Historische Fassung war gültig vom 16.03.2006 bis 31.12.2006

Gesetz
zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise für Lehrer aus dem europäischen Ausland
(Befähigungs-Anerkennungsgesetz Lehrer – BefäAnG Lehrer)1, 2

Vom 23. Januar 1996

Rechtsbereinigt mit Stand vom 16. März 2006

Der Sächsische Landtag hat am 13. Dezember 1995 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Gleichstellung

(1) Eine in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit einem Diplom im Sinne der Richtlinien 89/48/EWG oder 92/51/EWG nach einer mindestens dreijährigen Hochschulausbildung erworbene oder anerkannte Befähigung für einen Lehrerberuf wird auf Antrag der Befähigung für die Ausübung des Lehrerberufes in der jeweiligen Schulart und Schulstufe an Schulen im Freistaat Sachsen gleichgestellt, wenn

1.
der Antragsteller ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz ist,
2.
der Antragsteller über die für die Ausübung des Lehrerberufes in der jeweiligen Schulart und Schulstufe im Freistaat Sachsen erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügt,
3.
die für sein Diplom im Sinne des Artikels 3 Buchst. a der Richtlinie 89/48/EWG oder des Artikels 3 Buchst. a der Richtlinie 92/51/EWG erforderliche Ausbildung keine wesentlichen fachwissenschaftlichen, fachdidaktischen, erziehungswissenschaftlichen oder schulpraktischen Defizite gegenüber der Ausbildung im Freistaat Sachsen aufweist und
4.
die Dauer der erforderlichen Ausbildung für sein Diplom im Sinne des Artikels 3 Buchst. a der Richtlinie 89/48/EWG oder des Artikels 3 Buchst. a der Richtlinie 92/51/EWG gegenüber der für die Ausübung des Lehrerberufes in der jeweiligen Schulart und Schulstufe an Schulen im Freistaat Sachsen vorgeschriebenen Ausbildungsdauer um nicht mehr als ein Jahr unterschritten wurde.

Einem Diplom im Sinne des Satzes 1 sind alle Prüfungszeugnisse oder sonstigen Befähigungsnachweise gleichgestellt, die von einer zuständigen Behörde in einem Mitgliedstaat ausgestellt wurden, wenn sie eine in der Europäischen Union erworbene und von einer zuständigen Behörde in diesem Mitgliedstaat als gleichwertig anerkannte Ausbildung abschließen und in diesem Mitgliedstaat in Bezug auf den Zugang zu einem reglementierten Beruf oder dessen Ausübung dieselben Rechte verleihen. Auf Lehramtsausbildungen, die den erfolgreichen Abschluss eines postsekundären Ausbildungsganges von mehr als vierjähriger Dauer voraussetzen, findet Artikel 3 der Richtlinie 92/51/EWG keine Anwendung.

(2) Entspricht die Ausbildungsdauer nicht der nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 erforderlichen, so kann vom Antragsteller der Nachweis von Berufserfahrung verlangt werden. Die Dauer der nachzuweisenden Berufserfahrung beträgt das Doppelte der fehlenden Ausbildungszeit, höchstens jedoch vier Jahre. Das Doppelte der fehlenden Ausbildungszeit kann ausnahmsweise, insbesondere bei überdurchschnittlichen Leistungen, unterschritten werden.

(3) Entspricht der Ausbildungsinhalt nicht den Anforderungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3, so kann vom Antragsteller verlangt werden, dass er nach seiner Wahl entweder einen Anpassungslehrgang erfolgreich durchläuft oder eine Eignungsprüfung erfolgreich ablegt. Zuvor ist zu prüfen, ob die vom Antragsteller während seiner Berufserfahrung erworbenen Kenntnisse die wesentlichen Defizite ganz oder teilweise abdecken. Soweit Berufserfahrung anzurechnen ist, sind die Anforderungen an die im Anpassungslehrgang zu erwerbenden oder in der Eignungsprüfung nachzuweisenden Kenntnisse und Fähigkeiten entsprechend zu reduzieren.

