Verordnung
des Sächsischen Staatsministeriums der Justiz
und für Demokratie, Europa und Gleichstellung
über die Ausbildung und Prüfung der Amtsanwälte
(Sächsische Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Amtsanwälte – SächsAPOAA)1
Vom 3. August 2016
Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. September 2020
Auf Grund des § 30 Satz 1 und 2 des Sächsischen Beamtengesetzes vom 18. Dezember 2013 (SächsGVBl. S. 970, 971) verordnet das Staatsministerium der Justiz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern:
Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen
§ 1
Erwerb der Befähigung
Die Befähigung für den Amtsanwaltsdienst besitzt, wer die Ausbildung für den Amtsanwaltsdienst abgeleistet und die Prüfung bestanden hat.
§ 2
Zulassungsvoraussetzungen
(1) Zur Ausbildung kann zugelassen werden, wer
- 1.
- die Rechtspflegerprüfung bestanden hat,
- 2.
- sich nach der Rechtspflegerprüfung mindestens drei Jahre in einem Amt der ersten Einstiegsebene der Laufbahngruppe 2 in der Fachrichtung Justiz bewährt hat,
- 3.
- sich in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zum Freistaat Sachsen befindet und
- 4.
- nach seiner Persönlichkeit, seinen Fähigkeiten und seinen bisherigen fachlichen Leistungen für den Amtsanwaltsdienst geeignet erscheint.
(2) Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden bestimmt im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung für die Zulassung zur Amtsanwaltsausbildung ein den Erfordernissen des Amtsanwaltsdienstes entsprechendes Anforderungsprofil, das die Eignungskriterien nach Absatz 1 Nummer 4 näher beschreibt.2
§ 3
Bewerbung und Zulassung
(1) Die Bewerbung um Zulassung zur Ausbildung ist auf dem Dienstweg an die Generalstaatsanwaltschaft Dresden zu richten.
(2) 1Der Dienstvorgesetzte des Bewerbers erstellt eine dienstliche Beurteilung unter Zugrundelegung des Anforderungsprofils nach § 2 Absatz 2. 2Die Beurteilung umfasst auch eine Stellungnahme zur voraussichtlichen Eignung für den Amtsanwaltsdienst.
(3) 1Über die Zulassung zur Ausbildung entscheidet die Generalstaatsanwaltschaft Dresden mit Zustimmung des Staatsministeriums der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. 2Sie kann den Bewerber zu einer persönlichen Vorstellung einladen.3
§ 4
Rechtsstellung
(1) 1Die zur Ausbildung zugelassenen Beamten werden für die Dauer der Ausbildung an die Generalstaatsanwaltschaft Dresden abgeordnet. 2Sie führen ihre bisherige Amtsbezeichnung fort.
(2) Mit dem erfolgreichen Abschluss der Ausbildung erwerben die Beamten keinen Anspruch auf Ernennung zum Amtsanwalt.
Abschnitt 2
Ausbildung
§ 5
Dauer und Gliederung der Ausbildung
(1) 1Die Ausbildung beginnt am 2. Januar eines jeden Jahres und dauert mindestens 18 Monate. 2Sie umfasst
- 1.
- fachwissenschaftliche Studien von mindestens sechs Monaten,
- 2.
- eine fachpraktische Ausbildung von mindestens neun Monaten
und schließt mit der Amtsanwaltsprüfung ab.
(2) Die Ausbildung gliedert sich in folgende Ausbildungsabschnitte:
- 1.
- fachwissenschaftliches Studium I,
- 2.
- fachpraktische Ausbildung I,
- 3.
- fachwissenschaftliches Studium II,
- 4.
- Abschlusspraktikum.
