Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen
über die Durchführung von Heilverfahren nach § 36 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes
(Sächsische Heilverfahrensverordnung – SächsHeilVfVO)
erlassen als Artikel 6 der Sächsischen Dienstrechtsneuordnungsverordnung
Vom 16. September 2014
Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2024
§ 1
Grundsatz der Kostenerstattung
(1) Der Anspruch auf Durchführung eines Heilverfahrens wird dadurch erfüllt, dass den Verletzten die notwendigen und angemessenen Kosten des Heilverfahrens erstattet werden, soweit nicht der Dienstherr das Heilverfahren selbst durchführt oder durchführen lässt.
(2) Beamtenrechtliche Vorschriften über die Gewährung von Heilfürsorge bleiben unberührt, soweit diese Verordnung nicht umfassendere Leistungen vorsieht.
§ 2
Erstattungsverfahren
(1) 1Die Kostenerstattung ist bei der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch zu beantragen. Soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist oder die zuständige Stelle nicht auf die Vorlage von Belegen verzichtet, werden nur solche Kosten erstattet, die durch Belege nachgewiesen worden sind. Für den Nachweis sind Zweitschriften oder Kopien der Belege ausreichend.
(2) Mit Zustimmung der Anspruchsberechtigten können Kostenerstattungsbescheide in elektronischer Form übermittelt werden.
(3) 1Auf Antrag können vorläufige Zahlungen gewährt werden. 2Vorläufige Zahlungen stehen unter dem Vorbehalt, dass die Voraussetzungen der Kostenerstattung nachträglich festgestellt werden.
(4) 1§ 62 Absatz 5 Satz 1 der Sächsischen Beihilfeverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. August 2016 (SächsGVBl. S. 383), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 17. Mai 2023 (SächsGVBl. S. 251) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, ist entsprechend anzuwenden. 2Ansprüche der Verletzten auf Unfallfürsorgeleistungen des Dienstherrn sind durch die und in Höhe der unmittelbaren Zahlungen an den Leistungserbringer oder Rechnungssteller erfüllt. 3Liegen die Voraussetzungen für die Kostenerstattung nicht vor, sind die Verletzten zur Rückerstattung auch der an den Leistungserbringer oder Rechnungssteller verauslagten Kosten verpflichtet.1
§ 3
Untersuchung
Verletzte sind verpflichtet, sich nach Weisung der zuständigen Behörde ärztlich untersuchen und, wenn eine der in § 9 Absatz 1 bezeichneten Personen dies für erforderlich hält, auch beobachten zu lassen.2
§ 4
Notwendigkeit und Angemessenheit
(1) 1Die angemessenen Kosten medizinisch notwendiger Maßnahmen werden in vollem Umfang erstattet. 2Die §§ 4 und § 7 sowie die Abschnitte 2 und 3 der Sächsischen Beihilfeverordnung mit den zugehörigen Anlagen gelten entsprechend, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist.
(2) 1Die Kosten werden unabhängig von der Erfüllung beihilferechtlicher Wartezeiten, dem Alter der Verletzten oder den in den §§ 11 und 24 der Sächsischen Beihilfeverordnung genannten Indikationen erstattet. 2Die Erstattung von Sehhilfen umfasst auch die Kosten von Brillenfassungen. 3Abweichend von § 14 Absatz 1 der Sächsischen Beihilfeverordnung ist eine Erstattung der dort genannten Aufwendungen zu 100 Prozent möglich.
(3) 1Die Kosten für Heil- und Hilfsmittel werden über die in der Sächsischen Beihilfeverordnung genannten Beträge hinaus erstattet, soweit keine günstigere Beschaffung möglich ist. 2Erstattet werden auch die Kosten für Hilfsmittel und Ersatzleistungen nach Maßgabe von § 46 des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch. 3Als Kosten für Hilfsmittel gelten auch die Kosten für Unterhalt, Wartung, Instandsetzung und Ersatz, wenn die Unbrauchbarkeit oder der Verlust nicht auf Missbrauch, Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit der Verletzten beruht. 4Bei Erstattung der Kosten für den Ersatz eines unbrauchbar gewordenen Hilfsmittels kann sein Verkaufswert angerechnet werden.
(4) Bei medizinischen Rehabilitationsmaßnahmen werden die Kosten für Unterkunft und Verpflegung bis zur Höhe des Tage- und Übernachtungsgeldes nach den §§ 6 und 7 des Sächsischen Reisekostengesetzes vom 12. Dezember 2008 (SächsGVBl. S. 866, 876), das zuletzt durch das Gesetz vom 17. Mai 2023 (SächsGVBl. S. 246) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, erstattet.
(5) 1Die Kosten für eine Familien- und Haushaltshilfe werden unter den Voraussetzungen des § 35 Absatz 1 und 2 der Sächsischen Beihilfeverordnung erstattet. Bei ambulanter Heilbehandlung werden die Kosten einer Familien- und Haushaltshilfe erstattet, wenn der Haushalt wegen der Schwere des Gesundheitsschadens nicht von den Verletzten oder von einer anderen im Haushalt lebenden Person weitergeführt werden kann.