(4) Vom Antragsteller darf nur entweder ein Nachweis nach Absatz 2 oder eine Maßnahme nach Absatz 3 Satz 1 verlangt werden.

(5) Ein Diplom im Sinne der Richtlinien 89/48/EWG oder 92/51/EWG steht auch dann der Befähigung für die Ausübung des Lehrerberufes in der jeweiligen Schulart und Schulstufe im Freistaat Sachsen gleich, wenn

1.
es in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland einem entsprechenden Lehramt gleichgestellt worden ist und
2.
diese Ausbildung für das Lehramt eines anderen Landes der Bundesrepublik Deutschland im Freistaat Sachsen anerkannt wird.

Wird diese Anerkennung von bestimmten Voraussetzungen abhängig gemacht, können nur diese von dem Inhaber des Diploms nach Absatz 1 verlangt werden. 3

§ 2
Verfahren

(1) Das Staatsministerium für Kultus entscheidet über den Antrag auf Gleichstellung. Dem Antrag sind beizufügen:

1.
das Diplom,
2.
ein Nachweis der Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz,
3.
das Große Deutsche Sprachdiplom des Goethe-Instituts oder ein gleichwertiger Nachweis, falls Deutsch nicht die Muttersprache ist. Der Nachweis darf nicht älter als fünf Jahre sein,
4.
gegebenenfalls eine Bescheinigung über die Dauer und Art bisher ausgeübter beruflicher Tätigkeiten als Lehrer in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz,
5.
Nachweise der Studien- und Ausbildungsinhalte in Form von Studienbuch, Studienordnung, Prüfungsordnung oder in anderer geeigneter Weise, aus denen die Studieninhalte und die Dauer der absolvierten Ausbildung zur Erlangung des Diploms hervorgehen,
6.
eine Erklärung, ob und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis der Bewerber in einem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland einen entsprechenden Antrag gestellt, eine Eignungsprüfung abgelegt oder einen Anpassungslehrgang durchlaufen hat.

Den Unterlagen ist, sofern sie nicht in deutscher Sprache abgefasst sind, eine amtlich beglaubigte Übersetzung beizufügen.

(2) Das Staatsministerium für Kultus vergleicht die Inhalte der Ausbildung und Prüfung sowie das Diplom des Antragstellers mit den Voraussetzungen für die Ausübung des Lehrerberufes im Freistaat Sachsen und entscheidet, ob und gegebenenfalls welche zusätzlichen Nachweise nach § 1 Abs. 2 oder Maßnahmen nach § 1 Abs. 3 Satz 1 erforderlich sind.

(3) Die Entscheidung nach Absatz 2 ist dem Antragsteller durch das Staatsministerium für Kultus spätestens vier Monate nach Eingang der vollständigen Unterlagen nach Absatz 1 mit einer Begründung und Rechtsbehelfsbelehrung bekannt zu geben. Sie enthält die Zuordnung der beruflichen Tätigkeit und Ausbildung des Antragstellers zu einer Tätigkeit als Lehrer an Schulen im Freistaat Sachsen. Sie enthält gegebenenfalls weiterhin:

1.
eine Feststellung, ob die für die Ausübung des Lehrerberufes im Freistaat Sachsen vorgeschriebene Ausbildungsdauer um mehr als ein Jahr unterschritten wird,
2.
eine Feststellung über wesentliche Defizite gegenüber der begehrten Lehramtsbefähigung im Freistaat Sachsen
3.
die Mitteilung über
 
a)
Dauer und wesentliche Inhalte eines möglichen Anpassungslehrgangs sowie
 
b)
die Prüfungsgegenstände und den voraussichtlichen Termin einer möglichen Eignungsprüfung,
4.
den Hinweis, dass auf Antrag an die Stelle der Teilnahme an dem Anpassungslehrgang ein Vorbereitungsdienst ohne Berufung in das Beamtenverhältnis treten kann.

