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REVOSax - Recht und Vorschriftenverwaltung Sachsen

Historische Fassung war gültig vom 31.12.2010 bis 31.05.2013

Sächsisches Justizvollzugssicherheitsgesetz

Vollzitat: Sächsisches Justizvollzugssicherheitsgesetz vom 14. Dezember 2010 (SächsGVBl. S. 414, 429), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 22. August 2019 (SächsGVBl. S. 663) geändert worden ist

Gesetz
zur Erhöhung der Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten des Freistaates Sachsen
(Sächsisches Justizvollzugssicherheitsgesetz – SächsJVollzSichG)

erlassen als Artikel 2 des Gesetzes über den Vollzug der Untersuchungshaft im Freistaat Sachsen sowie zur Änderung weiterer Gesetze

Vom 14. Dezember 2010

§ 1
Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt für den gesamten Justizvollzug mit Ausnahme des Vollzugs

1.
der Jugendstrafe, soweit nicht der Vollstreckungsleiter nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3427), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2280, 2285), in der jeweils geltenden Fassung, anordnet, dass der Vollzug nach den Vorschriften des Strafvollzugs für Erwachsene erfolgt,
2.
der Untersuchungshaft und
3.
der Haft nach § 127b Abs. 2, § 230 Abs. 2, der §§ 236, 329 Abs. 4 Satz 1, § 412 Satz 1 und § 453c der Strafprozessordnung (StPO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), die zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2437, 2439) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sowie der einstweiligen Unterbringung nach § 275a Abs. 5 StPO.

§ 2
Verhinderung des Mobilfunkverkehrs

(1) Innerhalb des Geländes der Justizvollzugsanstalten (Anstalten) sind der Besitz und die Benutzung von Mobilfunkendgeräten verboten. Für den offenen Vollzug kann der Anstaltsleiter abweichende Regelungen treffen.

(2) Die Anstalten dürfen technische Geräte

1.
zur Auffindung von Mobilfunkendgeräten,
2.
zur Aktivierung von Mobilfunkendgeräten zum Zwecke der Auffindung und
3.
zur Störung von Frequenzen, die der Herstellung unerlaubter Mobilfunkverbindungen auf dem Anstaltsgelände dienen, betreiben. Sie haben hierbei die von der Bundesnetzagentur gemäß § 55 Abs. 1 Satz 5 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I S. 1190), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 17. Februar 2010 (BGBl. I S. 78, 79) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, festgelegten Rahmenbedingungen zu beachten. Der Mobilfunkverkehr außerhalb des Geländes der Anstalten darf nicht beeinträchtigt werden.

§ 3
Videoüberwachung

(1) Die optische Überwachung des Anstaltsgebäudes einschließlich des Gebäudeinneren, des Anstaltsgeländes und der unmittelbaren Umgebung der Anstalt mit technischen Mitteln (Videoüberwachung) sowie die Anfertigung von Aufzeichnungen hiervon sind zulässig, wenn dies für die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt erforderlich ist. Die Videoüberwachung von Hafträumen ist ausgeschlossen.

(2) Auf die Videoüberwachung und die Anfertigung von Videoaufzeichnungen ist durch geeignete Maßnahmen hinzuweisen. Sie dürfen auch durchgeführt werden, wenn Dritte unvermeidbar betroffen werden.

(3) Von einer Verarbeitung personenbezogener Daten nach § 180 Abs. 2 des Gesetzes über den Vollzug der Freiheitsstrafe und der freiheitsentziehenden Maßregeln der Besserung und Sicherung (StrafvollzugsgesetzStVollzG) vom 16. März 1976 (BGBl. I S. 581, 2088), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2274, 2278) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, sind die Betroffenen zu benachrichtigen, sofern sie nicht auf andere Weise davon Kenntnis erlangt haben oder die Benachrichtigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Sie kann unterbleiben, solange sie den Zweck der Maßnahme vereiteln würde.

(4) Die personenbezogenen Daten sind einen Monat nach ihrer Erhebung zu löschen, sofern nicht ihre Speicherung zu den in § 180 Abs. 2 StVollzG genannten Zwecken weiterhin erforderlich ist. Sie sind unverzüglich zu löschen, soweit schutzwürdige Belange der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.

