Historische Fassung war gültig vom 31.12.2013 bis 31.05.2019

Gesetz
über den Verfassungsschutz im Freistaat Sachsen
(Sächsisches Verfassungsschutzgesetz – SächsVSG)

Vom 16. Oktober 1992

Rechtsbereinigt mit Stand vom 31. Dezember 2013

Erster Abschnitt
Organisation, Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes

§ 1
Organisation, Zuständigkeit

(1) Zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes und der Länder wird ein Landesamt für Verfassungsschutz errichtet. Es  untersteht als obere Landesbehörde unmittelbar dem Staatsministerium des Innern.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz ist zuständig für

1.
die Erfüllung der Aufgaben nach § 2 und
2.
die Zusammenarbeit mit den anderen Ländern und dem Bund in Angelegenheiten der Nummer 1. 2

(3) Verfassungsschutzbehörden anderer Länder dürfen im Freistaat Sachsen nur im Einvernehmen, das Bundesamt für Verfassungsschutz nur im Benehmen mit dem Landesamt für Verfassungsschutz tätig werden.

(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz und Polizeibehörden oder Polizeidienststellen dürfen einander nicht angegliedert werden. 3

§ 2
Aufgaben

(1) Aufgabe des Landesamtes für Verfassungsschutz ist die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über

1.
Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
2.
sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich des Grundgesetzes für eine fremde Macht,
3.
Bestrebungen im Geltungsbereich des Grundgesetzes, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
3a.
Bestrebungen, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung (Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes), insbesondere das friedliche Zusammenleben der Völker (Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes) gerichtet sind,
4.
fortwirkende Strukturen und Tätigkeiten der Aufklärungs- und Abwehrdienste der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Geltungsbereich dieses Gesetzes.

Sammlung und Auswertung von Informationen nach Satz 1 setzen im Einzelfall voraus, dass für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach Satz 1 Nrn. 1 bis 4 tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz wirkt mit

1.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, denen im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftige Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse anvertraut werden, die Zugang dazu erhalten sollen oder ihn sich verschaffen können,
2.
bei der Sicherheitsüberprüfung von Personen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen von lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtungen beschäftigt sind oder werden sollen,
3.
bei technischen Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von im öffentlichen Interesse geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen, Gegenständen oder Erkenntnissen gegen die Kenntnisnahme durch Unbefugte,
4.
auf Ersuchen der Einstellungsbehörden bei der Überprüfung von Personen, die sich um Einstellung in den öffentlichen Dienst bewerben, sowie auf Anforderung der Beschäftigungsbehörde bei der Überprüfung von Beschäftigten im öffentlichen Dienst, wenn der auf Tatsachen beruhende Verdacht besteht, dass sie gegen die Pflicht zur Verfassungstreue verstoßen,
5.
auf Ersuchen der für Einbürgerung zuständigen Behörden bei der sicherheitsmäßigen Überprüfung von Einbürgerungsbewerbern sowie
6.
bei Überprüfungen, soweit dies gesetzlich vorgesehen ist.

Die Mitwirkung des Landesamtes für Verfassungsschutz nach Satz 1 erfolgt in der Weise, dass es eigenes Wissen oder bereits vorhandenes Wissen der für die Überprüfung zuständigen Behörde oder sonstiger öffentlicher Stellen auswertet. Die Befugnisse des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Mitwirkung nach den Nummern 1 und 2 sind im Gesetz über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen im Freistaat Sachsen (Sächsisches Sicherheitsüberprüfungsgesetz – SächsSÜG) vom 19. Februar 2004 (SächsGVBl. S. 44), in der jeweils geltenden Fassung, geregelt.

(3) Die Mitwirkung des Landesamtes für Verfassungsschutz nach Absatz 2 setzt voraus, dass Betroffene und andere in die Überprüfung einbezogene Personen über Zweck und Verfahren der Überprüfung einschließlich der Verarbeitung der erhobenen Daten durch die beteiligten Dienststellen unterrichtet werden. Darüber hinaus ist im Falle der Einbeziehung anderer Personen in die Überprüfung deren Einwilligung und im Falle weitergehender Ermittlungen die Einwilligung von Betroffenen erforderlich. Die Sätze 1 und 2 gelten nur, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichtet das Staatsministerium des Innern über seine Tätigkeit. 4

§ 3
Begriffsbestimmungen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Bestrebungen gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, die Freiheit des Bundes oder eines Landes von fremder Herrschaft aufzuheben, ihre staatliche Einheit zu beseitigen oder ein zu ihm gehörendes Gebiet abzutrennen;
2.
Bestrebungen gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, Bund, Länder oder deren Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich zu beeinträchtigen;
3.
Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen in einem oder für einen Personenzusammenschluss, der darauf gerichtet ist, einen der in Absatz 2 genannten Verfassungsgrundsätze zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen.

Für einen Personenzusammenschluss handelt, wer ihn in seinen Bestrebungen aktiv sowie ziel- und zweckgerichtet unterstützt. Verhaltensweisen von Einzelpersonen, die nicht in einem oder für einen Personenzusammenschluss handeln, sind Bestrebungen im Sinne dieses Gesetzes, wenn sie auf Anwendung von Gewalt gerichtet sind oder aufgrund ihrer Wirkungsweise geeignet sind, ein Schutzgut dieses Gesetzes erheblich zu beschädigen.

(2) Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne dieses Gesetzes zählen:

1.
das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben und die Volksvertretungen in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl zu wählen;
2.
die Bindung der Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung und die Bindung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung an Gesetz und Recht;
3.
das Mehrparteienprinzip sowie das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition;
4.
die Ablösbarkeit der Regierung und ihre Verantwortlichkeit gegenüber der Volksvertretung;
5.
die Unabhängigkeit der Gerichte;
6.
der Ausschluss jeder Gewalt- und Willkürherrschaft und
7.
die im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte. 5

§ 4
Allgemeine Befugnisse

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf die zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 erforderlichen Informationen einschließlich personenbezogener Daten verarbeiten. Die Verarbeitung personenbezogener Daten richtet sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit keine besonderen Regelungen getroffen sind, nach den Vorschriften des Gesetzes zum Schutz der informationellen Selbstbestimmung im Freistaat Sachsen (Sächsisches Datenschutzgesetz – SächsDSG) vom 25. August 2003 (SächsGVBl. S. 330), in der jeweils geltenden Fassung.

