Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus
über die Hauptschulabschlußprüfung für Schüler staatlich genehmigter Waldorfschulen im Freistaat Sachsen
Vom 12. September 1997
Aufgrund von § 19 Satz 1 Nr. 3 des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft (SächsFrTrSchulG) vom 4. Februar 1992 (SächsGVBl. S. 37), geändert durch Gesetz vom 15. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1434), wird verordnet:
§ 1
Allgemeines
(1) Diese Verordnung regelt den Erwerb des Hauptschulabschlusses durch Schüler Freier Waldorfschulen und sichert dessen Gleichwertigkeit mit dem im Wege der Schulfremdenprüfung an staatlichen Mittelschulen erlangten Abschluß.
(2) Soweit diese Vorschrift keine Bestimmungen über die Prüfung enthält, ist die Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus über die Abschlußprüfungen an Mittelschulen des Freistaates Sachsen vom 16. April 1993 (SächsGVBl. S. 295), geändert durch Verordnung vom 2. Dezember 1994 (SächsGVBl. S. 1654), entsprechend anzuwenden.
§ 2
Zulassung zur Prüfung
(1) Zur Prüfung wird auf Antrag zugelassen, wer Schüler der Klassenstufe 9, 10 oder der Jahrgangsstufe 11 einer staatlich genehmigten Waldorfschule im Freistaat Sachsen ist und nicht bereits zweimal die Hauptschulabschlußprüfung nicht bestanden und nicht bereits anderweitig den Hauptschulabschluß erworben hat.
(2) Für Schüler, die an der Prüfung teilnehmen wollen, beantragt die besuchte Waldorfschule auf Antrag des Schülers bei dem Staatlichen Schulamt, in dessen Dienstbezirk sie liegt, bis spätestens zu dem im Amtsblatt des Staatsministeriums für Kultus jährlich bekanntgegebenen Termin die Zulassung zur Hauptschulabschlußprüfung unter Beifügung folgender Unterlagen:
- 1.
- eines tabellarischen Lebenslaufs mit Angaben über den bisherigen Bildungsweg,
- 2.
- einer beglaubigten Kopie der Geburtsurkunde,
- 3.
- einer Erklärung darüber, ob und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis der Antragsteller schon einmal an einer Prüfung zum Erwerb des Hauptschulabschlusses teilgenommen hat,
- 4.
- einer Erklärung über die Wahl der Prüfungsfächer der schriftlichen und mündlichen Prüfung und gegebenenfalls der Wahl gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3,
- 5.
- einer Bescheinigung der zuletzt besuchten Waldorfschule über die in den letzten zwölf Monaten vor Antragstellung erbrachten Leistungen und
- 6.
- einer Erklärung des Schulleiters, daß die Zulassung zur Prüfung befürwortet wird.
(3) Das Staatliche Schulamt entscheidet über die Zulassung zur Prüfung.
(4) Geben die Antragsunterlagen Anlaß zu der Besorgnis, daß das Bestehen der Prüfung erheblich gefährdet ist, weist das Staatliche Schulamt vor der Entscheidung über die Zulassung den Antragsteller und die besuchte Waldorfschule auf seine Bedenken hin.
§ 3
Ort und Termin der Prüfung
Die Prüfung wird an den Waldorfschulen abgehalten. Sie findet in demselben Zeitraum statt wie die Prüfung zum Erwerb des Hauptschulabschlusses für Schulfremde der staatlichen Mittelschulen.
§ 4
Gliederung der Prüfung, Prüfungsfächer
(1) Die Prüfung gliedert sich in einen schriftlichen und einen mündlichen Teil.
(2) Der schriftliche Teil erstreckt sich auf die Fächer Deutsch und Mathematik.
(3) Der mündliche Teil erstreckt sich auf drei der Fächer Fremdsprache, Gemeinschaftskunde/Rechtserziehung, Geographie, Geschichte, Biologie, Physik oder Wahlpflichtfach der Mittelschule. Bei der Festlegung der Fächer hat der Prüfungsausschuß in der Regel die Wünsche der Prüfungsteilnehmer zu berücksichtigen. Nach Wahl des Schülers können in einem Fach der mündlichen Prüfung waldorfspezifische Unterrichtsinhalte berücksichtigt werden.
