Historische Fassung war gültig vom 27.04.1997 bis 16.11.1998

Sächsisches Ausführungsgesetz zum Krebsregistergesetz
(Sächsisches Krebsregistergesetz – SächsKRGAG)

Vom 7. April 1997

Der Sächsische Landtag hat am 6. März 1997 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Abschnitt
Grundsätze

§ 1
Gemeinsames Krebsregister, Zweck des Gesetzes,
Grundrechtseinschränkungen

(1) Zur Erfüllung der ihm nach dem Gesetz über Krebsregister (Krebsregistergesetz – KRG) vom 4. November 1994 (BGBl. I S. 3351) obliegenden Aufgaben beteiligt sich der Freistaat Sachsen an dem Gemeinsamen Krebsregister der Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und der Freistaaten Sachsen und Thüringen, das als nichtrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts des Landes Berlin geführt wird. Die Beteiligung des Freistaates Sachsen bleibt von dem Ausscheiden eines oder mehrerer Länder aus dem Gemeinsamen Krebsregister unberührt.

(2) Zweck des Gesetzes ist es,

1.
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 KRG die Erhebung und Meldung weiterer epidemiologischer Daten vorzuschreiben,
2.
gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 5 KRG weitere Maßgaben für die Herausgabe der Daten zu bestimmen,
3.
gemäß § 13 Abs. 4 KRG Übergangsbestimmungen über die Verarbeitung und Nutzung der bereits vorhandenen Daten zu erlassen,
4.
gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 KRG die Voraussetzungen der Meldung und das Meldeverfahren abweichend zu regeln sowie
5.
gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 2 KRG den in § 4 Abs. 1 Nr. 5 KRG vorgesehenen Zeitraum für die Datenvernichtung zu verlängern.

(3) Hinsichtlich der durch dieses Gesetz begründeten ärztlichen Meldepflicht (§ 3 Abs. 1) wird die Freiheit der Berufsausübung (Artikel 12 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz, Artikel 28 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen), hinsichtlich des Ausschlusses eines Widerspruchsrechts (§ 3 Abs. 5 Satz 2) wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 1 Abs. 1 und Artikel 2 Abs. 1 Grundgesetz, Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) eingeschränkt.

Zweiter Abschnitt
Ausführung des Krebsregistergesetzes

§ 2
Erhebung und Meldung weiterer epidemiologischer Daten

Über die in § 2 Abs. 2 KRG genannten Daten hinaus werden folgende epidemiologische Daten an Krebs erkrankter oder verstorbener krebskranker Personen erhoben und gemeldet:

1.
bei Frauen die Anzahl der Geburten, aufgeschlüsselt nach Lebend-, Tot- und Fehlgeburten und
2.
bei Kindern bis zur Vollendung des ersten Lebensjahres der Geburtstag und der Sterbetag.

§ 3
Ärztliche Meldepflicht

(1) Abweichend von § 3 Abs. 1 und 2 KRG sind Ärzte und Zahnärzte (Ärzte), die im Freistaat Sachsen tätig sind, oder in ihrem Auftrag Klinikregister und Nachsorgeleitstellen verpflichtet, von an Krebs erkrankten Patienten, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Freistaat Sachsen haben, und von verstorbenen krebskranken Patienten, die dort ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatten, die in § 2 Abs. 1 und 2 KRG und die in § 2 dieses Gesetzes bezeichneten Angaben der Vertrauensstelle des Gemeinsamen Krebsregisters zu übermitteln. In der Meldung eines Klinikregisters oder einer Nachsorgeleitstelle sind der Name und die Anschrift des Arztes anzugeben, in dessen Auftrag die Meldung erfolgt.

(2) Hat der Patient mehrere Wohnungen in der Bundesrepublik Deutschland, gilt als gewöhnlicher Aufenthaltsort der Ort der Hauptwohnung im Sinne des § 12 des Sächsischen Meldegesetzes (SächsMG) vom 21. April 1993 (SächsGVBl. S. 353), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. April 1997 (SächsGVBl. S. 350).

(3) Die Meldepflicht nach Absatz 1 wird durch die Feststellung und die Behandlung von Krebserkrankungen und durch die Feststellung von Todesfällen krebskranker Patienten ausgelöst.

