1. Navigation
  2. Inhalt
REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Fraktionsrechtsstellungsgesetz

Vollzitat: Fraktionsrechtsstellungsgesetz vom 24. August 1998 (SächsGVBl. S. 459; 1999 S. 130), das zuletzt durch Artikel 15 des Gesetzes vom 20. Dezember 2022 (SächsGVBl. S. 705) geändert worden ist

Gesetz
zur Rechtsstellung und Finanzierung der Fraktionen des Sächsischen Landtages
(Fraktionsrechtsstellungsgesetz)

Vom 24. August 1998

Rechtsbereinigt mit Stand vom 1. Januar 2023

Der Sächsische Landtag hat am 23. Juli 1998 das folgende Gesetz beschlossen:

§ 1
Bildung, Rechtsstellung und Aufgaben der Fraktionen

(1) 1Die Mitglieder des Sächsischen Landtages können sich unter den in der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages geregelten Voraussetzungen zu Fraktionen zusammenschließen. 2Das Nähere über die Bildung einer Fraktion sowie über ihre Rechte und Pflichten bestimmt die Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages. 3Die verfassungsrechtliche Stellung der Mitglieder des Sächsischen Landtages, insbesondere die Freiheit ihres Mandates, wird durch dieses Gesetz nicht eingeschränkt.

(2) 1Fraktionen sind als unabhängige und rechtlich selbständige Gliederungen des Sächsischen Landtages mit eigenen Rechten und Pflichten ausgestattete Vereinigungen des Parlamentsrechts mit originärem Rechtscharakter, die unter ihrem Namen klagen und verklagt werden können. 2Sie üben keine öffentliche Gewalt aus, sind nicht Teil der Verwaltung und unterliegen keiner Staatsaufsicht.

(3) 1Fraktionen haben sich eine Satzung zu geben, in der insbesondere ihre Vertretung zu regeln ist. 2Die Satzung ist bei dem Präsidenten des Sächsischen Landtages zu hinterlegen.

(4) 1Die Fraktionen dienen der politischen Willensbildung im Sächsischen Landtag nach den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie. 2Sie koordinieren die Kontrolle der Staatsregierung, unterstützen die politisch-parlamentarische Tätigkeit ihrer Mitglieder nach innen und außen einschließlich darauf bezogener spezifischer Schulungsmaßnahmen im Einzelfall und ermöglichen ein aufeinander abgestimmtes Verfolgen gemeinsamer politischer Ziele. 3Sie können insbesondere mit anderen Fraktionen zusammenarbeiten, regionale und überregionale sowie internationale Kontakte pflegen. 4Die Fraktionen dürfen die Öffentlichkeit über ihre Ziele und Tätigkeit informieren; sie dürfen sich dabei auch mit gesellschaftspolitischen Fragen befassen, die mit ihrer Tätigkeit in unmittelbarem Zusammenhang stehen.1

§ 2
Leistungen an Fraktionen

1Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erhalten die Fraktionen Zuschüsse nach § 3 sowie sonstige Zuschüsse für bestimmte Zwecke, soweit dies gesetzlich bestimmt ist oder es der Haushaltsplan des Freistaates Sachsen vorsieht. 2Den Fraktionen werden vom Landtag die zu ihrer Aufgabenerledigung notwendigen Räume sowie die dazu notwendigen Sach- und Dienstleistungen einschließlich der durch den Landtag zur Verfügung gestellten Informations- und Kommunikationseinrichtungen nach Maßgabe des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen unentgeltlich überlassen. 3Die Leistungen nach Satz 1 und 2 dürfen nicht für Zwecke der Parteien verwendet werden.

§ 3
Fraktionszuschüsse

(1) 1Die Fraktionen erhalten monatliche Zuschüsse zur Deckung ihres allgemeinen Bedarfs, deren Höhe im Haushaltsplan des Freistaates Sachsen rechtsverbindlich festgesetzt wird. 2Der Zuschuss besteht aus einem Grundbetrag für jede Fraktion, aus einem Betrag für jedes Mitglied und einem weiteren Zuschlag für jede Fraktion, die nicht die Staatsregierung trägt (Oppositionszuschlag).

