelbar gehaltene Wohnungsbestand keine marktbeherrschende Stellung einnimmt.

(3) Wirtschaftliche Unternehmen im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Unternehmen, die Aufgaben wahrnehmen, zu denen die Gemeinde verpflichtet ist,
2.
Einrichtungen des Unterrichts-, Erziehungs- und Bildungswesens, der Kunstpflege, der körperlichen Ertüchtigung, der Gesundheits- und Wohlfahrtspflege und
3.
Hilfsbetriebe, die ausschließlich zur Deckung des Eigenbedarfs der Gemeinde dienen.

(4) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind so zu führen, dass der öffentliche Zweck erfüllt wird; sie sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen, soweit dadurch die Erfüllung des öffentlichen Zwecks nicht beeinträchtigt wird.

(5) (aufgehoben)

(6) 1Die Gemeinde darf keine Bankunternehmen betreiben oder Anteile an ihnen halten. 2Für Sparkassen und eine Beteiligung an der Sachsen-Finanzgruppe gelten die Vorschriften des Gesetzes über die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute im Freistaat Sachsen und die Sachsen-Finanzgruppe vom 13. Dezember 2002 (SächsGVBl. S. 333), das zuletzt durch Artikel 16 des Gesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. 3Die §§ 94a bis 102 finden auf Sparkassen, eine Beteiligung an der Sachsen-Finanzgruppe und die sie tragenden Zweckverbände keine Anwendung.9

§ 95
Unternehmensformen

(1) Unternehmen der Gemeinde können geführt werden:

1.
nach den Vorschriften dieses Gesetzes über die Haushaltswirtschaft,
2.
als Eigenbetriebe,
3.
in einer Rechtsform des privaten Rechts.

(2) 1Vor der Errichtung, Übernahme und wesentlichen Veränderung eines Unternehmens sowie der unmittelbaren oder mittelbaren Beteiligung an einem solchen ist der Gemeinderat umfassend über die Chancen und Risiken der beabsichtigten unternehmerischen Betätigung sowie über deren Auswirkungen auf die private Wirtschaft zu unterrichten. 2Vor dem Beschluss über die Rechtsform des Unternehmens hat der Gemeinderat die Vor- und Nachteile der in Betracht kommenden öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Organisationsformen im konkreten Einzelfall abzuwägen.

§ 95a
Eigenbetriebe

(1) 1Die Gemeinde kann Unternehmen ohne eigene Rechtspersönlichkeit als Eigenbetrieb führen, wenn Art und Umfang der Tätigkeit eine selbstständige Wirtschaftsführung rechtfertigen. 2Eigenbetriebe werden finanzwirtschaftlich als Sondervermögen der Gemeinde verwaltet und nachgewiesen.

(2) 1Für den Eigenbetrieb ist eine Betriebsleitung zu bilden, die vom Gemeinderat gewählt wird. 2Die Betriebsleitung führt die laufenden Geschäfte des Eigenbetriebs. 3Ihr können weitere Aufgaben übertragen werden. 4Die Betriebsleitung vertritt die Gemeinde im Rahmen ihrer Aufgaben. 5Betriebsleiter können in ein Beamtenverhältnis auf Zeit berufen werden.

(3) 1Der Gemeinderat regelt die Rechtsverhältnisse des Eigenbetriebs in einer Betriebssatzung. 2Durch die Betriebssatzung soll ein beratender oder beschließender Ausschuss des Gemeinderats (Betriebsausschuss) für die Angelegenheiten des Eigenbetriebs gebildet werden.

(4) § 72 Absatz 1 und 2 Satz 1 und 2, §§ 73, 74 Absatz 1 Satz 2, § 76 Absatz 2 Satz 2, §§ 78, 80 bis 84, 86, 87 Absatz 1, § 89 Absatz 1 bis 4 und § 90 gelten entsprechend.

§ 96
Unternehmen in Privatrechtsform

(1) Die Gemeinde darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben ein Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts nur errichten, übernehmen, unterhalten, wesentlich verändern oder sich daran unmittelbar oder mittelbar beteiligen, wenn

1.
durch die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde sichergestellt ist,
2.
die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens erhält und
3.
die Haftung der Gemeinde auf einen ihrer Leistungsfähigkeit angemessenen Betrag begrenzt wird.

(2) Ein Unternehmen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft darf die Gemeinde nur errichten, übernehmen, wesentlich verändern oder sich daran unmittelbar oder mittelbar beteiligen, wenn der öffentliche Zweck des Unternehmens nicht ebenso gut in einer anderen Rechtsform erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

§ 96a
Inhalt des Gesellschaftsvertrages

(1) Steht der Gemeinde allein oder zusammen mit anderen kommunalen Trägern der Selbstverwaltung, die der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehen, eine zur Änderung des Gesellschaftsvertrages berechtigende Mehrheit der Anteile zu, ist im Gesellschaftsvertrag festzulegen, dass

1.
der Zustimmung der Gemeinde die Errichtung, Übernahme und Beteiligung an anderen Unternehmen bedürfen,
2.
der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen
 
a)
wesentliche Veränderungen des Unternehmens,
 
b)
Verfügungen über Vermögen und die Aufnahme von Krediten, soweit die Rechtsgeschäfte von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für das Unternehmen sind, wobei die hiervon erfassten Rechtsgeschäfte durch Beschluss der Gesellschafterversammlung festgelegt werden sollen, und
 
