Historische Fassung war gültig vom 14.03.2013 bis 31.03.2014

Gesetz
über den Verfassungsgerichtshof
des Freistaates Sachsen
(Sächsisches Verfassungsgerichtshofsgesetz – SächsVerfGHG)

Vom 18. Februar 1993

Rechtsbereinigt mit Stand vom 14. März 2013

Der Sächsische Landtag hat am 22. Januar 1993 das folgende Gesetz beschlossen:

Erster Teil
Organisatorische Bestimmungen

§ 1
Bezeichnung und Sitz

Der Verfassungsgerichtshof führt die Bezeichnung „Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen“. Er hat seinen Sitz in Leipzig.

§ 2
Zusammensetzung, Stellvertreter, Wählbarkeit

(1) Der Verfassungsgerichtshof besteht aus fünf Berufsrichtern und vier anderen Mitgliedern. Der Präsident und der Vizepräsident des Verfassungsgerichtshofes müssen Berufsrichter sein.

(2) Für jedes Mitglied wird ein Stellvertreter gewählt. Der Stellvertreter vertritt das Mitglied bei dessen Verhinderung oder nach Beendigung des Amtes bis zur Ernennung des Nachfolgers, soweit kein Fall des § 6 Abs. 2 vorliegt. Die Stellvertreter in der Gruppe der Berufsrichter und in der Gruppe der anderen Mitglieder vertreten sich jeweils gegenseitig. Zur Vertretung ist der lebensälteste nicht verhinderte Stellvertreter berufen. Für die Stellvertreter gelten die Vorschriften dieses Gesetzes, soweit nichts anderes bestimmt ist. Durch die Beendigung des Amtes des Mitglieds, das sie vertreten, wird ihr eigenes Amt nicht berührt.

(3) Zum Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann gewählt werden, wer das 35. Lebensjahr vollendet hat und zum Deutschen Bundestag wählbar ist. Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann nicht sein, wer dem Bundestag, dem Bundesrat, der Bundesregierung, einem entsprechenden Organ eines Landes oder der Europäischen Gemeinschaft, dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof angehört.

(4) Mitglied des Verfassungsgerichtshofes kann nicht sein, wer

1.
gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundrechte verletzt hat oder
2.
für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit der Deutschen Demokratischen Republik tätig war. 2

§ 3
Wahl

(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sollen frühestens drei Monate und spätestens einen Monat vor Beendigung des Amtes ihrer Vorgänger gewählt werden. Ist der Landtag in dieser Zeit aufgelöst, findet die Wahl innerhalb von drei Monaten nach dem ersten Zusammentritt des neu gewählten Landtages statt.

(2) Vorschlagsberechtigt für die Wahl der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind die Staatsregierung und das Landtagspräsidium.

(3) Der Landtag wählt die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ohne Aussprache in geheimer Wahl mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder auf die Dauer von neun Jahren. Dasselbe gilt für die Wahl des Präsidenten und des Vizepräsidenten. Eine Anhörung der Vorgeschlagenen findet nicht statt. Wiederwahl ist zulässig.

§ 4
Amtseid

(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes leisten vor Aufnahme ihres Amtes in öffentlicher Sitzung des Landtages folgenden Eid:

„Ich schwöre, das Richteramt getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, getreu der Verfassung des Freistaates Sachsen und getreu dem Gesetz auszuüben, nach bestem Wissen und Gewissen ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen.“

(2) Der Eid kann auch mit der Beteuerung „So wahr mir Gott helfe“ geleistet werden. Bekennt sich ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes zu einer Religionsgemeinschaft, deren Angehörigen das Gesetz die Verwendung einer anderen Beteuerungsformel gestattet, so kann es diese gebrauchen.

(3) Im Falle der Wiederwahl bedarf es keiner erneuten Vereidigung.

§ 5
Rechtsstellung

(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind als Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen.

(2) Die berufsrichterlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes üben die Tätigkeit im Verfassungsgerichtshof als Nebenamt aus. Die Vorschriften des Deutschen Richtergesetzes und des Richtergesetzes des Freistaates Sachsen gelten auch für ihre Tätigkeit beim Verfassungsgerichtshof, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Die anderen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes sind ehrenamtlich tätig.