(4) Mit der anschließenden Bewerbung um Zulassung zu einer bestimmten Maßnahme nach § 1 Abs. 3 Satz 1 übt der Antragsteller sein Wahlrecht aus. 4

§ 3
Bescheinigung

Soweit es für die Entscheidung über die Gleichstellung des Diploms der Vorlage oder der Anforderung von

1.
Bescheinigungen oder Urkunden darüber, dass keine schwerwiegenden beruflichen Verfehlungen, Straftaten oder sonstige die Eignung des Antragstellers für den Beruf des Lehrers in Frage stellenden Umstände bekannt sind,
2.
Bescheinigungen oder Urkunden darüber, dass sich der Bewerber nicht im Konkurs befindet,
3.
Bescheinigungen über die körperliche oder geistige Gesundheit,
4.
Führungszeugnissen

des Heimat- oder Herkunftsstaates bedarf, genügt eine Bescheinigung oder Urkunde im Sinne des Artikels 6 der Richtlinie 89/48/EWG oder des Artikels 10 der Richtlinie 92/51/EWG, die bei ihrer Vorlage nicht älter als drei Monate ist. 5

§ 4
Anpassungslehrgang

(1) Der Anpassungslehrgang beinhaltet die Ausübung des Lehrerberufes in einer dem nachgewiesenen Diplom entsprechenden Lehrertätigkeit an Schulen im Freistaat Sachsen in beiden Unterrichtsfächern oder Fachrichtungen unter der Verantwortung eines qualifizierten Lehrers und gegebenenfalls eine Zusatzausbildung. Er ist Gegenstand einer Bewertung.

(2) Die Zusatzausbildung erstreckt sich auf Bereiche, in denen der Antragsteller Defizite aufweist. Dies kann mit der Verpflichtung verbunden sein, fachwissenschaftliche oder künstlerische, fachdidaktische und erziehungswissenschaftliche Defizite durch erfolgreiche Teilnahme an Lehrveranstaltungen an einer Universität oder Hochschule oder einem Staatlichen Seminar gemäß § 6 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über den Vorbereitungsdienst und die Zweite Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen im Freistaat Sachsen (Lehramtsprüfungsordnung II – LAPO II) vom 19. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 212), in der jeweils geltenden Fassung, auszugleichen. Darüber hinaus kann der Nachweis der erfolgreichen Teilnahme an Kursen oder Praktika zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die gemäß der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Erste Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen im Freistaat Sachsen (Lehramtsprüfungsordnung I – LAPO I) vom 13. März 2000 (SächsGVBl. S. 166), zuletzt geändert durch Artikel 10 der Verordnung vom 11. November 2005 (SächsGVBl. S. 283, 286), in der jeweils geltenden Fassung als Voraussetzung für die Zulassung zur Ersten Staatsprüfung vorgeschrieben sind, verlangt werden.

(3) Die Personen, die an einem Anpassungslehrgang teilnehmen, werden für dessen Dauer in ein privatrechtliches Ausbildungsverhältnis mit dem Freistaat Sachsen aufgenommen. Die Dauer wird vom Staatsministerium für Kultus entsprechend den festgestellten Defiziten bestimmt; sie darf höchstens drei Jahre betragen. Wird der Anpassungslehrgang unverschuldet für längere Zeit unterbrochen, ist er um diese Zeit zu verlängern.

(4) Die Personen, die am Anpassungslehrgang teilnehmen, erhalten ein Unterhaltsgeld für die Dauer des Anpassungslehrgangs in Höhe der Bezüge für Lehreranwärter der jeweiligen Schulart. Diese Bezüge unterliegen der Sozialversicherungspflicht. Die oberste Dienstbehörde kann den Anwärtergrundbetrag bis auf dreißig vom Hundert des Grundbetrages herabsetzen, wenn der Teilnehmer den Anpassungslehrgang nicht bestanden hat oder sich die Ausbildung aus einem vom Teilnehmer zu vertretenden Grund verzögert.

(5) Auf Antrag kann anstelle des Anpassungslehrgangs der Vorbereitungsdienst durchgeführt werden.