c)
die Bestellung und Abberufung von Mitgliedern der Geschäftsführung, wobei die Gesellschafterversammlung ihre Zuständigkeit auf den Aufsichtsrat übertragen kann,
3.
die Gemeinde auch bei Rechtsgeschäften ihr selbst gegenüber in der Gesellschafterversammlung stimmberechtigt ist,
4.
die §§ 394 und 395 des Aktiengesetzes entsprechend angewendet werden, soweit sie nicht unmittelbar Anwendung finden,
5.
in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Sächsischen Eigenbetriebsverordnung ein Wirtschaftsplan für jedes Wirtschaftsjahr aufgestellt und der Wirtschaftsführung eine fünfjährige Finanzplanung zugrunde gelegt wird,
6.
die Gemeinde über den Wirtschaftsplan und die Finanzplanung sowie wesentliche Abweichungen hiervon unverzüglich unterrichtet wird,
7.
die Abschlussprüfung im Umfang des § 53 Absatz 1 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vom 19. August 1969 (BGBl. I S. 1273), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 14. August 2017 (BGBl. I S. 3122) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, durchzuführen ist,
8.
der Jahresabschluss und der Lagebericht in entsprechender Anwendung der Vorschriften für große Kapitalgesellschaften im Dritten Buch des Handelsgesetzbuchs aufgestellt und geprüft wird, sofern nicht weitergehende gesetzliche Vorschriften gelten,
9.
der Jahresabschluss, der Lagebericht und der Prüfungsbericht des Abschlussprüfers an die Gemeinde und die Rechtsaufsichtsbehörde unverzüglich übersandt werden; diese Verpflichtung bezieht sich gegenüber der Gemeinde auch auf die Angaben, die nach § 99 Absatz 2 und 3 für die Erstellung des Beteiligungsberichtes notwendig sind,
10.
der Gemeinde zu dem von ihr bestimmten Zeitpunkt die für die Aufstellung des Gesamtabschlusses (§ 88b) erforderlichen Unterlagen übersandt und Auskünfte erteilt werden,
11.
der örtlichen Prüfungseinrichtung und der überörtlichen Prüfungsbehörde die Befugnis zur Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Unternehmens eingeräumt wird,
12.
der örtlichen Prüfungseinrichtung gemäß § 103 und der überörtlichen Prüfungsbehörde gemäß § 108 die in § 54 des Haushaltsgrundsätzegesetzes vorgesehenen Befugnisse eingeräumt werden,
13.
die Gesellschaft ein anderes Unternehmen nur unterhalten, übernehmen oder sich daran beteiligen darf, wenn den Nummern 1 und 2 sowie 4 bis 13 entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag dieses Unternehmens enthalten sind, sofern sie allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern, für die ebenfalls diese Verpflichtung besteht, eine zur Änderung des Gesellschaftsvertrages berechtigende Mehrheit der Anteile hat; bei Beteiligungen ab der dritten Beteiligungsstufe (Enkelgesellschaften der Unternehmen der Gemeinde) kann die örtliche Prüfungseinrichtung von den in den Nummern 11 und 12 vorgesehenen Befugnissen nur Gebrauch machen, wenn die Gemeinde nicht innerhalb von vier Wochen widerspricht.

(2) Bei einer geringeren Beteiligung hat die Gemeinde darauf hinzuwirken, dass die im Absatz 1 genannten Regelungen getroffen werden.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für Unternehmen in anderen Rechtsformen des privaten Rechts.10

§ 97
Kommunale Versorgungsunternehmen

(1) Die Betätigung von kommunalen Unternehmen der Bereiche der Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung sowie Telekommunikation (kommunale Versorgungsunternehmen) dient auch außerhalb des Gemeindegebiets in diesen Bereichen einem öffentlichen Zweck und ist zulässig, wenn sie nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht.

(2) 1Für eine Gemeinde, die selbst ein kommunales Versorgungsunternehmen errichtet, unterhält oder sich unmittelbar an einem bestehenden Unternehmen beteiligt (unmittelbare Beteiligung), gelten die Vorschriften des dritten und vierten Abschnitts mit Ausnahme von § 96a Absatz 1 Nummer 1 und 13 und von weiteren Regelungen, soweit diese mittelbare Beteiligungen betreffen. 2Satz 1 gilt auch, wenn eine Gemeinde, unabhängig davon, ob sie an dem Unternehmen bereits beteiligt ist, dieses ganz oder teilweise übernimmt, oder wenn sich ein solches Unternehmen, an dem die Gemeinde unmittelbar beteiligt ist, wesentlich verändert.

(3) Auf die Errichtung von, die Beteiligung an, die Übernahme von und die Unterhaltung von Unternehmen aus den Bereichen der Strom-, Gas-, Wärme- und Wasserversorgung sowie Telekommunikation durch bestehende kommunale Versorgungsunternehmen (mittelbare Beteiligung) finden die Vorschriften des dritten und vierten Abschnitts mit Ausnahme der §§ 98, 99 und 101 keine Anwendung.

(4) Eine Gemeinde, die selbst ein kommunales Versorgungsunternehmen errichtet, unterhält oder sich unmittelbar an einem bestehenden Unternehmen beteiligt, hat durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sicherzustellen, dass

1.
das jeweilige kommunale Versorgungsunternehmen die Absicht einer mittelbaren Beteiligung spätestens vier Wochen, bevor diese Entscheidung vollzogen werden soll, den an ihm mittelbar beteiligten Gemeinden unter Vorlage der konkreten gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen anzeigt und der Vollzug einer solchen Entscheidung zu einer mittelbaren Beteiligung nur unter der Bedingung erfolgen darf, dass gegenüber den beteiligten Gemeinden kein Genehmigungsvorbehalt der jeweils zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde innerhalb dieser Frist geltend gemacht wird und
2.
der Vollzug einer mittelbaren Beteiligung im Fall der Geltendmachung eines Genehmigungsvorbehaltes erst dann erfolgen darf, wenn den beteiligten Gemeinden die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde vorliegt.

(5) 1Die Gemeinden, denen eine Anzeige nach Absatz 4 Nummer 1 vorliegt, haben diese unverzüglich der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen. 2Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde hat einen Genehmigungsvorbehalt unverzüglich, in jedem Fall innerhalb der Frist nach Absatz 4 Nummer 1, gegenüber der Gemeinde geltend zu machen. 3Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde kann in der Zeit zwischen Anzeige und beabsichtigtem Vollzugszeitpunkt bei wesentlichen Veränderungen eines kommunalen Versorgungsunternehmens gegenüber der Gemeinde anordnen, dass die beabsichtigte mittelbare Beteiligung der Genehmigung bedarf. 4Sie soll sich in diesem Fall unverzüglich mit der Gemeinde ins Benehmen setzen.

(6) Die Absätze 2 bis 5 gelten nicht für eine Beteiligung an einem kommunalen Versorgungsunternehmen, das seinen Sitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland hat oder sich außerhalb der Bundesrepublik Deutschland betätigt.11

§ 98
Vertretung der Gemeinde in Unternehmen
in Privatrechtsform

(1) 1Die Gemeinde wird in der Gesellschafterversammlung oder dem entsprechenden Organ eines Unternehmens in einer Rechtsform des privaten Rechts durch den Bürgermeister vertreten. 2Kann die Gemeinde weitere Vertreter entsenden, so werden diese vom Gemeinderat widerruflich bestellt. 3Ist mehr als ein weiterer Vertreter zu entsenden, gilt § 42 Absatz 2 entsprechend. 4Ein durch den Bürgermeister mit seiner ständigen Vertretung beauftragter Vertreter sowie die durch den Gemeinderat zu bestellenden weiteren Vertreter der Gemeinde müssen über die für diese Aufgabe erforderliche betriebswirtschaftliche Erfahrung und Sachkunde verfügen. 5In den in § 28 Absatz 2 Nummer 15 genannten Angelegenheiten üben die Vertreter der Gemeinde ihre Befugnisse aufgrund von Beschlüssen des Gemeinderats aus. 6In anderen Angelegenheiten kann der Gemeinderat ihnen Weisungen erteilen. 7Die Vertreter der Gemeinde haben den Gemeinderat oder einen beschließenden Ausschuss über alle Angelegenheiten des Unternehmens von besonderer Bedeutung frühzeitig zu unterrichten.