(3) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes können nur nach den für Richter im Landesdienst geltenden Vorschriften vorläufig und endgültig ihres Amtes enthoben werden. Einleitungsbehörde ist die Staatsregierung. Die dienstgerichtliche Entscheidung trifft der Verfassungsgerichtshof. Die Amtsenthebung bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes; dabei wirkt anstelle des betroffenen Mitglieds dessen Stellvertreter mit.

§ 6
Beendigung der Amtszeit

(1) Vor Ablauf der Amtszeit endet das Amt als Mitglied des Verfassungsgerichtshofes,

1.
wenn das Mitglied die Wählbarkeit zum Bundestag verliert;
2.
wenn bei dem Mitglied ein Wählbarkeitshindernis nach § 2 Abs. 3 Satz 2 eintritt;
3.
wenn der Verfassungsgerichtshof mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner zur Entscheidung berufenen Mitglieder feststellt, daß bei dem Mitglied ein Wählbarkeitshindernis nach § 2 Abs. 4 nachträglich bekannt geworden oder bei der Wahl unbeachtet geblieben ist; anstelle des betroffenen Mitglieds wirkt sein Stellvertreter (§ 2 Abs. 2) mit;
4.
wenn das Mitglied gemäß § 5 Abs. 3 seines Amtes enthoben wird;
5.
wenn das berufsrichterliche Mitglied aus dem Amt als Berufsrichter ausscheidet;
6.
wenn ein nichtberufsrichterliches Mitglied das 70. Lebensjahr vollendet hat, mit dem Ablauf des betreffenden Monats;
7.
wenn das Mitglied durch Erklärung zur Niederschrift des Präsidenten des Landtages auf sein Amt verzichtet, mit Ablauf des auf die Erklärung folgenden Monats.

(2) Endet das Amt durch Ablauf der Amtszeit oder durch Erreichen der Altersgrenze, so führt das Mitglied die Amtsgeschäfte bis zur Ernennung seines Nachfolgers fort. 3

Zweiter Teil
Allgemeine Verfahrensvorschriften

§ 7
Zuständigkeit

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet

1.
über die Auslegung der Verfassung aus Anlaß von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Staatsorgans oder anderer Beteiligter, die durch die Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Staatsregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestattet sind (Artikel 81 Abs. 1 Nr. 1 der Verfassung);
2.
bei Zweifeln oder Meinungsverschiedenheiten über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Verfassung (Artikel 81 Abs. 1 Nr. 2 der Verfassung);
3.
über die Vereinbarkeit eines Landesgesetzes mit der Verfassung , nachdem ein Gericht das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 des Grundgesetzes ausgesetzt hat (Artikel 81 Abs. 1 Nr. 3 der Verfassung);
4.
über Verfassungsbeschwerden, die von jeder Person erhoben werden können, die sich durch die öffentliche Gewalt in einem ihrer in der Verfassung niedergelegten Grundrechte (Artikel 4, 14 bis 38, 41, 78, 91, 102, 105 und 107 der Verfassung) verletzt fühlt (Artikel 81 Abs. 1 Nr. 4 der Verfassung);
5.
über Beschwerden gegen Entscheidungen des Landtages im Wahlprüfungsverfahren (Artikel 45 Abs. 2 der Verfassung);
6.
über die Zulässigkeit von Volksanträgen (Artikel 71 Abs. 2 Satz 3 der Verfassung);
7.
über die Zulässigkeit von Anträgen auf Verfassungsänderung (Artikel 74 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung);
8.
über Anträge kommunaler Träger der Selbstverwaltung auf Feststellung, daß ein Gesetz die Bestimmungen des Artikels 82 Abs. 2 oder der Artikel 84 bis 89 der Verfassung verletzt (Artikel 90 der Verfassung);
9.
über Anträge, Mitgliedern des Landtages oder der Staatsregierung das Mandat oder Amt abzuerkennen (Artikel 118 der Verfassung);
10.
in den ihm durch Gesetz zugewiesenen Angelegenheiten (Artikel 81 Abs. 1 Nr. 6 der Verfassung).

§ 8
Vorsitz, Beschlußfähigkeit, Abstimmung

(1) Der Präsident hat den Vorsitz im Verfassungsgerichtshof und führt die Geschäfte des Verfassungsgerichtshofes. Der Vizepräsident ist sein ständiger Vertreter. Ist auch dieser verhindert, übernimmt das im Verfassungsgerichtshof dienstälteste, bei gleichem Dienstalter das lebensältere nicht verhinderte berufsrichterliche Mitglied, bei Verhinderung aller berufsrichterlichen Mitglieder der im Verfassungsgerichtshof dienstälteste und bei gleichem Dienstalter der lebensältere nicht verhinderte berufsrichterliche Stellvertreter die Aufgaben des Präsidenten.