(2) 1Eine Fraktion erhält den Zuschuss nach Absatz 1 für jeden Monat, in dem sie nach der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages die Rechtsstellung einer Fraktion hat, letztmals jedoch für den Monat, in dem die Wahlperiode endet. 2Ändern sich die für die Bemessung des Zuschusses maßgeblichen Umstände, so werden die Zuschüsse in der bisherigen Höhe bis zum Ende des Monats weitergezahlt, in dem die Änderung eintrat. 3Entsprechendes gilt, wenn die Rechtsstellung der Fraktion entfällt.

(3) 1Die Fraktionen sind berechtigt, aus den Zuschüssen nach Absatz 1 eine allgemeine Rücklage zu bilden. 2Die Zuschüsse dürfen übertragen werden. 3Über die Wahlperiode hinaus dürfen Zuschüsse nur in Höhe von 35 Prozent der Zuschüsse des letzten Jahres der vorangegangenen Wahlperiode übertragen werden. Soweit eine Fraktion Darlehen oder Kredite aufnimmt, sind diese spätestens zum Ende der laufenden Wahlperiode abzulösen; die Rückführung ist in den jährlichen Rechnungslegungen gesondert nachzuweisen.2

§ 4
Buchführung

1Erhalten die Fraktionen Zuschüsse nach § 2, so haben sie über die Einnahmen und Ausgaben nach Maßgabe des § 5 Abs. 3 gesondert Buch zu führen. 2Aus den Zuschüssen beschaffte Sachen im Wert von mehr als 400 EUR sind in einem besonderen Nachweis aufzuführen.3

§ 5
Rechnungslegung der Fraktionen

(1) 1Die Fraktionen haben über ihre Einnahmen und Ausgaben Rechnung zu legen. 2Die Rechnung muss jeweils ein Kalenderjahr umfassen.

(2) Die Rechnung ist von dem Fraktionsvorsitzenden und den nach der Fraktionssatzung zuständigen Personen zu unterzeichnen.

(3) Die Rechnung ist mindestens wie folgt nach Einnahmen und Ausgaben zu gliedern:

1.
Einnahmen:
 
a)
Zuschüsse nach § 2,
 
b)
sonstige Einnahmen;
2.
Ausgaben:
 
a)
Personalausgaben (Gesamtbetrag),
 
b)
Ausgaben für Veranstaltungen und für die Zusammenarbeit mit anderen Fraktionen und für die Kontaktpflege,
 
c)
Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit,
 
d)
Ausgaben des laufenden Geschäftsbetriebes,
 
e)
übrige Ausgaben.

(4) Die Rechnung muss außerdem das Vermögen und die Schulden zu Beginn und Ende des Kalenderjahres sowie die Höhe der Rücklagen ausweisen und den Nachweis nach § 3 Abs. 3 Satz 3 enthalten.

(5) Die Rechnung muss den Prüfungsvermerk eines Wirtschaftsprüfers oder einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft aufweisen, dass die Rechnung den Vorschriften der Absätze 3 und 4 entspricht.

(6) Solange Fraktionen mit der Rechnungslegung im Verzug sind, sind 50 Prozent der Zuschüsse nach § 3 zurückzubehalten. 4

§ 6
Veröffentlichung

Die nach § 5 Abs. 5 geprüften Rechnungen der Fraktionen sind dem Präsidenten des Sächsischen Landtages spätestens bis zum Ende des zehnten Monats nach Ablauf des Kalenderjahres oder des Monats, in dem die Zuschüsse gemäß § 2 letztmalig gezahlt werden, zur Veröffentlichung als Drucksache zuzuleiten.

§ 7
Rechnungsprüfung

(1) 1Der Präsident des Sächsischen Rechnungshofes und ein von ihm Beauftragter ist berechtigt, die bestimmungsgemäße und wirtschaftliche Verwendung der Zuschüsse nach § 2 und § 3 durch die Fraktionen zu prüfen. 2Die Erforderlichkeit der Wahrnehmung der Fraktionsaufgaben und die politische Zweckmäßigkeit einer Maßnahme einer Fraktion sind nicht Gegenstand der Prüfung. 3Die Einzelheiten der Rechnungsprüfung werden in Ausführungsbestimmungen geregelt, die das Präsidium des Sächsischen Landtages im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Sächsischen Rechnungshofes erlässt.