(2) 1Hat die Gemeinde das Recht, Personen als Mitglied des Aufsichtsrates oder eines entsprechenden Überwachungsorgans zu entsenden oder der Gesellschafterversammlung zur Wahl vorzuschlagen, werden diese vom Gemeinderat bestimmt. 2Ist mehr als ein Mitglied zu bestimmen, gilt § 42 Absatz 2 entsprechend. 3Die Entsendung ist widerruflich. 4Als Mitglieder nach Satz 1 dürfen nur Personen bestimmt werden, die über die für diese Aufgabe erforderliche betriebswirtschaftliche Erfahrung und Sachkunde verfügen. 5Wenn diese Gemeinde mehr als ein Mitglied in den Aufsichtsrat entsenden oder der Gesellschafterversammlung zur Wahl vorschlagen kann, dann ist auch der Bürgermeister oder ein von ihm benannter Bediensteter der Verwaltung vom Gemeinderat zu bestimmen.

(3) Die von der Gemeinde entsandten oder zur Wahl vorgeschlagenen Mitglieder des Aufsichtsrates haben den Gemeinderat oder einen beschließenden Ausschuss und, sofern dieser nicht dem Organ angehört, auch den Bürgermeister frühzeitig über alle Angelegenheiten des Unternehmens von besonderer Bedeutung zu unterrichten.

(4) 1Wird ein Vertreter der Gemeinde wegen seiner Tätigkeit im Organ eines Unternehmens haftbar gemacht, hat ihm die Gemeinde den Schaden zu ersetzen. 2Dies gilt nicht, wenn der Vertreter vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat; auch in diesem Fall ist der Schaden zu ersetzen, wenn er nach Weisung der Gemeinde gehandelt hat.

(5) 1Die Gemeinde soll den von ihr in Organe eines Unternehmens nach Absatz 1 und 2 entsandten Personen Gelegenheit geben, regelmäßig an Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen, die der Wahrnehmung ihrer Aufgaben dienlich sind. 2Die nach Satz 1 entsandten Personen haben sich regelmäßig zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben fortzubilden.

§ 99
Beteiligungsverwaltung

(1) Die Gemeinde schafft die Voraussetzungen, um die Unternehmen, an denen sie unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, zu steuern und zu überwachen sowie die auf ihre Veranlassung in diesen Unternehmen tätigen Aufsichtsratsmitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe zu unterstützen.

(2) 1Dem Gemeinderat ist jeweils bis zum 31. Dezember des dem Berichtsjahr folgenden Jahres ein Bericht über die Eigenbetriebe und die Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts vorzulegen, an denen die Gemeinde unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. 2In dem Beteiligungsbericht müssen mindestens enthalten sein:

1.
eine Beteiligungsübersicht unter Angabe der Rechtsform, des Unternehmensgegenstandes, des Unternehmenszwecks und des Stamm- oder Grundkapitals sowie des prozentualen Anteils der Gemeinde an diesem,
2.
die Finanzbeziehungen zwischen der Gemeinde und den Unternehmen, insbesondere unter Angabe der Summe aller Gewinnabführungen an den Gemeindehaushalt, der Summe aller Verlustabdeckungen und sonstigen Zuschüsse aus dem Gemeindehaushalt, der Summe aller gewährten sonstigen Vergünstigungen sowie der Summe aller von der Gemeinde übernommenen Bürgschaften und sonstigen Gewährleistungen,
3.
ein Lagebericht, der den Geschäftsverlauf und die Lage aller Unternehmen so darstellt, dass ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Gesamtbild vermittelt wird; der Lagebericht soll insbesondere auf Unternehmensvorgänge von besonderer Bedeutung, die während des letzten Geschäftsjahres eingetreten sind, und auf die voraussichtliche Entwicklung der Unternehmen im kommenden Geschäftsjahr eingehen.

3Dem Bericht sind als Anlage die Satz 2 entsprechenden Angaben für die Zweckverbände, deren Mitglied die Gemeinde ist, sowie deren Beteiligungsberichte beizufügen.

(3) Darüber hinaus soll der Bericht für jedes Unternehmen in einer Rechtsform des privaten Rechts, an dem die Gemeinde unmittelbar oder mittelbar mit mindestens 25 Prozent beteiligt ist, insbesondere Folgendes ausweisen:

1.
die Organe des Unternehmens, die Zusammensetzung der Organe unter namentlicher Nennung von Geschäftsführung, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern, die Anzahl der Mitarbeiter sowie den Namen des bestellten Abschlussprüfers und, soweit möglich, die Namen und Beteiligungsanteile der anderen Anteilseigner,
2.
die wichtigsten Bilanz- und Leistungskennzahlen für das Berichtsjahr und die beiden dem Berichtsjahr vorangegangenen Jahre; für das Berichtsjahr sind die Planwerte den aktuellen Ist-Werten gegenüberzustellen; die Kennzahlen sollen eine Beurteilung der Vermögenssituation, der Kapitalstruktur, der Liquidität, der Rentabilität und des Geschäftserfolgs des Unternehmens zulassen,
3.
wesentliche Sachverhalte aus dem Lagebericht der Geschäftsführung zum Berichtsjahr und dem darauffolgenden Geschäftsjahr einschließlich einer Bewertung der Kennzahlen.

(4) 1Der Beteiligungsbericht ist der Rechtsaufsichtsbehörde zuzuleiten. 2Die Angaben des Beteiligungsberichts nach Absatz 2 sind von der Gemeinde zur Einsichtnahme verfügbar zu halten. 3Dies ist ortsüblich bekannt zu geben.

§ 100
(weggefallen)

§ 101
Konzessionsverträge

(1) 1Die Gemeinde darf Konzessionsverträge, durch die sie einem Energieversorgungsunternehmen die Benutzung von Gemeindeeigentum einschließlich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze für Leitungen zur Versorgung der Einwohner gestattet, nur abschließen, wenn die Erfüllung der Aufgaben der Gemeinde nicht gefährdet wird und die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Gemeinde und ihrer Einwohner gewahrt sind. 2Hierüber soll dem Gemeinderat vor der Beschlussfassung das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen vorgelegt werden.

(2) Dasselbe gilt für eine Verlängerung oder ihre Ablehnung sowie eine wichtige Änderung derartiger Verträge.