§ 5
Prüfungsausschuß
(1) Zur Durchführung der Prüfung wird ein Prüfungsausschuß gebildet, dessen Mitglieder vom Oberschulamt berufen werden. Der Prüfungsausschuß besteht neben einem Vorsitzenden und einem stellvertretenden Vorsitzenden aus drei weiteren Lehrkräften. Die Mitglieder des Prüfungsausschusses dürfen keine Lehrkräfte der Waldorfschulen sein.
(2) Der Prüfungsausschuß hat die Aufgabe, den ordnungsgemäßen Ablauf der Prüfung zu sichern, das Gesamtergebnis festzustellen und sonstige ihm nach dieser Verordnung übertragenen Aufgaben zu erfüllen.
(3) Zwei vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses beauftragte Mitglieder haben unabhängig voneinander die schriftlichen Prüfungsarbeiten zu bewerten.
(4) Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sorgt zusammen mit den Vorsitzenden der Fachausschüsse für die ordnungsgemäße Durchführung der schriftlichen und mündlichen Prüfungen, insbesondere für eine einheitliche und vergleichbare Bewertung der Prüfungsleistungen.
(5) Über die Verhandlungen des Prüfungsausschusses wird ein Protokoll geführt, das vom Vorsitzenden und dem protokollführenden Mitglied des Prüfungsausschusses unterschrieben wird.
§ 6
Fachausschüsse
(1) Für jedes Prüfungsfach werden ein oder bei Bedarf mehrere Fachausschüsse gebildet. Die Mitglieder der Fachausschüsse werden vom Prüfungsausschuß berufen. Einem Fachausschuß gehören neben dem Vorsitzenden, der zugleich Mitglied des Prüfungsausschusses ist, zwei weitere Lehrkräfte an. Ein Mitglied des Fachausschusses sollte Lehrkraft an der Waldorfschule sein.
(2) Über die Aufgabenstellung für die mündliche Prüfung entscheidet der Fachausschuß auf der Grundlage der vom Vorsitzenden des Fachausschusses unterbreiteten Aufgabenvorschläge. Sie bedarf der Bestätigung durch den Prüfungsausschuß. Entscheidungen werden mit Stimmenmehrheit getroffen; Stimmenthaltung ist nicht zulässig.
§ 7
Bestehen der Prüfung
(1) Die Prüfung ist bestanden, wenn
- 1.
- alle Prüfungsnoten mindestens „ausreichend“ sind oder
- 2.
- die Prüfungsnote „mangelhaft“ in einem Fach durch die Prüfungsnote „befriedigend“ in einem anderen Fach ausgeglichen wird oder
- 3.
- die Prüfungsleistung „mangelhaft“ in höchstens zwei der mündlichen Prüfungsfächer durch die Prüfungsnoten „gut“ und „befriedigend“ in zwei anderen Fächern ausgeglichen wird.
Die Abschlußprüfung ist jedoch nicht bestanden, wenn die Prüfungsnote im Fach Deutsch schlechter als „ausreichend“ ist.
(2) Über das Bestehen der Prüfung entscheidet der Prüfungsausschuß in einer Schlußsitzung. Den Prüfungsteilnehmern ist das Ergebnis der Prüfung durch den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses mitzuteilen. Besteht ein Schüler die Prüfung nicht, wird ihm dies durch schriftlichen Bescheid des Prüfungsausschusses unter Hinweis auf eine eventuelle Wiederholbarkeit der Prüfung bekanntgegeben.
§ 8
Wiederholung der Prüfung
Die Prüfung kann einmal und frühestens im zeitlichen Rahmen der Prüfung zum Erwerb des Hauptschulabschlusses für Schulfremde an staatlichen Mittelschulen im darauffolgenden Jahr an der Waldorfschule wiederholt werden. Nachprüfungen finden nicht statt.
§ 9
Abschlußzeugnis
Prüfungsteilnehmer, die die Prüfung zum Erwerb des Hauptschulabschlusses bestanden haben, erhalten ein Zeugnis über den Erwerb des Hauptschulabschlusses für Schulfremde.
§ 10
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft.
Dresden, den 12. September 1997
Der Staatsminister für Kultus
Dr. Matthias Rößler