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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

VwV Bereitschafts- und Reaktionsplanung

Vollzitat: VwV Bereitschafts- und Reaktionsplanung vom 2. November 2007 (SächsABl. S. 1648), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 30. November 2023 (SächsABl. SDr. S. S 306)

Gemeinsame Verwaltungsvorschrift
des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales
und des Sächsischen Staatsministeriums des Innern
für eine Bereitschafts- und Reaktionsplanung zur Bekämpfung außergewöhnlicher Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit Infektionserregern
(VwV Bereitschafts- und Reaktionsplanung – VwV BRP)

Vom 2. November 2007

I.
Geltungsbereich

Diese Verwaltungsvorschrift regelt die Bereitschafts- und Reaktionsplanung als Bestandteil des vorsorgenden Gesundheitsschutzes. Die Bereitschafts- und Reaktionsplanung umfasst sowohl den Infektions- als auch den Katastrophenschutz. Für den Infektionsschutz gelten die aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 6 Abs. 1 des Gesetzes vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1574, 1593), in der jeweils geltenden Fassung, erarbeiteten speziellen Maßnahmepläne in der jeweils geltenden Fassung. Sie werden durch das Staatsministerium für Soziales bekanntgemacht, der aktuellen Entwicklung angepasst und fortgeschrieben (Ziffer V Nr. 7 Buchst. c). Der Umgang mit hochinfektiösen Leichen regelt sich nach dem Sächsischen Gesetz über das Friedhofs-, Leichen- und Bestattungswesen (Sächsisches Bestattungsgesetz – SächsBestG) vom 8. Juli 1994 (SächsGVBl. S. 1321), zuletzt geändert durch Artikel 6 des Gesetzes vom 5. Mai 2004 (SächsGVBl. S. 148, 150), in der jeweils geltenden Fassung und ist nicht Gegenstand dieser Vorschrift.

II.
Begriffsbestimmungen

Außergewöhnliche Gefahren und Schadenslagen im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sind Bedrohungen von Menschen durch übertragbare Krankheitserreger. Dazu gehören:

1.
Influenza-Pandemieviren
Es gelten folgende Definitionen:
 
a)
Akute Influenza-Pandemiebedrohung: Der Zeitraum zwischen dem erstmaligen Auftreten eines neuartigen, zu Erkrankungen führenden und sich schnell ausbreitenden Influenzavirus beim Menschen und dem Beginn der Influenza-Pandemie (Pandemiebedrohung),
 
b)
Influenza-Pandemie: Eine zeitlich begrenzte, weltweite massive Häufung von Erkrankungen beim Menschen, die durch ein neuartiges Influenzavirus verursacht werden, welches sich rasch ausbreitet, hoch ansteckend ist und gegen welches ein großer Teil der Weltbevölkerung keine Immunität besitzt (Pandemie).
2.
Aviäre Influenzaviren (Geflügelpest)
Die aviäre Influenza ist eine Infektion, verursacht durch hochpathogene Influenza A-Virusstämme, insbesondere der H5- oder H7-Subtypen, mit hoher Morbidität und Letalität bei Hühnern, Puten, Enten und anderen Vögeln. Wegen der hohen Kontagiosität und des globalen Handels besteht dabei die Gefahr der Epidemie oder Pandemie, das heißt des schnellen Ausbreitens und gleichzeitigen Auftretens in mehreren Ländern oder ganzen Erdteilen. Die aviäre Influenza ist unter bestimmten Umständen auf den Menschen übertragbar. Maßnahmepläne nach dem Tierseuchenrecht sind nicht Bestandteil dieser Vorschrift.
3.
Bioterroristische Anschläge mit Krankheitserregern
Dazu gehören:
 
a)
Pockenviren (Pocken),
 
b)
Bacillus anthracis (Milzbrand, Anthrax),
 
c)
Yersinia pestis (Pest),
 
d)
Francisella tularensis (Hasenpest, Tularämie),
 
e)
Brucella spp. (Brucellose, Maltafieber, Morbus Bang),
 
f)
Burkholderia mallei (Rotz, Malleus),
 
g)
Burkholderia pseudomallei (Melioidose, Pseudorotz) und
 
h)
sonstige Krankheitserreger.
4.
Lebensbedrohende Erkrankungen durch hochkontagiöse Krankheitserreger
Dazu gehören:
 
a)
Virale hämorrhagische Fieber (VHF),
 
b)
Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom (SARS) und
 
c)
sonstige hochkontagiöse Krankheitserreger.

