Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
über Zusatz- und Unterstützungsleistungen bei Dienstunfällen im Bereich der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes
(VwV-Zusatz- und Unterstützungsleistungen)
Vom 11. Mai 2021
I.
Geltungsbereich
Leistungsberechtigte Personen nach dieser Verwaltungsvorschrift sind
- 1.
- Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren und der Pflichtfeuerwehren, soweit sie unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind,
- 2.
- Angehörige betrieblicher Feuerwehren bei Einsätzen außerhalb des Betriebes gemäß § 21 Absatz 5 des Sächsischen Gesetzes über Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz vom 24. Juni 2004 (SächsGVBl. S. 245, 647), das zuletzt durch das Gesetz vom 25. Juni 2019 (SächsGVBl. S. 521) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung,
- 3.
- ehrenamtliche Stellvertreterinnen und Stellvertreter der Kreisbrandmeisterinnen und Kreisbrandmeister,
- 4.
- als den Angehörigen der Feuerwehr gleichgestellte Personen im Sinne von § 8 Absatz 1 Nummer 6 des Sächsischen Gesetzes über Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz:
- a)
- ehrenamtliche Helferinnen und Helfer im Katastrophenschutz nach § 41 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz sowie
- b)
- leitende Notärztinnen und Notärzte sowie Organisatorische Leiterinnen und Leiter Rettungsdienst bei Großschadensereignissen nach § 35 Absatz 2 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz,
- 5.
- Personen, die nach § 54 Absatz 1 und 4 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz bei Katastrophen, Bränden oder Unglücksfällen zur Hilfeleistung verpflichtet werden oder freiwillig mit Zustimmung der Einsatzleitung bei der Gefahrenbekämpfung Hilfe leisten.
Unfälle nach dieser Verwaltungsvorschrift sind Arbeitsunfälle im Sinne von § 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254), das zuletzt durch Artikel 13 des Gesetzes vom 28. März 2021 (BGBl. I S. 591) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, während einer den gesetzlichen Versicherungsschutz nach § 2 Absatz 1 Nummer 10 Buchstabe a, Nummer 11 Buchstabe a, Nummer 12 und Nummer 13 Buchstabe a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründenden Tätigkeit.
II.
Zusatzleistungen
Gemäß § 1 Absatz 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Übertragung von Zuständigkeiten bei der Gewährung von Zusatz- und Unterstützungsleistungen nach § 8 Absatz 1 Nummer 6 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz vom 29. Juni 2020 (SächsGVBl S. 339) gewährt die Unfallkasse Sachsen über die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 26 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch und die Mehrleistungsbestimmungen der Unfallkasse Sachsen nach § 94 Absatz 1 Nummer 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch hinaus folgende Zusatzleistungen:
- 1.
- Zusatzleistungen an Verletzte
Bei dauernder völliger Erwerbsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung (Minderung der Erwerbsfähigkeit zu 100 Prozent) infolge eines Unfalls wird der leistungsberechtigten Person als zusätzliche Leistung ein einmaliger Betrag in Höhe von 54 000 Euro gewährt. Bei dauernder teilweiser Minderung der Erwerbsfähigkeit wird ein entsprechender Teilbetrag gezahlt. Maßgebend für den Grad der zu entschädigenden Minderung der Erwerbsfähigkeit und für die Feststellung des Dauerzustandes ist die Feststellung der Rente auf unbestimmte Zeit nach § 62 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch durch den gesetzlichen Unfallversicherungsträger. Bei einer späteren Verschlimmerung der Unfallfolgen wird keine weitere Zahlung geleistet. Hat sich die leistungsberechtigte Person im konkreten Einsatz einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt und erleidet infolge dieser Gefährdung einen Unfall, beträgt die zusätzliche Leistung 80 000 Euro, wenn sie infolge dieses Unfalls erwerbs- beziehungsweise dienstunfähig geworden ist oder im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbs- beziehungsweise Dienstunfähigkeit ihre Erwerbsfähigkeit infolge des Unfalls um mindestens 50 Prozent gemindert ist. Bei der Entscheidung, ob ein Fall der besonderen Lebensgefahr vorliegt, sind die Maßstäbe des § 40 Absatz 1 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 1045), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 25. Juni 2019 (SächsGVBl. S. 496) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, anzuwenden.
- 2.