§ 4
Pakete

(1) Der Empfang von Paketen mit Nahrungs-, Genuss- oder Körperpflegemitteln sowie mit Gegenständen, die geeignet sind, die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt zu gefährden, ist den Gefangenen nicht gestattet. Der Empfang von Paketen mit anderem Inhalt bedarf der Erlaubnis der Anstalt, welche Zeitpunkt und Höchstmenge für die Sendung und für einzelne Gegenstände festsetzen kann.

(2) Pakete sind in Gegenwart des Gefangenen zu öffnen und zu durchsuchen. Gegenstände, welche die Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt gefährden, sind ausgeschlossen. Ausgeschlossene Gegenstände können zur Habe genommen, zurückgesandt oder vernichtet werden.

(3) Der Empfang von Paketen kann vorübergehend versagt werden, wenn dies wegen der Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt unerlässlich ist.

(4) Den Gefangenen kann gestattet werden, Pakete zu versenden. Die Anstalt kann ihren Inhalt aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung in der Anstalt überprüfen.

§ 5
Sondereinkauf

Einem Strafgefangenen oder einem Sicherungsverwahrten kann dreimal im Jahr ein weiterer Einkauf von Nahrungs-, Genuss- und Körperpflegemitteln in angemessener Höhe gestattet werden. Dazu kann der Strafgefangene oder der Sicherungsverwahrte Eigengeld verwenden. Dritten kann gestattet werden, zum Zwecke eines Einkaufes nach Satz 1 Geld auf das Hausgeldkonto des Strafgefangenen oder des Sicherungsverwahrten einzuzahlen.

§ 6
Schusswaffengebrauch

(1) Schusswaffen dürfen nur bei Gefangenentransporten von den dazu bestimmten Bediensteten gebraucht werden. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.

(2) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht werden kann.

(3) Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Gegen Gefangene dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden,

1.
wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
2.
wenn sie eine Meuterei (§ 121 Strafgesetzbuch [StGB] in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 [BGBl. I S. 3322], das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 2. Oktober 2009 [BGBl. I S. 3214, 3219] geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung) unternehmen oder
3.
um ihre Entweichung zu vereiteln,

und nur, um sie angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Gefangene gewaltsam zu befreien oder gewaltsam in eine Anstalt einzudringen und nur, um sie angriffsunfähig zu machen.

(5) Beim Vollzug des Strafarrestes sowie der Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- und Erzwingungshaft dürfen zur Vereitelung einer Entweichung (Absatz 4 Satz 1 Nr. 3) keine Schusswaffen eingesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn Strafarrest oder Ordnungs-, Sicherungs-, Zwangs- oder Erzwingungshaft in Unterbrechung einer Untersuchungshaft, einer Strafhaft oder einer Unterbringung im Vollzug der Sicherungsverwahrung vollzogen wird.

§ 7
Einschränkung von Grundrechten

Durch dieses Gesetz werden die nachfolgenden Grundrechte aus dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und aus der Verfassung des Freistaates Sachsen eingeschränkt:

1.
das Recht auf körperliche Unversehrtheit nach Artikel 2 Abs. 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 16 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen,
2.
die Freiheit der Person nach Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 16 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Sachsen,
3.
das Recht auf Datenschutz nach Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Abs. 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und Artikel 33 der Verfassung des Freistaates Sachsen,
4.
das Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis nach Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland und Artikel 27 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Sachsen.

§ 8
Verhältnis zum Bundesrecht

Dieses Gesetz ersetzt im Freistaat Sachsen die §§ 33, 99, 100 und 178 StVollzG.

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Verweis auf Bundesgesetze

    Fundstelle und systematische Gliederungsnummer

    SächsGVBl. 2010 Nr. 17, S. 414, 429
    Fsn-Nr.: 311-9

    Gültigkeitszeitraum

    Fassung gültig ab: 31. Dezember 2010

    Fassung gültig bis: 31. Mai 2013