III.
Zusammenarbeit bei außergewöhnlichen Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit übertragbaren Krankheitserregern

1.
Gegenstand der Zusammenarbeit bei außergewöhnlichen Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit übertragbaren Krankheitserregern
Gegenstand der Zusammenarbeit ist die Entwicklung eines zeitgemäßen Vorsorge- und Abwehrkonzepts für den Freistaat Sachsen, das sowohl spezielle Maßnahmen des Infektionsschutzes als auch des Katastrophenschutzes umfasst.
2.
Gesamtstaatliche Vorsorge gegen außergewöhnliche Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit übertragbaren Krankheitserregern
Bei drohenden Gefahren und Schadenslagen sowie bei Katastrophen kann nach der Stabsdienstordnung für den Verwaltungsstab des Freistaates Sachsen beim Sächsischen Staatsministerium des Innern (Stabsdienstordnung VwS) vom 7. Februar 2007 (nicht veröffentlicht) der Verwaltungsstab des Freistaates Sachsen aufgerufen werden.
3.
Ressortübergreifende Bewältigung von außergewöhnlichen Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit übertragbaren Krankheitserregern
 
a)
Das Staatsministerium für Soziales aktiviert bei einer Bedrohung von Menschen durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten übertragbaren Krankheitserreger seinen Krisenstab Infektionsschutz.
 
b)
Die Staatsministerin für Soziales kann die Aufrufung des Verwaltungsstabes des Freistaates Sachsen vorschlagen. Die Staatsministerien und die ihnen nachgeordneten allgemeinen und besonderen Staatsbehörden sind jeweils im Rahmen ihrer Aufgaben für die Vorbeugung und Abwehr von Gefahren zuständig.
4.
Zusammenarbeit mit der Bundeswehr
Der Umfang der Zusammenarbeit, die örtliche Zuständigkeit und die gegenseitige Benachrichtigung sind in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Infektionsschutzgesetz über die Zusammenarbeit der Gesundheitsämter und der Sanitätsdienststellen der Bundeswehr (Verwaltungsvorschrift IfSG-Bundeswehr – IfSGBw-VwV) vom 9. Januar 2002 (BAnz. S. 1188), in der jeweils geltenden Fassung, geregelt.

IV.
Führungsstrukturen

1.
Die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Freistaat Sachsen (SächsGDG) vom 11. Dezember 1991 (SächsGVBl. S. 413), das zuletzt durch Artikel 18 der Verordnung vom 10. April 2003 (SächsGVBl. S. 94, 96) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, bilden Krisenstäbe Infektionsschutz. Für die Tätigkeiten der Krisenstäbe Infektionsschutz sind Organisations- und Ablaufpläne zu erstellen. Im Organisations- und Ablaufplan sind
 
a)
die notwendigen und verantwortlichen Personen mit Namen, Vertretungen und Adressen zu benennen,
 
b)
Räume und Sachmittel festzulegen,
 
c)
das Benachrichtigungssystem und der Aktivierungsmodus zu definieren.
 
Die Krisenstäbe Infektionsschutz sind Bestandteil der Bereitschafts- und Reaktionsplanung. Für den Katastrophenschutz ist die Struktur der Führungsorganisation in den §§ 49 bis 51 des Sächsischen Gesetzes über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz ( SächsBRKG) vom 24. Juni 2004 (SächsGVBl. S. 245, 647), das durch Artikel 5 des Gesetzes vom 9. September 2005 (SächsGVBl. S. 266, 267) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung geregelt.
2.
Führungsstrukturen der Landkreise und Kreisfreien Städte
 
a)
Die Gesundheitsämter der Landkreise und Kreisfreien Städte bilden den Krisenstab Infektionsschutz für ihren Zuständigkeitsbereich. Dem Krisenstab Infektionsschutz sollen im Interesse einer allumfassenden Gefahrenabwehr auch Vertreter des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes, der Polizei und Vertreter sonstiger fachlich zu beteiligender Stellen angehören.
 