(2) Werden personenbezogene Daten bei Betroffenen mit ihrer Kenntnis erhoben, so ist der Erhebungszweck anzugeben. Betroffene sind auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben und bei einer Sicherheitsüberprüfung nach § 2 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 4 auf eine dienst-, arbeitsrechtliche oder sonstige vertragliche Mitwirkungspflicht hinzuweisen.

(3) Polizeiliche Befugnisse oder Weisungsbefugnisse gegenüber anderen Behörden und Dienststellen stehen dem Landesamt für Verfassungsschutz nicht zu. Es darf die Polizei auch nicht im Wege der Amtshilfe um Maßnahmen ersuchen, zu denen es selbst nicht befugt ist.

(4) Von mehreren geeigneten Maßnahmen hat das Landesamt für Verfassungsschutz diejenige zu wählen, die Betroffene voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf keinen Nachteil herbeiführen, der erkennbar außer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht. 6

§ 5
Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf, insbesondere unter Beachtung des § 4 Abs. 4, Methoden, Gegenstände und Instrumente zur heimlichen Informationsbeschaffung, wie den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen, Observationen, Bild- und Tonaufzeichnungen, Tarnpapiere und Tarnkennzeichen (nachrichtendienstliche Mittel) anwenden. Diese sind in einer Dienstvorschrift zu benennen, die auch die Zuständigkeit für die Anordnung solcher Informationsbeschaffungen regelt. Die Dienstvorschrift bedarf der Zustimmung des Staatsministeriums des Innern und der Parlamentarischen Kontrollkommission.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten und sonstige Informationen mit nachrichtendienstlichen Mitteln erheben, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass

1.
auf diese Weise Erkenntnisse über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 oder die zur Erforschung solcher Erkenntnisse erforderlichen Quellen gewonnen werden können oder
2.
dies zum Schutz oder zur Abschirmung von Mitarbeitern, Einrichtungen, Gegenständen und Quellen des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten erforderlich ist.

Die Erhebung nach Satz 1 ist unzulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere, den Betroffenen weniger beeinträchtigende Weise möglich ist. Eine geringere Beeinträchtigung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Information aus allgemein zugänglichen Quellen oder durch Auskünfte nach §§ 11 oder 11a gewonnen werden kann. Die Anwendung eines nachrichtendienstlichen Mittels darf nicht erkennbar außer Verhältnis zur Bedeutung des aufzuklärenden Sachverhalts stehen. Die Maßnahme ist unverzüglich zu beenden, wenn der Zweck erreicht ist oder sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er nicht oder nicht auf diese Weise erreicht werden kann.

(3) Wird der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen oder zum Abhören und Aufzeichnen des gesprochenen Wortes oder der Einsatz eines Verfassungsschutzbediensteten, der unter einer ihm verliehenen, auf Dauer angelegten, veränderten Identität ermittelt, zur Erfüllung von Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 länger als 72 Stunden dauern, ist dies unverzüglich der Parlamentarischen Kontrollkommission anzuzeigen.

(4) Die Zulässigkeit von Maßnahmen nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10-Gesetz – G 10) vom 26. Juni 2001 (BGBl. I S. 1254, 2298), zuletzt geändert durch Artikel 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 11. Februar 2005 (BGBl. I S. 239, 241), in der jeweils geltenden Fassung, bleibt unberührt.

(5)  aufgehoben
.
.
.
(11)  aufgehoben

(12) Nachrichtendienstliche Mittel, die sich gezielt gegen einen Abgeordneten des Sächsischen Landtages richten, dürfen nur angewandt werden, wenn sie zuvor vom Präsidenten des Landtages genehmigt worden sind. 7

§ 5a
Besondere Befugnisse

(1) Der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Informationsgewinnung im Schutzbereich des Artikels 13 des Grundgesetzes und des Artikels 30 der Verfassung des Freistaates Sachsen> ist nur zulässig, wenn die materiellen Voraussetzungen für einen Eingriff in das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nach § 1 Abs. 1 und § 3 Abs. 1 G 10 vorliegen und der verdeckte Einsatz technischer Mittel zur Abwehr einer dringenden Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung oder den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für bedeutende fremde Sach- oder Vermögenswerte erforderlich ist und die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

(2) Die Maßnahme darf sich nur gegen den Betroffenen richten und nur in Wohnungen des Betroffenen durchgeführt werden. In Wohnungen anderer Personen ist die Maßnahme nur zulässig, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sich der Betroffene dort aufhält und die Maßnahme in Wohnungen des Betroffenen allein nicht zur Erforschung des Sachverhalts führen würde.

(3) Die Maßnahme darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte, insbesondere zu der Art der zu überwachenden Räume und dem Verhältnis der zu überwachenden Personen zueinander, anzunehmen ist, dass durch die Überwachung Äußerungen oder Handlungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, nicht erfasst werden. Gespräche oder Handlungen in Betriebs- oder Geschäftsräumen sind in der Regel nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen.

(4) Die Maßnahme ist unverzüglich abzubrechen, wenn sich während der Überwachung erste Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Äußerungen oder Handlungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Im Zweifel ist unverzüglich eine gerichtliche Entscheidung über den Abbruch der Maßnahme und eine Löschung der bisher erhobenen Daten herbeizuführen. Das anordnende Gericht ist über den Verlauf und die Ergebnisse der Maßnahme zu unterrichten. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, so hat das Gericht den Abbruch der Maßnahme unverzüglich anzuordnen, sofern das Landesamt für Verfassungsschutz die Maßnahme nicht bereits abgebrochen hat.

(5) Erkenntnisse über Äußerungen oder Handlungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, dürfen nicht verwertet werden. Soweit ein Verwertungsverbot in Betracht kommt, hat das Landesamt für Verfassungsschutz unverzüglich eine Entscheidung des anordnenden Gerichts über die Verwertbarkeit der erlangten Erkenntnisse herbeizuführen.