(4) Sofern die in Absatz 3 bezeichneten Feststellungen in Krankenhäusern oder Kliniken getroffen werden, obliegt die Meldepflicht dem ärztlichen Leiter oder dem von ihm bestimmten Arzt. Die Ärzte einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft führen untereinander eine Einigung darüber herbei, wer von ihnen die Meldepflicht wahrnimmt.

(5) Der Arzt unterrichtet den Patienten nach fachlichem Ermessen. Abweichend von § 3 Abs. 2 Satz 2 KRG besteht kein Recht zum Widerspruch gegen die Meldung. Auf die gemeldeten Daten sind § 4 Abs. 1 Nr. 8 KRG und § 5 Abs. 1 Nr. 7 KRG nicht anzuwenden.

(6) Die Meldungen sind innerhalb von vier Wochen nach der Feststellung der Erkrankung oder dem Behandlungsbeginn zu erstatten.

§ 4
Sonderregeln für gemeldete Daten

(1) Verlegt der Patient seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland oder in ein anderes Land der Bundesrepublik Deutschland, entfällt die Meldepflicht nicht rückwirkend für die vor dem Wegzug erhobenen Daten; dies gilt auch dann, wenn nach dem für den neuen Aufenthaltsort maßgeblichen Recht eine Meldepflicht nicht besteht.

(2) Die für eine Datenübermittlung nach § 8 Abs. 2 KRG erforderliche Einwilligung darf nicht eingeholt werden, wenn und solange der Patient nicht über seinen Krankheitszustand unterrichtet worden ist und nach dem fachlichen Ermessen des Arztes auch nicht unterrichtet werden soll; die Datenübermittlung nach § 8 Abs. 1 KRG ist in diesem Fall nicht zulässig.

(3) Zur Unterstützung der klinischen Forschung darf die Vertrauensstelle die im Gemeinsamen Krebsregister gespeicherten Angaben über das Todesdatum und die Todesursache einer namentlich genannten Person an ein Klinikregister auf dessen Antrag übermitteln.

§ 5
Vorhandener Datenbestand

(1) Das Gemeinsame Krebsregister darf die vor dem 1. Januar 1995 gemeldeten Daten verarbeiten und nutzen. Hierauf sind die Vorschriften des Krebsregistergesetzes entsprechend anzuwenden, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Die vor dem 1. Januar 1995 gemeldeten Daten dürfen auf elektronische Datenträger übernommen werden, soweit dies noch nicht oder nicht vollständig geschehen ist. Die Erhebung weiterer Daten zur nachträglichen Vervollständigung des vorhandenen Datenbestandes ist nicht zulässig.

§ 6
Löschung und Vernichtung von Daten

(1) Abweichend von § 4 Abs. 1 Nr. 5 KRG beträgt die Löschungs- und Vernichtungsfrist sechs Monate.

(2) Für die in § 5 bezeichneten Daten gilt die Löschungs- und Vernichtungspflicht des § 4 Abs. 1 Nr. 5 KRG nicht.

Dritter Abschnitt
Übergangsbestimmungen, Inkrafttreten

§ 7
Rückwirkung

Die Meldepflicht nach § 3 beginnt erstmals vier Wochen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes für die seit dem 1. Januar 1995 festgestellten Erkrankungs- und Todesfälle sowie für die zu diesem Zeitpunkt oder danach ärztlich behandelten Krankheitsfälle.

§ 8
Fortgeltung des Krebsregistergesetzes

Das Krebsregistergesetz gilt mit dem durch dieses Gesetz bestimmten Inhalt als Landesgesetz fort, wenn es als Bundesgesetz außer Kraft tritt. Von der Fortgeltung ist § 10 KRG ausgeschlossen. Im Krebsregistergesetz enthaltene Ermächtigungen der Länder gelten, soweit von ihnen bis zu seinem Außerkrafttreten kein Gebrauch gemacht ist, in diesem Zeitpunkt als erloschen. Das gleiche gilt für die in § 13 Abs. 3 KRG enthaltene Ermächtigung des Bundesministeriums für Gesundheit zum Erlaß von Verwaltungsvorschriften.

§ 9
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 7. April 1997

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
In Vertretung
Steffen Heitmann
Der Staatsminister der Justiz

Der Staatsminister
für Soziales, Gesundheit und Familie
In Vertretung
Steffen Heitmann
Der Staatsminister der Justiz