b)
Die Landkreise und Kreisfreien Städte haben zur Bewältigung von außergewöhnlichen Gefahren und Schadenslagen sowie von Katastrophen einen über die ständige Behördenorganisation hinausgehenden Verwaltungsstab zu bilden.
3.
Führungsstrukturen der Regierungspräsidien
 
a)
Den Regierungspräsidien sind sowohl Aufgaben des Infektionsschutzes als auch des Katastrophenschutzes zugewiesen. Sie sind auch zuständige Behörden gemäß § 36 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung des Krankenhauswesens (Sächsisches Krankenhausgesetz – SächsKHG) vom 19. August 1993 (SächsGVBl. S. 675), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 22. April 2005 (SächsGVBl. S. 121,125) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung. Dem Krisenstab Infektionsschutz sollen im Interesse einer allumfassenden Gefahrenabwehr auch Vertreter des Katastrophenschutzes, des Rettungsdienstes, der Polizei, des Krankenhauswesens und Vertreter sonstiger fachlich zu beteiligender Stellen angehören.
 
b)
Die Regierungspräsidien bilden zur Bewältigung von außergewöhnlichen Gefahren und Schadenslagen sowie von Katastrophen einen über die ständige Behördenorganisation hinausgehenden Verwaltungsstab.
4.
Führungsstruktur des Staatsministeriums für Soziales
Das Staatsministerium für Soziales bildet den Krisenstab Infektionsschutz zur Erfüllung seiner Aufgaben auf der Grundlage des Erlasses des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales über die Einrichtung eines Krisenstabes Infektionsschutz des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales vom 17. September 2003 (nicht veröffentlicht), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 899), in der jeweils geltenden Fassung.
5.
Überregionale Koordination mehrerer aktivierter Krisenstäbe Infektionsschutz
 
a)
Ist im Falle der Bedrohung von Menschen durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger das Gebiet von 2 oder mehreren Landkreisen oder von einem oder mehreren Landkreisen und einer Kreisfreien Stadt oder von 2 Kreisfreien Städten und einem oder mehreren Landkreisen eines Regierungsbezirkes betroffen, koordiniert der Krisenstab des jeweiligen Regierungspräsidiums die Zusammenarbeit zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in der erforderlichen Weise.
 
b)
Ist im Falle der Bedrohung von Menschen durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger das Gebiet von 2 oder mehreren Regierungsbezirken betroffen, koordiniert der Krisenstab des Staatsministeriums für Soziales die Zusammenarbeit zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in der erforderlichen Weise.
6.
Aufgaben der Krisenstäbe Infektionsschutz der Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes
 
a)
Im Falle der Bedrohung von Menschen durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger leiten die Krisenstäbe Infektionsschutz die notwendigen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ein. Diese Maßnahmen richten sich nach den speziellen Maßnahmeplänen in der jeweils geltenden Fassung.
 
b)
Sie koordinieren die notwendigen Schutzmaßnahmen so weit und so lange es zur Verhinderung der Verbreitung eines der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger erforderlich ist.
7.
Aufgaben des Krisenstabes Infektionsschutz der Landkreise und Kreisfreien Städte
 
a)
Bei Eintritt einer potenziellen oder tatsächlichen außergewöhnlichen Gefahr oder Schadenslage durch eine Bedrohung von Menschen mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger sind im Rahmen des Infektionsschutzes die erforderlichen Gefahrenabwehrmaßnahmen durchzuführen. Dazu gehören:
 
 
aa)
Ermittlung,
 
 
bb)
Meldung/Übermittlung,
 
 
cc)
Überwachung/Beobachtung,
 
 
dd)
Isolierung/Quarantäne,
 
 
ee)
Berufs- und Tätigkeitsverbote,
 
 
ff)
Schließung von Einrichtungen,
 
 
gg)
Verbot von Veranstaltungen,
 
 
hh)
Prophylaxemaßnahmen.
 
b)
Darüber hinaus beurteilt der Krisenstab Infektionsschutz kontinuierlich die Lage der personellen und materiellen Ressourcen im Bereich Gesundheitswesen. Über das Ergebnis ist das Regierungspräsidium entsprechend zu informieren, um den Übergang in eine Katastrophenlage rechtzeitig zu erkennen und demgemäß handeln zu können.
8.
Aufgaben des Krisenstabes Infektionsschutz der Regierungspräsidien
 
a)
Bei Eintritt einer potenziellen oder tatsächlichen Gefahr oder Schadenslage durch eine Bedrohung von Menschen mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger koordiniert der Krisenstab Infektionsschutz gemäß Nummer 5 Buchst. a die Zusammenarbeit zur Verhütung und Bekämpfung einer übertragbaren Krankheit in der erforderlichen Weise.
 