(6) Für die Personen, die am Anpassungslehrgang teilnehmen oder den Vorbereitungsdienst ableisten, gelten die Bestimmungen über die Pflichten des Beamten nach dem Beamtengesetz für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Beamtengesetz –  SächsBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 370, 2000 S. 7), zuletzt geändert durch Artikel 25 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (SächsGVBl. S. 148, 158), in der jeweils geltenden Fassung. 6

§ 5
Eignungsprüfung

(1) Die Eignungsprüfung ist eine ausschließlich die beruflichen Kenntnisse des Antragstellers betreffende staatliche Prüfung durch die in den Regionalschulämtern Dresden und Leipzig eingerichteten Prüfungsämter für Lehramtsprüfungen (Prüfungsamt), mit der seine Befähigung für die Ausübung des Lehrerberufes in der jeweiligen Schulart und Schulstufe beurteilt werden soll.

(2) Die Eignungsprüfung trägt dem Umstand Rechnung, dass der Antragsteller in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz über eine berufliche Qualifikation zur Ausübung eines Lehrerberufes verfügt. Sie besteht aus je einer Lehrprobe in zwei Unterrichtsfächern oder Fachrichtungen in der jeweiligen Schulart und Schulstufe im Freistaat Sachsen. Die mündliche Prüfung erstreckt sich nur auf Bereiche, die von den Befähigungsnachweisen des Antragstellers nicht abgedeckt werden.

(3) Das Prüfungsamt bildet für die Prüfungslehrproben und die mündliche Prüfung Prüfungsausschüsse und setzt die Prüfungstermine fest.

(4) Jeder Prüfungsausschuss für eine Prüfungslehrprobe besteht aus drei Prüfern: einem Vertreter der Schulaufsichtsbehörden als Vorsitzendem, einem Ausbilder und einem weiteren Prüfer. Jeder Prüfungsausschuss für die mündliche Prüfung besteht aus zwei oder drei Prüfern: einem Vertreter der Schulaufsichtsbehörden als Vorsitzendem und, je nach fachlicher Notwendigkeit, aus einem oder zwei Prüfern. Der Vorsitzende leitet die Prüfung.

(5) Für Antragsteller, die eine Eignungsprüfung ablegen wollen, wird kein Ausbildungsverhältnis zum Freistaat Sachsen begründet. Den Antragstellern, die sich im Freistaat Sachsen auf die Eignungsprüfung vorbereiten wollen, wird die Möglichkeit eingeräumt, den Unterricht an der betreffenden Schulart kennen zu lernen. 7

§ 6
Kapazitätsbeschränkung

Die Zulassung zu einem Anpassungslehrgang oder zum Vorbereitungsdienst kann nicht erfolgen, wenn die für die Schulart zur Verfügung stehende Ausbildungskapazität gemäß der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Beschränkung der Zulassung zum Vorbereitungsdienst für alle Lehrämter (Vorbereitungsdienstbeschränkungsverordnung – VDBeschrVO) vom 1. Juni 2005 (SächsGVBl. S. 157), geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 19. Juli 2005 (SächsGVBl. S. 212, 218), in der jeweils geltenden Fassung erschöpft ist. 8

§ 7
Vorverfahren

Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind aufgrund dieses Gesetzes vom Staatsministerium für Kultus erlassene Verwaltungsakte in einem Vorverfahren zu überprüfen. Den Widerspruchsbescheid erlässt das Staatsministerium für Kultus.

§ 8
Ermächtigungen

Das Staatsministerium für Kultus wird ermächtigt,

1.
durch Rechtsverordnung nähere Einzelheiten über den Inhalt und das Verfahren des Anpassungslehrgangs und der Eignungsprüfung sowie das Auswahlverfahren bei beschränkter Kapazität zu regeln,
2.
durch Vereinbarung mit anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland die Voraussetzungen für eine gemeinsame Durchführung von Anpassungslehrgängen und Eignungsprüfungen zu schaffen.

§ 9
In-Kraft-Treten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Dresden, den 23. Januar 1996

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister für Kultus
Dr. Matthias Rößler