(2) Der Verfassungsgerichtshof ist beschlußfähig, wenn mindestens sieben seiner Mitglieder, darunter mindestens vier seiner berufsrichterlichen Mitglieder, mitwirken. § 9 Abs. 1 Satz 2 und § 15 Satz 1 bleiben unberührt.

(3) In den Verfahren gemäß § 7 Nr. 9 bedarf es zu einer dem Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung nachteiligen Entscheidung einer Mehrheit von zwei Dritteln der zur Entscheidung berufenen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes. Im übrigen entscheidet die Mehrheit der mitwirkenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes. Bei Stimmengleichheit kann eine Unvereinbarkeit mit der Verfassung oder eine Verletzung von Bestimmungen der Verfassung oder anderen maßgeblichen Rechts nicht festgestellt werden; ein sonstiger Antrag ist in diesem Fall abgelehnt.

§ 9
Kammern

(1) Der Verfassungsgerichtshof beruft für die Dauer eines Geschäftsjahres mehrere Kammern. Jede Kammer besteht aus zwei Berufsrichtern und einem anderen Mitglied.

(2) Der Verfassungsgerichtshof beschließt vor Beginn eines Geschäftsjahres für dessen Dauer die Zahl und Zusammensetzung der Kammern sowie die Verteilung der auf sie zu übertragenden Verfassungsbeschwerden.

§ 10
Anwendbarkeit des Verfahrensrechts
des Bundesverfassungsgerichts, Geschäftsordnung

(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof die allgemeinen Verfahrensvorschriften des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BundesverfassungsgerichtsgesetzBVerfGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl. I S. 1473), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 12. Juli 2012 (BGBl. I S. 1501, 1502) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechend anzuwenden.

(2) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, regelt der Verfassungsgerichtshof sein Verfahren und seinen Geschäftsgang durch eine Geschäftsordnung, die im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen ist. 4

§ 11
Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der
Befangenheit
[anstatt § 19 BVerfGG]

(1) Wird ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, so entscheidet der Verfassungsgerichtshof hierüber unter Ausschluß des Abgelehnten. Eine Vertretung des Abgelehnten findet insoweit nicht statt. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.

(2) Die Ablehnung ist zu begründen. Das abgelehnte Mitglied des Verfassungsgerichtshofes hat sich dazu zu äußern. Ein Beteiligter kann ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes nicht mehr wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen, wenn er sich in eine Verhandlung eingelassen hat, ohne den ihm bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen.

(3) Erklärt sich ein Mitglied des Verfassungsgerichtshofes, das nicht abgelehnt worden ist, selbst für befangen, so gilt Absatz 1 entsprechend.

(4) Nach erfolgreicher Ablehnung (Absätze 1 und 3) wirkt an der Entscheidung in der Sache selbst anstatt des abgelehnten Mitglieds sein Stellvertreter (§ 2 Abs. 2) mit. 5

§ 12
Zeugen und Sachverständige
[anstatt § 28 Abs. 1 BVerfGG]

Für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen gelten in den Fällen des § 7 Nr. 9 die Vorschriften der Strafprozeßordnung, in den übrigen Fällen die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend. 6

§ 13
Kein Sondervotum
[zu § 30 Abs. 2 BVerfGG]

§ 30 Abs. 2 BVerfGG findet keine Anwendung. 7

§ 14
Verbindlichkeit der Entscheidungen
[anstatt § 31 BVerfGG]

(1) Die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes binden alle Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte.

(2) In den Fällen des § 7 Nr. 2, 3 und 8 hat die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes Gesetzeskraft. Dasselbe gilt in den Fällen des § 7 Nr. 4, wenn der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als mit der Verfassung vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt.