b)
Er beurteilt kontinuierlich die Lage der personellen und materiellen Ressourcen im Bereich Gesundheitswesen für den Regierungsbezirk. Über das Ergebnis unterrichtet er die Krisenstäbe Infektionsschutz der Landkreise und Kreisfreien Städte des Regierungsbezirkes und den Krisenstab Infektionsschutz des Staatsministeriums für Soziales, um den Übergang in eine Katastrophenlage rechtzeitig erkennen und demgemäß handeln zu können.
9.
Aufgaben des Krisenstabes Infektionsschutz des Staatsministeriums für Soziales
 
a)
Die Aufgaben des Krisenstabes Infektionsschutz sind geregelt im Erlass des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales über die Einrichtung eines Krisenstabes Infektionsschutz des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales.
 
b)
Bei Eintritt einer potenziellen oder tatsächlichen Gefahr oder Schadenslage durch eine Bedrohung von Menschen mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger koordiniert der Krisenstab Infektionsschutz gemäß Nummer 5 Buchst. b die Zusammenarbeit zur Verhütung und Bekämpfung einer übertragbaren Krankheit in der erforderlichen Weise.

V.
Management der Bereitschafts- und Reaktionsplanung im Freistaat Sachsen

1.
Zuständigkeiten der Landkreise und Kreisfreien Städte
 
a)
Die Landkreise und Kreisfreien Städte sind zuständig für die Umsetzung der Bereitschafts- und Reaktionsplanung. Sie haben Vorsorge zu treffen für die Bewältigung potenzieller und tatsächlicher außergewöhnlicher Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger.
 
b)
Die Vorsorge umfasst
 
 
aa)
die Anpassung oder Schaffung der erforderlichen Strukturen,
 
 
bb)
die laufende Anpassung der örtlichen Maßnahmepläne zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger an den aktuellen Stand und Prüfung der Umsetzbarkeit. Die Gesundheitsämter der Landkreise und Kreisfreien Städte stimmen die Aktualisierungen und Anpassungen ihrer örtlichen Planung mit den für den Katastrophenschutz zuständigen Organisationseinheiten ihres Landkreises/ihrer Kreisfreien Stadt ab.
 
c)
Die Landkreise und Kreisfreien Städte stellen sicher, dass die Katastrophenschutzpläne gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 12 SächsBRKG um die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten erweitert und ständig der aktuellen Entwicklung angepasst sind.
 
d)
Das Abstimmungsverfahren der Alarm- und Einsatzpläne richtet sich
 
 
aa)
für die Krankenhäuser mit der zuständigen Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde nach den Regelungen des § 56 Abs. 1 Satz 1 SächsBRKG . Die Anforderungen an die Dienst- und Aufnahmebereitschaft und den Katastrophenschutz richten sich nach Nummer 3 Buchst. d,
 
 
bb)
für die untere Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzbehörde nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 SächsBRKG .
 
e)
Im Ereignisfall sind die durch das Staatsministerium für Soziales bekannt gemachten speziellen Maßnahmepläne zur Verhütung und Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten in den Landkreisen und Kreisfreien Städten entsprechend umzusetzen und alle erforderlichen Maßnahmen, die dem direkten Infektionsschutz dienen, zu ergreifen. Die Zuständigkeit ergibt sich aus § 1 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSGZuVO) vom 19. März 2002 (SächsGVBl. S. 114), die durch Artikel 41 der Verordnung vom 10. April 2003 (SächsGVBl. S. 94, 98) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.
2.
Zuständigkeiten der Regierungspräsidien
 
a)
Die Regierungspräsidien prüfen die Bereitschafts- und Reaktionsplanungen der Landkreise und Kreisfreien Städte ihres Regierungsbezirkes als höhere Verwaltungsbehörde gemäß § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 SächsGDG in Verbindung mit § 111 Abs. 2, § 112 Abs. 1, § 113 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. März 2003 (SächsGVBl. S. 55, 159), die zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 1. Juni 2006 (SächsGVBl. S. 151) geändert worden ist, § 65 der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen (SächsLKrO) vom 19. Juli 1993 (SächsGVBl. S. 577), die zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 11. Mai 2005 (SächsGVBl. S. 155) geändert worden ist, sowie § 5 Abs. 3 Nr. 2 SächsBRKG in Verbindung mit den vorgenannten Vorschriften der SächsGemO und der SächsLKrO .
 