§ 102
Anzeige-, Vorlage- und Genehmigungspflichten

(1) 1Rechtsgeschäfte nach § 96 Absatz 1 und Beschlüsse des Gemeinderats im Fall einer wesentlichen Veränderung und der mittelbaren Beteiligung bedürfen der Genehmigung durch die Rechtsaufsichtsbehörde. 2Über die Genehmigung ist binnen acht Wochen nach Eingang des vollständigen Antrages zu entscheiden. 3Der Eingang des Antrages ist der Gemeinde unverzüglich zu bestätigen; dabei ist auf fehlende Unterlagen hinzuweisen. 4Die Genehmigungsfrist kann durch die nächsthöhere Rechtsaufsichtsbehörde verlängert werden.

(2) Beschlüsse der Gemeinde über Maßnahmen und Rechtsgeschäfte nach § 94a Absatz 1 und § 101 sind der Rechtsaufsichtsbehörde unter Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen vorzulegen.

(3) Änderungen des Gesellschaftsvertrages oder der Satzung, die nicht genehmigungspflichtig nach Absatz 1 sind, sowie Rechtsgeschäfte im Sinne von § 96a Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b sind der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

Vierter Abschnitt
Prüfungswesen

§ 103
Örtliche Prüfungseinrichtungen

(1) 1Die Gemeinden haben ein Rechnungsprüfungsamt als besonderes Amt einzurichten, sofern sie sich nicht eines anderen kommunalen Rechnungsprüfungsamtes bedienen. 2Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern können stattdessen einen geeigneten Bediensteten als Rechnungsprüfer bestellen oder sich eines anderen kommunalen Rechnungsprüfers, eines Wirtschaftsprüfers oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft bedienen. 3Für den Rechnungsprüfer gelten die Absätze 2, 4 und 5 sowie die §§ 104 bis 106, für den Wirtschaftsprüfer und die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Absätze 2 und 5 sowie die §§ 104 bis 106 mit Ausnahme des § 106 Absatz 2 Satz 1 entsprechend.

(2) 1Das Rechnungsprüfungsamt ist bei der Erfüllung der ihm zugewiesenen Prüfungsaufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden. 2Es untersteht im Übrigen dem Bürgermeister unmittelbar.

(3) 1Der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes muss hauptamtlicher Bediensteter der Gemeinde sein. 2Er muss die für sein Amt erforderliche Vorbildung, Erfahrung und Eignung besitzen.

(4) 1Die Leitung des Rechnungsprüfungsamtes kann einem Bediensteten nur durch Beschluss des Gemeinderats und nur dann entzogen werden, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben nicht mehr gewährleistet ist. 2Der Beschluss muss mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder des Gemeinderates gefasst werden und ist der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen.

(5) 1Der Leiter und die Prüfer des Rechnungsprüfungsamtes dürfen zum Bürgermeister, zu einem Beigeordneten, einem Stellvertreter des Bürgermeisters, zum Fachbediensteten für das Finanzwesen sowie zum Kassenverwalter, zu dessen Stellvertreter und zu anderen Bediensteten der Gemeindekasse nicht in einem die Befangenheit begründenden Verhältnis nach § 20 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 stehen. 2Sie dürfen andere Aufgaben in der Gemeindeverwaltung wahrnehmen, wenn dies mit der Unabhängigkeit und den Aufgaben des Rechnungsprüfungsamtes vereinbar ist. 3Sie dürfen Zahlungen für die Gemeinde weder anordnen noch ausführen.

§ 104
Örtliche Prüfung des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses

(1) 1Das Rechnungsprüfungsamt hat den Jahresabschluss einschließlich des Anhangs mit allen Anlagen und des Rechenschaftsberichts vor der Feststellung durch den Gemeinderat daraufhin zu prüfen, ob

1.
bei den Erträgen, Aufwendungen, Einzahlungen und Auszahlungen sowie bei der Vermögensverwaltung vorschriftsmäßig verfahren worden ist,
2.
die einzelnen Rechnungsbeträge sachlich und rechnerisch vorschriftsmäßig begründet und belegt sind,
3.
der Haushaltsplan eingehalten worden ist und
4.
das Vermögen, die Kapitalposition, die Sonderposten, die Rechnungsabgrenzungsposten und die Schulden richtig nachgewiesen worden sind.

2Darüber hinaus hat es den Gesamtabschluss entsprechend Satz 1 Nummer 1 und 4 zu prüfen; vorhandene Ergebnisse der Prüfung nach § 105 und vorhandene Jahresabschlussprüfungen sind dabei zu berücksichtigen.

(2) 1Das Rechnungsprüfungsamt hat die Prüfung innerhalb von drei Monaten nach Aufstellung des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses durchzuführen. 2Es legt dem Bürgermeister einen Bericht über das Prüfungsergebnis vor. 3Dieser veranlasst die Aufklärung von Beanstandungen. 4Das Rechnungsprüfungsamt fasst seine Bemerkungen in einem Schlussbericht zusammen, der dem Gemeinderat vorzulegen und auf dessen Verlangen vom Leiter des Rechnungsprüfungsamtes zu erläutern ist.

§ 105
Örtliche Prüfung der Eigenbetriebe

Zur Vorbereitung der Beschlussfassung des Gemeinderats über den Jahresabschluss nach der Sächsischen Eigenbetriebsverordnung hat das Rechnungsprüfungsamt auf Grund der Unterlagen der Gemeinde und der Betriebe zu prüfen, ob

1.
die für die Verwaltung der Gemeinde geltenden gesetzlichen Vorschriften und die Beschlüsse des Gemeinderats sowie die Anordnungen des Bürgermeisters eingehalten worden sind,
2.
die Vergütung der Leistungen, Lieferungen und Leihgelder der Gemeinde für die Betriebe, der Betriebe für die Gemeinde und der Betriebe untereinander angemessen ist und
3.
das von der Gemeinde zur Verfügung gestellte Eigenkapital angemessen verzinst wird.

§ 106
Weitere Aufgaben der örtlichen Prüfung

(1) Weitere Aufgaben des Rechnungsprüfungsamtes sind

1.
die laufende Prüfung der Kassenvorgänge bei der Gemeinde zur Vorbereitung der Prüfung des Jahresabschlusses,
2.
die Kassenüberwachung, insbesondere die Vornahme der Kassenprüfungen bei der Gemeindekasse und den Sonderkassen,
3.
die Prüfung des Nachweises der Vorräte und Vermögensbestände der Gemeinde und ihrer Sondervermögen.

