Gesetz
über den Rechnungshof des Freistaates Sachsen
(Rechnungshofgesetz – RHG)
Vom 11. Dezember 1991
Rechtsbereinigt mit Stand vom 28. April 2007
Der Sächsische Landtag hat am 21. November 1991 das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Stellung und Sitz
(1) Der Rechnungshof ist eine unabhängige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Landesbehörde.
(2) Der Rechnungshof hat seinen Sitz in Leipzig.
§ 2
Berichterstattung
(1) Der Rechnungshof berichtet jährlich unmittelbar dem Landtag und unterrichtet gleichzeitig die Staatsregierung.
(2) Werden dem Präsidenten durch die Tätigkeit des Rechnungshofes Tatsachen bekannt, deren Berichterstattung im öffentlichen Interesse keinen Aufschub duldet, so soll er über diese Tatsachen umgehend den Landtag unterrichten.1
§ 3
Gliederung
(1) Der Rechnungshof gliedert sich in Prüfungsabteilungen und in eine Verwaltungsabteilung.
(2) 1In den Prüfungsabteilungen sind mehrere Referate zusammengefaßt, den Prüfungsgebieten werden Prüfungskräfte zugeteilt. 2Das Nähere regelt der Geschäftsverteilungsplan.
§ 4
Mitglieder
(1) Mitglieder des Rechnungshofes sind der Präsident, der Vizepräsident und die Leiter der Prüfungsabteilungen.
(2) 1Die Mitglieder des Rechnungshofes müssen über eine abgeschlossene Hochschulausbildung und langjährige Berufserfahrung im öffentlichen Dienst verfügen. 2Ein Drittel der Mitglieder müssen die Befähigung zum Richteramt haben.2
§ 5
Richterliche Unabhängigkeit
(1) Die Mitglieder des Rechnungshofes sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.
(2) Die Vorschriften für Richter auf Lebenszeit über die Dienstaufsicht, die Versetzung in ein anderes Amt, die Versetzung in den Ruhestand, die Entlassung, die Amtsenthebung, die Altersgrenze und die Disziplinarmaßnahmen sind entsprechend anzuwenden.
(3) 1Für ein Disziplinarverfahren und für ein Prüfungsverfahren, das ein Mitglied des Rechnungshofes betrifft, sind die Richterdienstgerichte des Freistaates Sachsen nach den für sie geltenden Vorschriften zuständig. 2Das Antragsrecht zur Einleitung dieser Verfahren übt hinsichtlich des Präsidenten der Präsident des Landtags aus.3
§ 6
Ernennung
(1) 1Der Präsident des Rechnungshofes wird vom Landtag auf Vorschlag des Ministerpräsidenten mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen gültigen Stimmen gewählt. 2Der Ministerpräsident ernennt den Präsidenten des Rechnungshofes.
(2) 1Der Präsident ist Beamter auf Zeit. 2Die Amtszeit des Präsidenten beträgt zwölf Jahre; sie endet vorbehaltlich des Satzes 3 spätestens mit Ablauf des Monats, in dem der Beamte die gesetzliche Altersgrenze erreicht. 3Soweit der Präsident vor Ablauf seiner Amtszeit die gesetzliche Altersgrenze für Beamte erreicht, kann er nach seiner eigenen Entscheidung bis zur Vollendung des 67. Lebensjahres im Amt verbleiben. 4Die Entscheidung des Präsidenten ist dem Sächsischen Landtag anzuzeigen. 5Der Präsident tritt nach Ablauf seiner Amtszeit in den Ruhestand. 6Eine Wiederwahl ist ausgeschlossen.
(3) Der Vizepräsident wird vom Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Präsidenten des Rechnungshofes mit Zustimmung des Landtages ernannt.
(4) 1Die Leiter der Prüfungsabteilungen werden vom Ministerpräsidenten auf Vorschlag des Präsidenten des Rechnungshofes ernannt. 2Der Präsident hat das Große Kollegium (§ 10 Abs. 4) vorher zu hören und dessen Stellungnahme dem Vorschlag beizufügen.
(5) 1Die übrigen Bediensteten des Rechnungshofes werden vom Präsidenten ernannt. 2Entsprechendes gilt für die Begründung von Arbeitsverhältnissen.4
§ 7
Präsident
(1) 1Der Präsident leitet und beaufsichtigt den Geschäftsgang und die Verwaltung des Rechnungshofes. 2Er vertritt den Rechnungshof nach außen.
(2) 1Der Präsident, der Vizepräsident und die Leiter der Prüfungsabteilungen verteilen im Einvernehmen vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer die Prüfungsgeschäfte auf die Abteilungen und regeln die Vertretung der Mitglieder. 2Für die Beschlußfassung gilt § 10 Abs. 1.
(3) Innerhalb des Geschäftsjahres können die Geschäftsverteilung und die Vertretung nur aus zwingenden Gründen geändert werden.5
§ 8
Vizepräsident
(1) 1Der Vizepräsident vertritt den Präsidenten. 2Der Vizepräsident wird von dem nach der Dauer der Mitgliedschaft dienstältesten, bei gleicher Dauer vom lebensältesten Mitglied vertreten.
(2) Der Vizepräsident kann außerdem Befugnisse des Präsidenten ausüben, soweit sie ihm durch diesen übertragen sind.