b)
Die für den Infektionsschutz zuständige Organisationseinheit stimmt den Stand der Aktualisierung und die Umsetzbarkeit der Reaktions- und Bereitschaftsplanung mit der für den Katastrophenschutz zuständigen Organisationseinheit ihres Regierungsbezirkes ab.
 
c)
Für den Katastrophenschutz nehmen die Regierungspräsidien gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Nr. 2 SächsBRKG ihre Aufgaben als obere Katastrophenschutzbehörde wahr.
3.
Zuständigkeiten des Staatsministeriums für Soziales
 
a)
Das Staatsministerium für Soziales passt die Maßnahmepläne des Freistaates Sachsen für die Bewältigung potenzieller oder tatsächlicher außergewöhnlicher Gefahren und Schadenslagen durch Bedrohungen von Menschen mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger unter Zugrundelegung der Rahmenpläne des Bundes, in den jeweils geltenden Fassungen, entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand an.
 
b)
Es informiert die Regierungspräsidien, die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen sowie die Gesundheitsämter entsprechend.
 
c)
Es koordiniert die erforderlichen Vorsorgeplanungen für seine Zuständigkeitsbereiche, um übertragbare Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger wirksam und kurzfristig bekämpfen zu können.
 
d)
Es veranlasst auf der Grundlage von § 30 SächsKHG in Verbindung mit den aufgrund des Infektionsschutzgesetzes erarbeiteten speziellen Maßnahmeplänen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger, dass Maßnahmen zur Aufnahme und Behandlung von Patienten in die Evakuierungs-, Alarm- und Einsatzpläne aufzunehmen sind.
4.
Zuständigkeit der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen
Die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen übernimmt aufgrund der ihr mit Organisationserlass des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie über die Errichtung einer Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen im Freistaat Sachsen vom 20. Dezember 1991 (SächsABl. 1992 S. 6), zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 899), übertragenen Aufgaben im Zusammenhang mit der Bereitschafts- und Reaktionsplanung zur Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger die epidemiologische Schlüsselfunktion für den Ansatz des Managements und der Kontrolle. Sie nimmt folgende Aufgaben wahr:
 
a)
Aufgaben gemäß IfSGZuVO,
 
b)
Interpretierung der Untersuchungsergebnisse und Erarbeitung entsprechender Schlussfolgerungen,
 
c)
Erarbeitung von speziellen Maßnahmeplänen zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten,
 
d)
wissenschaftliche Beratung der Krisenstäbe Infektionsschutz der Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes.
5.
Elektronische Meldung zum Stand des Bereitschafts- und Reaktionsniveaus, Auswertung der Meldung
 
a)
Die Gesundheitsämter der Landkreise und Kreisfreien Städte unterrichten das zuständige Regierungspräsidium bis zum 1. Oktober eines jeden Jahres mittels Berichtsbogen 1 (Anlage 1) vom Stand der Bereitschafts- und Reaktionsplanung in ihrem Landkreis/ihrer Kreisfreien Stadt.
 
b)
Die Regierungspräsidien werten die jährlichen Berichte der kommunalen Behörden aus und leiten alle erforderlichen Maßnahmen zur Sicherstellung des Reaktions- und Bereitschaftsniveaus in ihrem Zuständigkeitsbereich ein. Bis zum 30. April des Folgejahres berichten sie dem Staatsministerium für Soziales vom Ergebnis der Überprüfung und Abstimmung der Bereitschafts- und Reaktionsplanung bezogen auf die speziellen Maßnahmepläne zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten in ihrem Regierungsbezirk mittels Berichtsbogen 2 (Anlage 2).
 