(3) 1Urlaubs- und Krankheitszeiten können auf die Ausbildung angerechnet werden. 2Urlaubszeiten sollen nur insoweit angerechnet werden, als sie zusammen während der gesamten Ausbildung das Eineinviertelfache des dem Beamten zustehenden Jahreserholungsurlaubes nicht überschreiten. 3Durch die Anrechnung darf der Erfolg der Ausbildung nicht beeinträchtigt werden. 4Werden Urlaubs- und Krankheitszeiten nicht angerechnet, tritt der Beamte in den nächsten Ausbildungsjahrgang zurück. 5§ 12 bleibt unberührt.4
§ 6
Fachwissenschaftliches Studium
(1) 1Für das fachwissenschaftliche Studium gelten die Bestimmungen des Staatsvertrages über die Einrichtung eines gemeinsamen Studienganges für den Amtsanwaltsdienst und die Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamtes für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung vom 27. September 2007 und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Amtsanwälte vom 6. November 2006 (GV. NRW. S. 520), die zuletzt durch Artikel 36 der Verordnung vom 24. September 2014 (GV. NRW. S. 647) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. 2Es findet an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen statt.
(2) 1Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden weist den Beamten zur Teilnahme am fachwissenschaftlichen Studium der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen zu. 2Mit der Zuweisung wird der Beamte deren Student.
(3) Während des fachwissenschaftlichen Studiums ist die Gewährung von Erholungsurlaub grundsätzlich ausgeschlossen.
§ 7
Fachpraktische Ausbildung
(1) 1Die fachpraktische Ausbildung dient der praktischen Einführung in die Geschäfte des Amtsanwaltsdienstes. 2Die im fachwissenschaftlichen Studium I erworbenen Kenntnisse sollen in der Praxis angewandt werden.
(2) 1Die Beamten sind mit allen im Amtsanwaltsdienst vorkommenden Aufgaben zu befassen. 2Sie sollen insbesondere in der Verfolgung und Aufklärung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, in dem Entwurf von Anklagen, Strafbefehlen und Einstellungsverfügungen sowie in der Vertretung der Anklage vor Gericht geübt werden.
(3) Die Beamten sind verpflichtet, durch Selbststudium ihr fachliches Wissen zu vertiefen und zu vervollkommnen.
§ 8
Leitung und Ausgestaltung der fachpraktischen Ausbildung
(1) 1Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden leitet die fachpraktische Ausbildung. 2Sie bestimmt die Staatsanwaltschaft, bei der die Ausbildung stattfindet, und regelt die Zuweisung für die fachpraktische Ausbildung.
(2) 1Für die Organisation der fachpraktischen Ausbildung im Einzelnen ist der Leiter der Staatsanwaltschaft zuständig, bei der die Ausbildung stattfindet. 2Er bestimmt die Staatsanwälte und Amtsanwälte, die die Beamten ausbilden.
(3) 1Am Ende der fachpraktischen Ausbildung prüft der Leiter der Staatsanwaltschaft, bei der die Ausbildung stattfindet, oder eine von ihm beauftragte Person in einer Hauptverhandlung, ob der Beamte die für den Amtsanwaltsdienst erforderliche Redegabe, Gewandtheit und Sicherheit besitzt. 2Dies ist mit einer Note und einer Punktzahl nach § 11 Absatz 1 zu bewerten, hierüber ist ein Zeugnis zu erstellen und der Generalstaatsanwaltschaft Dresden zu übersenden.5
§ 9
Begleitende Lehrveranstaltungen
(1) 1Während der fachpraktischen Ausbildung haben die Beamten an begleitenden Lehrveranstaltungen teilzunehmen. 2Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden überträgt die Leitung der begleitenden Lehrveranstaltungen einem geeigneten Staats- oder Amtsanwalt (Ausbildungsleiter) und bestellt die Lehrkräfte. 3Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden kann anordnen, dass die Beamten an den begleitenden Lehrveranstaltungen eines anderen, an dem gemeinsamen Studiengang beteiligten Bundeslandes teilnehmen.