- Zusatzleistungen im Todesfall
Bei einem Unfall mit Todesfolge wird den Angehörigen der leistungsberechtigten Person als Zusatzleistung einmalig ein Betrag von 27 000 Euro gewährt. Hat sich die leistungsberechtigte Person im konkreten Einsatz einer besonderen Lebensgefahr ausgesetzt und erleidet infolge dieser Gefährdung einen Unfall mit Todesfolge, beträgt die zusätzliche Leistung 60 000 Euro. Bei der Entscheidung, ob ein Fall der besonderen Lebensgefahr vorliegt, sind die Maßstäbe des § 40 Absatz 1 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes anzuwenden. Bei einem späteren Tod aufgrund der Unfallfolgen wird auf diese Leistung die aufgrund desselben Arbeitsunfalles nach Nummer 1 erbrachte Leistung angerechnet.
III.
Unterstützungsleistungen
Bestehen keine Entschädigungsansprüche nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch, gewährt die Unfallkasse Sachsen gemäß § 1 Absatz 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Übertragung von Zuständigkeiten bei der Gewährung von Zusatz- und Unterstützungsleistungen nach § 8 Absatz 1 Nummer 6 des Sächsischen Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetzes unter den folgenden Maßgaben folgende Unterstützungsleistungen:
- 1.
- Unterstützungsleistungen werden gewährt zur Entschädigung von Gesundheitsschäden, die im Rahmen eines Unfalls entstanden sind oder sich verschlimmert haben.
- 2.
- Als Gesundheitsschäden im Sinne von Nummer 1 gelten Erkrankungen und Körperschäden mit und ohne Arbeitsunfähigkeit im Sinne der Krankenversicherung. Die Gesundheitsschäden sind durch eine äußere Einwirkung ausgelöst, ohne den Kausalitätsanforderungen bei Versicherungsfällen im Sinne des Siebten Buches Sozialgesetzbuch zu entsprechen. Dies gilt auch bei Todesfällen.
- 3.
- Als Unterstützungsleistungen werden pauschalierte Entschädigungen gemäß der Anlage gezahlt. Die Zahlung erfolgt ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs als freiwillige Leistung.
- 4.
- Die Unterstützungsleistungen werden auf Antrag erbracht, sobald die Entschädigungsansprüche nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch abgelehnt worden sind. Der Antrag ist spätestens zwölf Monate nach der bestandskräftigen Ablehnung einer Entschädigung nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch zu stellen Die antragstellende Person ist verpflichtet, die für die Leistungsgewährung notwendigen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Nachweise zu erbringen (Mitwirkungspflichten).
- 5.
- In besonderen Härtefällen, die existenzgefährdend sind oder erhebliche wirtschaftliche Nachteile für den Betroffenen darstellen, kann ohne Anerkennung eines Rechtsanspruchs als freiwillige Leistung, auch zusätzlich zu den Pauschalen nach der Anlage, ein einmaliger Härtefallzuschuss von bis zu 10 000 Euro gewährt werden.
- 6.
- Wird nach Zahlung einer Unterstützungsleistung ein Rechtsanspruch nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch bestandskräftig anerkannt, ist die Unterstützungsleistung zu erstatten.
IV.
Gemeinsame Bestimmungen
- 1.
- Die Regelleistungen nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch und die Mehrleistungen nach den Mehrleistungsbestimmungen der Unfallkasse Sachsen sind auf die weiteren Leistungen nach dieser Verwaltungsvorschrift nicht anzurechnen. Die zusätzlichen Leistungen sind gesondert festzustellen. Unterstützungsleistungen nach Ziffer III werden neben Zusatzleistungen nach Ziffer II nicht gewährt.
- 2.
- Zusatzleistungen nach Ziffer II und Unterstützungsleistungen nach Ziffer III sind auf einkommensabhängige Geldleistungen nicht anzurechnen. Auf diese weiteren Leistungen werden Leistungen aus einer vom Unfallverletzten selbst oder von Dritten zu seinen Gunsten beziehungsweise zugunsten seiner Hinterbliebenen abgeschlossenen privaten Versicherung nicht angerechnet.
- 3.
- Die Leistung wird auf Antrag gewährt. Für leistungsberechtigte Personen, die bei der Unfallkasse Sachsen nach § 2 Absatz 1 Nummer 11 Buchstabe a, Nummer 12 oder Nummer 13 Buchstabe a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch gesetzlich versichert sind, ersetzt die Unfallanzeige/Unfallmeldung den Antrag. Leistungsberechtigte Personen, die nicht bei der Unfallkasse Sachsen gesetzlich versichert sind, stellen ihren Antrag unter Vorlage des Leistungsbescheids ihrer gesetzlichen Unfallversicherung innerhalb von drei Monaten nach Zugang des Leistungsbescheids.
- 4.