c)
Das Staatsministerium für Soziales wertet die Informationsberichte der Regierungspräsidien aus und prüft danach das Reaktions- und Bereitschaftsniveau für den Freistaat Sachsen. Das Ergebnis wird im Krisenstab Infektionsschutz des Staatsministeriums für Soziales ausgewertet. Die Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen sowie die Regierungspräsidien werden vom Ergebnis der jährlichen Auswertung in Kenntnis gesetzt.
6.
Schnellmeldung für das Management des aktuellen Bereitschafts- und Reaktionsniveaus
Abweichend von den turnusmäßigen Informationen gemäß Nummer 5 Buchst. a und b können die Berichtsbögen 1 und 2 auch bei dringendem Informationsbedarf unabhängig vom dem festgelegten Termin genutzt werden (Anlagen 1 und 2).
7.
Aktualisierung der speziellen Maßnahmepläne des Freistaates Sachsen zur Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger
 
a)
Die an der Bereitschafts- und Reaktionsplanung beteiligten Behörden sind jeweils auf ihren Ebenen verpflichtet, Änderungen von Rufbereitschaften oder Erreichbarkeiten sowie sonstige erforderliche Angaben für die Gewährleistung einer koordinierten Zusammenarbeit untereinander bekannt zu geben.
 
b)
Soweit für den vorsorgenden Gesundheitsschutz die Zuständigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz gegeben sind, gilt eine Änderung als unverzüglich bekanntgegeben, wenn sie gemäß Nummer 6 übermittelt oder auf sonstige Weise schriftlich mitgeteilt wird.
 
c)
Die Aktualisierung der speziellen Maßnahmepläne zur Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger erfolgt durch das Staatsministerium für Soziales auf den Grundlagen:
 
 
aa)
der jährlichen Auswertung der Informationsberichte gemäß Nummer 5 Buchst. c, sofern eine Aktualisierung nicht auf Grund einer Mitteilung nach Nummer 6 oder eines auf sonstige Weise dem Staatsministerium für Soziales bekannt gegebenen Erfordernisses notwendig wird,
 
 
bb)
der vom Bundesministerium für Gesundheit jeweils bekannt gemachten oder überarbeiteten Rahmenpläne zur Verhütung und Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger.
 
d)
Über die Einarbeitung jeder durch das Staatsministerium für Soziales bekanntgemachten Ergänzung oder Aktualisierung ist jeweils ein Änderungsnachweis (Anlage 4) zu führen, um die Kompatibilität aller Pläne und Maßnahmen sicherzustellen.

VI.
Diagnostik- und Therapieeinrichtungen

Für die Isolierung und Behandlung von Krankheitsverdächtigen stehen gemäß dem Krankenhausplan des Freistaates Sachsen in der jeweils geltenden Fassung folgende Krankenhäuser zur Verfügung:

1.
Behandlungszentrum im Klinikum St. Georg gGmbH Leipzig mit 5 Betten für die strikte Isolierung und mit 5 Betten für die Standardisolierung,
2.
Städtisches Krankenhaus Dresden-Neustadt mit 17 Betten für die Standardisolierung,
3.
Klinikum Chemnitz gGmbH mit 11 Betten für die Standardisolierung.

Spezielle Ausführungen zur Diagnostik, Prophylaxe und Sicherung der Versorgung erkrankter Personen durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger sind in den jeweiligen Maßnahmeplänen enthalten.

VII.
Sicherstellung der Aufrechterhaltung einer adäquaten Gesundheitsversorgung und essentieller Dienste des öffentlichen Lebens und der Versorgung

1.
Der Krisenstab Infektionsschutz des Staatsministeriums für Soziales beurteilt die konkrete Gefahr oder Schadenslage, auch die Auswirkungen auf die Aufrechterhaltung einer adäquaten Gesundheitsversorgung und essentieller Dienste des öffentlichen Lebens sowie der Versorgung der Bevölkerung.
2.
Wird eine ressortübergreifende Handlungsweise nach der Bewertung erforderlich, schlägt die Staatsministerin für Soziales entsprechend der Stabsdienstordnung VwS dem Sächsischen Staatsminister des Innern vor, den Verwaltungsstab des Freistaates Sachsen aufzurufen.