(3) Soweit ein Gesetz als mit der Verfassung vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird, ist die Entscheidungsformel durch den Staatsminister der Justiz im Sächsischen Gesetz- und Verordnungsblatt zu veröffentlichen. 8

§ 15
Einstweilige Anordnungen
[anstatt § 32 Abs. 6 BVerfGG]

Bei besonderer Dringlichkeit kann die einstweilige Anordnung erlassen werden, wenn mindestens drei berufsrichterliche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes mitwirken und der Beschluß einstimmig gefaßt wird. Sie tritt nach einem Monat außer Kraft. Wird sie durch den Verfassungsgerichtshof in der Besetzung nach § 8 Abs. 2 bestätigt, so tritt sie sechs Monate nach ihrem Erlaß außer Kraft. 9

§ 16
Kosten und Auslagenerstattung
[anstatt §§ 34 und 34 a BVerfGG]

(1) Das Verfahren des Verfassungsgerichtshofes ist kostenfrei. § 34 Abs. 2 bis 6 BVerfGG findet keine Anwendung.

(2) Erweist sich im Verfahren nach § 7 Nr. 9 der Antrag auf Aberkennung des Mandats oder Amtes als unbegründet, so sind dem Angeklagten die notwendigen Auslagen einschließlich der Kosten der Verteidigung zu erstatten.

(3) Erweist sich eine Verfassungsbeschwerde als begründet, so sind dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen ganz oder teilweise zu erstatten.

(4) In den übrigen Fällen kann der Verfassungsgerichtshof volle oder teilweise Erstattung der notwendigen Auslagen anordnen. 10

Dritter Teil
Besondere Verfahrensvorschriften

Erster Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 1
(Organstreitverfahren)

§ 17
Antragsteller und Antragsgegner

Antragsteller und Antragsgegner können nur der Landtag, die Staatsregierung und die in der Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtages oder der Staatsregierung mit eigener Zuständigkeit ausgestatteten Teile dieser Organe sein.

§ 18
Zulässigkeit des Antrags

(1) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, daß er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist.

(2) Im Antrag ist die Bestimmung der Verfassung zu bezeichnen, gegen welche die beanstandete Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners verstößt.

(3) Der Antrag muß binnen sechs Monaten, nachdem die beanstandete Handlung oder Unterlassung dem Antragsteller bekannt geworden ist, gestellt werden.

(4) Soweit die Frist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verstrichen ist, kann der Antrag noch binnen drei Monaten nach Inkrafttreten gestellt werden, wenn die beanstandete Handlung oder Unterlassung nach Inkrafttreten der Verfassung erfolgt ist.

§ 19
Beitritt zum Verfahren

(1) Dem Antragsteller und dem Antragsgegner können in jeder Lage des Verfahrens andere in § 17 genannte Antragsberechtigte beitreten, wenn die Entscheidung auch für ihre Zuständigkeiten von Bedeutung ist.

(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Landtag und der Staatsregierung von der Einleitung des Verfahrens Kenntnis.

§ 20
Entscheidung

(1) Der Verfassungsgerichtshof stellt in seiner Entscheidung fest, ob die beanstandete Handlung oder Unterlassung des Antragsgegners den Antragsteller in seinen ihm durch die Verfassung übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet und, wenn dies der Fall ist, gegen welche Bestimmung der Verfassung dadurch verstoßen wird.

(2) Soweit die Entscheidung von der Auslegung einer Verfassungsbestimmung abhängig ist, kann der Verfassungsgerichtshof in der Entscheidungsformel feststellen, wie diese Verfassungsbestimmung auszulegen ist.

Zweiter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 2
(abstrakte Normenkontrolle)

§ 21
Zulässigkeit des Antrags

Der Antrag der Staatsregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Landtages gemäß Artikel 81 Abs. 1 Nr. 2 der Verfassung ist nur zulässig, wenn einer der Antragsberechtigten Landesrecht

1.
wegen seiner förmlichen oder sachlichen Unvereinbarkeit mit der Verfassung für nichtig hält oder
2.
für gültig hält, nachdem ein Gericht, eine Verwaltungsbehörde oder ein Organ des Bundes oder des Landes das Recht als unvereinbar mit der Verfassung nicht angewendet hat.

§ 22
Anhörung der betroffenen Verfassungsorgane

Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Landtag und der Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist.

§ 23
Entscheidung

Kommt der Verfassungsgerichtshof zu der Überzeugung, daß Landesrecht mit der Verfassung unvereinbar ist, so erklärt er die zur Prüfung gestellten Bestimmungen für nichtig. Sind weitere Bestimmungen desselben Gesetzes aus denselben Gründen mit der Verfassung unvereinbar, so kann der Verfassungsgerichtshof sie gleichfalls für nichtig erklären.

