Historische Fassung war gültig vom 15.09.1992 bis 21.09.1993

Gesetz
zur vorläufigen Regelung des Beamtenrechts der kommunalen Wahlbeamten und der kommunalen Beamten im Freistaat Sachsen
(Kommunalbeamtenrechtliches Vorschaltgesetz – KomBeamtVorschaltG)

Vom 31. Juli 1992

Der Sächsische Landtag hat am 9. Juli 1992 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Ernennungs-, Versetzungs- und Entlassungsbefugnis

(1) Die Beamten der Gemeinden und Landkreise werden von der obersten Dienstbehörde ernannt, versetzt und entlassen.

(2) Jede Einstellung, Anstellung, Beförderung oder sonstige Ernennung nach Absatz 1 bedarf der Genehmigung der Behörde, die die Rechtsaufsicht über die Landkreise führt. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Ernennung erfüllt sind. Der Antrag auf Erteilung der Genehmigung ist unter Nachweis der rechtlichen Voraussetzungen bei der Rechtsaufsichtsbehörde zu stellen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb von sechs Wochen nach Vorlage der vollständigen Unterlagen erteilt oder abgelehnt wurde. Eine Ernennung, die ohne die Genehmigung erfolgt, ist nichtig. Die Ernennung ist als von Anfang an wirksam anzusehen, wenn die nach Satz 1 zuständige Behörde der Ernennung nachträglich zustimmt.

(3) Für die Einstellung, Anstellung, Beförderung oder sonstige Ernennung nach Absatz 1 gelten die Bestimmungen des Vertrages über die Herstellung der Einheit Deutschlands (Einigungsvertrag). Die Eignung für den öffentlichen Dienst fehlt jeder Person, die

1.
gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundrechte verletzt hat oder
2.
für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit der DDR tätig war, und deren Beschäftigung im öffentlichen Dienst deshalb untragbar erscheint.

§ 2
Oberste Dienstbehörde, Dienstvorgesetzter

(1) Oberste Dienstbehörde für die Beamten der Gemeinden, einschließlich der Beigeordneten, ist der Bürgermeister. Oberste Dienstbehörde für die Beamten der Landkreise, einschließlich der Beigeordneten, ist der Landrat. Die Aufgaben der obersten Dienstbehörde für die Bürgermeister und Landräte nimmt die Rechtsaufsichtsbehörde wahr.

(2) Dienstvorgesetzter für die Beamten der Gemeinden, einschließlich der Beigeordneten, ist der Bürgermeister. Dienstvorgesetzter für die Beamten des Landkreises, einschließlich der Beigeordneten, ist der Landrat.

(3) In den Fällen des § 43 Abs. 1, § 44 Abs. 1 und § 61 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes und des § 45 Abs. 3 des Beamtenversorgungsgesetztes nimmt für die Bürgermeister und Landräte die Rechtsaufsichtsbehörde die Aufgaben des Dienstvorgesetzten wahr.

§ 3
Kommunale Wahlbeamte

(1) Hauptamtlich tätige Landräte und Bürgermeister in Gemeinden mit mehr als 1000 Einwohnern, die nach § 27 Abs. 2 oder § 91 Abs. 2 des Gesetzes über die Selbstverwaltung der Gemeinden und Landkreise in der DDR (Kommunalverfassung) vom 17. Mai 1990 (GBl. I Nr. 28 S. 255) gewählt worden sind, werden vorbehaltlich Absatz 2 auf Antrag für die Zeit bis zum Ablauf der Wahlperiode der Gemeindevertretung oder des Kreistages in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen. Die Berufung erfolgt durch Ausstellung und Aushändigung der Ernennungsurkunde durch den Vorsitzenden der Gemeindevertretung oder des Kreistages. Die Ernennungsurkunde darf erst ausgehändigt werden, wenn die Wahl nicht innerhalb eines Monats nach ihrer Durchführung aufgrund der dafür geltenden Vorschriften beanstandet worden ist.

(2) In Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern kann der Bürgermeister nur zum Ehrenbeamten auf Zeit berufen werden. In Gemeinden mit mehr als 500 bis 1000 Einwohnern bestimmt die Hauptsatzung, ob der Bürgermeister zum hauptamtlichen Beamten auf Zeit oder zum Ehrenbeamten auf Zeit berufen wird.