(2) 1Das Rechnungsprüfungsamt kann ferner folgende Aufgaben wahrnehmen:

1.
die Prüfung der Organisation und Wirtschaftlichkeit der Verwaltung,
2.
die Prüfung der Vergaben vor dem Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen,
3.
die Prüfung der Wirtschaftsführung der Eigenbetriebe und anderer Einrichtungen der Gemeinde,
4.
die laufende Prüfung der Kassenvorgänge bei den Sonderkassen,
5.
die Prüfung der Betätigung der Gemeinde unmittelbar oder mittelbar in Unternehmen, an denen die Gemeinde beteiligt ist,
6.
die Buch-, Betriebs- und Kassenprüfungen, die sich die Gemeinde bei einer Beteiligung, bei der Hergabe eines Darlehens oder sonst vorbehalten hat und
7.
die Prüfung der Haushalts- und Wirtschaftsführung derjenigen Unternehmen, die ihm gemäß § 96a Absatz 1 Nummer 11 ein solches Prüfungsrecht eingeräumt haben.

2In Unternehmen, bei denen der Jahresabschluss und der Lagebericht in entsprechender Anwendung der Vorschriften für große Kapitalgesellschaften im Dritten Buch des Handelsgesetzbuches aufgestellt und geprüft werden, findet die Prüfung nach Satz 1 Nummer 7 nur statt, wenn der Gemeinderat nicht widersprochen hat. 3Der Gemeinderat kann dem Rechnungsprüfungsamt weitere Aufgaben übertragen.12

§ 107
(weggefallen)

§ 108
Überörtliche Prüfungsbehörde

Überörtliche Prüfungsbehörde ist der Sächsische Rechnungshof.

§ 109
Aufgaben und Gang der überörtlichen Prüfung

(1) 1Die überörtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob

1.
bei der Haushalts-, Kassen- und Rechnungsführung, der Wirtschaftsführung und dem Rechnungswesen, der Vermögensverwaltung der Gemeinde und ihrer Sonder- und Treuhandvermögen sowie der Betätigung der Gemeinde in Unternehmen, an denen die Gemeinde unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist, die gesetzlichen Vorschriften eingehalten und
2.
die staatlichen Zuwendungen bestimmungsgemäß verwendet worden sind.

2Die Prüfung schließt den Jahresabschluss, einschließlich des Anhangs mit allen Anlagen und des Rechnungsberichts, ein. 3Bei der Prüfung sind vorhandene Ergebnisse der örtlichen Prüfung (§§ 104 bis 106) zu berücksichtigen.

(2) Die überörtliche Prüfung kann sich auch auf die Organisation und die Wirtschaftlichkeit der Verwaltung sowie auf die Haushalts- und Wirtschaftsführung derjenigen Unternehmen erstrecken, die der überörtlichen Prüfungsbehörde gemäß § 96a Absatz 1 Nummer 11 ein solches Prüfungsrecht eingeräumt haben.

(3) Die überörtliche Prüfung soll innerhalb von fünf Jahren nach Ende des Haushaltsjahres unter Einbeziehung sämtlicher vorliegender Jahresabschlüsse einschließlich der Anhänge mit allen Anlagen und der Rechenschaftsberichte und Gesamtabschlüsse sowie Jahresabschlüsse der Sondervermögen, Treuhandvermögen, Unternehmen und Beteiligungen vorgenommen werden.

(4) 1Die Prüfungsbehörde teilt das Ergebnis der überörtlichen Prüfung in Form eines Prüfungsberichts der Gemeinde und der Rechtsaufsichtsbehörde mit. 2Der Prüfungsbericht ist innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt dem Gemeinderat vorzulegen.

(5) 1Die Gemeinde hat zu den Feststellungen des Prüfungsberichts über wesentliche Beanstandungen gegenüber der Rechtsaufsichtsbehörde und gegenüber der Prüfungsbehörde innerhalb einer dafür bestimmten Frist Stellung zu nehmen; dabei ist mitzuteilen, ob den Feststellungen Rechnung getragen worden ist. 2Hat die überörtliche Prüfung keine wesentlichen Beanstandungen ergeben oder sind diese erledigt, bestätigt die Rechtsaufsichtsbehörde der Gemeinde den Abschluss der Prüfung. 3Soweit wesentliche Beanstandungen nicht erledigt sind, schränkt die Rechtsaufsichtsbehörde die Bestätigung entsprechend ein; ist eine Erledigung noch möglich, veranlasst sie gleichzeitig die Gemeinde, die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

§ 110
(weggefallen)

Fünfter Teil
Aufsicht

§ 111
Wesen und Inhalt der Aufsicht

(1) Die Aufsicht beschränkt sich darauf, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sicherzustellen (Rechtsaufsicht), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(2) Die Aufsicht über die Erfüllung von Weisungsaufgaben erstreckt sich auf die Gesetzmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung (Fachaufsicht), soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(3) Die Aufsicht ist so auszuüben, dass die Rechte der Gemeinden geschützt und die Erfüllung ihrer Pflichten gesichert sowie die Entschlusskraft und Verantwortungsbereitschaft gefördert werden.

§ 112
Rechtsaufsichtsbehörden

(1) 1Rechtsaufsichtsbehörde für kreisangehörige Gemeinden ist das Landratsamt, für Kreisfreie Städte die Landesdirektion Sachsen. 2Obere Rechtsaufsichtsbehörde ist für alle Gemeinden die Landesdirektion Sachsen. 3Oberste Rechtsaufsichtsbehörde ist das Staatsministerium des Innern.

(2) 1Die dem Landratsamt obliegenden Aufgaben sind Weisungsaufgaben. 2Das Weisungsrecht ist nicht beschränkt. 3Es wird durch die obere und die oberste Rechtsaufsichtsbehörde ausgeübt. 4§ 2 Absatz 3 Satz 3 findet keine Anwendung.

(3) Leistet die Rechtsaufsichtsbehörde einer ihr erteilten Weisung keine Folge, so kann an ihrer Stelle die nächsthöhere Rechtsaufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen treffen.

(4) 1Ist an einer Entscheidung des Landkreises dieser als Rechtsaufsichtsbehörde aufgrund eigener kreislicher Interessen beteiligt, entscheidet die obere Rechtsaufsichtsbehörde. 2Diese entscheidet auch, ob die Voraussetzungen für ihre Zuständigkeit vorliegen.

§ 113
Informationsrecht

Soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, können sich die in § 112 Absatz 1 genannten Rechtsaufsichtsbehörden über einzelne Angelegenheiten der Gemeinden in geeigneter Weise informieren.