(6) Erstattet werden auch die Kosten für
- 1.
- blindentechnische und vergleichbare spezielle Grundausbildungen, insbesondere Kosten für Lehrgang, Fahrt, Verpflegung und Übernachtung, nach vorheriger Genehmigung der Maßnahme durch die zuständige Behörde und
- 2.
- die Unterkunft in einem Einbettzimmer bei einer voll- oder teilstationären Krankenhausbehandlung, wenn dies auf Grund besonderer dienstlicher Gründe erforderlich ist.
(7) Ist ein Ereignis dazu geeignet, einen Körperschaden zu verursachen, werden die Kosten für eine Untersuchung, Beobachtung und Feststellung im unmittelbaren Anschluss an das Ereignis auch dann erstattet, wenn diese Maßnahmen nur der Feststellung dienten, ob Unfallfolgen eingetreten sind.3
§ 5
Fahrtkosten, Übernachtungs- und Tagegeld
(1) 1Fahrtkosten werden außer in den in § 32 Absatz 1 Satz 1 der Sächsischen Beihilfeverordnung genannten Fällen auch erstattet für
- 1.
- Fahrten zu ambulanten Behandlungen und Untersuchungen,
- 2.
- Fahrten zur Abholung von ärztlich verordneten Medikamenten sowie zur Abholung und Anpassung von ärztlich verordneten Hilfsmitteln,
- 3.
- Begleitpersonen, wenn die Begleitung der Verletzten nach ärztlicher Bescheinigung erforderlich war,
- 4.
- Besuchsfahrten von Ehegattinnen und Ehegatten, Lebenspartnerinnen und Lebenspartnern sowie Kindern und Eltern der Verletzten bei einer Krankenhausbehandlung, wenn eine der in § 9 Absatz 1 bezeichneten Personen die Besuchsfahrt zur Sicherung des Heilerfolgs für dringend erforderlich hält, und
- 5.
- Fahrten zu Begutachtungen, welche die zuständige Behörde veranlasst hat.
2Die Höhe der Fahrtkostenerstattung richtet sich nach § 5 Absatz 2 Satz 1 des Sächsischen Reisekostengesetzes.
(2) Zusätzlich zu Fahrtkosten für Fahrten nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 kann eine Erstattung von Übernachtungs- und Tagegeld in Anwendung des Sächsischen Reisekostengesetzes erfolgen, wenn die Notwendigkeit der Übernachtung durch die zuständige Behörde festgestellt wird.4
§ 6
Verdienstausfall
1Den in § 41 Absatz 1 und 7 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes vom 6. Juli 2023 (SächsGVBl. S. 467, 510), in der jeweils geltenden Fassung, genannten Personen kann für die Dauer einer Heilbehandlung ein durch diese entstandener Verdienstausfall erstattet werden. 2Der Erstattungsbetrag und ein Unterhaltsbeitrag nach § 41 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes dürfen zusammen den Unterhaltsbeitrag nach § 41 Absatz 2 Nummer 1 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes nicht übersteigen. 3Ehrenbeamtinnen und Ehrenbeamten kann ein Verdienstausfall nach billigem Ermessen erstattet werden.5
§ 7
Pflegekosten
(1) Die Kosten für notwendige Leistungen im Zusammenhang mit dauernder Pflegebedürftigkeit werden erstattet, solange Verletzte infolge des Dienstunfalls die Voraussetzungen für die Zuordnung zu einem Pflegegrad nach § 15 des Elften Buches Sozialgesetzbuch erfüllen. Die Pflegebedürftigkeit ist auf Grund eines Gutachtens nach § 18 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch festzustellen.
(2) Die notwendigen Kosten werden im Rahmen der nach Abschnitt 6 der Sächsischen Beihilfeverordnung genannten beihilfefähigen Beträge für die dort genannten Leistungen nach Maßgabe der Absätze 3 bis 7 erstattet. Die erstattungsfähigen Beträge können monatlich im Voraus gezahlt werden. Leistungen der privaten oder sozialen Pflegeversicherung werden angerechnet. Wird nachgewiesen, dass höhere Kosten notwendig sind, um die erforderliche Pflege sicherzustellen, kann auch der über den Betrag nach Satz 1 hinausgehende Betrag erstattet werden.
(3) Die Kosten der Anschubfinanzierung zur Gründung von ambulant betreuten Wohngruppen im nach § 49a Absatz 2 der Sächsischen Beihilfeverordnung sowie für nicht zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel nach § 54 Absatz 1 der Sächsischen Beihilfeverordnung werden auch dann erstattet, wenn die private oder soziale Pflegeversicherung auf Grund von § 13 Absatz 1 Nummer 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch keine anteiligen Zuschüsse erbringt.