(6) Die durch Maßnahmen nach Absatz 1 erhobenen Daten sind dergestalt zu kennzeichnen, dass jederzeit erkennbar bleibt, aus welchen Eingriffen sie stammen. Sie dürfen durch das Landesamt für Verfassungsschutz zu keinen anderen Zwecken als der Sammlung und Auswertung von Informationen über Bestrebungen und Tätigkeiten, auf die Absatz 1 Anwendung findet, weiter verarbeitet werden. Eine Übermittlung darf nur unter den Voraussetzungen von § 12a erfolgen.

(7) In den Fällen des § 53 StPO ist eine Maßnahme nach Absatz 1 unzulässig. Ergibt sich während oder nach der Durchführung einer Maßnahme nach Absatz 1, dass ein Fall des § 53 StPO vorliegt, gelten Absatz 4 Satz 1, Absatz 5 Satz 1 und § 7a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 entsprechend. In den Fällen der §§ 52 und 53a StPO dürfen aus einer Maßnahme nach Absatz 1 gewonnene Erkenntnisse nur verwendet werden, wenn dies unter Berücksichtigung der Bedeutung des zugrunde liegenden Vertrauensverhältnisses nicht außer Verhältnis zum Interesse an der Erforschung des Sachverhalts steht.

(8) Auf Antrag des Landesamtes für Verfassungsschutz trifft die in § 74a Abs. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes genannte Kammer des Landgerichts, in dessen Bezirk das Landesamt für Verfassungsschutz seinen Sitz hat, die Entscheidung über die Anordnung der Maßnahme nach Absatz 1. Die Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu befristen und kann um jeweils nicht mehr als drei Monate verlängert werden. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Artikel 4c des Gesetzes vom 22. September 2005 (BGBl. I S. 2809, 2819), in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ergeht ohne vorherige Anhörung des Betroffenen und bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Bekanntmachung an ihn. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung auch durch den Vorsitzenden getroffen werden. Dessen Anordnung tritt außer Kraft, wenn sie nicht binnen drei Tagen von der Kammer bestätigt wird.

(9) In der schriftlichen Anordnung sind anzugeben:

1.
soweit bekannt, der Name und die Anschrift des Betroffenen, gegen den sich die Maßnahme richtet,
2.
die tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1, aufgrund derer die Maßnahme nach Absatz 1 angeordnet wird,
3.
die zu überwachende Wohnung oder die zu überwachenden Wohnräume,
4.
Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,
5.
die Erwartungen an die zu erhebenden Informationen.

In der Begründung der Anordnung oder Verlängerung sind deren Voraussetzungen und die wesentlichen Abwägungsgesichtspunkte darzulegen. Insbesondere sind anzugeben:

1.
die tatsächlichen Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1,
2.
die wesentlichen Erwägungen zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme,
3.
die tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne des Absatzes 3 Satz 1.

(10) Die Betroffenen sind von den nach Absatz 1 durchgeführten Maßnahmen zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, im Fall des Absatzes 11 ohne Gefährdung der für den Verfassungsschutz tätigen Person, geschehen kann. Die Mitteilung obliegt dem Landesamt für Verfassungsschutz. Sind Daten aus Maßnahmen nach Absatz 1 an Dritte übermittelt worden, erfolgt die Mitteilung im Benehmen mit dem Empfänger. Betroffene im Sinne des Satzes 1 sind:

1.
Betroffene, gegen die sich die Maßnahme nach § 5a richtet,
2.
Inhaber und Bewohner der Wohnung, in der die Maßnahmen durchgeführt worden sind,
3.
sonstige überwachte Personen.

Eine Unterrichtung von Betroffenen nach Satz 4 Nr. 2 und 3 unterbleibt, wenn überwiegende schutzwürdige Belange anderer Betroffener entgegenstehen oder die Identität von Betroffenen nach Satz 4 Nr. 2 und 3 nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermittelt werden könnte. Erfolgt die Benachrichtigung nicht binnen sechs Monaten nach Beendigung der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der gerichtlichen Zustimmung. Die gerichtliche Entscheidung ist vorbehaltlich einer anderen gerichtlichen Anordnung jeweils nach einem Jahr erneut einzuholen.

(11) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf den verdeckten Einsatz technischer Mittel nach Absatz 1 ausschließlich zur Abwehr von Gefahren für Leben, Gesundheit oder Freiheit der bei einem Einsatz in Wohnungen für den Verfassungsschutz tätigen Person anordnen. Eine weitere Verarbeitung der hierbei erhobenen Daten, insbesondere eine Übermittlung nach § 12a, ist nur zulässig, wenn die Rechtmäßigkeit der Maßnahme nach Maßgabe von Satz 1 und Absatz 1 zuvor gerichtlich festgestellt worden ist; bei Gefahr im Verzug ist die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. In diesen Fällen gelten die Absätze 5 bis 7 und 10 entsprechend.

(12) Auch nach Erledigung einer in den Absätzen 1 und 11 genannten Maßnahme können Betroffene binnen vier Wochen nach ihrer Benachrichtigung die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung sowie der Art und Weise des Vollzugs beantragen. Über den Antrag entscheidet das Gericht, das über die Anordnung der Maßnahme entschieden hat. Gegen die Entscheidung ist die sofortige Beschwerde statthaft. 8

Zweiter Abschnitt
Datenschutzrechtliche Bestimmungen

§ 6
Speicherung, Veränderung und
Nutzung personenbezogener Daten

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf zur Erfüllung seiner Aufgaben personenbezogene Daten speichern, verändern und nutzen, wenn

1.
tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 vorliegen,
2.
dies für die Erforschung und Bewertung von Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1 erforderlich ist oder
3.
das Landesamt für Verfassungsschutz nach § 2 Abs. 2 tätig werden wird.

(2) Zur Aufgabenerfüllung nach § 2 Abs. 2 dürfen vorbehaltlich des Satzes 2 in automatisierten Dateien nur Daten über die Personen gespeichert werden, die der Sicherheitsüberprüfung unterliegen oder in die Sicherheitsüberprüfung einbezogen werden. Zur Erledigung von Aufgaben nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 und 5 dürfen in automatisierten Dateien nur Daten solcher Personen erfasst werden, über die bereits Erkenntnisse nach § 2 Abs. 1 vorliegen. Bei der Speicherung in Dateien muss erkennbar sein, welcher der in § 2 Abs. 1 und 2 genannten Personengruppe Betroffene zuzuordnen sind.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Speicherungsdauer auf das für seine Aufgabenerfüllung erforderliche Maß zu beschränken.