§ 114
Beanstandungsrecht

(1) 1Die Rechtsaufsichtsbehörde kann Beschlüsse und Anordnungen der Gemeinde, die das Gesetz verletzen, beanstanden und verlangen, dass sie von der Gemeinde binnen einer angemessenen Frist aufgehoben oder abgeändert werden. 2Sie kann ferner verlangen, dass Maßnahmen, die auf Grund derartiger Beschlüsse oder Anordnungen getroffen wurden, rückgängig gemacht werden. 3Die Beanstandung hat aufschiebende Wirkung.

(2) 1Wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass ein Beschluss oder eine Anordnung der Gemeinde das Gesetz verletzt, eine Entscheidung nach Absatz 1 Satz 1 aber noch nicht getroffen werden kann, kann die Rechtsaufsichtsbehörde die erforderlichen vorläufigen Maßnahmen treffen, insbesondere verlangen, dass der Vollzug vorläufig unterbleibt. 2Maßnahmen nach Satz 1 treten spätestens nach einem Monat außer Kraft.

§ 115
Anordnungsrecht

Erfüllt die Gemeinde die ihr obliegenden Pflichten nicht, kann die Rechtsaufsichtsbehörde anordnen, dass die Gemeinde innerhalb einer angemessenen Frist die notwendigen Maßnahmen durchführt.

§ 116
Ersatzvornahme

(1) Kommt die Gemeinde einer Anordnung der Rechtsaufsichtsbehörde nach den §§ 113 bis 115 nicht innerhalb der bestimmten Frist nach, kann die Rechtsaufsichtsbehörde die Anordnung an Stelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen oder einen Dritten mit der Durchführung beauftragen.

(2) Die Rechtsaufsichtsbehörde kann von der Gemeinde die Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme verlangen.

§ 117
Bestellung eines Beauftragten

(1) Entspricht die Verwaltung der Gemeinde in erheblichem Umfang nicht den Erfordernissen einer gesetzmäßigen Verwaltung und reichen die Befugnisse der Rechtsaufsichtsbehörde nicht aus, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung der Gemeinde zu sichern, kann die Rechtsaufsichtsbehörde einen Beauftragten bestellen, der alle oder einzelne Aufgaben der Gemeinde auf deren Kosten wahrnimmt.

(2) Der gemäß Absatz 1 bestellte Beauftragte hat kein Stimmrecht im Gemeinderat und seinen Ausschüssen.

§ 118
Vorzeitige Beendigung der Amtszeit des Bürgermeisters

(1) Wird der Bürgermeister den Anforderungen seines Amtes nicht gerecht und treten dadurch so erhebliche Missstände in der Verwaltung der Gemeinde ein, dass eine Weiterführung des Amtes im öffentlichen Interesse nicht vertretbar ist, kann die Amtszeit des Bürgermeisters für beendet erklärt werden, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen.

(2) 1Die Erklärung der vorzeitigen Beendigung der Amtszeit erfolgt in einem förmlichen Verfahren, das von der oberen Rechtsaufsichtsbehörde eingeleitet wird. 2Auf dieses Verfahren finden die disziplinarrechtlichen Vorschriften entsprechende Anwendung. 3Die dem Bürgermeister erwachsenen notwendigen Auslagen trägt die Gemeinde.

(3) Bei vorzeitiger Beendigung seiner Amtszeit wird der Bürgermeister besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt, als wäre er abgewählt worden.

§ 119
Vorlage- und Genehmigungspflicht

(1) Ein Beschluss der Gemeinde, der nach gesetzlicher Vorschrift der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen ist, darf erst vollzogen werden, wenn die Rechtsaufsichtsbehörde die Gesetzmäßigkeit bestätigt oder den Beschluss nicht innerhalb eines Monats beanstandet hat.

(2) Ein Beschluss der Gemeinde, der nach gesetzlicher Vorschrift der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde bedarf, darf erst vollzogen werden, wenn die Genehmigung erteilt ist.

§ 120
Unwirksame und nichtige Rechtsgeschäfte

(1) Rechtsgeschäfte sind bis zur Erteilung der nach gesetzlicher Vorschrift erforderlichen Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde unwirksam; wird die Genehmigung unanfechtbar versagt, sind sie nichtig.

(2) Rechtsgeschäfte, die gegen das Verbot des § 72 Absatz 2 Satz 2, des § 82 Absatz 6 Satz 1 oder des § 83 Absatz 1 Satz 1 verstoßen, sind nichtig.

§ 121
Geltendmachung von Ansprüchen,
Verträge mit der Gemeinde

(1) 1Ansprüche der Gemeinde gegen Gemeinderäte oder gegen den Bürgermeister werden von der Rechtsaufsichtsbehörde geltend gemacht. 2Die Kosten der Rechtsverfolgung trägt die Gemeinde.

(2) 1Beschlüsse über Verträge der Gemeinde mit einem Gemeinderat, dem Bürgermeister oder einem Beigeordneten sowie Beschlüsse über Verträge der Gemeinde mit einer juristischen Person, die von einem Gemeinderat, dem Bürgermeister oder einem Beigeordneten geführt werden oder an denen solche Personen maßgeblichen Einfluss haben, sind der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen. 2Dies gilt nicht für Beschlüsse über Verträge, die nach einem feststehenden Tarif oder einem ortsüblichen Entgelt abgeschlossen werden oder die für die Gemeinde nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung sind.

§ 122
Zwangsvollstreckung

(1) Die Zwangsvollstreckung gegen die Gemeinde wegen einer Geldforderung bedarf der Zulassung durch die Rechtsaufsichtsbehörde, sofern es sich nicht um die Verfolgung dinglicher Rechte handelt.

(2) Die Zulassung hat zu erfolgen, soweit es sich nicht um Vermögensgegenstände handelt, die für die Erfüllung von Pflichtaufgaben der Gemeinde unentbehrlich sind oder deren Veräußerung ein überwiegendes öffentliches Interesse entgegensteht.

(3) In der Zulassungsverfügung sind der Zeitpunkt der Zwangsvollstreckung und die Vermögensgegenstände, in die vollstreckt werden darf, zu bestimmen.

§ 123
Fachaufsicht

(1) 1Die Zuständigkeit zur Ausübung der Fachaufsicht bestimmt sich nach den hierfür geltenden besonderen Rechtsvorschriften. 2Soweit solche Rechtsvorschriften nicht bestehen, obliegt die Ausübung der Fachaufsicht den für die Rechtsaufsicht zuständigen Behörden mit der Maßgabe, dass oberste Fachaufsichtsbehörde das fachlich zuständige Staatsministerium ist.