(3) Ehrenamtlich tätige Bürgermeister, die nach § 27 Abs. 2 der Kommunalverfassung gewählt worden sind, können auf Antrag für die Zeit bis zum Ablauf der Wahlperiode der Gemeindevertretung in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamte auf Zeit berufen werden. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Hauptamtlich tätige Beigeordnete, die nach § 28 Abs. 1 oder § 92 Abs. 1 der Kommunalverfassung gewählt worden sind, können vorbehaltlich § 4 auf Antrag für die Zeit bis zum Ablauf der Wahlperiode der Gemeindevertretung oder des Kreistages in das Beamtenverhältnis auf Zeit gerufen werden, wenn die Hauptsatzung dies vorsieht und die Stelle im Stellenplan ausgewiesen ist. Die Berufung erfolgt durch Ausstellung und Aushändigung der Ernennungsurkunde durch den Landrat oder den Bürgermeister. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(5) Ehrenamtlich tätige Beigeordnete, die nach § 28 Abs. 1 oder § 92 Abs. 1 der Kommunalverfassung gewählt worden sind, können auf Antrag für die Zeit bis zum Ablauf der Wahlperiode der Gemeindevertretung oder des Kreistages in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamte auf Zeit berufen werden, wenn die Hauptsatzung dies vorsieht. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Werden kommunale Wahlbeamte im Sinne der Absätze 1 bis 5 gemäß §§ 30, 93 der Kommunalverfassung abberufen, scheiden sie mit Ablauf des Tages, an dem die Abberufung beschlossen wird, aus dem Amt. In den Fällen der Absätze 1, 2 und 4 richten sich Besoldung und Versorgung nach den allgemeinen bundesrechtlichen Vorschriften, die für Wahlbeamte auf Zeit gelten.

§ 4
Beigeordnete

(1) Die Anzahl der nach § 28 Abs. 1 der Kommunalverfassung gewählten Beigeordneten, die gemäß § 3 Abs. 4 in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen werden können, darf höchstens betragen: in Gemeinden

Anzahl
Beistrich Einwohner Anzahl
von mehr als 10 000 bis zu 20 000 Einwohnern 1,
bis zu 40 000 Einwohnern 2,
bis zu 60 000 Einwohnern 3,
bis zu 100 000 Einwohnern 4,
bis zu 200 000 Einwohnern 5,
bis zu 400 000 Einwohnern 6,
mit mehr als 400 000 Einwohnern 8.

(2) Die Anzahl der nach § 92 Abs. 1 der Kommunalverfassung gewählten Beigeordneten, die gemäß § 3 Abs. 4 in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen werden können, darf höchstens betragen: in Landkreisen

Anzahl
Beistrich Einwohner Anzahl
bis zu 100 000 Einwohnern 1,
bis zu 200 000 Einwohnern 2,
mit mehr als 200 000 Einwohnern 3.

§ 5
Aufwandsentschädigung

(1) Kommunale Wahlbeamte, die in das Beamtenverhältnis als Beamte auf Zeit berufen worden sind, erhalten als Entschädigung für den durch das Amt allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand eine Dienstaufwandsentschädigung. Sie wird in angemessener Höhe unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl der Gemeinden und Landkreise und der sonstigen örtlichen Verhältnisse vom Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung festgesetzt. Den Beamten auf Zeit stehen hierbei jene Amtsinhaber gleich, die ihr Wahlamt hauptamtlich ausüben, ohne in das Beamtenverhältnis als Beamte auf Zeit berufen worden zu sein.

(2) Kommunale Wahlbeamte, die in das Beamtenverhältnis als Ehrenbeamte auf Zeit berufen worden sind, erhalten für die Dauer ihrer Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung. Sie wird in angemessener Höhe unter Berücksichtigung der Einwohnerzahl und der sonstigen örtlichen Verhältnisse der Gemeinden vom Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung festgesetzt.

§ 6
Übergangsvorschrift

Landräte, Bürgermeister und Beigeordnete, die nach den Vorschriften der Kommunalverfassung gewählt worden sind und nicht in den Status als Wahlbeamter gemäß § 3 überführt worden sind, verbleiben in ihren bisherigen Dienstverhältnissen.

§ 7
Verleihung der Dienstherrnfähigkeit

Satzungen von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, die nach § 121 des Beamtenrechtsrahmengesetzes das Recht begründen, Beamte zu haben, bedürfen der Genehmigung. Die Genehmigung erteilt die oberste Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern.

§ 8
Einwohnerzahl

Maßgeblich ist die Einwohnerzahl, die vom Statistischen Landesamt des Freistaates Sachsen auf den 30. Juni des Vorjahres fortgeschrieben wurde.

§ 9
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 15. September 1992 in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 31. Juli 1992

Der Landtagspräsident
In Vertretung
Dr. Dieter Rudorf
Erster Vizepräsident

Der Ministerpräsident
In Vertretung
Stefanie Rehm
Die Staatsministerin für Kultus

Der Staatsminister des Innern
In Vertretung
Stefanie Rehm
Die Staatsministerin für Kultus