§ 24
Wirkungen der Entscheidung

Für die Wirkungen der Entscheidung gilt § 79 BVerfGG entsprechend. 11

Dritter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 3
(konkrete Normenkontrolle)

§ 25
Vorlage

(1) Sind die Voraussetzungen des Artikels 81 Abs. 1 Nr. 3 der Verfassung gegeben, so holen die Gerichte unmittelbar die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes ein.

(2) Die Begründung muß angeben, inwiefern von der Gültigkeit des Gesetzes die Entscheidung des Gerichts abhängig ist und mit welcher Bestimmung der Verfassung das Gesetz unvereinbar sein soll. Die Akten sind beizufügen.

(3) Der Antrag des Gerichts ist unabhängig von der Rüge der Nichtigkeit des Gesetzes durch einen Prozeßbeteiligten.

§ 26
Verfahren, Entscheidung

(1) Die §§ 22 bis 24 gelten entsprechend.

(2) Die in § 22 genannten Verfassungsorgane können in jeder Lage des Verfahrens beitreten.

(3) Der Verfassungsgerichtshof gibt auch den Beteiligten des Verfahrens vor dem Gericht, das den Antrag gestellt hat, Gelegenheit zur Äußerung; er lädt sie zur mündlichen Verhandlung und erteilt den anwesenden Prozeßbevollmächtigten das Wort.

(4) § 82 Abs. 4 BVerfGG findet mit der Maßgabe Anwendung, daß die Ersuchen an oberste Landesgerichte ergehen können.

(5) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet nur über die Rechtsfrage. 12

Vierter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 4
(Verfassungsbeschwerde)

§ 27
Rügefähige Rechte, Rechtswegerschöpfung

(1) Jede Person kann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem ihrer Grundrechte (Artikel 4, 14 bis 38, 41, 78, 91, 102, 105 und 107 der Verfassung) verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum Verfassungsgerichtshof erheben.

(2) Ist gegen die Verletzung der Rechtsweg zulässig, so kann die Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtsweges erhoben werden. Der Verfassungsgerichtshof kann jedoch über eine vor Erschöpfung des Rechtsweges eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

§ 28
Begründung der Verfassungsbeschwerde

In der Begründung der Verfassungsbeschwerde sind das Recht, das verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen.

§ 29
Einlegungsfrist

(1) Die Verfassungsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat zu erheben und zu begründen. Die Frist beginnt mit der Zustellung oder formlosen Mitteilung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung, wenn diese nach den maßgebenden verfahrensrechtlichen Vorschriften von Amts wegen vorzunehmen ist. In anderen Fällen beginnt die Frist mit der Verkündung der Entscheidung oder, wenn diese nicht zu verkünden ist, mit ihrer sonstigen Bekanntgabe an den Beschwerdeführer; wird dabei dem Beschwerdeführer eine Abschrift der Entscheidung in vollständiger Form nicht erteilt, so wird die Frist des Satzes 1 dadurch unterbrochen, daß der Beschwerdeführer schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle die Erteilung einer in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung beantragt. Die Unterbrechung dauert fort, bis die Entscheidung in vollständiger Form dem Beschwerdeführer von dem Gericht erteilt oder von Amts wegen oder von einem anderen an dem Verfahren Beteiligten zugestellt wird.

(2) War ein Beschwerdeführer ohne Verschulden verhindert, die Frist des Absatzes 1 einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen; ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden. Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig. Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden eines Beschwerdeführers gleich.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz oder gegen einen sonstigen Hoheitsakt, gegen den ein Rechtsweg nicht offensteht, so kann die Verfassungsbeschwerde nur binnen eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes oder dem Erlaß des Hoheitsaktes erhoben werden.

(4) Ist ein Gesetz vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes in Kraft getreten, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum Ablauf eines Jahres seit dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes erhoben werden. War ein sonstiger Hoheitsakt bei Inkrafttreten der Verfassung noch nicht rechtskräftig oder bestandskräftig und der Rechtsweg erschöpft, so kann die Verfassungsbeschwerde bis zum Ablauf eines Monats seit dem Inkrafttreten des Gesetzes erhoben werden.

§ 30
Anhörung Dritter, Entscheidung

(1) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Verfassungsorgan, dessen Handlung oder Unterlassung in der Verfassungsbeschwerde beanstandet wird, Gelegenheit, sich binnen einer zu bestimmenden Frist zu äußern.