(4) Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person vor Vollendung des 14. Lebensjahres dürfen nicht gespeichert werden. Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person nach Vollendung des 14. und vor Vollendung des 16. Lebensjahres sind zwei Jahre nach dem Verhalten zu löschen, es sei denn, dass weitere Erkenntnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 angefallen sind. Personenbezogene Daten über das Verhalten einer Person nach Vollendung des 16. und vor Vollendung des 18. Lebensjahres sind zwei Jahre nach dem Verhalten auf die Erforderlichkeit der Speicherung in Dateien zu überprüfen und spätestens fünf Jahre nach dem Verhalten zu löschen, es sei denn, dass weitere Erkenntnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 über ein Verhalten nach Eintritt der Volljährigkeit angefallen sind. 9

§ 7
Berichtigung, Löschung und
Sperrung personenbezogener Daten

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Akten oder Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind; in Akten ist dies zu vermerken. Wird die Richtigkeit der Daten von Betroffenen bestritten, so ist dies in der Akte zu vermerken oder auf sonstige Weise festzuhalten.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten zu löschen, wenn ihre Speicherung unzulässig war oder ihre Kenntnis für die Aufgabenerfüllung nicht mehr erforderlich ist. Die Löschung unterbleibt, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie schutzwürdige Belange der Betroffenen beeinträchtigt würden. In diesem Fall sind die Daten zu sperren. Sie dürfen nur noch mit Einwilligung der Betroffenen übermittelt werden.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz prüft bei der Einzelfallbearbeitung und nach festgesetzten Fristen, spätestens nach fünf Jahren, ob in Dateien gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind. Gespeicherte personenbezogene Daten über Bestrebungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 sind spätestens 10 Jahre, über Bestrebungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und 3a spätestens 15 Jahre nach dem Zeitpunkt der letzten gespeicherten relevanten Information zu löschen, es sei denn, der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz oder sein Vertreter stellt fest, dass die weitere Speicherung zur Aufgabenerfüllung oder aus den in Absatz 2 Satz 2 genannten Gründen erforderlich ist.

(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die nicht in Dateien gespeicherten personenbezogenen Daten gemäß Absatz 2 zu löschen. Die Löschung ist zu dokumentieren. Die Daten sind zu sperren, wenn die Löschung wegen der besonderen Art der Speicherung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist. Gesperrte Daten sind mit einem entsprechenden Vermerk zu versehen. Sie dürfen nicht mehr genutzt oder übermittelt werden. Eine Aufhebung der Sperrung ist möglich, wenn ihre Voraussetzungen nachträglich entfallen.

(5) Für die Archivierung gelten die Vorschriften des Archivgesetzes für den Freistaat Sachsen vom 17. Mai 1993 (SächsGVBl. S. 449), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 25. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 398), in der jeweils geltenden Fassung. 10

§ 7a
Löschung von nach § 5a
erhobenen personenbezogenen Daten

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat personenbezogene Daten, die durch eine Maßnahme nach § 5a erhoben wurden, unverzüglich zu löschen,

1.
wenn Äußerungen oder Handlungen, die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst wurden,
2.
wenn die Daten für die in § 5a Abs. 6 Satz 2 genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind; soweit die Daten für eine gerichtliche Überprüfung nach § 5a Abs. 12 von Bedeutung sein können, ist die Löschung der Daten zurückzustellen, sie sind zu sperren und dürfen nur zu diesem Zweck verwendet werden.

Im Falle von Satz 1 Nr. 2 hat die Prüfung der Erforderlichkeit der Datenspeicherung unverzüglich nach ihrer Erhebung und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten zu erfolgen. Die Erhebung und Löschung der Daten ist zu dokumentieren.

(2) Im Falle der Datenübermittlung nach § 12a prüft der Empfänger unverzüglich und sodann in Abständen von höchstens sechs Monaten, ob die Daten für die Zwecke, zu deren Erfüllung sie ihm übermittelt worden sind, noch erforderlich sind. Sind die Daten für die bestimmten Zwecke nicht mehr erforderlich, gilt Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 entsprechend. Die Löschung ist zu dokumentieren. Der Empfänger unterrichtet das Landesamt für Verfassungsschutz unverzüglich über die erfolgte Löschung. 11

§ 8
Errichtungsanordnung

(1) Für jede beim Landesamt für Verfassungsschutz zur Erfüllung seiner in § 2 genannten Aufgaben einzurichtende automatisierte Datei, in der personenbezogene Daten verarbeitet werden, sind in einer Errichtungsanordnung festzulegen:

1.
Bezeichnung der Datei,
2.
Zweck der Datei,
3.
Voraussetzungen der Speicherung, Übermittlung und Nutzung (betroffener Personenkreis, Art der Daten),
4.
Anlieferung oder Eingabe,
5.
Zugangsberechtigung,
6.
Überprüfungsfristen, Speicherungsdauer und
7.
Protokollierung.

Die Zugangsberechtigung nach Satz 1 Nr. 5 ist auf Personen zu beschränken, die die Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz benötigen. Die Errichtungsanordnung bedarf der Zustimmung des Staatsministeriums des Innern.

(2) Vor Erlass und vor wesentlichen Änderungen der Errichtungsanordnung ist der Sächsische Datenschutzbeauftragte zu hören.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat in angemessenen Abständen die Erforderlichkeit der Weiterführung oder Änderung der Dateien zu überprüfen. 12

§ 9
Auskunft an Betroffene

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz erteilt Betroffenen über die zu ihrer Person gespeicherten Daten auf Antrag unentgeltlich Auskunft. Die Auskunftsverpflichtung erstreckt sich nicht auf die Herkunft der Daten und die Empfänger von Übermittlungen.