(4) Die Aufwendungen für eine bedarfsgerechte Anpassung wie Ausstattung, Umbau oder Ausbau der bisher genutzten Wohnung sowie die Aufwendungen für den Umzug in eine bedarfsgerechte Wohnung werden nach Maßgabe der Richtlinie im Sinne von § 41 Absatz 4 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch erstattet, wenn die Maßnahme infolge des Dienstunfalls nicht nur vorübergehend erforderlich ist und wenn die Dienstunfallfürsorgestelle die Erstattung vorher zugesagt hat. Bei Aufwendungen ab 5 000 Euro hat die verletzte Person zwei Vergleichsangebote beizubringen.
(5) Soweit für Leistungen nach § 49b Absatz 2 der Sächsischen Beihilfeverordnung eine Leistungspflicht nur deshalb nicht besteht, weil diese an Leistungen der privaten oder sozialen Pflegeversicherung gebunden ist, die aber nach § 13 Absatz 1 Nummer 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch ausgeschlossen sind, können diese Leistungen an die Verletzten gewährt werden. Die Verletzten sollen darauf hingewiesen werden, dass die Leistungen dem nach § 49b Absatz 2 der Sächsischen Beihilfeverordnung begünstigten Personenkreis zur Verfügung gestellt werden sollen, damit dieser freiwillige Beiträge an die Sozialversicherungsträger leisten kann.
(6) § 50 Absatz 2 der Sächsischen Beihilfeverordnung gilt mit der Maßgabe, dass Kosten für teilstationäre Pflege nach § 50 Absatz 1 der Sächsischen Beihilfeverordnung neben dem pauschalen Zuschlag nach § 49a Absatz 1 der Sächsischen Beihilfeverordnung nur erstattet werden, wenn die Pflege in der ambulant betreuten Wohngruppe ohne teilstationäre Pflege nicht in ausreichendem Umfang sichergestellt ist.
(7) Der Entlastungsbetrag nach § 53 Absatz 2 der Sächsischen Beihilfeverordnung kann monatlich im Voraus gezahlt werden. In diesem Falle verzichtet die zuständige Behörde abweichend von § 2 Absatz 1 Satz 2 auf die Vorlage von Belegen. § 2 Absatz 3 Satz 2 findet keine Anwendung.
(8) § 55 Absatz 5 der Sächsischen Beihilfeverordnung gilt mit der Maßgabe, dass der Eigenanteil begrenzt wird auf den Wert für Verpflegung nach § 2 Absatz 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3385), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 15. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2933) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, bei Alleinstehenden zuzüglich des Wertes für Unterkunft nach § 2 Absatz 3 der Sozialversicherungsentgeltverordnung.6
§ 8
Kleider- und Wäscheverschleiß
(1) Die durch die Folgen des Dienstunfalls verursachten außergewöhnlichen Kosten für Kleider- und Wäscheverschleiß (§ 36 Absatz 4 Satz 1 des Sächsischen Beamtenversorgungsgesetzes) sind unter entsprechender Anwendung von § 46 des Vierzehnten Buches Sozialgesetzbuch zu ersetzen.
(2) 1Der Pauschbetrag wird monatlich im Voraus gezahlt. 2Die in Sonderfällen den Höchstsatz des Pauschbetrages übersteigenden Aufwendungen werden jeweils für das abgelaufene Kalenderjahr erstattet.7
§ 9
Ärztliche Gutachten
(1) 1Soweit in oder auf Grund dieser Verordnung ein ärztliches Gutachten vorgesehen ist, kann auch das Gutachten von Amtsärztinnen und Amtsärzten, beamteten Ärztinnen und Ärzten, von der zuständigen Behörde allgemein oder von im Einzelfall bezeichneten Ärztinnen und Ärzten gefordert werden. Wird Heilfürsorge gewährt, treten an die Stelle der in dieser Verordnung bezeichneten Ärztinnen und Ärzte die jeweils für die Durchführung des Heilverfahrens bestimmten Ärztinnen und Ärzte.
(2) 1Personenbezogene Daten dürfen nur mit Einwilligung der Betroffenen an einen Gutachter oder eine Gutachterin übermittelt werden. Ist eine Mitwirkung der Betroffenen an der Begutachtung nicht erforderlich, sind die personenbezogenen Daten vor der Übermittlung so zu verändern, dass der Gutachter oder die Gutachterin einen Personenbezug nicht herstellen kann.8
§ 10
Durchführungsbestimmungen
Das Staatsministerium der Finanzen erlässt die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Verwaltungsvorschriften.
§ 11
Übergangsvorschrift
Pflegekosten, die nach der bis zum 30. Juni 2023 geltenden Fassung dieser Verordnung gezahlt wurden, sind neu festzusetzen, sofern sich nach § 7 ein höherer Betrag ergibt. Übersteigt der bisher gezahlte Betrag die Pflegekosten gemäß § 7, wird er als Pauschale weitergezahlt. Ändern sich die der Einstufung zugrundeliegenden Verhältnisse erheblich, sind die Pflegekosten gemäß § 7 neu festzusetzen.9