(2) 1Den Fachaufsichtsbehörden steht im Rahmen ihrer Zuständigkeit ein Informationsrecht nach § 113 zu. 2Für Aufsichtsmaßnahmen nach §§ 114 bis 118, die erforderlich sind, um die ordnungsgemäße Durchführung der Weisungsaufgaben sicherzustellen, ist nur die Rechtsaufsichtsbehörde zuständig, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(3) Leistet die Gemeinde einer ihr erteilten Weisung keine Folge und ermächtigt ein Gesetz die Fachaufsichtsbehörde, an Stelle der Gemeinde zu handeln, ist § 116 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Soweit einzelne Gemeinden Aufgaben erfüllen, die sonst von den Landkreisen wahrgenommen werden, richten sich die Fachaufsicht und im Rahmen des Absatzes 2 Satz 2 die Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörden nach den für die Kreisfreien Städte geltenden Vorschriften.

(5) 1Sind die zu beaufsichtigenden Gebietskörperschaften in Angelegenheiten zuständig, die der Freistaat Sachsen im Auftrage des Bundes (Artikel 85 des Grundgesetzes) ausführt, obliegt ihnen die Erfüllung der Aufgabe als Weisungsaufgabe. 2Das Weisungsrecht ist nicht beschränkt. 3In den Fällen des Artikels 84 Absatz 5 des Grundgesetzes können die Fachaufsichtsbehörden auch Weisungen erteilen, soweit dies zum Vollzug von Einzelweisungen der Bundesregierung erforderlich ist; insoweit findet § 2 Absatz 3 Satz 3 keine Anwendung.

(6) Werden den Gemeinden auf Grund eines Bundesgesetzes durch Rechtsverordnung neue Aufgaben als Pflichtaufgaben übertragen, können durch diese Rechtsverordnung ein Weisungsrecht vorbehalten, die Zuständigkeit zur Ausübung der Fachaufsicht und der Umfang des Weisungsrechts geregelt werden.

(7) Kosten, die den Gemeinden bei der Wahrnehmung von Weisungsaufgaben infolge fehlerhafter Weisungen einer Fachaufsichtsbehörde entstehen, werden vom Freistaat Sachsen erstattet.

(8) 1Die obersten Fachaufsichtsbehörden können den Gemeinden für die Erhebung und Verarbeitung von Daten landesweit einheitliche Maßgaben vorgeben und sie dazu verpflichten, Daten in elektronischer Form zu erfassen, zu verarbeiten, zu empfangen und in einem vorgegebenen Format auf einem vorgeschriebenen Weg an eine bestimmte Stelle weiterzugeben. 2Sie können auch bestimmen, dass zwischen den Behörden einheitliche Verfahren zum elektronischen Austausch von Dokumenten und Daten sowie für die gemeinsame Nutzung von Datenbeständen eingerichtet und weiterentwickelt sowie einheitliche oder zentrale Datenverarbeitungsverfahren angewandt werden. 3Vorgaben nach den Sätzen 1 und 2 dürfen nur getroffen werden, soweit

1.
der Freistaat Sachsen hierzu durch Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder des Bundes verpflichtet ist,
2.
Aufgaben im Auftrag des Bundes ausgeführt werden (Artikel 85 des Grundgesetzes) oder
3.
dies erforderlich ist
 
a)
zur Abwehr von oder zur Vorbeugung gegen Gefahren, die dem Gemeinwohl drohen,
 
b)
zur Durchführung der auf Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft beruhenden Förder- und Ausgleichsmaßnahmen, soweit sie der Finanzkontrolle unterliegen, oder zur Bearbeitung von sachlich und verfahrenstechnisch damit zusammenhängenden Förder- und Ausgleichsmaßnahmen nach Rechtsvorschriften des Bundes und des Freistaates Sachsen,
 
c)
zur Erfüllung von Berichts- und Überwachungspflichten, die durch Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder bundesrechtlich vorgegeben sind, oder
 
d)
zur Vereinfachung von Verwaltungsverfahren mit dem Ziel der Verbesserung der Verwaltungsleistungen oder der Verminderung der Ausgaben des Freistaates Sachsen und der kommunalen Körperschaften.

Sechster Teil
Sonstige Vorschriften

§ 124
Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer auf Grund von

1.
§ 4 Absatz 1 erlassenen Satzung über die Benutzung einer öffentlichen Einrichtung,
2.
§ 10 Absatz 4 erlassenen Satzung über die Mitwirkung bei der Erfüllung vordringlicher Aufgaben in Notfällen,
3.
§ 14 erlassenen Satzung über den Anschluss- und Benutzungszwang

zuwiderhandelt, soweit die Satzung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(2) 1Ordnungswidrig handelt ferner, wer als Gemeinderat oder Ortschaftsrat gemäß § 19 Absatz 3 Satz 1 Ansprüche und Interessen eines Dritten gegen die Gemeinde geltend macht. 2Satz 1 gilt nicht, soweit er als gesetzlicher Vertreter handelt.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden.

(4) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602), das zuletzt durch Artikel 185 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sind die Gemeinden.13

§ 125
Maßgebende Einwohnerzahl

1Kommt nach einer gesetzlichen Vorschrift der Einwohnerzahl einer Gemeinde rechtliche Bedeutung zu, ist die vom Statistischen Landesamt zum 30. Juni des Vorjahres auf der Grundlage der jeweils letzten Volkszählung fortgeschriebene Einwohnerzahl maßgebend, soweit nichts anderes bestimmt ist. 2Abweichend von Satz 1 sind Gebietsänderungen vom Tage der Rechtswirksamkeit an zu berücksichtigen.

§ 126
(weggefallen)

§ 127
Rechtsverordnungen

(1) Das Staatsministerium des Innern wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu regeln:

1.
die Übertragung von Aufgaben der Landkreise und Kreisfreien Städte auf die Großen Kreisstädte nach § 3 Absatz 2 Satz 2,
2.
das Verfahren für die Anhörung der Einwohner bei Gebietsänderung, das Verfahren beim Antrag auf Anberaumung einer Einwohnerversammlung und bei einem Einwohnerantrag, das Verfahren bei einem Bürgerbegehren und die Durchführung eines Bürgerentscheids,
3.
die Form und das Verfahren öffentlicher Bekanntmachungen,
4.
das Verfahren für die Erteilung von Genehmigungen und die Freistellung von Genehmigungspflichten nach diesem Gesetz,
5.
das Verfahren für die Verleihung von Bezeichnungen nach § 5 Absatz 2 und 3 und die Benennung der Gemeindeteile nach § 5 Absatz 4,
6.
die Zuständigkeit der Rechtsaufsichtsbehörden bei Streitigkeiten nach § 7 Absatz 1 Satz 2 und bei Gebietsänderungen nach § 8,
7.
die Verwaltung gemeindefreier Grundstücke,
8.
Gebietsänderungen nach § 8 Absatz 1 Satz 2
9.
die Höchst- und Mindestbeträge für die Entschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit nach § 21,
10.
den Inhalt, Ausgleich und die Gestaltung des Haushaltsplanes, des Finanzplanes und des Investitionsprogramms, die Haushaltsführung und Haushaltsüberwachung, die näheren Voraussetzungen, den Inhalt und die Gestaltung des Haushaltsstrukturkonzepts sowie nähere Bestimmungen zu Gegenstand und Umfang haushaltswirtschaftlicher Beschränkungen bis zur Genehmigung eines Haushaltsstrukturkonzepts, insbesondere zu
 
