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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Historische Fassung war gültig vom 28.11.2006 bis 06.05.2016

Vertrag des Freistaates Sachsen mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden

Vollzitat: Vertrag des Freistaates Sachsen mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden vom 7. Juni 1994 (SächsGVBl. S. 1346), der zuletzt durch den Staatsvertrag vom 5. März 2019 (SächsGVBl. S. 311) geändert worden ist

Zustimmungsgesetz

Vertrag
des Freistaates Sachsen
mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden

[Rechtsbereinigt mit Stand vom 28. November 2006]

Der Freistaat Sachsen
(im folgenden: der Freistaat)

und

der Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden, derzeit bestehend aus den Gemeinden Chemnitz, Dresden und Leipzig
(im folgenden: der Landesverband)

haben

  • in dem Bewußtsein, für das jüdische Leben in diesem Lande eine besondere Verantwortung zu tragen, die aus der Geschichte Deutschlands gewachsen ist,
  • in dem Bestreben, das kulturelle Erbe des Judentums im Freistaat zu wahren und zu pflegen,
  • in dem Wunsch, das freundschaftliche Verhältnis zwischen dem Freistaat und der jüdischen Glaubensgemeinschaft zu fördern und zu festigen,

auf der Grundlage von Artikel 109 Abs. 2 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen folgendes vereinbart:

Artikel 1
Glaubensfreiheit

Der Freistaat gewährt der Freiheit, den jüdischen Glauben zu bekennen und auszuüben, den gesetzlichen Schutz.

Artikel 2
Friedhöfe

(1) Der Freistaat gewährt jüdischen Friedhöfen in gleichem Maße staatlichen Schutz wie Friedhöfen, die sich in kommunaler oder kirchlicher Trägerschaft befinden. Die jüdischen Gemeinden sind berechtigt, nach Maßgabe der Gesetze neue Friedhöfe anzulegen und bestehende zu erweitern.

(2) Der Freistaat wird für die angemessene Sicherung und für die Instandsetzung im Falle mutwilliger Beschädigung oder Zerstörung Sorge tragen.

(3) Der Freistaat fördert die Betreuung verwaister jüdischer Friedhöfe.

Artikel 3
Feiertage der jüdischen Gemeinden

(1) Folgende jüdische Feiertage sind religiöse Feiertage im Sinne des § 3 des Gesetzes über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen:

1.
Pessach – Überschreitungsfest/Fest des ungesäuerten Brotes –
 
a)
2 Tage am 15. und 16. Nissan
beginnend am Vortage um 17.00 Uhr
 
b)
2 Tage am 21. und 22. Nissan
beginnend am Vortage um 17.00 Uhr
2.
Schawuoth – Wochenfest – 2 Tage – am 6. und 7. Siwan
beginnend am Vortage um 17.00 Uhr
3.
Rosch Haschana – Neujahrsfest – 2 Tage – am 1. und 2. Tischri
beginnend am Vortage um 16.00 Uhr
4.
Jom Kippur – Versöhnungstag – 1 Tag – am 10. Tischri
beginnend am Vortage um 16.00 Uhr
5.
Sukkot – Laubhüttenfest – 2 Tage – am 15. und 16. Tischri
beginnend am Vortage um 17.00 Uhr
6.
Schemini Azeret – Schlußfest – 1 Tag am 22. Tischri
beginnend am Vortage um 17.00 Uhr
7.
Simchat Thora – Freudenfest – 1 Tag – am 23. Tischri
beginnend am Vortage um 17.00 Uhr

(2) Die Daten der Feiertage nach Absatz 1 beziehen sich auf den jüdischen Mondkalender unter Beachtung der allgemein geltenden Kalenderregeln.

Artikel 4
Finanzielle Leistung

(1) Der Freistaat zahlt an den Landesverband für die religiösen und kulturellen Bedürfnisse sowie für die Verwaltung ab dem Jahr 2005 einen jährlichen Gesamtbetrag von 725 000 EUR; dieser Betrag schließt die Personal- und Sachkosten des Landesrabbiners und dessen Sekretariats ein. 1

(2) Mit dieser Zahlung sind sämtliche Fördermaßnahmen des Freistaats an den Landesverband und die einzelnen jüdischen Gemeinden erfaßt, soweit dieser Vertrag nicht Ausnahmen vorsieht oder die Leistung auf einer rechtlichen Verpflichtung beruht.