(2) Ging die Handlung oder Unterlassung von einem Staatsminister oder einer Behörde des Landes aus, so ist dem zuständigen Staatsminister Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(3) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, so gibt der Verfassungsgerichtshof auch dem durch die Entscheidung Begünstigten Gelegenheit zur Äußerung. Er kann hiervon absehen, wenn die Verfassungsbeschwerde als offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet erscheint.

(4) Richtet sich die Verfassungsbeschwerde unmittelbar oder mittelbar gegen ein Gesetz, so ist § 22 entsprechend anzuwenden.

(5) Die in den Absätzen 1, 2 und 4 genannten Verfassungsorgane können dem Verfahren beitreten.

(6) Der Verfassungsgerichtshof überträgt die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde durch Beschluß auf die zuständige Kammer, wenn die Verfassungsbeschwerde die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht erfordert und die Angelegenheit nicht von besonderer Bedeutung ist.

(7) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über Verfassungsbeschwerden ohne mündliche Verhandlung, wenn er nichts anderes beschließt. Die Kammern entscheiden über Verfassungsbeschwerden im schriftlichen Verfahren. 13

§ 31
Entscheidungsinhalt

(1) Wird der Verfassungsbeschwerde stattgegeben, so ist in der Entscheidung festzustellen, welche Vorschrift der Verfassung durch welche Handlung oder Unterlassung verletzt wurde. Der Verfassungsgerichtshof kann zugleich aussprechen, daß auch jede Wiederholung der beanstandeten Maßnahme die Verfassung verletzt.

(2) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen eine Entscheidung stattgegeben, so hebt der Verfassungsgerichtshof die Entscheidung auf, in den Fällen des § 27 Abs. 2 verweist er die Sache an ein zuständiges Gericht zurück.

(3) Wird der Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz stattgegeben, so ist das Gesetz für nichtig zu erklären. Das gleiche gilt, wenn der Verfassungsbeschwerde gemäß Absatz 2 stattgegeben wird, weil die aufgehobene Entscheidung auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht. § 79 BVerfGG gilt entsprechend.

(4) Bleibt die Verfassungsbeschwerde ohne Erfolg, weil sie unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist oder der Verfassungsgerichtshof die für ihre Beurteilung erhebliche verfassungsrechtliche Frage bereits entschieden hat, so genügt zur Begründung des Beschlusses der Hinweis auf den maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkt. 14

Fünfter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 5
(Wahlprüfungsbeschwerde)

§ 32
Beschwerdebefugnis

Die Beschwerde gegen den Beschluß des Landtages über die Gültigkeit einer Wahl oder den Verlust der Mitgliedschaft im Landtag kann innerhalb eines Monats seit der Beschlußfassung des Landtages beim Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Beschwerdebefugt sind

1.
das Mitglied des Landtages, dessen Mitgliedschaft bestritten ist,
2.
ein Wahlberechtigter, dessen Einspruch vom Landtag verworfen worden ist,
3.
eine Fraktion,
4.
eine Gruppe von mindestens einem Zehntel der Mitglieder des Landtages.

Eine Gruppe von Wahlberechtigten, für die bei der Wahl ein Wahlvorschlag zugelassen wurde und die beim Landtag Einspruch eingelegt hatte, ist vom Erfordernis des Beitritts weiterer Wahlberechtigter befreit.

Sechster Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 6
(Entscheidung über die Zulässigkeit eines Volksantrags)

§ 33
Antrag, Entscheidung

(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet auf Antrag des Landtagspräsidenten über die Zulässigkeit eines Volksantrags.

(2) Der Verfassungsgerichtshof gibt den Antragstellern und der Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist.

Siebter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 7
(Prüfung eines Antrags auf Verfassungsänderung)

§ 34
Frist und Inhalt des Antrags

(1) Der Antrag auf Entscheidung nach Artikel 74 Abs. 1 Satz 3 der Verfassung kann nur bis zum Ablauf eines Monats nach Abschluß der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, der die Verfassungsänderung enthält, beim Verfassungsgerichtshof gestellt werden. Vor Ablauf dieser Frist darf der Gesetzentwurf nicht abschließend beraten werden. Ist der Entwurf des verfassungsändernden Gesetzes während eines Gesetzgebungsverfahrens eingefügt worden, so ist der Antrag innerhalb eines Monats nach dieser Einfügung zulässig; Satz 2 gilt entsprechend.

(2) In dem Antrag ist anzugeben, im Hinblick auf welche Vorschrift der Verfassung Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsänderung bestehen.