(2) 1Der Unterricht ist auf die Wiederholung und Vertiefung der im fachwissenschaftlichen Studium I erworbenen theoretischen Kenntnisse auszurichten. 2Ferner soll er das systematische Verständnis für die während der praktischen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse fördern und den Beamten auf das fachwissenschaftliche Studium II vorbereiten.
(3) Der Unterricht umfasst 190 Lehrveranstaltungsstunden und soll nach Maßgabe eines Lehrplans, der mit den an dem gemeinsamen Studiengang beteiligten Landesjustizverwaltungen abgestimmt ist, insbesondere Folgendes beinhalten:
- 1.
- Allgemeiner und Besonderer Teil des materiellen Strafrechts,
- 2.
- Straßenverkehrsrecht,
- 3.
- Strafprozessrecht,
- 4.
- Klausur-, Vortrags- und Verfügungstechnik,
- 5.
- Einübung von Sachvortrag und Schlussvortrag,
- 6.
- Anfertigung und Besprechung von sechs Aufsichtsarbeiten, von denen eine ihren Schwerpunkt im Straßenverkehrsrecht und eine im Strafprozessrecht haben soll, sowie
- 7.
- Wiederholung und Vertiefung.
(4) Die Aufsichtsarbeiten werden durch die zuständige Lehrkraft begutachtet, mit einer Note und einer Punktzahl nach § 11 Absatz 1 bewertet und mit dem Beamten besprochen.
(5) Zwei Wochen vor Beendigung der fachpraktischen Ausbildung berichtet der Leiter der Staatsanwaltschaft, bei der die Ausbildung stattfindet, nach Anhörung des Ausbildungsleiters der Generalstaatsanwaltschaft Dresden, ob der Beamte das Ziel der Ausbildung voraussichtlich erreichen wird.
§ 10
Zeugnisse
(1) 1Alle Ausbilder haben jeweils gegenüber dem Leiter der Staatsanwaltschaft, bei der die Ausbildung stattfindet, ein Zeugnis über Art und Dauer der Beschäftigung sowie über Persönlichkeit, Fähigkeiten, Kenntnisse, Leistungen, Stand der Ausbildung und Führung des Beamten zu erteilen. 2Das Zeugnis schließt mit einer Note und einer Punktzahl nach § 11 Absatz 1 ab. 3Unterschreitet die Dauer der jeweiligen Ausbildung einen Monat, ist anstelle des Zeugnisses eine Bescheinigung über Art und Dauer der Beschäftigung zu erteilen.
(2) 1Jeweils am Ende der Fachstudien I und II ist durch den Direktor der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen oder eine von ihm beauftragte Lehrkraft und am Ende der fachpraktischen Ausbildung durch den Leiter der Staatsanwaltschaft, bei der die Ausbildung stattfindet, über den Ausbildungsabschnitt ein den Erfordernissen des Absatzes 1 entsprechendes Zeugnis zu erteilen. 2Das am Ende der fachpraktischen Ausbildung zu erstellende Zeugnis schließt mit einer Gesamtnote und einer Gesamtpunktzahl nach § 11 Absatz 2 ab. 3Es umfasst die Bewertung der Leistungen in der Hauptverhandlung (§ 8 Absatz 3), die einzelnen Noten der Aufsichtsarbeiten (§ 9 Absatz 4) sowie die Einzelnoten der jeweiligen Ausbildungsabschnitte nach Absatz 1. 4Über das Abschlusspraktikum ist kein Zeugnis zu erstellen.