(3) Die Leistung wird vierteljährlich im voraus erbracht.

Artikel 5
Denkmalpflege und Baumaßnahmen

(1) Der Landesverband verpflichtet sich, seine Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten, zu pflegen und nach Möglichkeit der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Für die Erhaltung seiner Kulturdenkmale hat er Anspruch auf angemessene Kostenerstattung durch den Freistaat nach Maßgabe der Gesetze und wird bei der Vergabe staatlicher Mittel entsprechend berücksichtigt. Bei Maßnahmen der Denkmalschutzbehörden, die sich auf jüdische Kulturdenkmale beziehen, ist der Landesverband vorher zu hören.

(2) Bei der Errichtung von Gebäuden, die Kultuszwecken dienen, sowie bei wesentlichen baulichen Maßnahmen an solchen Gebäuden wird der Freistaat im Rahmen seiner haushaltsmäßigen Möglichkeiten weitere Zuschüsse gewähren, wenn der Landesverband und die einzelne Gemeinde nicht in der Lage sind, die erforderlichen Mittel aufzubringen.

Artikel 6
Zusammenwirken

Die Staatsregierung und der Landesverband werden zur Pflege ihrer Beziehungen regelmäßige Begegnungen anstreben. Sie werden sich vor der Regelung von Angelegenheiten, die beiderseitige Interessen berühren, miteinander ins Benehmen setzen und zur Besprechung solcher Fragen zur Verfügung stehen.

Artikel 7
Freundschafts- und Anpassungsklausel

(1) Die Vertragschließenden werden in Zukunft auftretende Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung einer Bestimmung dieses Vertrages auf freundschaftliche Weise beseitigen.

(2) Im Falle einer wesentlichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse, insbesondere bei erheblichem Zuzug von Juden aus anderen Staaten, werden der Freistaat und der Landesverband erneut Verhandlungen aufnehmen mit dem Ziel, den Vertrag angemessen an die neuen Verhältnisse anzupassen.

Artikel 8
Schlußbestimmungen

(1) Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung. Die Ratifikationsurkunden sollen möglichst bald ausgetauscht werden.

(2) Der Vertrag einschließlich des Schlußprotokolls, das Bestandteil dieses Vertrages ist, tritt am Tag nach dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft. 2

Dresden, den 7. Juni 1994

Für den Freistaat Sachsen
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Ministerpräsiden

Für den Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden
Siegmund Rotstein
Vorsitzender

Für die Jüdische Gemeinde Chemnitz
Siegmund Rotstein
Vorsitzender

Für die Jüdische Gemeinde zu Dresden
Roman König
Vorsitzender

Für die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig
Aron Adlerstein
Vorsitzender

Schlußprotokoll: 3

Zu Artikel 2 Abs. 2 und 3:

Die Beteiligung des Freistaates an der Betreuung verwaister Jüdischer Friedhöfe erfolgt grundsätzlich nach Maßgabe der Absprache vom 21. Juni 1957 betreffend die Durchführung der Betreuung verwaister jüdischer Friedhöfe (Anlage 1 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales über die Betreuung der verwaisten Friedhöfe der ehemaligen jüdischen Gemeinden im Freistaat Sachsen [VwV verwaiste jüdische Friedhöfe] vom 27. Dezember 2002 [SächsABl. 2003 S. 60]).

Zu Artikel 3:

Maßgebend ist das Gesetz über Sonn- und Feiertage im Freistaat Sachsen (SächsSFG) vom 10. November 1992 (SächsGVBl. S. 536), geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 6. Juni 2002 (SächsGVBl. S. 168, 170), in seiner jeweils geltenden Fassung.

Zu Artikel 3 Abs. 1:

An den genannten jüdischen Feiertagen können:

1.
Schüler und Auszubildende sowie
2.
Personen, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, soweit keine zwingenden betrieblichen Erfordernisse entgegenstehen,
ihren religiösen Pflichten nachkommen und in dem erforderlichen Umfang ihrer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle fernbleiben.