§ 35
Verfahren, Entscheidung

(1) Der Verfassungsgerichtshof gibt dem Landtag und der Staatsregierung Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist.

(2) Der Verfassungsgerichtshof stellt fest, ob der Antrag auf Verfassungsänderung zulässig ist. Gelangt er zur Unzulässigkeit des Änderungsantrags, so spricht der Verfassungsgerichtshof auch aus, welche Bestimmung der Verfassung hierfür maßgeblich ist.

Achter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 8
(Normenkontrolle auf kommunalen Antrag)

§ 36
Antragsfrist, Verfahren

(1) Der Antrag ist nur innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zulässig. Ist ein Gesetz vor dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes in Kraft getreten, so kann der Antrag bis zum Ablauf eines Jahres seit dem Inkrafttreten des vorliegenden Gesetzes gestellt werden.

(2) Für das Verfahren und die Entscheidung gelten die §§ 22 bis 24 entsprechend.

Neunter Abschnitt
Verfahren in den Fällen des § 7 Nr. 9
(Aberkennung des Mandats oder der Mitgliedschaft in der Staatsregierung)

§ 37
Anklageschrift

(1) Aufgrund eines Beschlusses des Landtages auf Erhebung der Anklage gegen ein Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung (Artikel 118 der Verfassung) übersendet der Präsident des Landtages dem Verfassungsgerichtshof binnen eines Monats eine von ihm gefertigte Anklageschrift. Mit deren Eingang beim Verfassungsgerichtshof ist die Anklage erhoben.

(2) Die Anklageschrift muß die Handlung oder Unterlassung, auf der die Anklage beruht, und die Beweismittel bezeichnen. Der Anklageschrift ist eine Niederschrift über die Sitzung des Landtages beizufügen, in welcher der Beschluß, Anklage zu erheben, gefaßt worden ist.

§ 38
Anklagefrist

(1) Die Anklage kann nur innerhalb eines Jahres, nachdem der ihr zugrundeliegende Sachverhalt dem Landtag bekanntgeworden ist, erhoben werden.

(2) Soweit die Frist bei Inkrafttreten dieses Gesetzes verstrichen ist, kann die Anklage noch binnen drei Monaten seit Inkrafttreten erhoben werden, wenn der ihr zugrundeliegende Sachverhalt nach Inkrafttreten der Verfassung eingetreten ist.

§ 39
Zurücknahme der Anklage

(1) Der Landtag kann die Anklage bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung aufgrund eines Beschlusses zurücknehmen. Ein Antrag auf Rücknahmebeschluß muß von mindestens einem Drittel der Mitglieder des Landtages gestellt werden. Der Beschluß erfordert bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages eine Zweidrittelmehrheit, die jedoch mehr als die Hälfte der Mitglieder des Landtages betragen muß.

(2) Die Anklage wird vom Präsidenten des Landtages durch Übersendung einer Ausfertigung des Beschlusses an den Verfassungsgerichtshof zurückgenommen. § 37 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes teilt dem Angeklagten den Eingang des Rücknahmebeschlusses mit.

(3) Die Zurücknahme der Anklage ist unwirksam, wenn ihr der Angeklagte innerhalb eines Monats nach Erhalt der Mitteilung nach Absatz 2 Satz 3 schriftlich gegenüber dem Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes widerspricht.

§ 40
Vertretung der Anklage

Der Landtag bestimmt, wer die Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof vertritt. § 10 Abs. 1 in Verbindung mit § 22 BVerfGG findet entsprechende Anwendung. 15

§ 41
Vorbereitung der Verhandlung

(1) Der Präsident des Verfassungsgerichtshofes kann nach Anhörung des Berichterstatters zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Vorermittlungen anordnen. Er muß sie in den Grenzen der für Beweiserhebungen geltenden Bestimmungen der Strafprozeßordnung anordnen, soweit der Vertreter der Anklage oder der Angeklagte sie beantragt. Vorermittlungen sind einem der berufsrichterlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes zu übertragen. Dem Angeklagten ist bei Vorermittlungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(2) Nach Abschluß von Vorermittlungen gibt der Präsident des Verfassungsgerichtshofes dem Landtag Gelegenheit zur Entscheidung, ob die Anklage zurückgenommen wird.

§ 42
Mündliche Verhandlung

(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet aufgrund mündlicher Verhandlung.

