Gesetz
zur Erhöhung der Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen
(Sächsisches Justizvollzugssicherheitsgesetz – SächsJVollzSichG)
erlassen als Artikel 2 des Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft im Freistaat Sachsen sowie zur Änderung weiterer Gesetze
Vom 14. Dezember 2010
Rechtsbereinigt mit Stand vom 17. September 2019
§ 1
Anwendungsbereich
Dieses Gesetz gilt für den gesamten Justizvollzug mit Ausnahme des Vollzugs
- 1.
- der Freiheitsstrafe und des Strafarrests,
- 2.
- der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung,
- 3.
- der Jugendstrafe,
- 4.
- der Untersuchungshaft,
- 5.
- des Jugendarrests und
- 6.
- der Haft nach § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2, §§ 236, 329 Absatz 3, § 412 Satz 1 und § 453c der Strafprozessordnung sowie der einstweiligen Unterbringung nach § 275a Absatz 6 der Strafprozessordnung.1
§ 2
Verhinderung des Mobilfunkverkehrs
(1) 1Innerhalb des Geländes der Justizvollzugsanstalten (Anstalten) sind der Besitz und die Benutzung von Mobilfunkendgeräten verboten. 2Für den offenen Vollzug kann der Anstaltsleiter abweichende Regelungen treffen.
(2) Die Anstalten dürfen technische Geräte
- 1.
- zur Auffindung von Mobilfunkendgeräten,
- 2.
- zur Aktivierung von Mobilfunkendgeräten zum Zwecke der Auffindung und
- 3.
- zur Störung von Frequenzen, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen auf dem Anstaltsgelände dienen, betreiben. 2Sie haben hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 55 Absatz 1 Satz 5 des Telekommunikationsgesetzes vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2230) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. 3Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Anstalten darf nicht beeinträchtigt werden.2
§ 3
Videoüberwachung
(1) 1Die optisch-technische Überwachung des Anstaltsgebäudes einschließlich des Gebäudeinneren, des Anstaltsgeländes und der unmittelbaren Umgebung der Anstalt mit technischen Mitteln sowie die Anfertigung von Aufzeichnungen hiervon sind zulässig, wenn dies für die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist. 2Gleiches gilt für die Beobachtung während des Gefangenentransports.
(2) Die Verarbeitung der gewonnenen personenbezogenen Daten richtet sich nach den §§ 30 bis 34 des Sächsischen Justizvollzugsdatenschutzgesetzes vom 22. August 2019 (SächsGVBl. S. 663) in der jeweils geltenden Fassung.3
§ 4
Pakete
(1) 1Der Empfang von Paketen mit Nahrungs-, Genuss- oder Körperpflegemitteln sowie mit Gegenständen, die geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt zu gefährden, ist den Gefangenen nicht gestattet. 2Der Empfang von Paketen mit anderem Inhalt bedarf der Erlaubnis der Anstalt, welche Zeitpunkt und Höchstmenge für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen kann.
(2) 1Pakete sind in Gegenwart des Gefangenen zu öffnen und zu durchsuchen. 2Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährden, sind ausgeschlossen. 3Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe genommen, zurückgesandt oder vernichtet werden.
(3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen der Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt unerlässlich ist.
(4) 1Den Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. 2Die Anstalt kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt überprüfen.
§ 5
(aufgehoben)4
§ 6
Schusswaffengebrauch
(1) 1Der Gebrauch von Schusswaffen durch Bedienstete ist innerhalb der Anstalt verboten. 2Das Recht zum Schusswaffengebrauch aufgrund anderer Vorschriften durch Polizeivollzugsbedienstete bleibt davon unberührt.
(2) 1Außerhalb der Anstalt dürfen Schusswaffen nur bei Gefangenentransporten sowie Aus- und Vorführungen von den dazu bestimmten Bediensteten nach Maßgabe der folgenden Absätze gebraucht werden. 2Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.
(3) 1Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. 2Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht werden kann.
(4) 1Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. 2Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. 3Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.
(5) Gegen Gefangene dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden,
- 1.
- wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
- 2.
- wenn sie eine Meuterei (§ 121 des Strafgesetzbuches) unternehmen oder
- 3.
- um ihre Entweichung zu vereiteln,
und nur, um sie angriffs- oder fluchtunfähig zu machen.
(6) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien und nur, um sie angriffsunfähig zu machen.
(7) 1Beim Vollzug der Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft dürfen zur Vereitelung einer Entweichung (Absatz 5 Satz 1 Nummer 3) keine Schusswaffen eingesetzt werden. 2Dies gilt nicht, wenn Ordnungs-, Zwangs- oder Erzwingungshaft in Unterbrechung einer Untersuchungshaft, einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzug der Sicherungsverwahrung vollzogen wird.5
§ 7
Einschränkung von Grundrechten
Durch dieses Gesetz werden die nachfolgenden Grundrechte aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und aus der Verfassung des Freistaates Sachsen eingeschränkt:
- 1.
- das Recht auf körperliche Unversehrtheit nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 16 Absatz 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen,
- 2.
- die Freiheit der Person nach Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen,
- 3.
- das Recht auf Datenschutz nach Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen,
- 4.
- das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 27 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen.6
§ 8
Verhältnis zum Bundesrecht
Dieses Gesetz ersetzt im Freistaat Sachsen die §§ 33, 99, 100 und 178 des Strafvollzugsgesetzes vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088; 1977 I S. 436), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2571) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung.7