(3) 1Jedes Zeugnis ist dem Beamten zur Kenntnisnahme vorzulegen und auf Wunsch zu besprechen. 2Die Zeugnisse sind, gegebenenfalls mit einer Gegenäußerung, der Generalstaatsanwaltschaft Dresden zuzuleiten und zu den Personalakten zu nehmen.6
§ 11
Noten
(1) Die einzelnen Leistungen in der Ausbildung sind wie folgt zu bewerten:
Note | Punktzahl | Beschreibung |
---|---|---|
Note | Punktzahl | Beschreibung |
sehr gut | (16 bis 18 Punkte) | eine besonders hervorragende Leistung |
gut | (13 bis 15 Punkte) | eine erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung |
vollbefriedigend | (10 bis 12 Punkte) | eine über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung |
befriedigend | (7 bis 9 Punkte) | eine Leistung, die in jeder Hinsicht durchschnittlichen Anforderungen entspricht |
ausreichend | (4 bis 6 Punkte) | eine Leistung, die trotz ihrer Mängel durchschnittlichen Anforderungen noch entspricht |
mangelhaft | (1 bis 3 Punkte) | eine an erheblichen Mängeln leidende, im Ganzen nicht mehr brauchbare Leistung |
ungenügend | (0 Punkte) | eine völlig unbrauchbare Leistung |
(2) 1Sind eine Gesamtnote und eine Gesamtpunktzahl anzugeben, werden alle Einzelpunktzahlen addiert und durch ihre Anzahl geteilt. 2Die Durchschnittspunktzahl wird auf zwei Dezimalstellen berechnet, eine dritte Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. 3Der ermittelten Gesamtpunktzahl entsprechen folgende Gesamtnoten:
Gesamtpunktzahl | Gesamtnote |
---|---|
Gesamtpunktzahl | Gesamtnote |
(14,00 bis 18,00 Punkte) | sehr gut |
(11,50 bis 13,99 Punkte) | gut |
(9,00 bis 11,49 Punkte) | vollbefriedigend |
(6,50 bis 8,99 Punkte) | befriedigend |
(4,00 bis 6,49 Punkte) | ausreichend |
(1,50 bis 3,99 Punkte) | mangelhaft |
(0 bis 1,49 Punkte) | ungenügend |
§ 12
Ausscheiden aus der Ausbildung
1Werden die Leistungen des Beamten in einem Ausbildungsabschnitt nicht mindestens mit der Note ausreichend bewertet oder erfüllt der Beamte die Anforderungen in körperlicher, geistiger oder charakterlicher Hinsicht nicht, scheidet er aus der Ausbildung aus. 2Die Entscheidung trifft die Generalstaatsanwaltschaft Dresden.
Abschnitt 3
Prüfung
§ 13
Prüfung
(1) Die Prüfung soll zeigen, ob der Beamte nach seinen Fähigkeiten, Kenntnissen, Leistungen und seiner Persönlichkeit für den Amtsanwaltsdienst geeignet ist.
(2) 1Die Prüfung wird vor dem Landesjustizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen als gemeinsames Prüfungsamt für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung abgelegt. 2Für das Prüfungsverfahren gelten die Bestimmungen des Staatsvertrages über die Einrichtung eines gemeinsamen Studienganges für den Amtsanwaltsdienst und die Errichtung eines gemeinsamen Prüfungsamtes für die Abnahme der Amtsanwaltsprüfung und der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Amtsanwälte, soweit diese Verordnung keine abweichende Bestimmung enthält.
(3) Zuständig für die Vorstellung zur Amtsanwaltsprüfung nach §§ 16, 27 Absatz 2 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Amtsanwälte ist die Generalstaatsanwaltschaft Dresden.
(4) Fünf Arbeitstage vor dem Tag der mündlichen Prüfung sind die Beamten vom Dienst befreit.
§ 14
Wiederholung der Prüfung
Die Erklärung, von der Wiederholungsprüfung Gebrauch machen zu wollen, ist innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe, dass die Prüfung nicht bestanden wurde, gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft Dresden abzugeben.
§ 15
Verwendung nach der Prüfung
Der Beamte, der die Prüfung bestanden oder endgültig nicht bestanden hat, scheidet aus der Ausbildung aus.
Abschnitt 4
Inkrafttreten
§ 16
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Dresden, den 10. Juni 2016
Der Staatsminister der Justiz
Sebastian Gemkow