(2) Zur Verhandlung ist der Angeklagte zu laden. In der Ladung ist er darauf hinzuweisen, daß ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wenn er unentschuldigt ausbleibt oder sich ohne ausreichenden Grund vorzeitig entfernt.

(3) In der Verhandlung trägt der Vertreter der Anklage zunächst die Anklage vor. Danach erhält der Angeklagte Gelegenheit, sich zur Anklage zu erklären. Hierauf findet die Beweiserhebung statt. Zum Schluß werden der Vertreter der Anklage mit seinem Antrag und der Angeklagte mit seiner Verteidigung gehört. Der Angeklagte hat das letzte Wort.

§ 43
Urteil

(1) Gegenstand der Urteilsfindung ist der in der Anklage bezeichnete Sachverhalt, wie er sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt.

(2) Das Urteil lautet auf Einstellung des Verfahrens, auf Freispruch oder auf Feststellung, daß die fortdauernde Innehabung von Mandat oder Mitgliedschaft in der Staatsregierung durch den Angeklagten aus einem der Gründe des Artikels 118 Abs. 1 der Verfassung als untragbar erscheint (Verurteilung).

(3) Die Einstellung des Verfahrens ist auszusprechen, wenn ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Wird der Angeklagte freigesprochen, müssen die Urteilsgründe ergeben, ob er nicht überführt oder ob seine Unschuld erwiesen ist.

(5) Wird der Angeklagte verurteilt, müssen die Urteilsgründe die erwiesenen Tatsachen darlegen, aus denen sich die Erfüllung des Tatbestandes des Artikels 118 Abs. 1 der Verfassung ergibt. Der Verfassungsgerichtshof hat dem Angeklagten das Mandat oder das Amt abzuerkennen. Der Verfassungsgerichtshof kann die vollständige oder teilweise Entziehung der als Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung erworbenen Versorgungsansprüche aussprechen. Der Verlust des Mandats oder der Mitgliedschaft in der Staatsregierung und die Entziehung von Versorgungsansprüchen treten mit der Verkündung des Urteils ein.

§ 44
Ausfertigungen des Urteils

Je eine Ausfertigung des Urteils mit vollständigen Entscheidungsgründen ist dem Angeklagten, dem Landtag und der Staatsregierung zu übersenden.

Vierter Teil
Verzögerungsbeschwerde 16

§ 45
Anwendbare Vorschriften, Beschwerdekammer

(1) Soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die §§ 97a bis 97e BVerfGG entsprechend. § 97e BVerfGG ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass in Satz 1 auf das Datum 14. März 2013 und in Satz 2 auf das Datum 14. Juni 2013 abzustellen ist.

(2) Über die Verzögerungsbeschwerde entscheidet die Beschwerdekammer, in die der Verfassungsgerichtshof drei seiner Mitglieder beruft. Der Präsident kann nicht Mitglied der Beschwerdekammer sein.

(3) Die Mitglieder der Beschwerdekammer werden durch die übrigen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ohne Berücksichtigung der Stellvertreter vertreten. Das Nähere, insbesondere die Bestimmung des Vorsitzes und die Gewährleistung eines kontinuierlichen Nachrückens für ausscheidende Kammermitglieder sowie die Ausgestaltung der Vertretung, regelt die Geschäftsordnung. 17

Fünfter Teil
Schlussvorschriften 18

§ 46
Aufwandsentschädigung, Reisekostenvergütung, Unfallfürsorge

(1) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes erhalten eine monatliche Aufwandsentschädigung. Der Präsident und der Vizepräsident erhalten erhöhte Aufwandsentschädigungen. Die stellvertretenden Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes erhalten eine Aufwandsentschädigung für jeden Kalendermonat, in dem sie tätig geworden sind.

(2) Das Nähere über die Aufwandsentschädigungen regelt die Staatsregierung durch Rechtsverordnung.

(3) Die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes erhalten bei Dienstreisen Reisekostenvergütung nach der höchsten Klasse und Stufe des Sächsischen Reisekostengesetzes.

(4) Wird ein nicht berufsrichterliches Mitglied des Verfassungsgerichtshofes durch einen Dienstunfall verletzt, so wird ihm Unfallfürsorge in entsprechender Anwendung des § 30 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und der §§ 31 bis 35 des Beamtenversorgungsgesetzes gewährt. 19

§ 47
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 18. Februar 1993

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister der Justiz
Steffen Heitmann