(2) Der Präsident des Sächsischen Rechnungshofes erörtert die vorläufigen Ergebnisse mit den einzelnen Fraktionen und übermittelt danach die wesentlichen Prüfungsergebnisse dem Präsidenten des Sächsischen Landtages zu seiner Unterrichtung.5

§ 8
Rückgewähr

Zweckwidrig ausgegebene Zuschüsse sind bis zum 30. September des auf das Haushaltsjahr folgenden Jahres an den Sächsischen Landtag zurückzuzahlen.

§ 9
Ende der Rechtsstellung und Liquidation

(1) Die Rechtsstellung einer Fraktion entfällt

1.
mit dem Wegfall ihrer Voraussetzungen gemäß der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages;
2.
mit ihrer Auflösung durch Fraktionsbeschluss;
3.
vorbehaltlich des Absatzes 2 mit dem Ende der Wahlperiode oder durch Auflösung des Landtages;
4.
mit dem Verbot einer Partei, aus deren Mitgliedern sich die Fraktion zusammensetzt.

(2) 1Eine Fraktion gilt über die Dauer der Wahlperiode hinaus als fortbestehend, sofern sie sich in der folgenden Wahlperiode nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung des Sächsischen Landtages neu bildet. 2Das Vermögen einschließlich der Forderungen und Verbindlichkeiten aus Rechtsgeschäften der früheren Fraktion sowie die übertragenen Mittel insbesondere für die Abdeckung der Personal- und Sachkosten gehen auf sie über. 3Der Beschluss über diese Neubildung der Fraktion ist innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der neuen Wahlperiode dem Präsidenten des Sächsischen Landtages schriftlich anzuzeigen.

(3) 1In den Fällen des Absatzes 1 findet mit Ausnahme des Absatzes 2 eine Liquidation statt. 2Die Fraktion gilt bis zur Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation es erfordert. 3Die Liquidation erfolgt durch den Vorstand oder von ihm zu bestimmende Liquidatoren, soweit die Satzung der Fraktion nichts anderes bestimmt. 4Die Liquidatoren haften als Gesamtschuldner für Schäden, die durch ihr Verschulden bei der Durchführung der Liquidation entstehen.

(4) 1Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beenden. 2Sie können im Rahmen der Liquidation neue Geschäfte eingehen und das Vermögen in Geld umsetzen. 3Räume und Sachleistungen nach § 2 Satz 2 sind zurückzugeben. 4Aus dem Fraktionsvermögen sowie den Mitteln der Fraktion gemäß § 2 sind zunächst Ansprüche aus arbeitsvertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.

(5) 1Soweit nach Beendigung der Liquidation Mittel aus Zuschüssen nach § 2 und Verkaufserlösen nach Absatz 4 Satz 2 verbleiben, sind diese an den Haushalt des Freistaates Sachsen zurückzuführen. 2Gleiches gilt für nicht veräußerte Vermögenswerte, die mit diesen Geldern angeschafft wurden.6

§ 10
Fraktionsmitarbeiter

(1) 1Die Mitarbeiter der Fraktionen haben auch nach der Beendigung ihres Beschäftigungsverhältnisses über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. 2Sie dürfen ohne Genehmigung des Fraktionsvorsitzenden über solche Angelegenheiten auch vor Gericht nicht aussagen.

(2) Die Zeiten der Tätigkeit bei den Fraktionen des Sächsischen Landtages werden als Dienstzeiten im Sinne des öffentlichen Dienst- und Arbeitsrechtes anerkannt.

(3) Der Freistaat Sachsen sichert für den Fall der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Fraktion deren Zahlungsfähigkeit insoweit, als deren Arbeitnehmer in diesem Falle vom Freistaat Sachsen die Leistungen verlangen können, die sie im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach den Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes über das Insolvenzausfallgeld vom Arbeitsamt und nach den Vorschriften des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom Träger der Insolvenzsicherung beanspruchen können.

§ 11
Inkrafttreten

1Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1999 in Kraft.
2Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.

Dresden, den 24. August 1998

Der Landtagspräsident
Erich Iltgen

Der Ministerpräsident
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf

Der Staatsminister der Justiz
In Vertretung
Arnold Vaatz
Der Staatsminister
für Umwelt und Landesentwicklung

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1998 Nr. 17, S. 459
    Fsn-Nr.: 110-6

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. Januar 2023