VIII.
Kommunikation und Information

1.
Kommunikation
 
a)
Die Krisenstäbe Infektionsschutz der Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes stellen sicher, dass durchgängig klare Handlungsanweisungen definiert und die Informations- und Kommunikationsbeziehungen zu anderen Behörden, Dienststellen und Einrichtungen geschaffen sind, einschließlich der erforderlichen Informations- und Kommunikationstechnik.
 
b)
Bei Auftreten eines Verdachtsfalles einer übertragbaren Krankheit mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger außerhalb des Gebietes der Kreisfreien Stadt Leipzig (Arztpraxis, Krankenhaus der Regelversorgung) gilt das Handlungsschema gemäß Anlage 3.
 
c)
Für die Kreisfreie Stadt Leipzig und das Behandlungszentrum im Klinikum St. Georg gGmbH Leipzig gelten spezifische Ausarbeitungen; ansonsten die Festlegungen der speziellen Maßnahmepläne oder Nationalen Rahmenpläne zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.
2.
Information
Grundsätzlich gilt die Festlegung eines gegenseitigen Informationsverfahrens von Bund und Ländern in epidemisch bedeutsamen Fällen nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für ein Bund-Länder-Informationsverfahren in epidemisch bedeutsamen Fällen nach § 5 des Infektionsschutzgesetzes (Verwaltungsvorschrift IfSG-Informationsverfahren – IfSGInfo-VwV) vom 25. April 2002 (BAnz. S. 10551), in der jeweils geltenden Fassung. Darüber hinaus wertet das Staatsministerium für Soziales die Informationen des Robert-Koch-Institutes, des Paul-Ehrlich-Institutes und des Bundesministeriums für Gesundheit aus und informiert darüber die einzubeziehenden Behörden und die Fachöffentlichkeit, wenn es zur Erfüllung deren Aufgaben erforderlich ist.
3.
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
 
a)
Für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Behörden des Freistaates Sachsen gilt Nummer 4 der Dienstordnung für die Behörden des Freistaates Sachsen (DienstO) vom 18. Mai 2005 (SächsABl. S. 458), in der jeweils geltenden Fassung, in Verbindung mit den Festlegungen zur Kommunikation bei Auftreten eines Verdachtsfalles und bei Ausbruch einer übertragbaren Krankheit mit einem der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger. Die Festlegungen zur Kommunikation sind Bestandteil der Maßnahmepläne oder Nationalen Rahmenpläne zur Verhütung und Bekämpfung der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten übertragbaren Krankheiten in ihrer jeweils geltenden Fassung. Sie werden gemäß Ziffer V Nr. 3 Buchst. a angepasst.
 
b)
Die Landkreise und Kreisfreien Städte beachten bei ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit die Festlegungen zur Kommunikation bei Auftreten eines Verdachtsfalles und bei Ausbruch einer übertragbaren Krankheit durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger. Die Festlegungen zur Kommunikation sind Bestandteil der Maßnahmepläne oder Nationalen Rahmenpläne zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger in ihrer jeweils geltenden Fassung. Die örtlichen Maßnahmepläne werden gemäß Ziffer V Nr. 1 angepasst.
4.
Warnung der Bevölkerung zur Verhinderung, Begrenzung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten durch einen der unter Ziffer II Nr. 1 bis 4 genannten Krankheitserreger
 
a)
Die gesundheitliche Aufklärung und Beratung der Bevölkerung durch die Gesundheitsämter ist geregelt in § 11 Abs. 1 Nr. 7 SächsGDG. Die Erarbeitung des erforderlichen fachlichen Materials über den allgemeinen und individuellen Infektionsschutz durch die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes richtet sich nach § 3 IfSG.
 
b)
Soweit Informationen anderer beteiligter Ressorts erforderlich sind, werden diese nach Abstimmung im Krisenstab Infektionsschutz jeweils in eigener Zuständigkeit bekannt gegeben.
 
c)
Alle für die Veröffentlichung vorgesehenen Informationen sind auf den Fachebenen zwischen den jeweils zuständigen Behörden abzustimmen.

IX.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten

Diese Verwaltungsvorschrift tritt am 1. November 2007 in Kraft. Gleichzeitig tritt der Erlass der Staatsministerien für Soziales und des Innern zur Umsetzung von Pockenschutzmaßnahmen vom 16. April 2003, enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 14. Dezember 2005 (SächsABl. SDr. S. S 899), außer Kraft.

Dresden, den 2. November 2007

Die Staatsministerin für Soziales
Helma Orosz

Der Staatsminister des Innern
Dr. Albrecht Buttolo

Anlagen

Anlage 1

Anlage 2

Anlage 3

Anlage 4

Marginalspalte

Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsABl. 2007 Nr. 48, S. 1648
    Fsn-Nr.: 250-V07.2

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 1. November 2007