- Zusatz- und Unterstützungsleistungen im Todesfall sind durch die Angehörigen der leistungsberechtigten Person zu beantragen. Als Angehörige antragsbefugt sind nacheinander
- a)
- die Ehegattin oder der Ehegatte oder die eingetragene Lebenspartnerin oder der eingetragene Lebenspartner,
- b)
- die Kinder zur gesamten Hand und
- c)
- die Eltern
- der verstorbenen leistungsberechtigten Person (§ 56 Absatz 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – [Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015], das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15. Februar 2021 [BGBl. I S. 239] geändert worden ist). Eine Vererbung im Sinne des § 58 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch findet nicht statt.
- 5.
- Bei einem Unfall mit Todesfolge ist der in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebende Partner oder die in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft lebende Partnerin der getöteten leistungsberechtigten Person einem Ehegatten beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner gleichgestellt. Für eine eheähnliche Gemeinschaft muss eine gegenseitige „Verantwortungs- und Einstehungsgemeinschaft“ von gewisser Dauer im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 17. November 1992, Az.: 1 BvL 8/87, 2. amtlicher Leitsatz, nachgewiesen werden. Dazu ist eine zum Unfallzeitpunkt bestehende häusliche Gemeinschaft zwingend, für sich alleine aber nicht ausreichend. Zusätzlich zum Nachweis einer zum Unfallzeitpunkt bestehenden gemeinsamen Meldeadresse ist ein ergänzender Nachweis durch
- –
- einen gemeinsam unterzeichneten Miet- oder Kaufvertrag der bewohnten Immobilie,
- –
- gemeinsam abgeschlossene Versicherungsverträge,
- –
- ein gemeinsames Bankkonto,
- –
- einen Nachweis über die gemeinsame Versorgung von Kindern oder
- –
- einen gemeinsam abgeschlossenen Kreditvertrag
- erforderlich.
- 6.
- Die Angehörigen der Feuerwehr und des Katastrophenschutzes sind über ihren Versicherungsschutz zu belehren. Sie sind darauf hinzuweisen, dass bei Unfällen sofort der Arzt und gegebenenfalls das Krankenhaus auf den gesetzlichen Versicherungsschutz nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch aufmerksam zu machen sind.
V.
Übergangsvorschrift
Diese Verwaltungsvorschrift gilt für Unfälle, die nach dem 31. Dezember 2019 eingetreten sind. Auf Unfälle, die vor dem 1. Januar 2020 eingetreten sind, findet die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über zusätzliche Leistungen bei der Unfallversicherung im Bereich der Feuerwehr vom 21. Juni 2000 (SächsABl. S. 514), die durch die Verwaltungsvorschrift vom 11. November 2005 (SächsABl. S. 1168) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 27. November 2019 (SächsABl. SDr. S. S 339), weiter Anwendung.
VI.
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
- 1.
- Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
- 2.
- Gleichzeitig tritt die Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern über zusätzliche Leistungen bei der Unfallversicherung im Bereich der Feuerwehr vom 21. Juni 2000 (SächsABl. S. 514), die durch die Verwaltungsvorschrift vom 11. November 2005 (SächsABl. S. 1168) geändert worden ist, zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 27. November 2019 (SächsABl. SDr. S. S 339), außer Kraft.
Dresden, den 11. Mai 2021
Der Staatsminister des Innern
Prof. Dr. Roland Wöller
Anlage
(zu Ziffer III Nummer 3)
Als Unterstützungsleistungen werden pauschal geleistet:
Fallgruppen | Kriterien | Entschädigung |
---|---|---|
Fallgruppen | Kriterien | Entschädigung |
Fallgruppe I | Leichtere Körper- und Gesundheitsschäden ohne (bleibende) Funktionsbeeinträchtigung | |
I.1 | Ohne Arbeitsunfähigkeit oder mit Arbeitsunfähigkeit von weniger als drei zusammenhängenden Tagen | entfällt |
I.2 | Mit ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit von drei oder mehr zusammenhängenden Tagen | 16,00 Euro pro Tag maximal insgesamt 1 100,00 Euro |
Fallgruppe II | Erkrankungen, welche nach den Erfahrungswerten der Unfallkasse Sachsen über die 26. Woche nach dem Ereignis hinaus auf Dauer zu einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in nachfolgender Abstufung führen: | |
II.1 | 20 bis 30 Prozent | 2 200,00 Euro |
II.2 | 35 bis 45 Prozent | 3 800,00 Euro |
II.3 | 50 bis 75 Prozent | 6 600,00 Euro |
II.4 | 80 bis 100 Prozent | 11 000,00 Euro |
Fallgruppe III | Todesfälle | 22 000,00 Euro |