(1a) Auskunft aus Akten, die nicht zur Person des Betroffenen geführt werden, wird erteilt, soweit der Betroffene Angaben macht, die das Auffinden der Akten ermöglichen und der für die Erteilung der Auskunft erforderliche Aufwand nicht außer Verhältnis zu dem vom Betroffenen geltend gemachten Informationsinteresse steht. Satz 1 findet auf personenbezogene Daten in nicht-automatisierten Dateien, die nicht zur Übermittlung an Dritte bestimmt sind, entsprechende Anwendung. 

(2) Die Auskunftserteilung unterbleibt, soweit

1.
eine Gefährdung der Aufgabenerfüllung durch die Auskunftserteilung zu besorgen ist,
2.
durch die Auskunftserteilung nachrichtendienstliche Zugänge gefährdet sein können oder die Ausforschung des Erkenntnisstandes oder der Arbeitsweise des Landesamtes für Verfassungsschutz zu befürchten ist,
3.
die Auskunft die öffentliche Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder
4.
    die Daten oder die Tatsache der Speicherung nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, insbesondere wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheimgehalten werden müssen.

(3) Die Ablehnung der Auskunftserteilung bedarf keiner Begründung, soweit dadurch der Zweck der Auskunftsverweigerung gefährdet würde. Die Gründe für die Auskunftsverweigerung sind aktenkundig zu machen. Wird die Auskunftserteilung abgelehnt, sind Betroffene auf die Rechtsgrundlage für das Fehlen der Begründung und darauf hinzuweisen, dass sie sich an den Sächsischen Datenschutzbeauftragten wenden können. Dem Datenschutzbeauftragten ist auf sein Verlangen Auskunft zu erteilen, soweit nicht das Staatsministerium des Innern im Einzelfall feststellt, dass dadurch die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gefährdet würde. Mitteilungen des Sächsischen Datenschutzbeauftragten an Betroffene dürfen keine Rückschlüsse auf den Kenntnisstand des Landesamtes für Verfassungsschutz zulassen, sofern dieses nicht einer weitergehenden Auskunft zustimmt. 13

Dritter Abschnitt
Übermittlungsvorschriften

§ 10
Informationsübermittlung an das Landesamt
für Verfassungsschutz ohne Ersuchen

(1) Die Behörden und Gerichte des Freistaates Sachsen, die Gemeinden, Landkreise und sonstigen der Aufsicht des Freistaates Sachsen unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts übermitteln von sich aus dem Landesamt für Verfassungsschutz die ihnen bekannt gewordenen personenbezogenen Daten und sonstigen Informationen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Informationen zur Wahrnehmung von Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 oder zur Beobachtung von Bestrebungen erforderlich sind, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen gegen die in § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 3a genannten Schutzgüter gerichtet sind.

(2) Die Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, die Polizeidienststellen übermitteln darüber hinaus von sich aus dem Landesamt für Verfassungsschutz auch alle anderen ihnen bekannt gewordenen personenbezogenen Daten und sonstigen Informationen über Bestrebungen oder Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz erforderlich ist. 14

§ 11
Informationsübermittlung durch öffentliche Stellen
an das Landesamt für Verfassungsschutz auf Ersuchen

(1) Die in § 10 genannten öffentlichen Stellen haben dem Landesamt für Verfassungsschutz auf dessen Ersuchen die ihnen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben bekannt gewordenen personenbezogenen Daten und Informationen zu übermitteln, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Übermittlung für die Erfüllung der Aufgaben nach § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 erforderlich ist. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Ersuchen aktenkundig zu machen.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf Akten anderer öffentlicher Stellen und amtliche Register unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 und vorbehaltlich der in § 13 getroffenen Regelung einsehen, soweit dies zur Erfüllung von Aufgaben nach § 2 Abs. 1 und 2 oder zum Schutz von Mitarbeitern und Quellen des Landesamtes für Verfassungsschutz gegen Gefahren für Leib und Leben erforderlich ist und die sonstige Übermittlung von Informationen aus den Akten oder den Registern den Zweck der Maßnahmen gefährden oder das Persönlichkeitsrecht von Betroffenen unverhältnismäßig beeinträchtigen würde. Über die Einsichtnahme nach Satz 1 hat das Landesamt für Verfassungsschutz einen Nachweis zu führen, aus dem der Zweck und die Veranlassung, die ersuchte Behörde und die Aktenfundstelle hervorgehen.
Die Nachweise sind fünf Jahre gesondert aufzubewahren und gegen ungerechtfertigten Zugriff zu sichern und anschließend zu vernichten.

(3) Die Übermittlung personenbezogener Daten und sonstige Informationen, die aufgrund einer Maßnahme nach § 100a der Strafprozessordnung bekannt geworden sind, ist nur zulässig, wenn tatsächlich Anhaltspunkte dafür bestehen, dass jemand eine der in § 3 G 10 genannten Straftaten plant, begeht oder begangen hat. Auf die dem Landesamt für Verfassungsschutz nach Satz 1 übermittelten Unterlagen findet § 4 Abs. 1 und 2 Satz 3 G 10 entsprechende Anwendung. 15

§ 11a
Informationsübermittlung durch nicht-öffentliche Stellen
an das Landesamt für Verfassungsschutz auf Ersuchen

(1) Ein Ersuchen des Landesamtes für Verfassungsschutz um Übermittlung personenbezogener Daten darf nur diejenigen personenbezogenen Daten enthalten, die für die Erteilung der Auskunft unerlässlich sind. Schutzwürdige Interessen des Betroffenen dürfen nur in unvermeidbarem Umfang beeinträchtigt werden.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen unentgeltlich Auskünfte zu Konten, Konteninhabern und sonstigen Berechtigten sowie weiteren am Zahlungsverkehr Beteiligten und zu Geldbewegungen und Geldanlagen einholen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3a erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die dort genannten Schutzgüter vorliegen.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3a unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 G 10 bei Personen und Unternehmen, die geschäftsmäßig Postdienstleistungen erbringen, sowie bei denjenigen, die an der Erbringung dieser Dienstleistungen mitwirken, unentgeltlich Auskünfte zu Namen, Anschriften, Postfächern und sonstigen Umständen des Postverkehrs einholen.