Zu Artikel 3 Abs. 2:

Der Landesverband wird jeweils für zwei Jahre im voraus die entsprechenden Termine der jüdischen Feiertage nach dem staatlichen Kalender dem zuständigen Staatsministerium mitteilen. Die Termine der jüdischen Feiertage nach dem staatlichen Kalender werden im Sächsischen Amtsblatt veröffentlicht.

Zu Artikel 4:

die Zahlungen erfolgen auf ein vom Landesverband zu benennendes Konto. Der Landesverband wird nach den Regelungen seiner Satzung die Gelder an die einzelnen Gemeinden verteilen. Ansprüche einzelner Gemeinden sind damit abgegolten. Bei der Bemessung des Dotationsbetrages wurde von einer Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinden in Sachsen von gegenwärtig 2 369 und einem Anstieg auf 2 500 ausgegangen. Der Landesverband legt jährlich, spätestens mit Ablauf des ersten Halbjahres des neuen Geschäftsjahres, einen Geschäftsbericht vor, der auch die zweckentsprechende Verwendung der Dotation in den Gemeinden und im Landesverband ausweist. Die Vertragschließenden sind sich darüber einig, dass der Sächsische Rechnungshof berechtigt ist, die Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landesverbandes und der Jüdischen Gemeinden insoweit jährlich zu prüfen. Inhalt und Umfang der Prüfung bestimmen sich nach den §§ 89 und 90 der Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen (Sächsische Haushaltsordnung – SäHO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 2001 (SächsGVBl. S. 154), die durch Artikel 10 des Gesetzes vom 13. Dezember 2002 (SächsGVBl. S. 333, 352) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.

Zu Artikel 4 Abs. 1:

Die Vertragschließenden sind sich darüber einig, daß der Gesamtbetrag nach Absatz 1 jeweils alle zehn Jahre überprüft und neu festgelegt wird. Artikel 7 Abs. 2 bleibt unberührt.

Zu Artikel 4 Abs. 2:

Von der Abgeltung ausgenommen sind ferner etwaige Kostenerstattungen für die Erteilung jüdischer Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. Die Vertragschließenden sind sich darüber einig, dass die Mittel anteilsmäßig den Gemeinden unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zum Landesverband zufließen sollen und dass die Zahlungen des Freistaates die Zuschüsse für neu entstehende Gemeinden einschließen. Soweit eine jüdische Gemeinde im Freistaat Sachsen Ansprüche geltend macht, ist der Landesverband verpflichtet, den Freistaat von diesen Ansprüchen freizustellen. Ein Anspruch einer Gemeinde besteht dann, wenn diese

1.
religiöses jüdisches Leben gestaltet,
2.
durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Einschätzung stützt, dass sie auch in Zukunft dauerhaft bestehen wird,
3.
die grundlegenden Prinzipien des Grundgesetzes und der Verfassung des Freistaates Sachsen achtet und
4.
im Judentum Aufnahme und Anerkennung als jüdische Gemeinde gefunden hat.
Hierüber entscheidet der Landesverband nach Einholung des Votums der Deutschen Rabbinerkonferenz.

Zu Artikel 5 Abs. 1:

Gleiches gilt für Kulturdenkmale der einzelnen jüdischen Gemeinden.

Dresden, den 7. Juni 1994

Für den Freistaat Sachsen
Prof. Dr. Kurt Biedenkopf
Ministerpräsident

Für den Landesverband Sachsen der Jüdischen Gemeinden
Siegmund Rotstein
Vorsitzender

Für die Jüdische Gemeinde Chemnitz
Siegmund Rotstein
Vorsitzender

Für die Jüdische Gemeinde zu Dresden
Roman König
Vorsitzender

Für die Israelitische Religionsgemeinde zu Leipzig
Aron Adlerstein
Vorsitzender

1
Artikel 4 Absatz 1 geändert durch Vertrag vom 17. Januar 2006 (SächsGVBl. S. 386)
2
in Kraft: 9. September 1994 (Bek vom 8. September 1994, SächsGVBl. S. 1558); geänderter Vertrag in Kraft: 28. November 2006
3
Schlussprotokoll geändert durch Vertrag vom 17. Januar 2006 (SächsGVBl. S. 386)

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 1994 Nr. 45, S. 1346
    Fsn-Nr.: 73-7V

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 28. November 2006

    Fassung gültig bis: 6. Mai 2016