§ 9
Geschäftsordnung
(1) Der Rechnungshof regelt seinen Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung; sie wird vom Großen Kollegium mit Zweidrittelmehrheit beschlossen.
(2) Die Geschäftsordnung ist dem Landtag und der Staatsregierung mitzuteilen.
§ 10
Kollegialprinzip
(1) Der Rechnungshof entscheidet durch Mehrheitsbeschluß der Mitglieder im Großen Kollegium oder durch übereinstimmenden Beschluß der nach dem Geschäftsverteilungsplan zuständigen Mitglieder im Kleinen Kollegium.
(2) 1Jedes zuständige Mitglied kann anstelle des übereinstimmenden Beschlusses eine Entscheidung des Großen Kollegiums verlangen. 2Der Präsident und der Vizepräsident haben dieses Recht auch, wenn sie nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht zuständig sind. 3Den anderen Mitgliedern steht es in Angelegenheiten von wesentlicher Bedeutung zu.
(3) 1Bei bestimmten Ausgaben, deren Verwendung geheimzuhalten ist, kann der Staatshaushaltsplan festlegen, daß die Prüfung durch den Präsidenten wahrgenommen wird. 2Der Präsident kann Fachkräfte hinzuziehen.
(4) 1Das Große Kollegium besteht aus allen Mitgliedern des Rechnungshofes; den Vorsitz führt der Präsident. 2Es ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend ist. 3Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(5) Das Große Kollegium beschließt in wichtigen Angelegenheiten, insbesondere
- a)
- über den Jahresbericht für den Landtag,
- b)
- über Berichte von besonderer Bedeutung für den Landtag und für die Landesregierung,
- c)
- über Vorschläge und Äußerungen zu Rechtsvorschriften, welche die Rechnungsprüfung und deren Organisation regeln,
- d)
- über Angelegenheiten, die ein Kleines Kollegium oder ein Mitglied des Kleinen Kollegiums wegen ihrer allgemeinen oder wesentlichen Bedeutung vorlegt oder wenn, es keinen übereinstimmenden Beschluß fassen kann,
- e)
- in Fällen, in denen ein Kleines Kollegium in einer Rechtsfrage von dem Beschluß eines anderen Kollegiums, das an diesem festhält, oder von einem Beschluß des Großen Kollegiums abweichen will,
- f)
- in den in diesem Gesetz genannten Fällen.
(6) Das Kleine Kollegium besteht aus dem zuständigen Leiter der Prüfungsabteilung und dem zuständigen Präsidenten oder Vizepräsidenten.
(7) Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.
§ 11
Ausschluß wegen Befangenheit
(1) 1Ein Mitglied oder ein Bediensteter darf nicht tätig werden, wenn Gründe vorliegen, die seine Befangenheit besorgen lassen. 2Im Zweifelsfall entscheidet das Große Kollegium. 3Ein betroffenes Mitglied darf an der Entscheidung nicht mitwirken.
(2) Die Mitglieder des Rechnungshofes dürfen nicht bei einer Angelegenheit tätig werden, an der sie selbst oder an der Angehörige im Sinne des § 20 Abs. 5 des Bundesverwaltungsverfahrensgesetzes beteiligt gewesen sind oder für die sie selbst oder für die Angehörige Verantwortung tragen.
§ 12
Beratungsgeheimnis
(1) Die Mitglieder und die Bediensteten dürfen von den durch ihre Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen und Entscheidungen nur zur Erfüllung ihrer Aufgaben Gebrauch machen.
(2) 1Die Mitglieder des Rechnungshofs haben über Beratung und Abstimmung zu schweigen. 2Das Gleiche gilt für andere Bedienstete des Rechnungshofs, die davon Kenntnis erhalten.
§ 13
Rechnungsprüfungsämter
1Zur Vorbereitung, Unterstützung und Ergänzung der Prüfungstätigkeit des Rechnungshofs werden Staatliche Rechnungsprüfungsämter eingerichtet. 2Sitz und Bezeichnung werden durch Rechtsverordnung der Staatsregierung im Einvernehmen mit dem Rechnungshof bestimmt.
§ 14
Stellung und Aufgaben der Rechnungsprüfungsämter
(1) Die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter sind dem Rechnungshof nachgeordnete Behörden.
(2) 1Der Rechnungshof weist den Staatlichen Rechnungsprüfungsämtern jeweils für ein Geschäftsjahr Prüfungsaufgaben zu. 2Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des Rechnungshofs.
(3) Die Staatlichen Rechnungsprüfungsämter führen ihre Prüfungen nach den Weisungen des Rechnungshofs und nach Maßgabe der Sächsischen Haushaltsordnung durch.
(4) 1Die Beamten der Staatlichen Rechnungsprüfungsämter werden vom Präsidenten ernannt. 2Entsprechendes gilt für Begründung von Arbeitsverhältnissen.
§ 15
Übergangsregelung
Für eine Übergangszeit von zehn Jahren kann bei der Bestellung des Präsidenten, des Vizepräsidenten und von weiteren Mitgliedern von dem Erfordernis der langjährigen Berufserfahrung im öffentlichen Dienst abgewichen werden.
§ 16
Inkrafttreten
1Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Verkündung in Kraft.
2Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
Dresden, den 11. Dezember 1991
Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Der Staatsminister der Finanzen
Prof. Dr. Georg Milbradt