(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall bei Luftfahrtunternehmen unentgeltlich Auskünfte zu Namen, Anschriften und zur Inanspruchnahme von Transportleistungen und sonstigen Umständen des Luftverkehrs einholen, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3a erforderlich ist und tatsächliche Anhaltspunkte für schwerwiegende Gefahren für die dort genannten Schutzgüter vorliegen.

(5) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf im Einzelfall zur Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 3a unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 G 10 bei denjenigen, die geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste und Teledienste erbringen oder daran mitwirken, unentgeltlich Auskünfte über Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstnutzungsdaten einholen. Die Auskunft kann auch in Bezug auf zukünftige Telekommunikation und zukünftige Nutzung von Telediensten verlangt werden. Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstnutzungsdaten sind:

1.
Berechtigungskennungen, Kartennummern, Standortkennung sowie Rufnummern oder Kennung des anrufenden und angerufenen Anschlusses oder der Endeinrichtung,
2.
Beginn und Ende der Verbindung nach Datum und Uhrzeit,
3.
Angaben über die Art der vom Kunden in Anspruch genommenen Telekommunikations- und Teledienst-Dienste,
4.
Endpunkte festgeschalteter Verbindungen, ihr Beginn und ihr Ende nach Datum und Uhrzeit.

(6) Auskünfte nach den Absätzen 2 bis 5 dürfen nur auf Antrag eingeholt werden. Der Antrag ist durch den Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz, im Falle seiner Verhinderung durch seinen Vertreter, schriftlich zu stellen und zu begründen. Über den Antrag entscheidet der Staatsminister des Innern, im Falle seiner Verhinderung sein Vertreter.

(7) Das Staatsministerium des Innern unterrichtet die Kommission nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes im Freistaat Sachsen ( SächsAG G 10) vom 16. Oktober 1992 (SächsGVBl. S. 464), geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. August 2003 (SächsGVBl. S. 313, 317), über die gemäß Absatz 6 beschiedenen Anträge vor deren Vollzug. Bei Gefahr im Verzug darf das Staatsministerium des Innern den Vollzug der Entscheidung bereits vor Unterrichtung der Kommission anordnen. In diesen Fällen ist die Unterrichtung innerhalb von zehn Tagen nachzuholen. Die Kommission prüft von Amts wegen oder aufgrund von Beschwerden die Zulässigkeit der Einholung von Auskünften. Entscheidungen über Auskünfte, die die Kommission für unzulässig oder für nicht notwendig erklärt, hat das Staatsministerium des Innern unverzüglich aufzuheben.

(8) § 2 Abs. 2 SächsAG G 10 ist mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Kontrollbefugnis der Kommission sich auf die gesamte Verarbeitung der nach Absatz 1 erhobenen Daten erstreckt.

(9) Für die Verarbeitung der nach Absatz 1 erhobenen Daten ist § 4 G 10 entsprechend anzuwenden. Das Auskunftsersuchen und die übermittelten Daten dürfen dem Betroffenen oder Dritten vom Auskunftsgeber nicht mitgeteilt werden. Für die Mitteilungen an Betroffene findet § 12 Abs. 1 und 3 G 10 entsprechende Anwendung.

(10) Das Staatsministerium des Innern unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission (§ 16) und das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundes in Abständen von höchstens sechs Monaten über die nach den Absätzen 2 bis 5 durchgeführten Maßnahmen; dabei ist insbesondere ein Überblick über Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten der im Berichtszeitraum durchgeführten Maßnahmen zu geben. 16

§ 11b
Weitere Informationsübermittlungen durch nicht-öffentliche
Stellen an das Landesamt für Verfassungsschutz auf Ersuchen

(1) Soweit dies zur Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz im Einzelfall erforderlich ist, darf von demjenigen, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt (Diensteanbieter), Auskunft über die nach den §§ 95 und 111 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154, 3200) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, erhobenen Daten verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 TKG). Bezieht sich das Auskunftsverlangen nach Satz 1 auf Daten, mittels derer der Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen, die in diesen Endgeräten oder hiervon räumlich getrennt eingesetzt werden, geschützt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 2 TKG), darf die Auskunft nur verlangt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der geschützten Daten vorliegen.

(2) Die Auskunft nach Absatz 1 darf auch anhand einer zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesenen Internetprotokoll-Adresse verlangt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 3 TKG). Für Auskunftsverlangen nach Satz 1 und Absatz 1 Satz 2 gilt § 11a Abs. 6 Satz 1 und 2 sowie Abs. 7 bis 9 Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass über den Antrag das Staatsministerium des Innern entscheidet.

(3) Die betroffene Person ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 und des Absatzes 2 Satz 1 durch das Landesamt für Verfassungsschutz von der Beauskunftung zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung erfolgt, soweit und sobald eine Gefährdung des Zwecks der Auskunft und der Eintritt übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes ausgeschlossen werden können. Wurden personenbezogene Daten an eine andere Stelle übermittelt, erfolgt die Benachrichtigung im Benehmen mit dieser. Die Benachrichtigung unterbleibt, sofern einer der Hinderungsgründe in Satz 2 auch nach fünf Jahren nach Beauskunftung nicht ausgeschlossen werden kann, er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht ausgeschlossen werden kann, und die Voraussetzungen für eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als auch beim Empfänger vorliegen. Die Benachrichtigung unterbleibt auch, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange Dritter oder der betroffenen Person selbst entgegenstehen. Wird die Benachrichtigung nach Satz 2 zurückgestellt oder nach Satz 4 oder Satz 5 von ihr abgesehen, sind die Gründe aktenkundig zu machen.

(4) Aufgrund eines Auskunftsverlangens nach Absatz 1 oder 2 hat der Diensteanbieter die zur Auskunftserteilung erforderlichen Daten unverzüglich, vollständig und richtig zu übermitteln.

(5) Der Diensteanbieter erhält für Auskünfte nach den Absätzen 1 und 2 eine Entschädigung, deren Umfang sich nach § 23 und Anlage 3 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzJVEG) vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2586, 2681), in der jeweils geltenden Fassung, bemisst; die Vorschriften über die Verjährung in § 2 Abs. 1 und 4 JVEG finden entsprechende Anwendung. 17

§ 12
Übermittlung personenbezogener Daten
durch das Landesamt für Verfassungsschutz

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an Behörden sowie andere öffentliche Stellen übermitteln, wenn dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist oder Empfänger die Daten zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit benötigen. Soweit die Daten Verwendungsbeschränkungen unterliegen, hat das Landesamt für Verfassungsschutz die Daten zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung ist durch den Empfänger aufrechtzuerhalten. Empfänger dürfen die übermittelten Daten, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt wurden.