a)
personalwirtschaftlichen Beschränkungen,
 
b)
Beschränkungen bei der Leistung von Aufwendungen und Auszahlungen,
 
c)
dem Erfordernis der Einzelgenehmigung und anderen Beschränkungen bei der Kreditaufnahme,
11.
die Bestimmung eines vom Haushaltsjahr abweichenden Wirtschaftszeitraums,
12.
die Bildung und Verwendung von Rücklagen, Rückstellungen und Sonderposten,
13.
die Freistellung von der Vorlagepflicht nach § 102,
14.
die Erfassung, den Nachweis, die Bewertung und die Abschreibung von Vermögensgegenständen sowie den Nachweis und die Bewertung von Verbindlichkeiten,
15.
Geldanlagen nach § 89 Absatz 3 Satz 2 sowie die nähere Bestimmung des Begriffs des spekulativen Finanzgeschäfts gemäß § 72 Absatz 2 Satz 2,
16.
die Gewährung von Nachlässen nach § 90 Absatz 1 Satz 3 und 4,
17.
die Ausschreibung von Lieferungen und Leistungen sowie die Vergabe von Aufträgen einschließlich des Abschlusses von Verträgen,
18.
das Prüfungswesen und die Befreiung von der Prüfungspflicht,
19.
die Stundung, die Niederschlagung und den Erlass von Ansprüchen sowie die Behandlung von Kleinbeträgen,
20.
Aufgaben, Organisation, Buchführung und Beaufsichtigung der Gemeindekasse und der Sonderkassen, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, die Einrichtung von Gebühren- und Portokassen und die Gewährung von Handvorschüssen,
21.
Inhalt und Gestaltung des Jahresabschlusses, des Gesamtabschlusses und der Sonderrechnungen sowie die Abdeckung der Fehlbeträge,
22.
die Organisation, die Wirtschaftsführung, das Rechnungswesen und die Prüfung der Eigenbetriebe.

(2) Rechtsverordnungen nach Absatz 1 Nummer 10 ergehen im Benehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen.

§ 128
Muster für die Haushaltswirtschaft

1Soweit es für die Vergleichbarkeit der Haushalte erforderlich ist, gibt das Staatsministerium des Innern durch Verwaltungsvorschrift Muster insbesondere für

1.
die Haushaltssatzung und ihre Bekanntmachung,
2.
die Beschreibung und Gliederung der Produktbereiche und Produktgruppen sowie die Gestaltung des Haushaltsplanes und des Finanzplanes,
3.
die Form des Haushaltsplans und seiner Anlagen, des Finanzplans und des Investitionsprogramms,
4.
die Form der Anlagenübersicht, der Forderungsübersicht und der Verbindlichkeitenübersicht,
5.
die Zahlungsanordnungen, Buchführung, den Kontenrahmen, den Jahresabschluss und den Gesamtabschluss und ihre Anlagen

im Sächsischen Amtsblatt bekannt. 2Die Gemeinden sind verpflichtet, diese Muster zu verwenden. 3Die Bekanntgabe von Mustern nach Satz 1 Nummer 2 und 3 erfolgt im Benehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen.

§ 129
Sonstige Verwaltungsvorschriften

(1) 1Das Staatsministerium des Innern kann sonstige Verwaltungsvorschriften zur Durchführung dieses Gesetzes erlassen. 2§ 127 Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Das Staatsministerium des Innern kann im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die bei den betroffenen Gemeinden zu unabweisbaren Auszahlungen oder Aufwendungen oder zu unerwarteten Minderungen der Einzahlungen oder Erträge führen, im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen durch Verwaltungsvorschrift Ausnahmen oder Befreiungen von den Vorschriften in § 72 Absatz 3 bis 7, § 73 Absatz 4, § 77 Absatz 2, § 78 Absatz 2 Satz 1, § 79 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2, in § 81, § 82 Absatz 1, 2 und 4 sowie in § 84 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 3 zulassen.14

§ 130
Übergangsbestimmungen zur Rechtsstellung von Bürgermeistern

Ein Bürgermeister, der nach § 51 Absatz 2 Satz 3 in der am 17. November 2012 geltenden Fassung hauptamtlicher Beamter auf Zeit ist, behält seine Rechtsstellung nach Inkrafttreten des Artikels 2 des Gesetzes zur Erleichterung freiwilliger Gebietsänderungen vom 18. Oktober 2012 (SächsGVBl. S. 562) bis zum Ende der laufenden Amtszeit.

§ 130a
Übergangsbestimmungen aus Anlass des Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalrechts

1Die Vorschriften der §§ 94a bis 109 in der ab dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung sind für bestehende Unternehmen und Beteiligungen spätestens bis zum 31. Dezember 2017 umzusetzen. 2§ 102 Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

§ 130b
Übergangsvorschrift aus Anlass des Zweiten Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalrechts

(1) Abweichend von § 65 Absatz 1 kann in kreisangehörigen Gemeinden durch die Hauptsatzung auch für weitere Ortsteile die Ortschaftsverfassung eingeführt werden, sofern die erstmalige Ortschaftsratswahl vor dem 31. Dezember 2024 stattfindet.

(2) Abweichend von § 69a Absatz 1 kann die Ortschaftsverfassung, soweit sie vor dem 1. Januar 2018 auf unbestimmte Zeit eingeführt worden ist, zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte 2019 aufgehoben werden.

(3) Abweichend von § 71 Absatz 9 kann die Stadtbezirksverfassung, soweit sie vor dem 1. Januar 2018 eingeführt worden ist, zur nächsten regelmäßigen Wahl der Gemeinderäte 2019 aufgehoben werden.

§ 131
Sonderregelung zur Erklärung zur Großen Kreisstadt

1Gemeinden, die nach dem 1. Januar 1994 als Folge der Neugliederung der Landkreise ihren Kreissitz verloren haben, können abweichend von den Voraussetzungen des § 3 Absatz 3 Satz 1 auf Antrag durch das Staatsministerium des Innern zur Großen Kreisstadt erklärt werden. 2§ 3 Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.15

§ 132
(Inkrafttreten)