(2) Das Landesamt für Verfassungsschutz hat der Staatsanwaltschaft und, vorbehaltlich der staatsanwaltschaftlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeidienststellen die ihm bekannt gewordenen personenbezogenen Daten zu übermitteln, wenn im Rahmen seiner Aufgabenerfüllung nach § 2 zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dies zur Verhinderung oder Verfolgung folgender Straftaten erforderlich ist:

1.
von Staatsschutzdelikten nach §§ 74a und 120 des Gerichtsverfassungsgesetzes sowie von Straftaten, bei denen auf Grund ihrer Zielsetzung, der Motive der Täter oder deren Verbindungen zu einer Organisation zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie gegen die in Artikel 73 Nr. 10 Buchst. b oder c des Grundgesetzes genannten Schutzgüter gerichtet sind, und
2.
von Straftaten, die gegen das Leben oder in erheblichem Maße gegen die körperliche Unversehrtheit oder gegen Sach- und Vermögenswerte von erheblicher Bedeutung gerichtet sind.

Soweit die Daten Verwendungsbeschränkungen unterliegen, hat das Landesamt für Verfassungsschutz die Daten zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung ist durch den Empfänger aufrechtzuerhalten.

(3) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an andere als öffentliche Stellen nicht übermitteln, es sei denn, dass dies zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes oder der Sicherheit des Bundes oder eines Landes, zur Abwehr sicherheitsgefährdender oder geheimdienstlicher Tätigkeit für eine fremde Macht oder zur Gewährleistung der Sicherheit einer lebens- oder verteidigungswichtigen Einrichtung nach § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes (Sicherheitsüberprüfungsgesetz – SÜG) vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 21. August 2002 (BGBl. I S. 3322, 3329), in der jeweils geltenden Fassung, oder nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 SächsSÜG in der jeweils geltenden Fassung erforderlich ist und der Staatsminister des Innern oder sein Vertreter zugestimmt hat. Die Zustimmung kann auch für eine Mehrzahl gleichartiger, sachlich zusammenhängender Fälle vorweg erteilt werden. Sie ist nicht erforderlich für den Einsatz von Vertrauensleuten und Gewährspersonen. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat die Übermittlung aktenkundig zu machen. Der Empfänger darf die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwenden, zu dem sie übermittelt wurden. Er ist verpflichtet, dem Landesamt für Verfassungsschutz auf Verlangen Auskunft über die vorgenommene Verwendung zu geben. Der Empfänger ist auf die Verpflichtungen nach den Sätzen 5 und 6 hinzuweisen.

(4) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf personenbezogene Daten an öffentliche Stellen außerhalb des Geltungsbereiches des Grundgesetzes sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen übermitteln, wenn die Übermittlung zur Erfüllung seiner Aufgaben oder zur Wahrung erheblicher Sicherheitsinteressen des Empfängers erforderlich ist. Die Übermittlung unterbleibt, wenn auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland, Belange der Länder oder überwiegende schutzwürdige Interessen von Betroffenen entgegenstehen. Die Übermittlung ist aktenkundig zu machen. Empfänger sind darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verwendet werden dürfen, zu dem sie übermittelt wurden, und das Landesamt für Verfassungsschutz sich vorbehält, um Auskunft über die vorgenommene Verwendung der Daten zu bitten.

(5) Der Empfänger prüft, ob die übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass sie nicht erforderlich sind, hat er die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist; in diesem Fall sind die Daten zu sperren. 18

§ 12a
Übermittlung von nach § 5a
erhobenen personenbezogenen Daten

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz darf unter den Voraussetzungen des § 5a erhobene personenbezogene Daten den in § 12 genannten Behörden nur zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden Lebensgefahr oder einer dringenden Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes, für Gesundheit oder Freiheit einer Person oder für herausragende Sach- oder Vermögenswerte übermitteln. Für personenbezogene Daten nach § 5a Abs. 7 Satz 2 gilt Satz 1 mit der Maßgabe, dass es sich um Gegenstände von bedeutendem Wert, die der Versorgung der Bevölkerung dienen, um Gegenstände von kulturell herausragendem Wert oder um die in § 305 StGB genannten Bauwerke handeln muss.

(2) Zur Verfolgung von Straftaten darf das Landesamt für Verfassungsschutz unter den Voraussetzungen des § 5a erhobene personenbezogene Daten den Staatsanwaltschaften und, vorbehaltlich der staatsanwaltlichen Sachleitungsbefugnis, den Polizeidienststellen nur übermitteln, soweit die Voraussetzungen des § 100c StPO vorliegen und für die Straftat eine Höchststrafe von mehr als fünf Jahren Freiheitsstrafe angedroht wird.

(3) Die Übermittlung nach den Absätzen 1 und 2 ist nur zulässig, soweit

1.
sie zur Erfüllung der Aufgaben des Empfängers erforderlich ist,
2.
nach eigenen Erkenntnissen des Landesamtes für Verfassungsschutz ausgeschlossen werden kann, dass der Empfänger die Daten für andere Zwecke nutzt,
3.
die bisherige Kennzeichnung der Daten aufrechterhalten bleibt,
4.
sichergestellt ist, dass der Empfänger § 7a Abs. 2 entsprechend anwendet, und
5.
die Übermittlung an ausländische Behörden nur im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz erfolgt. 19

§ 13
Übermittlungsverbote

(1) Die Übermittlung von Informationen nach den §§ 10, 11, 12 und 12a unterbleibt, wenn

1.
für die übermittelnde Stelle erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung der Art der Informationen und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen von Betroffenen das Allgemeininteresse an der Übermittlung überwiegen,
2.
überwiegende Sicherheitsinteressen oder überwiegende Belange der Strafverfolgung dies erfordern oder
3.
besondere gesetzliche Übermittlungsregelungen entgegenstehen.

Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften beruhen, bleibt unberührt.

(2) Informationen über Minderjährige vor Vollendung des 14. Lebensjahres dürfen nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht an ausländische oder über- oder zwischenstaatliche Stellen übermittelt werden. 20

§ 14
Besondere Pflichten des Landesamtes für Verfassungsschutz

(1) Das Landesamt für Verfassungsschutz prüft unverzüglich, ob die ihm nach den Vorschriften dieses Gesetzes übermittelten personenbezogenen Daten für die Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich sind. Ergibt die Prüfung, dass sie nicht erforderlich sind, hat es die Unterlagen zu vernichten. Die Vernichtung kann unterbleiben, wenn die Trennung von anderen Informationen, die zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, nicht oder nur mit unvertretbarem Aufwand möglich ist. In diesem Fall sind die Daten zu sperren.

(2) Erweisen sich personenbezogene Daten, nachdem sie durch das Landesamt für Verfassungsschutz übermittelt worden sind, als unrichtig oder unvollständig, sind sie unverzüglich gegenüber dem Empfänger zu berichtigen oder zu ergänzen, es sei denn, dass dies für die Beurteilung eines Sachverhalts ohne Bedeutung ist.

§ 15
Unterrichtung der Öffentlichkeit

Das Staatsministerium des Innern und das Landesamt für Verfassungsschutz unterrichten die Öffentlichkeit über Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 2 Abs. 1. Dabei dürfen personenbezogene Daten bekannt gegeben werden, wenn dies für die Unterrichtung erforderlich ist und die Informationsinteressen der Allgemeinheit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen überwiegen. 21

Vierter Abschnitt
Parlamentarische Kontrolle, Einschränkung von Grundrechten

§ 16
Parlamentarische Kontrollkommission

(1) Die Sächsische Staatsregierung unterliegt hinsichtlich der Aufsicht des Staatsministeriums des Innern über das Landesamt für Verfassungsschutz und hinsichtlich der Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz der Kontrolle durch die Parlamentarische Kontrollkommission des Sächsischen Landtages. Die Rechte des Landtages und seiner Ausschüsse bleiben unberührt.

(2) Die Parlamentarische Kontrollkommission besteht aus fünf Mitgliedern, die zu Beginn jeder Wahlperiode vom Landtag aus seiner Mitte einzeln mit der Mehrheit seiner Mitglieder gewählt werden. Zwei Mitglieder müssen der parlamentarischen Opposition angehören. Die Parlamentarische Kontrollkommission wählt einen Vorsitzenden und gibt sich eine Geschäftsordnung. Sie tritt mindestens zweimal jährlich zusammen. Die Einberufung und die Unterrichtung der Parlamentarischen Kontrollkommission kann von mindestens zwei Mitgliedern verlangt werden.

(3) Die Beratungen der Parlamentarischen Kontrollkommission sind geheim. Die Mitglieder sind zur Geheimhaltung der Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Parlamentarischen Kontrollkommission bekannt geworden sind. Dies gilt auch für die Zeit nach ihrem Ausscheiden. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte kann, soweit personenbezogene Daten Gegenstand der Beratung sind, beteiligt werden; die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. Satz 1 gilt nicht für die Bewertung aktueller Vorgänge, wenn die Mehrheit der Mitglieder der Parlamentarischen Kontrollkommission ihre vorherige Zustimmung erteilt hat.

(4) Scheidet ein Mitglied aus dem Landtag oder seiner Fraktion aus oder wird es Mitglied der Staatsregierung, endet auch seine Mitgliedschaft in der Parlamentarischen Kontrollkommission. Für ein ausgeschiedenes Mitglied ist unverzüglich ein neues Mitglied zu wählen.

(5) Die Parlamentarische Kontrollkommission übt ihre Tätigkeit auch nach Ablauf der Wahlperiode des Landtages so lange aus, bis der nachfolgende Landtag eine neue Parlamentarische Kontrollkommission gewählt hat. 22

§ 17
Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission

(1) Das Staatsministerium des Innern unterrichtet die Parlamentarische Kontrollkommission umfassend über die allgemeine Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz und über die Vorgänge von besonderer Bedeutung. Hierzu gehört auch die Unterrichtung über die nach § 5 Abs. 3 und § 5a Abs. 1 und 10 angeordneten Maßnahmen und die nach § 5a Abs. 9 getroffenen Entscheidungen. Ebenso umfasst die Unterrichtung auch das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden anderer Bundesländer sowie das Herstellen des Benehmens für das Tätigwerden des Bundesamtes für Verfassungsschutz nach § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes und über das Bundesamt für Verfassungsschutz (Bundesverfassungsschutzgesetz – BVerfSchG) vom 20. Dezember 1990 (BGBl. I S. 2954, 2970), zuletzt geändert durch Artikel 9 des Gesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3202, 3217), in der jeweils geltenden Fassung. Auf Verlangen der Parlamentarischen Kontrollkommission berichtet das Staatsministerium des Innern zu konkreten Themen aus dem Aufgabenbereich des Landesamtes für Verfassungsschutz.

(2) Die Parlamentarische Kontrollkommission hat das Recht auf Erteilung von Auskünften. Der Staatsminister des Innern kann einem Kontrollbegehren widersprechen, wenn es im Einzelfall die Erfüllung der Aufgaben des Landesamtes für Verfassungsschutz oder den notwendigen Schutz des Nachrichtenzugangs gefährden würde; er hat dies zu begründen. Entfallen die Gründe für Satz 2, so ist die Auskunftserteilung unverzüglich nachzuholen.

(3) Die Unterrichtung umfasst nicht Angelegenheiten, über die das Staatsministerium des Innern die Kommission nach Artikel 10 des Grundgesetzes zu unterrichten hat. 23

§ 18
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz können im Rahmen des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Sachsen das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10 des Grundgesetzes, Artikel 27 der Verfassung des Freistaates Sachsen ), das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes, Artikel 30 der Verfassung des Freistaates Sachsen ) und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes, Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen) eingeschränkt werden. 24

Fünfter Abschnitt
Schlussbestimmung

§ 19
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 16. Oktober 1992

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister des Innern
Heinz Eggert